Protokoll der Sitzung vom 05.09.2018

Meine Damen und Herren! Wer so etwas sagt, verführt die Frauen in einer ohnehin schwierigen Lage. Wir wissen doch, dass viele dieser Frauen sich ein Leben lang über diesen Schritt grämen und damit nicht klarkommen.

Tun wir auch Praktisches! Beseitigen wir Hemmnisse für Familien mit kleinen Kindern in Zügen, in Taxis, an Flughäfen und vielen anderen öffentlichen Orten, wo sie sich nach wie vor manchmal wie Behinderte zweiter Ordnung vorkommen.

Familiensplitting und Abgabensenkung sind weitere Instrumente zur Beendigung der Abhängigkeit von Familien von staatlicher Umverteilung.

Und ja: Erkennen wir gleichermaßen familiäre Erziehungsleistung und auswärtige Betreuungsmöglichkeiten als Ausdruck der Wahlfreiheit für Familien an! So können wir langfristig, nicht kurzfristig, dazu beitragen, dass die Zahl der Abtreibungen in Deutschland sinkt.

Danke.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten sowie des Abg. Steve Ittershagen, CDU)

Ich frage, ob es jetzt weiteren Redebedarf aus den Fraktionen gibt. – Ich kann keinen erkennen.

Damit hat die Staatsregierung das Wort. Ich gebe es gern an Sie, Frau Staatsministerin Klepsch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, eine Schwangerschaft ist ein Geschenk und löst im Normalfall Freude

aus. Wir wissen aber auch, dass Frauen in Notsituationen im Fall einer Schwangerschaft vor schwierigen Entscheidungen stehen können.

Der Bundesgesetzgeber hat mit der Beratungsregelung, wie sie im Schwangerschaftskonfliktgesetz genannt wird, ein Konzept für den Schutz des ungeborenen Lebens etabliert. Die Frauen sollen mit dieser Regelung nicht alleingelassen werden, wenn sie sich in einer solchen Notsituation befinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines ist auch ganz klar: Wir können das ungeborene Leben in der Frühphase der Schwangerschaft nur mit der Frau, nicht gegen sie schützen.

Dass die gesetzlichen Regelungen wirken, zeigen uns die statistischen Werte. Mit der Beratungsregelung und den flankierenden Kampagnen zur Sexualaufklärung konnte die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bundesweit von mehr als 130 000 im Jahr 1996 auf 98 700 im Jahr 2016 – die Zahlen wurden bereits erwähnt – gesenkt werden.

In Sachsen ging die Zahl der Abbrüche im gleichen Zeitraum ebenfalls zurück, von 8 617 auf 5 368. Auch wenn es im Jahr 2017 – wie in anderen Bundesländern – wieder zu einem leichten Anstieg kam, ändert dies nichts an der rückläufigen Gesamtentwicklung.

Wichtig ist vielmehr Folgendes: Gemäß §§ 5 und 6 Schwangerschaftskonfliktgesetz wurden von den 68 sächsischen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen im Jahr 2016 circa 8 000 Konfliktberatungen durchgeführt. Damit konnte circa einem Drittel der Frauen die Zuversicht vermittelt werden, sich trotz aller Schwierigkeiten für ein Leben mit dem Kind zu entscheiden.

Hilfreich bei der Entscheidung vieler Frauen für ihr Kind waren vor allem die allgemeinen sozialen Beratungen nach § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz. In über 70 000 Gesprächen konnten die sächsischen Beratungsstellen im Jahr 2016 zu sozialen und finanziellen Hilfen und psychosozialen Unterstützungsmöglichkeiten beraten. Diese Beratung ist mindestens genauso wichtig und hilft vielleicht auch dabei, eine Entscheidung zu überdenken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vom Statistischen Bundesamt geführten Bundesstatistik über Schwangerschaftsabbrüche kommt der Bundesgesetzgeber den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach. Er erhebt in diesem Zusammenhang auch Daten über persönliche Merkmale der Schwangeren wie Alter, Familienzustand, Zahl der Kinder und Indikation des Abbruchs. Einer Landesstatistik bedarf es damit aus meiner Sicht nicht.

Gründe für beabsichtige Abbrüche werden von den Schwangerenberatungsstellen nach den Angaben der Klienten in ihren Sachberichten zusammengetragen. Auch daher halte ich es nicht für gerechtfertigt, über eine Erhebung weitere personenbezogene Daten dafür heranzuziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, den Schutz des ungeborenen Lebens erachte ich für ein sehr hohes Gut. Der Staat muss helfen, damit sich eine Frau für ein Kind entscheiden kann. Aber hier ist eben nicht nur der Staat gefragt. Auch die Gesellschaft, das familiäre Umfeld, Freunde, der Partner der Frau – sie alle müssen für ein Klima sorgen, in dem die Frau die Entscheidung für ein Kind treffen kann.

Allerdings bleibt festzuhalten: Letztlich müssen wir die persönliche Lebensentscheidung der Frau respektieren. Hier kann und hier darf der Staat nicht eingreifen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Denn nie wieder sollen Frauen auf makabre Art und Weise eine Schwangerschaft abbrechen müssen und damit ihr Leben aufs Spiel setzen müssen, womöglich noch auf Kosten dubioser Geschäftemacher. Auch das dürfen wir nicht zulassen.

Deshalb sehe ich keinen Anlass, die bestehenden Regelungen in Zweifel zu ziehen und die Debatte um das Abtreibungsrecht wieder zu eröffnen.

Unseren 68 Schwangerschaftsberatungsstellen möchte ich für ihre engagierte und sehr kompetente Arbeit zum Wohle der Frauen und unserer Familien an dieser Stelle herzlich danke sagen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Nach der Staatsregierung, die gerade das Wort hatte, hätten wir jetzt die Möglichkeit eines Schlusswortes. Sie wollen sie auch wahrnehmen, Frau Kollegin Wilke. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei Verfolgung der Debatte muss ich sagen, dass es mich doch gefreut hat zu hören, dass meine Kollegen von der CDU ihr christliches Werteverständnis nicht zugunsten einer linksliberalen Agenda über Bord geworfen haben

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Lob von der AfD! – Zuruf der Abg. Daniela Kuge, CDU)

und sich des sechsten Gebots bewusst sind, wo es heißt: Du sollst nicht töten!

Dennoch scheint die CDU als Ganzes hier vergessen zu haben, wofür das „C“ in ihrem Namen steht. Sie, meine Damen und Herren, machen sich täglich mitschuldig,

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Pfui! Frechheit!)

wenn Sie der vom Bundesverfassungsgericht aufgelegten Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht für den Lebensschutz nicht nachkommen und den Kopf jeden Tag aufs Neue in den Sand stecken.

Sie sind es, die durch Unterlassen billigen, dass jedes Jahr Steuermittel an die Krankenkassen zur Finanzierung von Abtreibungen überwiesen werden, im letzten Jahr erst 1,8 Millionen Euro.

Jahr für Jahr tragen Sie dazu bei, dass Zahlungen im Bereich von ungefähr 7 Millionen Euro an zum Teil vielleicht dubiose Organisationen zur Finanzierung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen getätigt werden.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Die sind nicht dubios! – Susanne Schaper, DIE LINKE: Was ist dubios?!)

Nehmen wir die Organisation Pro Familia. Pro Familia nimmt in Bremen, Mainz, Saarbrücken und Rüsselsheim in trägereigenen Einrichtungen Abtreibungen vor und hat daher ein wirtschaftliches Interesse an einer vielleicht erfolglosen Beratung.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: So ein Quatsch!)

Angesichts der Tatsache, dass Pro Familia im Jahr 2015 in Sachsen 848 der 8 000 und damit etwa 10 % der Schwangerschaftskonfliktberatungen durchführte, muss man sich doch fragen, ob das Ziel des Schutzes des ungeborenen Lebens gewahrt ist oder doch vielleicht wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen könnten. Wir brauchen aber eine Willkommenskultur für das noch ungeborene Leben.

(Beifall bei der AfD)

Sie, liebe CDU, haben heute die Chance zu zeigen, dass Ihnen christlich-ethische Werte noch etwas bedeuten, und sind daher herzlich eingeladen, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/12639 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist die Drucksache 6/12639 nicht beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 10

Seriös ist, wer für Grundrechte eintritt – Pressefreiheit in Sachsen schützen

Drucksache 6/14472, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt natürlich die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Wort ergreift für diese, seine Fraktion Herr Kollege Lippmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Pressefreiheit ist eine der wichtigsten Errungenschaften, die unser freiheitlich-demokratischer Verfassungsstaat bereithält. Ohne sie könnte die Regierung bestimmen, was die Bevölkerung zu lesen, zu hören und zu sehen hat. Es liegt im Wesen dieses Grundrechts, dass man nicht lieben muss, was in der Zeitung steht, um zu wissen, welche Bedeutung es hat, dass die Zeitung genau das schreiben darf. Das sollte sich in diesen Tagen allen voran der sächsische Ministerpräsident einmal überlegen und vor allen Dingen beherzigen, wenn er wie heute Morgen schon wieder zum Generalangriff gegen die Medien ausgeholt hat.

(Steve Ittershagen, CDU: Das hat er doch gar nicht getan! Das ist doch Käse!)

Die Pressefreiheit ist für uns so selbstverständlich geworden, dass wir eigentlich nicht über sie reden müssten, wären wir nicht in Sachsen.