Die Pressefreiheit ist für uns so selbstverständlich geworden, dass wir eigentlich nicht über sie reden müssten, wären wir nicht in Sachsen.
Dass die Gewährleistung dieses Grundrechts eben keine Selbstverständlichkeit ist, mussten wir in den letzten Jahren viel zu häufig zur Kenntnis nehmen. Immer wieder geht es dabei um das Verhältnis zwischen Demonstrantinnen und Demonstranten, der Polizei und Journalistinnen und Journalisten, eine Akteurskonstellation, die dieser Tage fast schon zur Grundlage eines griechischen, zumindest aber sächsischen Dramas werden kann.
Viele Journalistinnen und Journalisten müssen ihre Arbeit seit Jahren unter Lügenpresse-Rufen eines aufgebrachten Mobs erledigen.
Sie gehen mittlerweile nicht mehr allein oder nur noch mit Helm zu rechtsextremen oder rechtspopulistischen Demos, auch von der AfD.
In Sachsen gab es in den letzten Jahren die meisten Angriffe gegen Journalisten. So recherchierte es das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit. Allein in den Jahren 2015 und 2016 hat es mindestens 44 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten gegeben.
Nach den verstörenden Bildern, die das „Frontal 21“Team vor zwei Wochen gemacht hat, haben sich viele Kolleginnen und Kollegen zu Wort gemeldet und von
Es ist ein trauriger Fakt, dass im Freistaat Sachsen die Ausübung der freien Berichterstattung teilweise nicht mehr gewährleistet werden kann.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Es nützt auch der Verweis nichts, das überwiegend alles gut laufe. Jeder Angriff auf Journalisten und jeder Versuch, die freie Berichterstattung zu unterbinden, ist einer zu viel.
Wer nicht begreift, dass Pressefreiheit nicht abstrakt ist, wer nicht versteht, dass sich ihre wahrliche Existenz erst dann zeigt, wenn sie auch in schwierigen Situationen vom Staat jederzeit geschützt und gewährleistet wird, der hat die Bedeutung dieses elementaren Grundrechts nicht verstanden.
Wenn die Polizei die Arbeit eines Kamerateams dadurch unterbindet, dass es deren Berichterstattung durch eine unverhältnismäßige und dadurch rechtswidrige Polizeikontrolle verhindert, dann zeigt dies, dass wir handeln müssen, weil ein solcher Eingriff in die Berichterstattungsfreiheit nicht hinzunehmen ist.
Hat sich die Polizei in den letzten Jahren vor allem dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, die journalistische Arbeit bei Demos nicht ausreichend zu schützen, wiegt nun der Vorwurf umso schwerer, dass sie zumindest der Vorwurf ereilt, indirekt zum Helfershelfer einer aktiven Einschränkung der Berichterstattung gemacht worden zu sein.
Ich sage es ganz deutlich: Ich erwarte von einer Polizei, dass sie die Pressefreiheit jederzeit achtet und auch durchsetzt. Eine solche Erwartung kann aber nur gerechtfertigt sein, wenn nicht ausgerechnet der Regierungschef anderes vorgibt.
Ich erwarte, dass sich ein Ministerpräsident vor die Pressefreiheit stellt, anstatt ihr subtil mit der Vergabe von Haltungsnoten und Seriositätspunkten den Dolch in den Rücken zu stoßen.
Die Frage der Ausübung von Grundrechten ist überdies keine Frage von Seriosität. Ansonsten hätten einige Kolleginnen und Kollegen der CDU bei der nächsten Polizeikontrolle wohl arge Probleme.
Die Frage, wie ein Regierungschef mit der Pressefreiheit umgeht, ist hingegen eine von Seriosität und Haltung. Ein Ministerpräsident darf sich nicht zum Kronzeugen der
Anklage gegen die Pressefreiheit machen. Solange dies in Sachsen geschieht, ist es Aufgabe dieses Landtags, sich dem entschieden entgegenzustellen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gefreut, dass es in der vorletzten Woche eine Entschuldigung bei den Pressevertretern wegen der Länge der Polizeikontrolle gegenüber dem ZDF gegeben hat und dass sich die Polizei auch in den Folgetagen spürbar um pressefreundliches Verhalten bemüht hat. Eine Entschuldigung des Ministerpräsidenten habe ich indes bis heute und auch heute Morgen nicht vernommen.
Es ist bezeichnend für die aktuelle Situation, dass ein Präsident der sonst nicht gerade für Selbstkritik berühmten sächsischen Polizei dieser Tage eine größere Fehlerkultur an den Tag legt als Sachsens Ministerpräsident.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag hat in den letzten Tagen leider weiter an Aktualität gewonnen. Allein am vergangenen Samstag in Chemnitz haben wir aus der Demonstration der AfD heraus oder aus ihrem Umfeld mindestens sechs Angriffe auf Journalisten registrieren müssen. Es geht also nicht weniger als um die Frage, was die Staatsregierung tut, um diese Angriffe zu verhindern und die Pressefreiheit in Sachsen wirksam zu schützen. Wir GRÜNE, und das sehen Sie an diesem Antrag, sehen enormen Nachholbedarf.
Viele Polizistinnen und Polizisten wirken unsicher, wenn es darum geht, die Arbeit der Presse zu schützen. Es wirkt daher auch wie blanker Hohn, dass das Innenministerium noch Ende 2017 mitgeteilt hat, dass es für Fort- und Weiterbildung im Umgang mit Journalistinnen und Journalisten keine Weiterbildungswünsche gegeben hätte. Ja, genau, werte Kolleginnen und Kollegen, das merkt man, und genau das darf nicht sein. Der Schutz der Pressefreiheit ist zu wichtig, um ihn dem Zufall oder dem Wohlwollen einzelner Beamtinnen und Beamten zu überlassen.
Wir GRÜNE sind der Auffassung, dass es jetzt eine Reihe von Maßnahmen braucht, um die Pressefreiheit in Sachsen zu schützen. Kernforderung unseres Antrags ist zunächst die Fortführung der Gespräche zwischen den Journalistinnen und Journalisten und ihrer Vertretung und dem Innenministerium. Bereits auf dem Höhepunkt der Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten im Jahr 2016 gab es solche Gespräche. Es ist wichtig, dass die Probleme wieder auf den Tisch kommen und nicht weiter ignoriert werden.
Wir fordern zudem eine bessere Ausbildung der Polizei und auch anderer Staatsbediensteter in Sachen Pressefreiheit durch die Erarbeitung von konkreten Hinweisen und Handlungsempfehlungen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Die rechte Szene versucht derzeit gezielt, die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten durch haltlose Strafanzeigen zu unterbinden.
Alle Polizistinnen und Polizisten in Sachsen müssen in solchen Situationen zukünftig auf der Stelle wissen, was zu tun ist und was in solchen Fällen zu unterlassen ist. Es braucht eine regelmäßige Fortbildung und unserer Auffassung hierzu auch die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Aus- und Fortbildung der Polizei im Bereich der Grund- und Menschenrechte, die weit über Pressefreiheit und den Umgang mit der Presse hinausgeht.
Und da der Fisch bekanntermaßen vom Kopf her stinkt, fordern wir den Ministerpräsidenten und die gesamte Staatsregierung auf, die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung zu gewährleisten und alle – ich betone: alle – staatlichen Maßnahmen zu unterlassen und zu unterbinden, die geeignet sind, die Pressefreiheit in Sachsen weiter zu verhindern oder zu beschränken. Dazu gehört es für einen Ministerpräsidenten dieses Freistaates auch, jede diffamierende Äußerung gegenüber Journalistinnen und Journalisten in Zukunft zu unterlassen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wird der Mops zum Pinscher, wenn man Ihnen so zuhört.
In der Tat: Das war kein Presse-Bashing. Aber ich glaube, es lohnt sich jetzt auch nicht, mit einem Polizei-Bashing die Argumentation zu bedienen, Herr Lippmann.
Zunächst möchte ich ganz grundsätzlich darauf hinweisen, dass in Deutschland und auch in Sachsen die Pressefreiheit in vorbildlicher Weise garantiert ist. Beim internationalen Press Freedom Index der Reporter ohne Grenzen ist Deutschland ganz vorn dabei. Das war im Übrigen auch nicht anders zu erwarten, weil wir nämlich in Deutschland und auch in Sachsen aus geschichtlicher Erfahrung heraus eine konkrete Vorstellung davon haben, was uns blüht, wenn wir Pressefreiheit und Grundrechte nicht gewährleisten und für diese nicht eintreten.
Vor diesem Hintergrund sollte der Antrag der GRÜNEN einmal ins rechte Licht gesetzt werden. Dass hier der Eindruck erweckt wird, die sächsischen Behörden müssten Wesentliches tun, um die Pressefreiheit zu schützen und den Grundrechten zum Durchbruch zu verhelfen, ist aus unserer Sicht mehr als absurd. Man kann sich auch richtig Mühe geben und durch eine Art linksgrünen
Populismus eine Art von steriler Aufgeregtheit alles an Vertrauen in der Bürgerschaft zerstören, was noch vorhanden ist. Aber, Herr Lippmann, es sei Ihnen gesagt: Wir sind hier nicht in Nordkorea. Das erkennen Sie auch an der Tatsache, dass Sie hier diese Rede halten können.
Ja, wir haben auch mit Blick auf die Ereignisse vom 16. August, auf die Sie sich beziehen, in der Tat Aufklärungsbedarf. Und ja, das ist Teil einer Fehlerkultur, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Aber über im Einzelfall eintretende Irritationen zwischen Partnern und über die Frage von möglicherweise Abläufen, die zu einer Beschränkung für ein journalistisches Team geführt haben könnten, abzuleiten, die Pressefreiheit in Sachsen sei bedroht und es bedürfe jetzt des großen Engagements des Don Quichote, der GRÜNEN, um gegen die Windmühlen zu ziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, erscheint uns dann doch etwas zu sehr übers Ziel hinauszugehen.
Grundrechte, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat. Diese Abwehr wird nicht umso besser gelingen, je besser die Kontrolle des Regierungshandelns durch die Justiz oder die Presse gegeben ist. Vielmehr wird der Grundrechtsschutz am effektivsten dadurch verbürgt, dass die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes diese Grundrechte selbst als schützenswert erachten, ja diese Grundrechte sogar zur Leitidee ihres Handelns machen. Meine Damen und Herren, ich will ganz deutlich sagen: Dies gilt insbesondere für den überdeutlichen Teil der sächsischen Polizei. Sie hat deshalb auch Ihre Belehrung in dieser Form an dieser Stelle wahrlich nicht nötig.
Deswegen ist der Antrag vom Grundsatz her verfehlt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Was hiermit nahegelegt wird, ist eine sachfremde Beschränkung oder Behinderung der Pressearbeit durch die sächsische Polizei mit dem Antrag. Was besonders ärgerlich ist, ist die im Antrag unterstellte Systematik, mit der solche Beschränkungen und Behinderungen angeblich durch die sächsische Polizei vorgenommen werden sollen. Da reibt man sich in der Tat die Augen. Als wäre Sachsen ein Land, in dem die Staatsgewalt ein systematisches Problem mit dem Grundgesetz und der Pressefreiheit hätte! Meine sehr geehrten Damen und Herren, beides ist aus unserer Sicht ausdrücklich nicht der Fall.
Verwunderlich ist freilich, dass in der Begründung des Antrages nur von dem wohlbekannten Einzelbeispiel des 16. August 2018 die Rede ist. Dem Erklärungsmuster eines systematischen Fehlverhaltens bleiben Sie im Antrag schuldig. Zu dem erwähnten Vorfall am 16. August habe ich schon einiges gesagt. Auch ich hätte mir an dieser Stelle etwas mehr Sensibilität gewünscht. Von Fehlverhalten oder einem systematischen Angriff auf