Protokoll der Sitzung vom 06.09.2018

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Haben Sie vorhin nicht zugehört?)

Das ist der Punkt, wo ich sage: Es ist einfach nicht mehr glaubwürdig, wenn man immer diese Forderungen in den Raum schießt, das Problem aber letztendlich auf die lange Bank schiebt.

(Beifall bei den LINKEN)

Nun zur nächsten Zwischenfrage. Gestatten Sie mir vorher eine Bemerkung, Herr Schreiber: Wenn das Herz voll ist, fließt bekanntlich der Mund über.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Stellen Sie also bitte zunächst nur eine Frage!

Das ist jetzt eine Ungleichbehandlung von Frau und Mann!

Frau Junge, können Sie mir sagen, in welchem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland der Schlüssel so ehrlich ist, wie Sie es meinen, dass nämlich der Betreuungsschlüssel, sofern es diesen überhaupt gesetzlich geregelt gibt, tatsächliche Gruppengrößen normiert?

Das war auch nicht mein Ansatz, Herr Schreiber.

(Lachen bei der CDU)

Mein Ansatz ist, zu sagen: Wir müssen in den Betreuungsschlüssel – –

(Zuruf von der CDU: Die Frage ist nicht beantwortet!)

Ich habe gesagt: Man muss sich einmal die realen Betreuungszahlen anschauen und sollte sich nicht immer feiern und sagen, dass wir in der Kinderkrippe 1 : 5 und im Kindergarten 1 : 12 erreicht haben. Real haben wir das ja nicht. Deswegen fand ich es von Frau Pfeil-Zabel auch sehr gut, im Juni zu sagen, dass wir Weiterbildung, Krankheit und die entsprechenden Ausfallzeiten mit in den Schlüssel einrechnen müssen. Dann sage ich: Fangen Sie doch endlich einmal damit an, damit wir einfach ein Konzept dafür haben und das nicht wieder zwei Jahre aussetzen. Das ist es, womit wir immer das Problem haben.

Sie wissen ganz genau, dass die Berechnungen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich sind. Wir sind hier im Bundesland Sachsen und sollten es zumindest strukturell entsprechend verändern.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte, Herr Kollege Meyer.

Frau Junge, stimmen Sie mir zu, dass auch die Vor- und Nachbereitungszeit bisher ein Thema bei der Berechnung des Schlüssels war und wir demzufolge einen Schritt weiter gehen, wie auch die Debatte besagt, indem wir die Vor- und Nachbereitungszeit einbeziehen?

Darin gebe ich Ihnen recht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ja, das wird natürlich beim Schlüssel entsprechend angerechnet. Das habe ich auch nicht infrage gestellt. Ich habe nur gesagt: Es wäre natürlich schön, wenn die Schritte größer wären, wenn man zumindest, so wie es Frau Zais auch dargestellt hat, wenigstens einmal darüber nachdenkt, dass auch der Hort einmal eine Schlüsselverbesserung bekommt. Das haben Sie nie durchgezogen. Dort ist die Zahl der Kinder am höchsten und die Situation am prekärsten. Vielleicht sollten Sie darüber noch

einmal nachdenken, und Sie können im Doppelhaushalt entsprechende Veränderungen einarbeiten.

Ich würde mir Folgendes wünschen: Wenn Sie sagen, Sie haben den Betreuungsschlüssel in zwei Jahren im Kindergarten auf 0,5 und in der Kinderkrippe auf 0,5 schrittweise abgesenkt, dann ziehen Sie es doch für den Hort die nächsten zwei Jahre weiter durch. Das wäre notwendig.

(Beifall bei den LINKEN)

War das der Schluss Ihrer Rede? – Okay.

Frau Kollegin Junge sprach für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt spricht erneut Herr Dr. Weigand für die AfD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kommt ja jetzt doch noch ein bisschen Leben in die Debatte herein; das ist doch sehr schön.

Frau Pfeil-Zabel, ich kenne das Elterngeld. Ich habe es sogar mit meiner Frau gemeinsam genutzt. Das ist eine tolle Sache. Aber es geht eben an den Bedürfnissen der Eltern ein Stück weit vorbei. Sie können es als Elterngeld plus machen, aber dann nutzen Sie eben Eltern auch wieder als Arbeitskräfte. Da frage ich mich, was bei Ihnen in der SPD als ehemaliger Arbeiterpartei hier noch übrig geblieben ist. Da hätte man auch andere Sachen machen können.

Genau dort setzt es dann an: Was machen die Eltern dann darüber hinaus, wenn sie die Kinder bis zum Alter von drei Jahren betreuen wollen? Wenn Sie dann noch auf das Landeserziehungsgeld schauen, dann schlagen Sie schon am Boden auf. Wenn es Eltern sind, die aus der Mittelschicht kommen und vielleicht noch ein Häuschen abzubezahlen haben, dann wird es eher dünn, und wir haben eben nicht die Wahlfreiheit, die wir als AfD schon seit Jahren fordern. Deshalb muss man hier handeln.

Herr Schreiber, die Steigerung ab 2015 um 70 % ist gut, ja ist toll. Die Frage ist: Wenn ich mich die ganze Zeit nur ein bisschen bewege und dann sage, es waren 70 %, dann ist das auch ein wenig fragwürdig in der ganzen Sache. Man hätte Jahre vorher ansetzen und hier Geld investieren müssen.

(Zurufe von der CDU)

Sie sehen doch die Steigerung der Geburtenraten schon seit dem Jahr 2000, und die Situation wird noch prekärer, wenn, wie wir es vorhin schon debattiert haben, weitere Erzieher in Rente gehen. Deshalb müssen wir diese Ausbildung attraktiver machen. Wir müssen davon wegkommen, dass die Auszubildenden noch Geld draufzahlen, sondern wir müssen eine Ausbildungsvergütung einführen. Wir müssen darüber nachdenken, wenn in unserem Bundesland die Zahl der Hochschulabsolventen mit pädagogischem Abschluss größer ist, ob man nicht den einen oder anderen Abschluss in Richtung Kita für sozialpädagogische Zwecke anerkennt, und zusätzlich endlich die Elternfreiheit herstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Dr. Weigand. Frau Zais ergreift erneut das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf das antworten, was Kollegin Pfeil-Zabel zur Anzahl der notwendigen Erzieherinnen gesagt hat. Es ist natürlich leicht – ich sage es noch einmal –, sich hier hinzustellen und sich zu feiern. Aber die SPD ist bereits von 2004 bis 2009 in diesem Land in Regierungsverantwortung gewesen – ausreichend Zeit, sich zu überlegen, was man angesichts steigender Kinderzahlen machen könnte.

Ich muss auch – das regt mich schon etwas auf – sagen: Man kann, wenn man sich den Hort anschaut – das würde ich auch als eine qualitative Debatte verstehen wollen –, einmal Arbeitszeitmodelle betrachten. Ich kenne viele Horterzieherinnen, die gern mehr arbeiten würden. Ich erwarte einfach, dass man darüber redet. Wir haben das Potenzial – Kollegin Junge hat es gesagt –, da viele Erzieherinnen aus unterschiedlichen Gründen nur

32 Stunden pro Woche arbeiten.

Dann muss ich Ihnen noch sagen: Die CDU hat nicht Beifall geklatscht, als es um die Erstattung des Ausbildungsgelds für Erzieherinnen und Erzieher im kommenden Haushalt ging. Ich bin einmal gespannt, wie Sie stimmen werden. Wir werden den Antrag einbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind am Ende der zweiten Rednerrunde angekommen und könnten jetzt, so Redebedarf bestünde, eine dritte Runde eröffnen. Gibt es aus den Fraktionen heraus weiteren Redebedarf in dieser ersten Aktuellen Debatte? – Frau Junge, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal kurz sagen, was wir als Fraktion DIE LINKE im frühkindlichen Bereich erwarten und was wir umsetzen wollen.

Erstens: Wir erwarten von der Koalition, die in Aussicht gestellten Bundesmittel zusätzlich für die Qualitätssicherung in den Kitas zu verwenden.

(Zurufe von der CDU und der SPD: Das machen wir doch!)

Zweitens: Wir brauchen in Sachsen ein Konzept, wie wir mehr Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen besser, praxisnäher ausbilden und auch halten können. 40 % unserer ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher kommen in unserem System nicht an. Das müssen wir verändern!

Drittens: Die frühkindliche Bildung braucht endlich eine langfristige Strategie und ein verbindliches Handlungskonzept, um die großen Herausforderungen wie Erziehermangel, Überlastung der Erzieherinnen und Erzieher,

unattraktive Erzieherausbildung und schlechter Personalschlüssel zeitnah zu bewältigen. Dieses Gestaltungskonzept muss mit den Trägern, Gewerkschaften und KitaBündnissen noch in dieser Legislaturperiode erarbeitet und beschlossen werden.

Ja, ich sage es noch einmal, auf den Anfang kommt es an, nicht mit Kaffeebohnenschritten, sondern mit Mut, Veränderungswillen und spürbaren Schritten in den Kindertageseinrichtungen.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Den gibt es nicht. Damit kommt die Staatsregierung zu Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Christian Piwarz.