Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich war verwundert, dass Sie den Antrag aus der Sammeldrucksache ziehen. Nachdem Sie im Innenausschuss gehörig auf den Deckel bekommen haben, auch vonseiten des Innenministers, lassen Sie sich jetzt ein weiteres Mal am Nasenring durch die Manege ziehen. So viel Masochismus hätte ich selbst der AfD nicht zugetraut. Aber dann soll es so sein.
Der Antrag ist ein Klassiker, ein Klassiker des Umgangs der neuen Rechten mit dem Parlament, bei dem grundsätzlich gilt: das Geld mitnehmen, das Parlament ausbeuten und die Bühne nutzen. Jetzt sind wir wieder in der Rubrik 3 angelangt. Mit Sachpolitik und Problemlösung sowie mit Erkenntnisgewinn hat dieser Antrag so viel zu tun wie eine Erdnuss mit einer Nuss. Dennoch stellen Sie ihn heute. Ich erinnere an den bedeutungsschwangeren Tremolo des Abg. Barth in der Stimme, als er die Dringlichkeit dieses Antrages im September hier begründete – nach dem Motto: Wenn das morgen nicht beschlossen ist, geht die Welt unter. Nun ja, wir haben Dezember. So wichtig scheint Ihnen das Thema nicht gewesen sein, dass Sie sehr lange warten konnten, ehe Sie das Thema dann wieder aufrufen.
Zweitens kann man zu dem Antrag sehr viel sagen. Das haben die Kolleginnen und Kollegen schon getan. Den
noch möchte ich zu zwei, drei Punkten etwas sagen. Es ist durchaus interessant, was Sie hier so vortragen. Der Punkt 1 ist schon angesprochen worden. Sie fordern eine Verurteilung jeglicher Form von Extremismus und Gewalt. Ob das nun ausgerechnet bei dieser Demonstration, die Sie beschreiben, ehrlich ist zu fordern, daran habe ich meine Zweifel. Sie müssen sich heute den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie am 1. September eine komplette AfD-Führungsriege hatten, die mit potenziellen Terrorverdächtigen durch die Gegend gelaufen ist, nämlich mit Angehörigen von „Revolution Chemnitz“. Gegen diese ermittelt der Generalbundesanwalt. Die befinden sich zu Teilen in Haft. Mit denen sind Sie dort auf einer Demo marschiert. – So viel zum Thema Ihrer Distanzierung von Extremismus und Gewalt.
Wissen Sie, Herr Hütter, wer so mitläuft – wer anschlussfähig ist für Rechtsterroristen –, braucht sich nicht zu wundern, wenn Rechtsterroristen mitlaufen.
(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN und der SPD – Carsten Hütter, AfD: Erzählen Sie doch nicht so einen Unsinn, Herr Lippmann! )
Sie hätten heute die Chance gehabt, sich davon zu distanzieren. Sie haben es nicht getan. Dann kommt der Punkt 2, in dem Sie jetzt unbedingt haben wollen, dass der Landtag der Presse vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen hat. Es ist nun einmal so, dass zur Pressefreiheit, die eine der größten gedanklichen Errungenschaften unseres Landes ist, gehört, dass es mir nicht gefallen muss, was ich tagtäglich in der Presse lese, um zu wissen, dass es wichtig ist, was die Presse schreibt, und dass es wichtig ist, dass die Presse genau das schreiben kann, was mir mitunter nicht gefällt. Von daher verbietet es sich für einen Landtag, überhaupt nur darüber nachzudenken, der freien Presse irgendwelche Vorschriften machen zu wollen.
Dieser Punkt ist verlogen, weil er gerade mit Blick auf Chemnitz noch eine zweite Dimension hat. Wer mit Steinen wirft, sollte nicht im Glashaus sitzen. Gerade in Bezug auf Chemnitz sollten Sie sich einmal fragen, wie es bei Ihnen mit einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung aussieht. Ich erinnere an Ihren stellvertretenden Landesvorsitzenden, der im Zusammenhang mit dem Gewaltgeschehen in Chemnitz die Lüge verbreitete, es habe seit Anfang des Jahres in Chemnitz 60 Vergewaltigungen gegeben. Das Innenministerium hat das dankenswerterweise sehr schnell korrigieren können. Aber in Ihren sozialen Netzwerken war diese Lüge, diese infame
Wer also von der Presse verlangt, dass sie wahrheitsgemäß berichten soll, der sollte bei sich selbst anfangen und keine Lügen verbreiten.
Nun möchte ich noch auf zwei weitere Punkte eingehen. Sie haben einen riesengroßen Fragenkatalog. Es ist Ihr vornehmstes Recht als Fraktion, sehr viele Fragen zu haben. Aber da ist noch eine Sache, das haben wir hier schon bei einer Großen Anfrage beim letzten Mal diskutiert: Wenn man so viele Fragen hat, dann sollte man die Feststellung nicht vorwegnehmen. All das, was Sie hier feststellen, können Sie gern feststellen; aber dann tun Sie nicht so, als wären Sie an ergebnisoffenen Fragen an das Innenministerium interessiert, wenn Sie sowieso schon alles besser wissen und das dann den Landtag beschließen lassen wollen. Das ist eine infame Instrumentalisierung dieses Hohen Hauses.
Zu guter Letzt stolpert man beim Lesen dann doch über den Punkt 5, in dem es Ihnen um eine gesonderte Statistik der polizeilichen Kriminalstatistik des Freistaates Sachsen geht, die Straftaten mit dem Tatmittel Messer oder messerähnlichen Gegenständen erfasst. Die Überschrift ist: „Ein Demonstrationsgeschehen am 1. September 2018“. Nun ist es mir neu, dass das Tatmittel Messer am 1. September 2018 in Chemnitz bei der Demonstration eine übergroße Bedeutung gespielt haben soll. Aber offensichtlich versuchen Sie jetzt, alles in einen Topf zu rühren, was Ihnen gerade eingefallen ist, und hier die nächsten Lügen und Märchen zu verbreiten, wie Sie es mit Punkt 5 zum Ausdruck bringen.
Dann sage ich Ihnen zum Schluss: Es ist sehr interessant, dass die AfD jetzt die Versammlungsfreiheit für sich entdeckt hat. Ich hätte mir dieselbe Verve beispielsweise bei den Versammlungsverboten seinerzeit in Heidenau gewünscht. Massive Grundrechtseingriffe – die AfD hat nicht nur geschwiegen, sie hat das Ganze auch für legitim gehalten. Von daher kann ich nur unterstützen, dass es Ihnen immer nur dann um die Versammlungsfreiheit geht, wenn Sie selbst davon betroffen sind. Aber wissen Sie, es unterscheidet sich eben genau von dem, was Sie tun, von aufrechten rechtsstaatlichen Demokraten, dass es Letzteren nicht darum geht, ob es dem Einzelnen nützt, sondern um das Versammlungsrecht als solches.
Damit kann ich nur sagen: Ich habe vollkommenes Verständnis für das, was die Polizei an diesem Tag getan hat. Das Versammlungsrecht ist eben so, dass man die Frage von Verhältnismäßigkeitserwägungen dort nicht außen vor lassen kann. Es gibt eine praktische Konkordanz. Die sieht vor, dass man auch die Grundrechte der anderen in einer solchen Situation würdigen muss und dass ich, wenn man zu der Feststellung kommt, dass das möglicherweise keine Versammlung ist, sondern eine Ansammlung, eine Blockade, dann bei den Mitteln, die
ich dagegen anwende, verhältnismäßig vorgehen muss. Ich glaube, mit dem, was uns die Polizei vorgetragen hat – – Sie können mir glauben, ich gehöre nicht unbedingt zu denen, die permanent der Polizei bei der Frage des Versammlungsrechts blauäugig hinterherrennen und sagen, das wird schon alles gut gelaufen sein; aber das, was der Landespolizeipräsident vorgetragen hat, vermochte mich zu überzeugen, dass es aufgrund der Lage nicht sinnvoll war, mit massiver Gewalt – und alles andere wäre nicht möglich gewesen – gegen an sich friedliche Kundgebungsteilnehmer bzw. in dem Fall nicht Kundgebungsteilnehmer, sondern Ansammlungsteilnehmer vorzugehen.
Ich glaube, wenn Sie beginnen, jetzt zum großen Schlag ausholen zu wollen, erweisen Sie dem Versammlungsrecht in Deutschland einen Bärendienst. Dieses Beispiel ist nicht dazu geeignet, der Polizei irgendwelche Vorwürfe zu machen. Deshalb werden wir diesen Antrag erneut ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die sächsische Polizei leistet eine großartige Arbeit zum Wohle unseres Landes und seiner Bürger.
Sie schützt die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und setzt das Recht durch, auch das Versammlungsrecht. Wenn jemand dies nicht sieht, dann liegt das nicht an ihm und nicht an der Polizei. Der Innenausschuss hat den vorliegenden Antrag in seiner 55. Sitzung am 22. November 2018 – das wurde gerade dargelegt – behandelt. Der Landespolizeipräsident hat in dieser Sitzung die Rechtslage bei Blockaden dargelegt, die Abläufe der polizeilichen Maßnahmen erklärt und – und darauf kommt es an – die Bedingungen genannt, unter denen die Polizei unmittelbaren Zwang ausüben kann. Dies muss lageangepasst geschehen, maßvoll, angemessen und verhältnismäßig. Diesen Ausführungen ist nichts mehr hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren! Die Polizei setzt Recht und Ordnung durch. Das hat sie in Chemnitz getan und dies übrigens bei großer Zustimmung der Bevölkerung. Ich kann Ihnen eines für die Antragstellung sagen: Was nicht passieren wird, ist, dass die sächsische Polizei nur deshalb Gewalt gegen diejenigen anwendet, die Ihnen nicht
Das wird nicht geschehen. Gewalt ist und bleibt kein Mittel der Politik. Deshalb schließt sich die Staatsregierung dem Votum des Innenausschusses an und empfiehlt dem Plenum, diesen Antrag abzulehnen.
Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache beendet. Es ist keine Einzelabstimmung begehrt worden. Gemäß § 102 Abs. 7 der Geschäftsordnung stelle ich hiermit zu den Beschlussempfehlungen die Zustimmung des Plenums entsprechend dem Abstimmungsverhalten im Ausschuss fest. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Zunächst frage ich, ob einer der Berichterstatter zur mündlichen Ergänzung der Berichte das Wort wünscht.
Die Fraktion DIE LINKE verlangt nach § 63 Abs. 3 Satz 3 der Geschäftsordnung Aussprache zu einer Petition aus der Sammeldrucksache. Die Redezeit beträgt in einem solchen Fall zehn Minuten je Fraktion und 1,5 Minuten je fraktionslosem Abgeordneten. Es beginnt die Fraktion DIE LINKE, danach CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Frau Abg. Junge, Sie haben jetzt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den heutigen Unterlagen befindet sich die Petition 06/02407/4 zum Thema „Zusätzliches Personal für Kitas bei erhöhtem Migrantenanteil“. Eine Kita mit 70 Kindern bittet um Unterstützung. Insgesamt 26 Flüchtlingskinder aus zehn Nationen, neun Kinder mit Behinderung und 26 Kinder mit erheblichen Lebens- und Lernschwierigkeiten stellen die dort tätigen Erzieherinnen und Erzieher vor eine große Herausforderung.
Die AWO als Träger hat die Stadt um Hilfe gebeten und eine zusätzliche pädagogische Fachkraft über den Personalschlüssel hinaus beantragt. 61 von 70 Kindern haben einen erhöhten Unterstützungs- und Betreuungsbedarf. Die Erzieherinnen und Erzieher sehen sich wegen des Mehraufwandes nicht in der Lage, den gesetzlichen Bildungsauftrag laut Sächsischem Bildungsplan für alle Kinder in dieser Einrichtung umzusetzen.
Die handelnde Stadtverwaltung teilte im September 2017 dem freien Träger mit, dass kein erhöhter Betriebskostenzuschuss gewährt wird. Der Träger wandte sich an den