Ein Baustein ist das Thema Infrastruktur. Ich sage das ganz bewusst, weil man in so manchen Debatten zum Thema Strukturwandel/Strukturentwicklung das Gefühl hatte, dass allein der Bau einer Straße Strukturwandel bedeute. Nein, es wird immer um eine Mischung unterschiedlicher Instrumente gehen. Es ist wohl allen klar, dass Infrastruktur eine wesentliche Voraussetzung dafür ist.
Eine wesentliche Voraussetzung sollte auch klar sein: Es geht weniger darum, dass wir jetzt den Masterplan von oben nach unten diktieren. Wenn wir das Potenzial in den Regionen haben, bedeutet das, genau dieses Potenzial zu nutzen – die Ideen, die Kreativität, die Erfahrung der Menschen in der Lausitz, im mitteldeutschen Revier –,
um diesen Strukturwandel mit den Menschen zu vollziehen und nicht ein künstliches Gebilde draufzusetzen. Das ist zwar anstrengend, aber notwendig. Denn wenn alle Maßnahmen, die ein Staat ergreift, um den Strukturwandel zu vollziehen, funktionieren sollen, muss das eine Verbindung mit den Menschen ergeben und nicht aufgesetzt sein.
Infrastruktur ist eine notwendige Voraussetzung. In dem konkreten Antrag geht es auch um die Strecke in der Lausitz. Von Vorrednern ist darauf hingewiesen worden, dass wir beim Thema Infrastruktur nicht nur über Straßen sprechen, sondern dass mit der Debatte noch einmal die Forderung unterstrichen wird, dass wir bei der Elektrifizierung der Strecken weiter vorankommen müssen – sowohl die Elektrifizierung Dresden – Görlitz als auch die Strecke Cottbus – Görlitz – Zittau.
Ich verbinde das weiterhin mit dem Appell an die Deutsche Bahn, nicht nur die Strecke zu elektrifizieren, sondern tatsächlich wieder zu grenzüberschreitendem Fernverkehr zu kommen.
Denn es ist eine große solidarische Leistung der Kommunalpolitik, dass sie den grenzüberschreitenden Verkehr über unseren ÖPNV organisiert. So haben wir eigentlich nicht gewettet, liebe Deutsche Bahn. Ihr seid auch in der Verantwortung, tatsächlich wieder Fernverkehr herzustellen; die Elektrifizierung muss erfolgen. Ich will dann auch, dass der Zug von Dresden bis Breslau durchfährt.
Nun haben wir das Thema B 178n. Ich weiß, dass die Leidenschaft zu Recht erst einmal bei der offenen Frage ist: Wie geht es mit der B 178 und den fehlenden 11 Kilometern weiter? Das ist natürlich ein Ärgernis vor allem für die Betroffenen, denn sie können inzwischen nicht mehr hören, welche guten Gründe wir nennen. Die guten Gründe, die wir nennen, sind keine ausgedachten – Kollege Meyer hat darauf hingewiesen –, sondern es sind schlichtweg formale juristische Dinge. Die Ungeduld können alle verstehen.
Frau Grimm, ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Wenn ich Ihnen nachweise, dass 2014 keine Entscheidung von SPD-Abgeordneten oder SPD-Ministern oder des Wirtschaftsministeriums erfolgt ist, um eine Entscheidung zur B 178 zu beeinflussen, dann würden Sie sich auch bitte öffentlich entschuldigen für das, was Sie hier gesagt haben. Wenn ich Ihnen das nachweise, würden Sie das tun?
Um jetzt noch einmal den Bogen zu spannen – denn das lasse ich so nicht stehen, das werden wir klären, das werden wir nachweisen; die Entscheidungen haben wir ja schon häufiger hier im Landtag diskutiert: Ich bin bei dem, was Herr Meyer gesagt hat. Lassen Sie uns bei der Frage, wie wir mit den 11 Kilometern bei der B 178 umgehen, eher dafür sorgen, dass wir das jetzt schnell lösen und nicht schon im Hinblick auf 2019 im Wahlkampf versuchen, daraus Kapital zu schlagen, denn das ist schon das letzte Mal schiefgegangen. Die Versprechungen, die zur letzten Landtagswahl gemacht wurden, hängen einigen heute noch nach.
Nun steht aber in dem Antrag die Verlängerung der B 178n in Richtung Norden. Die Frage von Herrn Böhme war, ob etwas beschlossen wird, was das Ministerium sowieso wollte. Ich sage Ihnen ganz offen: Dieser Ansatz, die Nordverlängerung der B 178, ist nicht nur nicht auf meine Gegenliebe gestoßen. Es gibt nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen in meinem Haus große Bedenken. Von daher war es das Selbstbewusstsein des Parlaments zu sagen: Es gibt neben formalen Gründen gute politische Gründe, warum es auf die Tagesordnung gehört.
Es ist wichtig, dies noch einmal zu sagen, damit wir nicht eine falsche Erwartung wecken. Der wesentliche Grund, aus dem die B 178 damals, 2014, von der Landesdirektion zurückgewiesen wurde, war eine veränderte Verkehrsprognose. Das zeigt, dass es auch für die Nordverlängerung der Strecke problematisch sein kann, tatsächlich die Bedeutung dieser Strecke und damit die Notwendigkeit der Erweiterung des Querschnitts nachzuweisen.
Aber – jetzt kommt das Aber, warum ich hier mit voller Überzeugung stehe und für diesen Antrag werbe –: Wenn wir über das Thema Strukturwandel reden, stellen wir fest, dass – nicht nur durch den Strukturwandel bedingt – bestimmte Parameter nicht mehr zeitgemäß sind. Das zeigen auch die Erfahrungen mit anderen Verkehrsprojekten. Wenn Sie sich zum Beispiel die Zunahme des LkwVerkehrs auf unseren Autobahnen anschauen, dann erkennen Sie, dass diese Entwicklung mit den Prognosen früherer Jahre nichts zu tun hat. Dementsprechend brauchen wir auch eine Veränderung der Maßstäbe, das heißt, wir brauchen Maßstäbe, die zeitgemäß sind. Deshalb ist es notwendig, eine politische Flankierung von Maßnahmen herbeizuführen, die für die Strukturentwicklung in den Regionen notwendig sind. Wir wollen die Machbarkeitsstudie erstellen, um zu zeigen, dass die Veränderung für die Entwicklung der Region notwendig ist. Damit wird auch gegenüber dem Bund klargemacht: Wenn er in seinem Katalog Maßnahmen in Bezug auf die Frage der weiteren Entwicklung der Lausitz braucht, dann kann er bei dieser Strecke ganz konkret im Sinne der Lausitz entscheiden.
Wir haben den Vorschlag aus der Region aufgegriffen und das Landesamt für Straßenbau und Verkehr mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die Nordverlängerung der B 178 beauftragt. Wie schon gesagt, eine solche Studie ist Voraussetzung für die nächsten Schritte, sowohl für die Planungsschritte als auch und vor allem für die politische Kommunikation. Insoweit stimmen wir uns selbstverständlich mit unseren Nachbarn in Brandenburg ab, wie wir generell bei der Frage des Strukturwandels sehr eng mit unseren Nachbarn, ob Sachsen-Anhalt oder Brandenburg, zusammenarbeiten.
Die Ergebnisse werden im nächsten Jahr vorliegen. Dann werden wir sicherlich auch in diesem Hohen Haus darüber diskutieren, wie es damit weitergeht.
Ungeachtet dessen heißt es jetzt, die volle Energie dafür einzusetzen, dass alle Infrastrukturprojekte, die die Regionen betreffen – ob Schiene oder Straße, gern auch Radverkehr –, tatsächlich mit aller Kraft realisiert werden. Wir wissen, wie lange solche Infrastrukturprojekte häufig benötigen. Deshalb wollen wir für die Strecke in den Norden jetzt schon mit einer Machbarkeitsstudie beginnen. Die Region braucht solche positiven Signale.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Strukturwandel braucht Infrastruktur“ – damit möchte ich zum Schluss noch einmal auf den Titel des Antrags eingehen. Dieser Slogan muss in den Köpfen, vor allem in denen der Entscheider innerhalb und außerhalb der Strukturentwicklungsregionen, ankommen. Deshalb wiederhole ich ihn gern immer wieder, auch öffentlich.
Dieses Anliegen liegt mir aufgrund meiner Verwurzelung in der Oberlausitz auch persönlich sehr am Herzen. Auch Frau Grimm hat es gesagt: Ja, es ist ein Herzensprojekt. – Ich bitte Sie also, unseren Antrag zu unterstützen.
Ich werbe damit natürlich nicht nur für die Lausitzer Region oder die Nordverlängerung dieser Bundesstraße, sondern ich möchte generell für das Thema sensibilisieren, damit uns und vor allem den Menschen in den betroffenen Kohleregionen Erfahrungen wie die in den 1990er Jahren erspart bleiben und wir Chancen auch für die junge, die heranwachsende Generation generieren. Gerade die jungen Menschen haben das verdient.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wem also die Zukunftsperspektiven der Menschen in unseren Kohlerevieren wichtig sind, wer die Strukturentwicklung voranbringen möchte, der kann diesem Koalitionsantrag gern zustimmen. Darum bitte ich Sie noch einmal ganz herzlich.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Mir liegen zwei Änderungsanträge vor. Ich muss nachfragen. Mir ist gesagt worden, dass die gewünschten Änderungen bereits eingebracht worden seien. Wenn das nicht der Fall ist, dann bitte ich darum, mir das mitzuteilen.
Unser Änderungsantrag ist mit der korrigierten Fassung der Koalition faktisch übernommen worden. Also brauchen wir über unseren Änderungsantrag nicht mehr abzustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir haben in unserem Änderungsantrag den kleinen Lapsus der Koalition verbessert; darüber müssen wir jetzt nicht mehr reden.
Aber wir haben uns nicht nur mit diesem Lapsus beschäftigt, sondern wir haben uns auch inhaltlich mit diesem Antrag auseinandergesetzt. Ich habe es schon vorhin gesagt: Wir bringen hierzu noch einen Änderungsantrag ein, um den Blick zu weiten, das heißt, um nicht nur auf die Straßen zu schauen, sondern auch auf den ÖPNV.
Im Berichtsteil fordern wir, nicht nur auf die Straßenbauprojekte zu schauen, sondern auch darauf, welche Entwicklung das ÖPNV-Netz hier in den letzten Jahrzehnten genommen hat.
In einem weiteren Punkt geht es uns darum, dass die derzeitigen Investitionen zur Verbesserung der Erreichbarkeit nicht nur Straßenbezug haben, sondern auch im Hinblick auf den ÖPNV erfolgen sollen.
In den Berichtsteil haben wir auch einen neuen Punkt eingefügt, in dem es um die Auslastung der Schienen-, aber insbesondere der Straßenprojekte geht. Wir wissen aus den letzten Jahrzehnten, dass es hier in Sachsen oft so war – es gibt entsprechende Studien meiner Fraktion dazu –, dass die Prognosen am Anfang viel, viel höher waren als das Verkehrsaufkommen, das am Ende tatsächlich auf den Straßen verzeichnet worden ist. Insoweit ist viel zu viel Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in den Straßenbau geflossen. Das muss ein Ende haben. Deshalb sagen wir: Es muss genau geprüft werden.
Unter Punkt II Ihres Antrags wollen Sie prüfen lassen, inwiefern im Rahmen der bevorstehenden Strukturent
wicklung Verkürzungen der Fahrzeiten auf den Straßenverbindungen zwischen dem sächsischen und dem brandenburgischen Teil der Lausitz erreicht werden können. Wir fordern, nicht nur auf die Straßenverbindungen zu schauen, sondern auch darauf, wie eine Verkürzung der Fahrzeiten im ÖPNV erreicht werden kann.
Last but not least zu Ihrer Machbarkeitsstudie zu einer möglichen Nordverlängerung der Straße. Diese Machbarkeitsstudie wollen wir Ihnen gern lassen. Wir wollen aber den Auftrag erweitern und in der Machbarkeitsstudie auch untersucht wissen, wie der integrale Taktfahrplan in der Region verwirklicht werden kann, das heißt, wie die Menschen vor Ort mit dem ÖPNV ihre Ziele besser erreichen können.
Aus den genannten Gründen würde ich mich sehr freuen, wenn Sie unserem Änderungsantrag zustimmen würden. Es geht uns darum, den Blick zu weiten. Uns reicht es nicht aus, dass Herr Baum nur in der Begründung seines Antrags zum Ausdruck bringt, dass ihm das alles wichtig sei. Wenn es ihm wirklich wichtig gewesen wäre, hätte er es in den Antrag geschrieben Wir holen das jetzt nach. Auch Sie haben jetzt Gelegenheit, den Blick zu weiten, auch auf den ÖPNV. Ich glaube, das ist dringend geboten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden dem Antrag nicht zustimmen, ganz einfach deshalb, weil wir sagen: Wir brauchen eine Nord-Süd-Achse und keine Verbesserung des ÖPNV. Dieser kommt automatisch, wenn die Nord-Süd-Achse gegeben ist, nämlich die Verbindung zwischen der A 4 und der A 15.