Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Gibt es hierzu Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wer möchte der Drucksache 6/17375 seine Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte! – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Änderungsantrag dennoch abgelehnt.

Nun rufe ich den letzten Änderungsantrag der AfDFraktion auf, Drucksache 6/17385. – Herr Wippel, Sie haben das Wort zur Einbringung.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Hier geht es jetzt um einen Bereich, der uns auch besonders wichtig ist, ein

Bereich, bezüglich dessen wir sagen: Hier ist die Staatsregierung mit der Regelung, die sie getroffen hat, über das Ziel hinausgeschossen.

Ich möchte nicht, dass die Büchse der Pandora geöffnet wird, dass unser Gesetz, so wie es da ist, es zulässt, dass Menschen in Fahrzeugen gefilmt werden und dann von dieser Person das Gesicht biometrisch erfasst und mit einer Fahndungsdatei abgeglichen wird, gleichzeitig das Kennzeichen, und dass diese Sachen auch zusammengeführt werden können. Das möchten wir nicht.

Wir wollen uns hier mit unserem Änderungsantrag daran orientieren, dass wir sagen: Okay, ihr könnt filmen, aber ihr dürft nur die Kennzeichen auswerten. Das Gesicht darf erst dann in einem weiteren Schritt ausgewertet werden, wenn ein Treffer erfolgt ist, nur wenn das Kennzeichen in der Fahndung drin ist. Wir wollen mit Blick auf das Gesetz ausschließen, dass diese Daten, also Kennzeichen und Gesicht, gemeinsam abgespeichert werden, also quasi in einer gemeinsamen Datenbank, dass sie zusammengeführt werden und, wenn ich vielleicht an einem Tag durch mehrere Kontrollen fahre, dann im nächsten Schritt vielleicht auch noch Bewegungsbilder erstellt werden. Das ist im Moment alles möglich.

Sie sagen uns zwar: Das haben wir gar nicht vor, das wollen wir auch gar nicht machen; aber im Zweifel wird irgendwann einmal das genutzt werden, was im Gesetz steht. Wir sind ja sehr dafür, dass man der Polizei hilft, dass ich, wenn ich Videoaufzeichnungen habe, auf denen ein Straftäter zu sehen ist, und ich weiß, dass er einer ist, diese Person dann auch suchen kann, indem ich technische Mittel nutze, aber auf einem bestehenden Videofilm und mit einem konkreten Anlass. Dann muss es möglich sein, das auch technisch auszuwerten, damit ich dann nicht einen Polizisten davorsetzen muss, der sich einen ganzen Tag lang ein 24-Stunden-Video ansieht und dann viele Personen auseinanderhalten muss. Wenn wir einfach eine Platzsituation annehmen, dann ist das ja gar nicht zu machen.

Das muss technisch möglich sein. Aber schütten Sie das Kind nicht mit dem Bade aus. Ich glaube, hier wird die Büchse der Pandora geöffnet. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist auch genau diese Regelung eine solche Regelung, über die Sie möglicherweise vor dem Verfassungsgericht stolpern könnten.

Deswegen gehen Sie einfach noch einmal in sich, stimmen Sie unserem Antrag zu und ersparen Sie sich eine Klatsche vor dem Verfassungsgericht!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es hierzu Wortmeldungen aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung zu dem Änderungsantrag 6/17385 der AfD-Fraktion geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer

enthält sich der Stimme? – Ohne Enthaltungen sowie bei zahlreichen Stimmen dafür ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Damit sind alle Änderungsanträge beraten und abgestimmt. Wir kommen nun zum Gesetzentwurf selbst. Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass ich zunächst die Bestandteile des Gesetzentwurfes aufrufe und dann en bloc abstimmen lasse. Erhebt sich hiergegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

(Enrico Stange, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Herr Präsident! Ich bin ein wenig irritiert, da bei vorangegangenen Gesetzentwürfen der Berichterstatter zumindest gefragt wurde, ob er noch das Wort ergreifen möchte. Das ist hier nicht der Fall gewesen. War dies nicht vorgesehen?

Herr Stange, ich habe das vernommen, aber der Gesetzentwurf und die Änderungsanträge sind schon lange zur Abstimmung aufgerufen. Es hätte vorher die Möglichkeit bestanden, zügig Einspruch zu erheben und zu begehren, dass der Berichterstatter das Wort ergreifen möchte. Diese Gelegenheit ist jetzt schon vertan.

Dann nehme ich zur Kenntnis, dass das vom Tagungspräsidium nicht angefragt wurde. Der Berichterstatter wurde einfach nicht gefragt. Bisher war das so üblich.

Ja, das ist richtig. Herr Stange, das nehme ich zur Kenntnis, aber ich glaube, wir sind alle zur Wachsamkeit aufgerufen, wenn diese Dinge angesprochen sind. Es ist dazu aufgerufen worden. Jetzt bitte ich um Verständnis, dass wir bereits in der Abstimmung sind und das Prozedere nicht unterbrechen möchten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir hatten verabredet, dass ich die einzelnen Bestandteile aufrufe. Dazu gehören die Überschriften und eine kurze Inhaltsangabe: Artikel 1 Gesetz über die Aufgaben, Befugnisse, Datenverarbeitung und Organisation des Polizeivollzugsdienstes im Freistaat Sachsen (Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz), Artikel 2 Gesetz über die Aufgaben, Organisation, Befugnisse und Datenverarbeitung der Polizeibehörden im Freistaat Sachsen (Sächsisches Polizeibehördengesetz), Artikel 3 Sächsisches Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Sächsisches Datenschutz-Umsetzungsgesetz), Artikel 4 Änderung des Sächsischen Wachpolizeidienstgesetzes, Artikel 5 Änderung des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes, Artikel 6 Änderung des Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, Artikel 7 Änderung des Sächsischen Versammlungsgesetzes, Artikel 8 Änderung des Sächsischen Polizeifachhochschulgesetzes, Artikel 9 Änderung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz, Artikel 10 Änderung des Gesetzes

zur Ausführung des Pass- und Personalausweisgesetzes im Freistaat Sachsen, Artikel 11 Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag, Artikel 12 Änderung des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes, Artikel 13 Änderung des Sächsischen Gesetzes über die Presse, Artikel 14 Änderung des Sächsischen Kontrollgesetzes, Artikel 15 Änderung des Sächsischen Justizgesetzes, Artikel 16 Änderung des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes, Artikel 17 Änderung des Sächsischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes, Artikel 18 Änderung des Sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes, Artikel 19 Änderung des Sächsischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes, Artikel 20 Änderung des Sächsischen Straßengesetzes, Artikel 21 Änderung des Waldgesetzes für den Freistaat Sachsen, Artikel 22: Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung strahlenschutzvorsorgerechtlicher Vorschriften, Artikel 23 Änderung des Landesjugendhilfegesetzes, Artikel 24 Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes, Artikel 25 Weitere Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes, Artikel 26 Inkrafttreten/Außerkrafttreten.

Meine Damen und Herren! Wer den genannten Teilen des Gesetzentwurfes seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen sowie zahlreichen Gegenstimmen ist den genannten Bestandteilen des Gesetzentwurfes zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Beschlussfassung über den Gesetzentwurf in der zweiten Beratung. Hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt worden.

Ich bitte nun die Schriftführer, ihres Amtes zu walten. Sie werden namentlich aufgerufen und dürfen mit Ja, Nein oder Enthaltung auf die Frage reagieren. Herr Nowak, bitte sehr.

Wir beginnen mit dem Buchstaben R.

(Namentliche Abstimmung – Ergebnis siehe Anlage)

Meine Damen und Herren! Wurde jemand nicht aufgerufen? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich, die Stimmen auszuzählen.

(Kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren! Die Schriftführer haben zügig gearbeitet und auch ein übereinstimmendes Ergebnis bei getrennter Zählung ermittelt.

Meine Damen und Herren! Mit Ja haben 74 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 34 Abgeordnete. Enthalten haben sich neun Abgeordnete. Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Gebhardt, Sie wünschen?

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Eine Erklärung zur Abstimmung!)

Herr Lippmann hat es mir vorgesagt: Ich möchte gern eine persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten nach § 94 Abs. 1 der Geschäftsordnung abgeben.

(Oh-Rufe von der AfD)

Bitte.

Ob Sie das nun hören wollen oder nicht, Sie werden es ertragen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich habe mir tatsächlich nicht träumen lassen, dass wir in Sicherheitsfragen gesellschaftlich wieder eine Mehrheit dafür finden, die sagt: Wir müssen Sicherheit über individuelle Freiheitsrechte stellen. Das ist heute mit unserem Polizeigesetz, welches von der Koalition soeben mehrheitlich verabschiedet worden ist, passiert.

Das ist auch nicht plötzlich passiert, sondern es ist ein schleichender Prozess, den wir seit vielen Monaten, eigentlich schon seit vielen Jahren beobachten. Ich will nur daran erinnern, dass wir im Jahr 2015 hier eine Sondersitzung des Parlaments hatten, in der es um das Verbot einer Veranstaltung in der Stadt Dresden ging, als ein Versammlungsverbot für einen ganzen Tag ausgestellt worden ist. Schon damals hat der Innenminister des Freistaates Sachsen gesagt: Sicherheit geht vor Freiheit.

Das übertriebene Misstrauen, das der Staat gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zeigt, haben wir schon einmal erlebt. Mit dem heutigen Beschluss zeigen wir ein tiefes Misstrauen gegenüber der eigenen Bevölkerung, etwa wenn es um Meldeauflagen geht, wenn es um das Aufenthaltsverbot geht, wenn es um Kontaktverbote geht, wenn es um die Videografie mit Gesichtserkennung geht.

Aus diesem Grund konnte ich diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Buddeberg.

Ich möchte ebenfalls eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten nach § 94 der Geschäftsordnung abgeben.

Bitte.

Ich habe gegen das Polizeigesetz gestimmt, weil Minderheiten überall auf der Welt als erste Leidtragende das verschärfte Polizeigesetz zu spüren bekommen. Ein Polizeigesetz, das alle unter Generalverdacht stellt, macht besonders diejenigen verletzlich, die ohnehin als Minderheit diskriminiert sind.

(Zuruf von der CDU)

Das gilt für Racial Profiling, aber es gilt auch für Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intergeschlechtliche.