Protokoll der Sitzung vom 05.09.2018

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja, Ihr Recht!)

Sorgen Sie dafür, dass unsere Bürger endlich wieder geschützt werden. Sorgen Sie dafür, dass unsere Heimat lebenswert bleibt. Dafür sollten wir uns alle einsetzen. Die AfD wird gern einen Beitrag dazu leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält jetzt das Wort. Frau Abg. Schubert, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 21. September 1991 schlossen sich Teile des Neuen

Forums, der Initiative Frieden und Menschenrechte sowie Demokratie Jetzt zusammen zur Partei Bündnis 90.

Nicht nur diese Wurzeln mahnen uns und erinnern uns an unsere Verantwortung für den Frieden in der Welt. Wir wissen genau, wie es viele heute auch schon ausgesprochen haben, dass Frieden harte Arbeit ist. Das Erinnern am Weltfriedenstag ist wichtig. Es mahnt uns, Haltung zu zeigen gegenüber den Feinden von Menschlichkeit, Gleichheit und Demokratie. Es mahnt uns, Haltung zu zeigen für einen Frieden, auf dessen Boden erst Allgemeinwohl gedeihen kann. Es mahnt uns, Haltung zu zeigen für Einigkeit, für Recht und für Freiheit. Denn erst dann können wir eines Glückes Unterpfand tatsächlich auch wieder in der Mitte unserer Gesellschaft spüren.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Die Fraktion DIE LINKE, Herr Abg. Richter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin erst einmal dankbar dafür, dass diese Debatte von den Fraktionen CDU, SPD, GRÜNE und natürlich auch von uns so geführt werden konnte, dass sie die Chance genutzt haben, zweimal in die Debatte zu gehen, weil das zeigt, dass es diesen Redebedarf noch gibt und dass wir auch genügend Themen haben, uns in diesem Feld auszutauschen.

Ich bin auch dankbar dafür, dass es, worauf vorhin schon hingewiesen wurde, zwei weitere Termine gibt. Darauf möchte ich eingehen, weil diese ganz wichtig sind, und will das mit einem Vorschlag beschließen.

Der erste Vorschlag betrifft den 1. Januar, das Friedensjahr der katholischen Kirche und die Friedensbotschaft des Papstes. Ich finde diese ganz bemerkenswert, und deswegen will ich auch einen Teil daraus aus dem Jahr 2016 zitieren. Sie stand unter dem Titel „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“. Was der Papst gesagt hat, steht, wie wir alle festgestellt haben, im historischen Kontext mit dem Überfall Deutschlands auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Der Papst sagte vor zwei Jahren: „Kriege und terroristische Aktionen mit ihren tragischen Folgen, Entführungen, ethnisch und religiös motivierte Verfolgung und Machtmissbrauch haben das vergangene Jahr vom Anfang bis zu seinem Ende charakterisiert und sich in zahlreichen Regionen der Welt so vervielfacht, dass sie die Züge dessen angenommen haben, was man einen dritten Weltkrieg in Abschnitten nennen kann.“ Das ist die Einschätzung des Papstes.

Es gibt im Moment auf dieser Welt 17 bewaffnete Konflikte, bei denen mehr als dreistellige Opferzahlen pro Jahr zu beklagen sind. Auf fünf von sieben Kontinenten findet im Moment Krieg statt. Lediglich Australien und die Antarktis sind davon verschont. Deswegen sollten wir

uns grundsätzlich damit auseinandersetzen, diese Gesellschaft auf allen Ebenen ziviler zu gestalten. Ich habe vorhin schon etwas dazu gesagt, aber möchte es noch einmal mit aller Eindringlichkeit sagen: Die Generation meiner Kinder, meine Generation, selbst die Generation meiner Eltern kennen Krieg nur noch aus den andauernden Meldungen von Presse und Fernsehen und zum Glück nicht mehr aus eigenem Erleben. Aber gerade jetzt gibt es wieder eine Generation, die dieselben Erfahrungen machen muss, logischerweise auf anderer Ebene, wie unsere Großeltern. Aber das sind Kriegserfahrungen, die sie mit nach Hause bringen. Darauf ist einfach hinzuweisen.

Der zweite Tag oder Termin – darauf ist auch schon hingewiesen worden – ist der 21. September, der International Day of Peace der Vereinten Nationen. Ich will auch aus der Resolution dazu zitieren, weil sie auch ein Anstoß sein kann. Sie besagt nämlich, dass zu den Hauptzielen der Vereinten Nationen nach deren Charta die Förderung des Friedens zwischen den Nationen gehört, dass, da Kriege im Geiste der Menschen entstehen, auch die Verteidigung des Friedens im Geiste der Menschen ihren Anfang nehmen muss, da ein ausschließlich auf politischen und wirtschaftlichen Vereinbarungen zwischen Regierungen beruhender Frieden keine Gewähr dafür bietet, dass er die einmütige, dauerhafte und aufrichtige Unterstützung der Völker findet und dass somit der Frieden, wenn er erhalten bleiben soll, im Geistigen und in der Solidarität der Menschheit begründet sein muss.

Das, finde ich, ist eine wunderbare Resolution, und es lohnt sich, sie hin und wieder einmal zu lesen. Sie ist 37 Jahre alt. Der Ansatz, der damals verfolgt worden ist, ist, dass dieser eine Tag, der 21. September, ein Tag der Gewaltlosigkeit sein soll – dieser eine Tag, und es ist nicht einmal in 37 Jahren gelungen.

Herr Hartmann hat vorhin zu meiner Einlassung zu den NATO-Truppenbewegungen gesprochen und gesagt, dass wir hier Verantwortung übernehmen müssen. Wir sind in der NATO und können nicht einfach wegschauen, sondern müssen unsere Verantwortung aus der Geschichte übernehmen. Deswegen vielleicht ein Vorschlag aus dieser Resolution: Wir haben eine Parlamentspartnerschaft mit dem Großen Rat des Schweizer Kantons Bern, vielleicht sogar eher als Freundschaft zu bezeichnen. Man könnte dies zum Beispiel auf eine neue Stufe stellen und sagen, dass wir uns auch vornehmen, gemeinsam mit diesem Kanton Treffen nicht nur mit Parlamentariern zu organisieren, sondern darüber hinaus auch einen Austausch von Familien, Schulklassen, Firmen und gesellschaftlichen Vereinen noch stärker voranzutreiben. Die Schweiz hat ja einiges an Diskussionspotenzial zu bieten, zum Beispiel Bezug nehmend auf die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands. Die Schweiz ist ein Land mit einer anderen Geschichte, mit Erfahrungen in direkter Demokratie. Es ist ein Land, dass sich selbst als weltpolitisch neutral ansieht und damit aus sämtlichen Kriegen herausgehalten hat, ein Land auch mit einer interessanten Geschichte von Migration.

Vielleicht könnte das ein winzig kleiner Beitrag aus Sachsen dazu sein, sich an der Verständigung im Sinne dieser Resolution zu beteiligen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin Köpping, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es war nicht ganz einfach, mit dem Titel umzugehen. Deshalb stehe ich jetzt hier vorn, weil man nicht ganz genau wusste, wo er hingeht und wie breit gefächert dieser Titel aufzufassen ist. Das haben wir jetzt gerade an der Debatte gesehen.

Nun stehe ich hier als Ministerin für Integration und Gleichstellung. Deswegen würde ich gern mit Willy Brandt beginnen, der einmal gesagt hat – sinngemäß, ich habe es nicht ganz wörtlich vorliegen –: Gute Nachbarn nach innen und gute Nachbarn nach außen wollen sein. Deswegen würde ich gern dieses Thema aufgreifen – weil heute schon sehr viel zum Weltfriedenstag selbst gesagt worden ist –, wie es denn bei uns in Sachsen mit „Haltung zeigen für Demokratie und Frieden, gegen Hass und Gewalt“ aussieht.

Am letzten Freitag haben wir mit Kollegen Bienst und Kollegen Krasselt, die zugegen waren – darüber habe ich mich sehr gefreut –, das diesjährige Landestreffen von „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ eröffnet. Da waren über 200 junge Menschen, Schülerinnen und Schüler, die aktiv an der Arbeit „Gesellschaftliche Zusammenarbeit“ tätig sind. Seit 20 Jahren gibt es dieses Projekt, und wir haben in Sachsen allein über 90 Schulen. Ich glaube, dass das ein Beispiel ist, das Hoffnung auf eine erfreuliche Zukunft gibt. Aber ich sage immer gleich dazu, dass dies immer noch Projekte sind, die wir stärken können. Deswegen wird Kollege Piwarz, der das Projekt im SMK ja begleitet, dieses Projekt mit uns gemeinsam noch weiter stärken.

Doch was ist unsere Gesamtstrategie? Staatlicher Umgang mit staatlichen Maßnahmen unterteilt sich hier in zwei Bereiche, nämlich in die Prävention und die Intervention. Prävention heißt für uns zuerst Unterstützung derjenigen, die sich für ein friedliches Miteinander einsetzen. Ich sage diesen Satz bewusst ein wenig langsamer und deutlicher, weil diejenigen tatsächlich eine große Unterstützung brauchen, gerade in diesen Zeiten. Wir haben in diesem Bereich das „Weltoffene Sachsen“, das heute schon mehrfach sowohl in der Regierungserklärung als auch in den Redebeiträgen erwähnt wurde. Wir haben jedes Jahr neue Anträge und neue Ideen. Stetig aber steigt auch der Beratungsbedarf für dieses Programm, sowohl bei den Städten und Gemeinden als auch bei Institutionen und

Vereinen. Im Jahr 2014 haben wir noch für dieses Programm circa 2,6 Millionen Euro eingesetzt, mittlerweile liegen für bei 3,7 Millionen Euro. Ich kann nur sagen, dass wir Anträge für das Jahr 2018 in Höhe von 11,5 Millionen Euro haben. Wir fördern fast 100 Projekte. Ich glaube, dass wir dort noch ein Potenzial haben, dass wir weiter unterstützen können.

Unterstützung bedeutet aber auch Unterstützung für diejenigen, die Opfer rechter Gewalt geworden sind, und zwar Unterstützung durch unsere Opferberatung. Auch hier unterstützen wir lokale und kommunale Projekte. Wir haben bereits 18 Partnerschaften für Demokratie in Sachsen, aber auch hier gibt es weiteren Bedarf. Hier haben wir also noch Luft nach oben, dass wir dies weiter verbessern können. Wir unterstützen aber auch Vereine und Verbände.

Gerade im Bereich der Demokratie zeigen die letzten Wochen und Monate, wie wichtig und notwendig das ist, zum Beispiel im THW oder im DRK. Wir haben das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“. Auch dort erfolgt die Unterstützung. Ich möchte an dieser Stelle wirklich einmal all diesen Projekten für ihr riesiges Engagement danken. Es ist nicht selbstverständlich, was dort gemacht wird.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir haben heute über so viele Problemlagen gesprochen. Ich möchte den vielen ehrenamtlichen Alltagshelfern, der Freiwilligen Feuerwehr, dem THW, den generationenübergreifenden Projekten, den Sport- und Heimatvereinen und anderen großen und kleinen Organisationen danken.

Aber ich glaube, dass wir auch in diesen Bereichen die Diskussionen über das, was gerade in unserem Land passiert und geschieht, anregen müssen. Diese müssen wir verstärken und intensivieren.

Eine Vielzahl von Menschen in diesem Land zeigt Haltung und leben Demokratie. Egal in welcher Region Sachsens erlebe ich viel ehrenamtliches Engagement – durch junge und alte Menschen, Menschen, die hier geboren wurden oder Zuwanderer sind. Sie gilt es weiterhin zu unterstützen und zu würdigen. Ich hoffe, dass diese Menschen die Mehrheit sind.

Andererseits müssen wir wachsam sein und aktiv werden für Sicherheit und für Extremismusprävention. Wir haben hier klare Grenzen aufzuzeigen im Bereich der Kriminalität sowie bei politischem oder politisch-religiösem Extremismus. Das haben wir zu bekämpfen. Da gibt es eine Null-Toleranz-Strategie, darin sind wir ganz einig mit dem Innenministerium. Wir dürfen nicht zulassen, dass es Parallelgesellschaften in Sachsen gibt.

Wir brauchen eine bessere personelle Ausstattung und Ausrüstung im Bereich der Sicherheitsbehörden. Wir haben bereits begonnen, dieses aufzubauen. Ich glaube, dass Sicherheitspartnerschaften in den Städten und Gemeinden eine wichtige Aufgabe sein sollten. Neu eingerichtete polizeiliche Terrorismus- und Extremismusabwehrzentren sind eingerichtet worden. Politisch motivier

te Straftaten werden ebenso bekämpft wie fremdenfeindliche Übergriffe.

Der Ministerpräsident hat heute noch einmal gesagt, die Koordinierungs- und Beratungsstelle für Radikalisierungsprävention, kurz KORA genannt, ist zu stärken und einzuordnen. Ich habe mir noch einmal angeschaut: Wie sieht es denn aus? Wir haben die Stelle seit über einem reichlichen Jahr. Wir haben 68 Sensibilisierungsseminare durchgeführt, 49 Beratungen von Kommunen, Vereinen, Familien und Schulen. Der Bedarf wächst in diesem Bereich. Man möchte sich informieren. Ich glaube, wir haben mit der Einrichtung unserer KORA einen guten Ansatz gefunden.

Antisemitismus wird ein neuer Schwerpunktbereich in unserem Geschäftsbereich sein. Wir wollen in diesem Bereich das weltoffene Sachsen erweitern. Auch das Demokratiezentrum haben wir ausgebaut.

Wir haben eine Vielfalt der Fördermöglichkeiten, der Präventions- und Interventionsansätze. Vor wenigen Monaten haben wir das Demokratiezentrum personell aufgestockt – weil das bisher nur ein Schlagwort war –, sodass wir nun effektiv arbeiten können.

Ich glaube, dass die Idee unserer Bundesfamilienministerin, über ein Demokratiefördergesetz nachzudenken, eine gute Idee ist. Wir sollten darüber nachdenken.

Der Freistaat steht bereit und fördert vielfältiges Engagement. Für all das, was ich Ihnen aufgezählt habe, ist es jedoch unerlässlich, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und weiter zu verbessern. Zugleich sind wir zu einem neuen Dialog bereit. Er ist begonnen und wir werden ihn mit den Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe weiterführen.

Wir haben noch einiges vor. Auch das will ich nicht verschweigen. Sachsen ist der Koalition gegen Diskriminierung beigetreten. Diskriminierung, das haben andere Bundesländer so nicht gemacht, bezieht sich auf jede Art von Diskriminierung und ist dort in keinem Bereich eingeschränkt. Sachsen hat sich ein fortschrittliches Zuwanderungs- und Integrationsgesetz gegeben und Sachsen wird der Charta für Vielfalt beitreten.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das sind nicht nur symbolische Akte, wir nehmen jeden dieser

Schritte sehr ernst. Wir bereiten uns darauf vor und verbinden damit den Anspruch, dass es nicht nur ein Etikett ist, sondern dass wir tatsächlich Demokratie leben und für Demokratie eintreten.

Diese Regierung hat bewiesen, dass sie aus Fehlern lernen kann und diese korrigiert; dass sie Haltung zeigt und Haltung vermittelt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt ernst nimmt und dass sie zuhören und mit den Menschen auf Augenhöhe zusammenarbeiten will, damit sie noch besser werden kann.

Es ist eine Mischung, wenn nicht gar eine Balance, aus sozialer Prävention und staatlich-polizeilicher Repression, die den sozialen Frieden oder anders gesagt den gesellschaftlichen Zusammenhalt schafft, stärkt und bewahrt. Damit möchte ich nicht sagen, dass beides gleich stark sein muss, aber beides hat seine Berechtigung und Notwendigkeit. Offensichtlich benötigen wir in der jetzigen Situation von beidem noch mehr. Bei aller unterschiedlicher Meinung bei den Koalitionspartnern oder der einzelnen Fachminister haben wir uns – das hat der Ministerpräsident heute Morgen bereits betont – zum Ziel gesetzt, deutlich im Ton, aber fair im Umgang zu sein, um die besten Lösungen zu finden. Das, liebe Kolleginnen und Kolleginnen, ist Frieden. Da hat sich nicht jeder lieb und nicht jeder ist des anderen Meinung. Aber es gibt einen Konsens, nämlich den, dass unterschiedliche Meinungen eine gewollte Vielfalt sind und immer – ich wiederhole: ausnahmslos immer – ohne Gewalt ausgetragen werden. Dafür steht diese Staatsregierung. Genau das muss der breite Konsens in unserer sächsischen Gesellschaft sein und bleiben.

Ich hoffe – nein, ich gehe davon aus, dass wir die große Mehrheit des Hohen Hauses dabei auf unserer Seite haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Die zweite Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und damit dieser Tagesordnungspunkt beendet.