Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Allerdings muss bei der Bearbeitung von Petitionen immer gelten, dass sie so schnell, wie es geht, bearbeitet werden, das aber dennoch sehr, sehr gründlich erfolgen muss. Oft geht es um verwaltungsrechtliche Details. Es geht um komplexe rechtliche Zusammenhänge, die eine intensive Einarbeitung erfordern. Abgeordnete, die eine Petition bearbeiten, suchen immer nach Wegen, dem Anliegen der Petition abzuhelfen. Da hakt man lieber noch einmal zusätzlich nach, als rasch zu schreiben, dass daran nichts zu machen sei. Alles andere würde dem Anliegen der Petenten nicht gerecht werden. Das ist zeitaufwendig. So werden wir wohl auch künftig leider mit der Kritik an zu langen Bearbeitungszeiten leben müssen.

Beim Lesen des Petitionsjahresberichtes hat mich noch einmal beeindruckt, mit welchen Themen von Gemeinwohlinteresse sich die Menschen an den Landtag wenden.

Das gilt besonders für die Sammelpetitionen, also die klassischen Unterschriftensammlungen. Dort spielte

beispielsweise die Bildung eine wichtige Rolle. So haben 3 456 Menschen eine Petition unterschrieben, die die Natur- und Umweltschule in Dresden retten will. Auch der Betreuungsschlüssel in den Kitas, die Unterrichtsversorgung an den sächsischen Schulen und die Bezahlung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer war ein Thema. Die Sorge um Umwelt-, Natur- und Tierschutz liegt vielen Petentinnen und Petenten ebenfalls am Herzen. 15 611 Menschen haben eine Petition zum Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft und der Artenvielfalt unterschrieben. 4 670 Unterschriften fordern ein Gesetz zum Schutz des Baumbestandes. Das zeigt uns, wie sehr die Menschen diese Themen, die unmittelbar mit unser aller Lebensqualität und Alltag zusammenhängen, bewegen.

Ein Anliegen zum Jahresbericht, das wir auch im letzten Jahr schon vorgebracht haben, möchte ich abschließend wiederholen. Auch wenn es mit viel Aufwand verbunden ist, sollte der Bericht so formuliert sein, dass ihn möglichst viele Menschen verstehen können. In seiner jetzigen Form ist das nicht wirklich gegeben. Dafür ist er zu förmlich und verwaltungssprachlich geschrieben. Ich würde es begrüßen und rege es noch einmal an, dass wir beim nächsten Jahresbericht darauf hinarbeiten, auch eine Version in leichter und verständlicher Sprache anzubieten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Petitionswesen in Sachsen ist ein wichtiger Baustein unserer Demokratie. Die Arbeit im Petitionsausschuss ist eine lohnende Aufgabe. Wir müssen als Landtag aber achtsam sein, dass die Menschen das Vertrauen in dieses Instrument nicht verlieren. Dafür braucht es neben einer wertschätzenden Haltung auch den Mut, neue Wege zu gehen und von anderen zu lernen.

Wir haben noch gut ein Jahr bis zur nächsten Wahl. Das sollte genug Zeit sein, uns zumindest auf den Weg zu begeben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es haben sich alle Fraktionen zum vorliegenden Bericht des Petitionsausschusses geäußert. Die Redezeiten sind fast alle vollständig aufgebraucht.

Ich schlage Ihnen vor, diese Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Erhebt sich hiergegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Unterrichtung des Petitionsausschusses, Drucksache 6/14363,

zustimmend zur Kenntnis genommen worden.

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen Abgeordnete! Ich denke, Sie stimmen mit mir überein, wenn ich den Damen und Herren Mitgliedern des Petitionsausschusses für ihre geleistete Arbeit recht herzlich danke und ihnen viel Erfolg für die weitere Arbeit wünsche.

(Beifall bei allen Fraktionen und der Staatsregierung)

Ich danke auch sehr den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des betreuenden Referats; denn ohne sie würde das nicht möglich sein, das haben wir heute eindrucksvoll gehört. Schon jetzt danke ich den Vertreterinnen und

Vertretern des Petitionsausschusses dafür, dass sie am 3. Oktober zum Tag der offenen Tür den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger wieder engagiert zur Verfügung stehen. Herzlichen Dank schon jetzt! Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Neubaustrecke Dresden – Prag

Drucksache 6/11555, Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

und die Antwort der Staatsregierung

Als Einbringerin spricht zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, es folgen die Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich nun Frau Abg. Meier das Wort; bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Stärkung des Schienenverkehrs ist sowohl im Sinne eines konsequenten Umwelt- und Klimaschutzes zur Reduktion der Schadstoffe und CO2-Emission als auch zum Zwecke der Entlastung der Autobahnen vom Schwerlastverkehr dringend geboten.

Die Antworten auf die Große Anfrage machen deutlich: Die Staatsregierung setzt beim Bahnausbau mit der Neubaustrecke Dresden – Prag auf ein teures Prestigeprojekt. Die geplante Variante orientiert sich vor allem an den Bedürfnissen des schnellen Schienenpersonenverkehrs. Weder die Netzwirkung im Zusammenhang mit den anderen Bahnstrecken noch die Verlagerungspotenziale von der Straße auf die Schiene wurden bisher ausreichend untersucht.

(Andreas Nowak, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Anderswo ist man da weiter und plant den Ausbau des Schienennetzes auf der Grundlage eines vorgegebenen Zielfahrplans, dem sogenannten Deutschland-Takt. Unser Freistaat droht hier hingegen alte Fehler zu wiederholen und bleibt beim Modell einer milliardenteuren singulären Neubaustrecke ohne große Netzwirkung im Personenverkehr.

Wir GRÜNE fordern die Staatsregierung deshalb in unserem Entschließungsantrag auf, die grundlegende verkehrliche Wirksamkeit der Strecke noch einmal konkret zu begründen. Außerdem müssen die Planungen im Sinne einer effektiven Verlagerung des Güterverkehrs aus dem Elbtal auf die Neubaustrecke überarbeitet werden. Das wäre auch ehrlich gegenüber den lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohnern im Elbtal. Mit einem Realisierungszeitraum von 25 bis 30 Jahren bietet sie ohnehin erst in ferner Zukunft eine Perspektive auf

Entlastung vom Verkehrslärm – aber, sehr verehrte Damen und Herren, vielleicht noch nicht einmal das.

Wenn man sich die bisher vorliegenden Planungen anschaut, dann muss man feststellen, dass bei der Strecke eine Steigung von 12,5 Promille vorgesehen ist, und schwere Güterzüge schaffen schlicht diese Steigung nicht. Zum Vergleich: Wenn ich mir andere Tunnel anschaue wie den Gotthard- oder den Brennerbasistunnel, so ist dort eine Steigung von maximal 6 Promille, also eine halb so hohe Steigung wie in Sachsen, geplant, und nur auf solch flachen Strecken können die schweren Güterzüge auch wirklich fahren.

Außerdem muss sich die Staatsregierung – das ist ein weiterer Punkt in unserem Entschließungsantrag – auf Bundesebene für eine Änderung des Trassenpreissystems starkmachen; denn es ist davon auszugehen, dass die Trassenpreise auf der Neubaustrecke höher ausfallen werden als auf der alten Strecke, die ja immer noch bestehen bleibt, und es darf nicht passieren, dass dann aufgrund von Preisdruck die Güterzüge weiter auf der Altbaustrecke fahren, denn damit ist den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort überhaupt nicht geholfen. Eine Streckensperrung, wie sie das SMWA in der Antwort auf unsere Große Anfrage in Rede stellt, funktioniert aber nicht, da dies rechtlich unmöglich ist.

Aber auch in Bezug auf den Personenfernverkehr ist die aktuelle Planung nicht wirklich nachvollziehbar. Im Tunnel ist eine Geschwindigkeit von 230 Kilometer pro Stunde vorgesehen, und auf dem tschechischen Abschnitt zwischen Ústí und Prag soll eine Hochgeschwindigkeitsstrecke auf 80 Kilometern in Höhe von 350 Kilometer pro Stunde geplant werden. Aber ich muss die Strecke ja insgesamt sehen – von Hamburg bis nach Prag. Wenn aber zwischen Hamburg und Dresden maximal

200 Kilometer pro Stunde gefahren werden können, dann ist es unwirtschaftlich, wenn ich einen Hochgeschwindigkeitszug einsetze, der natürlich auch noch einmal viel teurer ist, aber nur auf 80 Kilometern 350 Kilometer pro Stunde fahren darf. Die angepeilte Fahrtzeit von unter einer Stunde nach Prag ist deshalb relativ unrealistisch. Sie gaukeln damit den Menschen etwas vor, und das finde ich unredlich.

Grundsätzlich erweckt das Projekt den Eindruck, dass eine ernsthafte Bedarfsanalyse die Grundlage der Planung war. Wie komme ich darauf? Es ist ein binationales Projekt, das zwei Abschnitte schnell verbinden soll, auf denen Güterzüge fahren sollen. Das werden der Bund und die EU dann schon irgendwie bezahlen. So klar ist das aber keineswegs bei den enormen Kosten und der Konkurrenz auch im EU-Vergleich.

Aber auch, wenn ich auf die Bundesmittel schaue, ist es noch nicht wirklich abgesichert; denn obwohl zu Beginn des Erarbeitungsprozesses des Bundesverkehrswegeplans das politische Ziel ausgegeben wurde, sich zu konzentrieren und den Bundesverkehrswegeplan zu entschlacken, sind um die Bundestagswahl herum etliche Ortsumgehungen einerseits, andererseits aber auch die Neubaustrecke in den vordringlichen Bedarf hineindefiniert worden. Einzelheiten zur dafür vorgenommenen Bewertung wurden bisher noch nicht veröffentlicht. Wir warten alle darauf, und ich hoffe, dass dies noch in diesem Jahr passiert. Was lediglich veröffentlicht wurde, ist der Kosten-Nutzen-Faktor der Strecke, der bei 1,3 liegt. Erst ab 1 ist so etwas überhaupt sinnvoll. Die fehlende Transparenz kritisieren nicht nur wir, sondern auch Sie haben sie bereits kritisiert.

Aber noch einmal dazu, warum wir die Große Anfrage gestellt haben. Es wird immer davon gesprochen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger aufregen: Wenn die Bagger schon rollen, können wir ja überhaupt nichts mehr machen. Genau deshalb haben wir jetzt, relativ am Anfang, diese Große Anfrage gestellt, um Transparenz hineinzubringen und den aktuellen Stand der Planungen zu eruieren sowie die damit verbundenen verkehrlichen Konzepte zu hinterfragen, damit wir am Anfang ankommen, bei der Frage, welche Auswirkungen auf Umwelt und Mensch es gibt, und nicht zuletzt, um zu erfahren, was die Staatsregierung plant, um die Lärmbelastungen im Elbtal heute bereits zu senken.

Angesichts eines Realisierungshorizonts von – ich hatte es gesagt – 25 bis 30 Jahren für die Neubaustrecke sind dies durchaus berechtigte Fragen, die aber leider eher ausweichend beantwortet wurden. Auch sonst zieht sich die Staatsregierung bei der Beantwortung eher auf die Angaben zurück, die von der DB gekommen sind. Einen Gestaltungswillen über die heutigen rechtlichen Gegebenheiten hinaus kann ich nicht wirklich erkennen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie wirklich etwas für die Bewohnerinnen und Bewohner des Elbtals tun wollen, dann müssen Sie sich jetzt für die Umsetzung schnell wirkender Schallschutzmaßnahmen für die Strecke einsetzen. Die Staatsregierung zeigt aber nicht wirklich Eigeninitiative, auf den Bund und die DB Netz einzuwirken, um die Bevölkerung vor Lärm zu schützen. Sie verweist dazu eher auf Ihre Nichtzuständigkeit; aber mit einer koordinierenden Stabsstelle, so wie es andere Bundesländer tun, die regelmäßig den Kontakt zu den Zuständigen suchen, könnte hier trotz der formalen

Gegebenheiten viel erreicht werden. In anderen Bereichen tun Sie das ja auch.

Wenn Sie wirklich etwas für die vielen staugeplagten Pendlerinnen und Pendler tun wollen, dann sollten Sie mehr Haushaltsmittel für die Bereitstellung flächendeckender ÖPNV-Angebote und die multimodal getaktete Verknüpfung des öffentlichen Personennahverkehrs

bereitstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Andreas Nowak, CDU: Das hat aber damit nichts zu tun!)

Dazu bedarf es einer modernen und bedarfsgerechten Eisenbahninfrastruktur mit hoher Netzwirkung, Herr Nowak. Der Aus- und Neubau von Bahnstrecken in Sachsen muss sich im Sinne eines bedarfsgerechten und modernen Bahnverkehrsnetzes an einem vorgegebenen Zielfahrplan wie dem Sachsen-Takt oder dem Deutschland-Takt orientieren.

Abschließend, sehr verehrte Damen und Herren: Die Staatsregierung setzt mit der Neubaustrecke wieder alles nur auf eine Karte, und mit dem Blick auf die vorliegende Planung ist das eher ein niedriges Blatt als ein Ass.

(Andreas Nowak, CDU: Sie wissen schon, aus welchem Einzelplan der Titel kommt?!)

Wenn so viel Geld für ein einzelnes Projekt ausgegeben werden soll, dann muss es auch wirksam sein, und zwar so, dass eine Verkehrsverlagerung erreicht wird und alle Güterzüge auch wirklich auf dieser Strecke fahren.

(Staatsminister Martin Dulig: Das stimmt einfach nicht)

Aber bei den bisher vorliegenden Planungen ist das, so wie Sie es dargestellt haben, bisher nicht gegeben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist an der Reihe. Für die Fraktion spricht Herr Abg. Nowak. Sie haben das Wort.