Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Im Übrigen stellt der Antrag ein Mindestmaß dar, das vom federführenden SMWA natürlich vergrößert werden kann. Der Minister hat heute gesagt, dass er die Zielgruppe breiter fächern möchte. Das ist die Entscheidung des Ministeriums. Trotzdem sind wir gegen den Antrag der LINKEN.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Frank Heidan, CDU: Nur ein Placebo, was die LINKEN machen! Ihnen ist nichts anderes eingefallen! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach, Herr Heidan! Nicht einmal heute! Ich habe Sie bis jetzt auch in Ruhe gelassen!)

Gibt es weiteren Redebedarf von den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen und Stimmen dafür. Dennoch ist der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Ursprungsantrag in Drucksache 6/1067. Ich bitte bei Zustimmung um ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe wenige Stimmenthaltungen. Ansonsten ist dem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt worden.

Ich beende den Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

6-Punkte-Moratorium zur Sicherung wohnortnaher Schulstandorte, guter

Bildung und gleichwertiger Bildungschancen im ländlichen Raum

Drucksache 6/887, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion DIE LINKE. Danach folgen CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt der Abg. Frau Falken das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Schülern und Eltern der Klassenstufen 4, 5 und 6 wurden am 27. Februar 2015 schriftlich die Bildungsempfehlungen übergeben. Es ist die Entscheidung für die Schülerinnen und Schüler, ob sie im nächsten Schuljahr, im Schuljahr 2015/2016, an einer Mittelschule oder an einem Gymnasium unterrichtet werden.

Bis zum 6. März 2015, also bis zum vergangenen Freitag, mussten die Eltern ihre Kinder nach dem Schulgesetz an einer Mittelschule oder an einem Gymnasium ihrer Wahl – die Realität sieht aber anders aus – entsprechend der jeweiligen Bildungsempfehlung anmelden.

Für die Schulen ist es immer eine angespannte Zeit, eine besonders angespannte Zeit, weil an unseren sächsischen Schulen eigentlich das ganze Schuljahr eine angespannte Zeit ist. Diese Zeit ist im ländlichen Raum aber eine sehr angespannte Zeit.

Alle Jahre wieder geht an den Schulen Angst und Unsicherheit um. Werden wir an unserer Grundschule, an der Mittelschule oder am Gymnasium genügend Schüleranmeldungen haben oder nicht? Wird das Sächsische Staatsministerium für Kultus wieder Mitwirkungsentzüge aussprechen oder nicht? Werden bei uns Klassen geschlossen oder vielleicht sogar ganze Schulen?

Ich frage Sie, Frau Staatsministerin Kurth, wie sieht es in diesem Jahr aus? Ich gehe davon aus, dass Sie uns, dem hohen Parlament, den Landtagsabgeordneten, in Ihrem Redebeitrag nachher mitteilen werden, wie die Situation an den sächsischen Schulen insbesondere im ländlichen Raum aussieht. Bitte, Frau Staatsministerin, weichen Sie nicht aus, dass die Daten noch nicht erfasst seien oder Ähnliches. Heute sitzen schon die Schulleiter zusammen, um darüber zu beraten, wie die Schüler sortiert werden.

Der Streit zwischen der CDU und der SPD über ein verlängertes Schulmoratorium für den ländlichen Raum zeigt, wie notwendig eine Regelung ist, um die Schließung weiterer Klassen und Schulen auszuschließen. Diese Informationen sind uns über die Presse zugegangen.

Schüler, Eltern und Lehrer und auch die Schulträger brauchen Sicherheit. Der erste Antrag der CDU-Fraktion, damals mit der FDP-Fraktion gemeinsam, zum Erhalt der Schulen im ländlichen Raum stammt aus dem Jahr 2010;

Schulschließungsmoratorium zum Entschließungsantrag zur Haushaltsdebatte zum damaligen Zeitpunkt.

Die CDU hat damals erkannt, was wir schon vor Jahren erklärt haben: dass das Schulgesetz mit der Realität der Schulen im ländlichen Raum nicht mehr übereinstimmt. Das war damals der erste Schnitt zu sagen, wir müssen Veränderungen durchführen. Das ist nunmehr fünf Jahre her. Es ist Ihnen nicht gelungen, weder der Staatsregierung noch Ihrer Fraktion, der CDU,

(Patrick Schreiber, CDU: Was heißt das!)

eine rechtliche Regelung zu schaffen, ein Gesetz zu schaffen, um eine rechtliche Regelung für die Schulen im ländlichen Raum zu erhalten. Das ist ein scharfer Vorwurf, den wir hier machen. Es kann keine fünf Jahre dauern, um einen Gesetzentwurf in diesem Bereich zu erarbeiten!

Es kommt aber noch schlimmer: Wir werden wieder eine Übergangsregelung brauchen, bis das neue Schulgesetz oder die Novelle zum Schulgesetz da ist. Wie wir wieder aus der Presse erfahren, wird das höchstwahrscheinlich – vielleicht können Sie sich dazu heute äußern – bis zum Jahr 2017 dauern. Das heißt, Sie brauchen sieben Jahre, um eine rechtliche Regelung vorzulegen, nicht zu reden davon, wie sie aussehen wird; denn das wissen wir noch nicht.

Das bis dahin geltende Moratorium aus der vergangenen Legislaturperiode oder – sage ich lieber – beide Moratorien, die gestellt worden sind, bieten keine Garantie. Es erfasst nur die Schulen, die im Schulnetzplan als Bestandsschulen aufgeführt sind. Andere Schulen, wie zum Beispiel Seifhennersdorf, die Grundschule RechenbergBienenmühle, die Grundschule Wechselburg oder die Mittelschule Hartha – das sind nur einige – fallen nicht unter das bisher bestehende Moratorium.

Fakt ist: Das höchste Gericht Deutschlands, das Bundesverfassungsgericht, hat der Klage der Stadt Seifhennersdorf stattgegeben und den Schulnetzplan im Freistaat Sachsen teilweise als verfassungswidrig erklärt. An dieser Stelle – und ich hoffe, dass das für Sie alle positiv ist – möchte ich und meine Fraktion mich beim Schulträger der Stadt Seifhennersdorf für diesen langen beharrlichen Weg, auch bei den Anfeindungen, die Sie erhalten haben, dass Sie so lange durchgehalten haben, bis das Urteil endlich da ist, ganz, ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei den LINKEN)

Das ist wirklich schwach vom Parlament, einer solchen Rechtssicherheit, die durch das Verfassungsgericht dargestellt wird, hier nicht den entsprechenden Dank zu zollen,

sondern dass nur aus meiner eigenen Fraktion dieser Dank rüberkommt. Schade!

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Das nennt man Gewaltenteilung!)

Bis zur Verabschiedung einer Schulgesetznovellierung durch die Koalitionäre können die Schulen im ländlichen Raum nicht warten. Sie brauchen jetzt und sofort Rechtssicherheit. Es bedarf daher unverzüglich verbindlicher Maßgaben, um weitere Schulschließungen zu verhindern. Wir haben in unserem Antrag, der Ihnen hoffentlich vorliegt, ein Moratorium für die Zeit bis zum fertigen Schulgesetz vorgelegt. Das beinhaltet erstens: Die Bildung von Klassen ist in der Regel bei wenigstens zehn Schülern an Grundschulen und 15 Schülern an weiterführenden Schulen zu gewährleisten. Zweitens. An Grundschulen und weiterführenden Schulen ist jahrgangsübergreifende Klassenbildung möglich. Drittens. An Grundschulen werden je Klasse nicht mehr als 20, an weiterführenden Schulen nicht mehr als 25 Schüler pro Klasse beschult. Viertens. Für alle Schularten ist der Beschluss der Schulkonferenz als Grundlage dafür zu nehmen, wenn es klassenstufen- und jahrgangsübergreifenden Unterricht geben soll. Fünftens. Die Schulträger können entscheiden, ob sie Mittelschulen einzügig und Gymnasien zweizügig führen und nicht, wie es jetzt im Schulgesetz steht, zweizügige Mittelschulen und dreizügige Gymnasien. Sechstens. Der Schulträger hat auch die Möglichkeit, mehrere räumlich getrennte Schulstandorte als Schulverbünde gemeinsam zu führen. Darüber hinaus dürfen keine Mitwirkungsentzüge des Freistaates Sachsen für Schulen, die zurzeit bestehen, ausgesprochen werden, aber auch für Schulen, die nicht rechtskräftig geschlossen worden sind. Ich habe vorhin einige in meinem Redebeitrag genannt.

Ich halte es für selbstverständlich, dass das Kultusministerium mit dem 2. Februar 2015 an die Landkreise Bescheide bezüglich der Schulnetzplanung geschickt und aufgrund des Urteils von Seifhennersdorf die bisher festgelegten Mitwirkungsentzüge für zurzeit noch laufende Verfahren zurückgenommen hat. Aber nur für diese, und das ist uns zu wenig.

Wir wollen, dass die Schulträger durch den Freistaat Sachsen für den Erhalt dieser Schulen nach dem Moratorium die erforderliche sächliche, personelle und finanzielle Ausstattung erhalten. Wir brauchen ein Schulschließungsmoratorium, noch besser wäre ein Gesetz – das will ich ganz klar sagen –; denn auch nach dem Diskontinuitätsgrundsatz ist das Moratorium, welches Sie 2010 eingebracht haben und welches die Grundlage für das zweite Moratorium ist, überhaupt nicht mehr rechtskräftig.

Ich fordere Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist an der Reihe. Für die Fraktion spricht der Abg. Bienst.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich inhaltlich auf den Antrag der LINKEN in der Drucksache 6/887 eingehe und ob wir eine Übergangsregelung benötigen, möchte ich Ihnen den momentanen Sachstand bezüglich des verbindlich existierenden Schulmoratoriums noch einmal vor Augen führen.

Der Sächsische Landtag hat mit dem Beschluss zum Doppelhaushalt 2010/2011 einen Entschließungsantrag verabschiedet, in dem er die Staatsregierung ersucht hat, „ab dem Schuljahr 2011/2012 aufgrund der zu erwartenden Veränderungen des Übergangsverhaltens von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen infolge der geänderten Bildungsempfehlungen für vier Schuljahre von Mitwirkungsentzügen bei Mittelschulen im ländlichen Raum abzusehen, wenn die Schülerzahl von 20 für die Eingangsklassenstufe angemeldet ist. Dies gilt nicht für Schulen, deren Aufhebung bereits im Schulnetzplan beschlossen ist.“

Auf der Grundlage dieses Entschließungsantrages ersuchte am 16.10.2013 der Sächsische Landtag die Staatsregierung, das Moratorium als Standortgarantie für Oberschulen im ländlichen Raum – und das betone ich – bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Änderung des Sächsischen Schulgesetzes aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig wurde dieses Moratorium auf Grundschulen außerhalb der Mittel- und Oberzentren erweitert. Der Landtag, also wir als damals hier tätige Abgeordnete, war sich bewusst, dass dieser Beschluss über die Legislaturperiode hinaus Wirkung entfaltet, mit anderen Worten, auch heute und in den nächsten Wochen und Monaten Gültigkeit besitzt.

Dass wir als Schulpolitiker in der Koalition gemeinsam diese rechtliche Wertung eingehend geprüft haben – Frau Kollegin Falken, ich weiß nicht, wo Sie hernehmen, dass wir uns gestritten haben – und wir einen Diskussionsprozess durchlaufen haben, steht außer Frage. Ja, es gab im Vorfeld dazu unterschiedliche Bewertungen, ob ein nochmaliger Beschluss des Landtages zur Verlängerung des Moratoriums notwendig sei, aber von Streit kann bei Weitem keine Rede sein.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich betone noch einmal: Beschlossene Anträge wie das Schulschließungsmoratorium vom 13. Oktober 2013

unterliegen nicht der Diskontinuität. Hier gibt es keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen den beiden Koalitionsfraktionen bezüglich der Fortführung des Moratoriums. Ziel der Koalition ist nach wie vor, Schulschließungen im ländlichen Raum zu vermeiden. Darüber weiß auch die Fraktion der LINKEN Bescheid. Ich weiß auch nicht, an welcher Stelle sie das aus der Zeitung entnommen haben.

Noch einmal kurz zum Inhalt des bestehenden Moratoriums, bevor ich zu den Inhalten des vorliegenden Antrages der LINKEN komme. Das aktuelle Moratorium fordert eine Mindestzahl von 20 Schülern für die Oberschulen. Wir sehen bis zu einer möglichen Neuregulierung mit der

Novellierung des Sächsischen Schulgesetzes keinen Anlass, von dieser Regelung abzuweichen. Für die Zukunft brauchen wir neue und flexible Modelle, um insbesondere den Menschen im ländlichen Raum alle Bildungschancen zu erhalten. Genau dazu soll die anstehende Schulgesetznovelle dienen, aber das ist hinlänglich bekannt. Ich weiß nicht, an welcher Stelle wir uns in der letzten Legislaturperiode dazu bekannt haben, das Schulgesetz zu verändern und dass wir nun fünf oder sechs Jahre dazu brauchen. In unserem Koalitionsvertrag steht, dass wir während dieser Regierungszeit das Schulgesetz novellieren und anpassen werden.

Welchen tiefen Sinn hat nun Ihr Antrag, sehr geehrte Damen und Herren von den LINKEN? Ich kann keinen erkennen. Sie möchten einen Vorgriff auf die Schulgesetznovelle machen. Sie möchten Tatsachen schaffen, die inhaltlich in keiner Weise – weder in den einzelnen Arbeitskreisen der Fraktionen, noch in dem dafür verantwortlichen Ausschuss – diskutiert wurden. Sie möchten mit Ihrem Antrag – Frau Falken hatte es bereits erwähnt – die Klassenstärken auf 10 bzw. 15 Schülerinnen und Schüler herabsetzen, jahrgangsübergreifenden Unterricht auch in weiterführenden Schularten zulassen, nach Beschluss der Schulkonferenz klassen- und jahrgangsübergreifenden Unterricht ebenfalls zulassen, Mittel- bzw. Oberschulen einzügig und Gymnasien zweizügig führen und räumlich getrennte Schulstandorte organisatorisch verbinden, um Schulverbünde zu ermöglichen.

Im Punkt II greifen Sie das Thema Mitwirkungsentzüge auf und möchten zwischenzeitlich schulaufzugsrechtliche Entscheidungen außer Kraft setzen. Ich weiß nicht, an welcher Stelle das Problem mit dem Schulstandort Seifhennersdorf steht. Das Problem haben Sie heute hier besonders betont und verlangen im Punkt III die natürlich dazu notwendigen personellen und finanziellen Ausstattungen.

Ich fasse zusammen und hoffe, Sie erkennen meinen ironischen Unterton. Wir stimmen erst einmal Ihrem Antrag zu. Wir klären im Nachhinein, ob das erforderliche Personal, sprich die Lehrkräfte, bereit ist, in ländliche Räume zu gehen, und wie viele Sachausgaben notwendig sind. Wir brauchen ja auch noch ein wenig finanzielle Mittel – sprich, was kostet das alles. Das geschieht so nebenbei, neben laufenden Haushaltsverhandlungen, ohne fachliche und inhaltliche Prüfung. Die Finanzpolitiker aller Fraktionen werden sich freuen und natürlich alle erdenklichen Mittel kurzfristig bereitstellen.

Meine Damen und Herren! Wie seriös ist ein solcher Antrag – Ihr Antrag? Haben Sie eigentlich geprüft, in wie vielen Fällen in Sachsen ein solches Vorgehen überhaupt notwendig ist? Meine Bitte an dieser Stelle ist folgende: Lassen Sie solche Scheinanträge sein. Bringen Sie sich qualifiziert in die Diskussionen um ein neues Schulgesetz ein. Gehen Sie gemeinsam mit der Koalition verantwortungsvoll mit den Auswirkungen des demografischen Wandels – vor allem in den Bereichen der Bildung – um.

Wir werden aus den genannten Gründen heraus Ihrem Antrag natürlich nicht zustimmen, uns aber inhaltlich auf die umfassenden Änderungen des Schulgesetzes vorbereiten und Ihnen ein zukunftsträchtiges, den neuen sächsischen Herausforderungen gerecht werdendes Gesetz vorlegen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)