Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

(Sebastian Fischer, CDU: Richtig!)

Das wird das bayerische Polizeiaufgabengesetz. Sie wollten so richtig vom Leder ziehen, von Anfang an Druck entfalten gegen die bösen Regierungsfraktionen und die Koalition.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Ist das Selbstmitleid nun mal vorbei?)

Aber es hat nicht funktioniert. Stück für Stück musste die Kritik abgeschmolzen werden. Am Ende sind sechs Punkte übrig geblieben. Aber die Qualität Ihrer Debattenbeiträge und die Qualität, wie Sie es vorangetrieben haben, ist immer noch in Bayern hängen geblieben, und das ist nicht gut für die Diskussion.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem finde ich die Kritik wichtig. Auch die vielfältigen Protestformen finde ich deshalb wichtig, weil sie einmal mehr zeigen, wie elementar es in einem Rechtsstaat ist, dass bei solchen Gesetzgebungsvorhaben diese konkurrierenden Interessen – Sicherheitsinteressen und Freiheitsrechte – immer wieder aufs Genaueste gegeneinander abgewogen werden und wie sensibel das alles ist.

(Zuruf des Abg. René Jalaß, DIE LINKE)

Ich nehme auch sehr ernst, dass bei vielen, mit denen ich persönlich gesprochen habe – mit allen war es nicht möglich, aber einige haben doch das Gespräch gesucht –, andere Themen Kern der Kritik sind. Sie haben persönlich teilweise negative Erfahrungen mit der Polizei gemacht.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Warum denn?)

Sie sind beeindruckt von Einzelfällen, von Verfehlungen,

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

die öffentlich ausgebreitet wurden. Ich verstehe, dass dadurch Vertrauen schwindet. Umso wichtiger ist es, dass wir ein sauberes Gesetz machen

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Damit die Polizei noch mehr Befugnisse hat!)

und es heute mit dem Änderungsantrag noch einmal verbessern und die Transparenz stärken.

(Zuruf des Abg. René Jalaß, DIE LINKE)

Kern der Kritik ist mangelndes Vertrauen. Kern der Kritik ist nicht der konkrete Gesetzentwurf.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Aber die Jusos haben Sie nicht überzeugt!)

Dass es uns nicht gelungen ist, das in der Debatte zu trennen, bedaure ich zutiefst; denn ich finde, das Gesetz hätte es verdient, es fachlich sauber zu diskutieren. Dass es auch heute hier nicht gelingt, mit all der Polemik, ist höchst bedauerlich, aber leider nicht zu ändern. Wir werden trotzdem zustimmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Herr Lippmann, Sie möchten eine Kurzintervention vortragen. Bitte.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine Kurzintervention. Ich stelle erstens fest, dass zu meinen konkreten Fragen über die Notwendigkeit der präventiven Telekommunikationsüberwachung die Koalition weder im Innen- noch im Rechtsausschuss eine Antwort gegeben hat. – So viel zu dem Thema Fragen und Sachlichkeit.

Zweitens. Ich stelle fest, dass das gegenseitige Vorhalten dessen, was man in anderen Ländern getan hat, für die SPD-Fraktion schnell ein ungemütliches Geschäft werden könnte. Ich könnte jetzt eine Vielzahl von Ländern aufzählen, in denen die SPD einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibedienstete im Polizeigesetz zugestimmt hat, in Sachsen aber verweigert sie die Zustimmung.

(Zuruf von der SPD)

Drittens. Unredlich ist die Behauptung, dass es hierbei nur um Polemik ginge. Das, was Sie, Herr Kollege Pallas, dargestellt haben, enttäuscht mich wirklich. Ich glaube, man muss einmal zur Kenntnis nehmen, dass es bei grundsätzlichen Fragen von Freiheit und Sicherheit nicht nur um Details gehen muss, sondern dass es genau um die Grundfrage geht: Was darf ein Staat? Was soll ein Staat dürfen? Wie wichtig ist uns Freiheit? Wie wichtig ist uns Sicherheit? Das ist eine der zentralen politischen Fragen.

Natürlich geht es dabei hart zur Sache. Wenn das Ihr Problem ist und Sie versuchen, es als das – dass wir nicht genügend über Details geredet haben, was Sie im Innenausschuss auch nicht getan haben – zu delegitimieren, dann ist das diese Entpolitisierung von Politik, die in der Öffentlichkeit zunehmend als technokratisch dargestellt wird. Ich sage: Es tut diesem Haus gut, über Grundsatzfragen von Freiheit und Sicherheit hier und heute zu verhandeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Zu guter Letzt: Infam finde ich dann, dass Sie denjenigen, die berechtigte Kritik haben, auch an einem grundsätzlichen Staats- und Rechtsstaatsverständnis dieser Koalition,

vorwerfen, dass sie an Fake News beteiligt seien, und ihnen vorwerfen, dass sie in irgendeiner Weise zur Verunsicherung der Bevölkerung beitragen würden. Es ist eine Frechheit, diejenigen mit der Kritik zu diffamieren, die hier aufstehen, weil sie Angst haben, dass ihre Freiheitsrechte unter die Räder kommen.

Bitte zum Ende kommen!

Zum Schluss: Mit diesem Vorwurf treffen Sie nicht zuletzt Ihre eigene Jugendorganisation.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Pallas darf erst antworten. Bitte.

Vielen Dank. – Ich möchte es kurz machen. Zu dem angeblichen zweischneidigem Schwert:. Herr Lippmann, ich halte Ihnen das nur vor, weil Sie hier den Untergang des Rechtsstaats proklamieren. Dass die GRÜNEN in anderen Bundesländern, weil sie in einer anderen Rolle sind, ganz anders agieren, verschweige ich doch gar nicht.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Sie aber auch!)

Ich unterstelle aber auch nicht, dass Sie immer nur Böses tun, was Sie aber umgekehrt mit uns machen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ach, kommen Sie, Herr Lippmann. Sie sprechen sich doch ab.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ich spreche mich mit Baden-Württemberg ab? Das ist ja wohl ein schlechter Witz! – Heiterkeit bei der AfD)

Mit Sachsen-Anhalt schon! – Ich möchte Ihnen bezüglich der Redlichkeit nur zwei Zitate von Ihnen vorwerfen, die sozusagen das Ausmaß Ihrer Polemik deutlich machen: Wenn Sie von Grundrechts-Harakiri oder schamloser Grundrechtsaushöhlung sprechen, dann spricht das wohl für sich.

Zu Ihrem Vorwurf – den ich im Übrigen nicht verstehe –, dass wir sozusagen Protest entwerten, habe ich in meiner Rede ausdrücklich gesagt, wie wichtig der Protest auch ist, weil es so sensibel ist.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Weil Sie diffamieren!)

Die Einzigen, die hier diffamieren, sind Sie. Entschuldigung!

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Herr Bartl, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Kollege Pallas, Sie haben vorhin in Ihrer Rede gesagt, dass wir nicht gesagt hätten, wie wir uns – ich sage es einmal mit meinen Worten – die Anpassung der Entwicklungen an die Rechtsvorschriften des Polizeirechts vorstellen.

Wir hätten uns gut vorstellen können, dass man das Polizeigesetz, so wie es jetzt vorliegt, in der Fassung der Bekanntmachung von 1999 als Grundlage. Nebenbei bemerkt: Gegen das 93er Polizeigesetz gab es eine Normenkontrollklage, die damals die Fraktionen SPD und GRÜNE erfolgreich geführt haben. Gegen das 99er Gesetz gab es eine Normenkontrollklage, die die Fraktion PDS mit ihren 27 Abgeordneten erfolgreich geführt hat. Dort wurden zum Beispiel diese Kontrollstellen als verfassungswidrig betrachtet.

Wir haben immer versucht, an den Fragen zum Polizeigesetz mitzuarbeiten – und das unter Wahrung der Grundrechte, unter Wahrung des Prinzips, dass der Bürger, der nichts macht, den Anspruch hat, dass ihn der Staat in Ruhe lässt. Es ist die Frage zu beantworten: Was ist davon ausgehend an den Gesetzen zu ändern, weil sich Kriminalitätslagebilder, Kriminalitätsphänomene oder ähnliche Dinge mehr verändert haben?

Wir hätten mit Ihnen gern darüber gesprochen. Aber was machen Sie? Sie bringen etwas anderes. Sie bringen ganz neue Paradigmen. Sie kehren auf dem Absatz um, weg von der Tatsache, dass zunächst grundsätzlich gilt, dass der Bürger als solcher unverdächtig ist. Sie aber machen ein Konzept, mit dem der Bürger fortwährend in den Zwang gerät zu versuchen, sich von irgendwelchen Verdachtsmomenten oder drohenden Gefahren oder in künftiger Wahrscheinlichkeit zu entlasten. Das ist aber der Grundansatz.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das stimmt doch gar nicht! – Widerspruch bei der CDU)

Der Grundansatz liegt nicht nur in dem, sondern auch in anderen Polizeigesetzen.