- Sie haben mich ja gefragt und ich muss mindestens für das Protokoll antworten. Aber Sie hören mir ja auch interessiert zu, ich Ihnen auch.
Diese Frage ist insbesondere von Bayern und BadenWürttemberg sehr deutlich nach vorn gestellt worden, weil man gesagt hat, eigentlich reichen uns auch die 265 Stunden nicht. Bayern ist mit 280 Stunden in die Diskussion gegangen. Diese 265 Stunden sind ein Kompromiss zwischen verschiedenen Ländern, um zu ermöglichen, dass sich die Länder zwischen zwölf und 13 Schuljahren entscheiden können. Sie müssen dann abwägen, ob sie die zusätzlichen Belastungen wollen oder nicht.
Es gehört zur guten Tradition, die Bildungspolitik der Kollegen in den Nachbarländern nicht in den eigenen Landtag zu ziehen. Deswegen will ich mich dazu nicht äußern. Ich bin allerdings der Auffassung, dass eine wöchentliche Belastung, wie sie sich aufgrund Ihres Gesetzentwurfes ergibt, dazu führt, dass die Belastung mit Pflichtstunden so hoch wird, dass die weiteren Profilierungsmöglichkeiten der Schulen, also die Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler, zusätzliche Bildungsangebote anzunehmen und in den Nachmittagsstunden auch am sozialen Leben teilzunehmen, beschränkt werden würden. Dies will die Landesregierung nicht. Dies ist in der Tat eine Entscheidung, die man treffen kann.
Die Konsequenz - das will ich deutlich sagen - Ihres Gesetzentwurfes ist nicht die Form, die Sie vorschlagen, sondern die Konsequenz ist die Durchsetzung einer Ganztagsschule nach französischem Muster mit Unterricht bis 16 Uhr. Wesentliche Aktivitäten, die bei uns traditionell in Vereinen, Verbänden, Volkshochschulen, Musikschulen und Ähnlichem angeboten werden, werden dann in die Schule verlagert. Das hat Kosten zur Folge - zum Glück ist Kollege Gerhards nicht da -, die wir uns zurzeit nicht leisten können.
Deshalb glaube ich, dass Sie auf einem falschen Weg sind. Übereinstimmung besteht allerdings darin - das will ich auch sagen -, dass wir uns die Bildungszeiten bis zu den universitären oder akademischen Abschlüssen genau ansehen müssen und nach Verkürzungsmöglichkeiten suchen sollten, die Durchlässigkeit, Chancengleichheit und soziale Verträglichkeit gewährleisten. Auf den Weg begebe ich mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann auf vieles, was wir argumentativ vortragen würden, verzichten. Herr Minister Harms hat vieles dazu gesagt.
Ich möchte nur einen Punkt bezüglich Ihrer Behauptung, Frau Feußner, dass eine Verkürzung der Schulzeit zu erhöhter Leistungsbereitschaft führe, einwerfen. Es mag in manchen Fällen stimmen, dass Druck Leistungsbereitschaft erzeugen kann. Auf der anderen Seite müssen Sie konstatieren, dass sich in Sachsen die Rückkehrerquote vom Gymnasium tendenziell erhöht hat. Über diese Seite müssten Sie bitte auch nachdenken.
Meine Damen und Herren! Hinsichtlich einer inhaltlichen Neugestaltung der Schulen, insbesondere der gymnasialen Oberstufe, leistet der Gesetzentwurf der CDUFrak-tion nichts. Oder sollten wir etwa Ihrem Vorschlag
folgen? Ich zitiere aus Ihrer Begründung: „Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Ausbildung konzentriert werden.“ Was soll „konzentrieren“ heißen? Heißt das, etwas wegzulassen, Druck zu erzeugen oder was auch immer?
Für eine inhaltliche Neugestaltung halte ich das auf keinen Fall. Aber ich glaube, diesen Anspruch haben Sie überhaupt nicht gestellt. Als einziges Ziel formulieren Sie in Ihrer Begründung eine Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf zwölf Jahre. Ganz nebenbei wollen Sie alles das, was in den letzten Jahren an wirklicher Reformbewegung in die Schule gebracht worden ist, zugegebenermaßen mit Ecken, Kanten und Beulen, wieder zurückdrehen,
(Herr Scharf, CDU: Das ist doch Quatsch! Das ist angenommen worden, als es noch nicht einmal eingeführt war!)
ungeachtet dessen dass eine ganze Reihe von Problemen bei der Einführung von mehr Integration an der Schule bewältigt werden konnte. Mit guten Sekundarschulen und Gesamtschulen lässt sich beweisen, dass mehr Integration sowohl leistungsstarken als auch leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern etwas bringt. Unsere Lehrerinnen und Lehrer können mehr, als Sie ihnen offenbar zutrauen.
Selbstverständlich lehnen wir die Aufhebung der schulformunabhängigen Förderstufe ab. Daraus machen wir auch keinen Hehl. Damit lehnen wir auch die Schullaufbahnempfehlungen ab der 4. Klasse ab. Ich kann mir die Begründung sparen. Herr Minister Dr. Harms hat sie gebracht.
Gleichfalls wollen wir selbstverständlich keine Einschränkung der Durchlässigkeit, besonders nach der 10. Klasse.
Wir werden aber trotz der Null-Ausbeute hinsichtlich des Inhaltes einer Überweisung Ihres Entwurfs in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft aus folgendem Grund zustimmen: Unsere Zielstellung
- beweisen Sie mir das inhaltliche Potenzial in Ihrem Gesetzentwurf - bei einer Reform der gymnasialen Ausbildung ist deren inhaltliche Neugestaltung. Eine solche muss nicht unbedingt zu einer Verkürzung der Schulzeit führen; sie kann es aber.
Auch innerhalb der PDS-Fraktion gibt es aus sozialen Erwägungen und auch aus nostalgischen Gründen nach der Devise, dass es in der DDR auch nach zwölf Jahren ging und man das Selektionsprinzip für die Abiturstufe in der DDR gewöhnt war, keine einheitliche Position zur Problematik der Schulzeitverkürzung.
Wir sehen bezüglich des Umfanges und der Tiefe bei der inhaltlichen Reformierung des Gymnasiums, die für uns nach wie vor Bedingung für eine Diskussion über die Länge der Schulzeit ist, Diskussions- und Klärungsbedarf. Wir haben bei der damaligen Entscheidung für 13 Schuljahre gesagt, dass wir uns einer Verkürzung
nicht verschließen würden, sobald sich die inhaltlichen Bedingungen so geändert haben, dass wir ihr zustimmen können.
Um ein völliges Durcheinander - Sie können es im Protokoll nachlesen - an den Schulen zu vermeiden, schlagen wir vor, die Diskussion über Ihren Novellierungsvorschlag im Zusammenhang mit der Auswertung des Modellversuchs 13 k wieder aufzunehmen und dann über die Länge der Schulzeit bis zum Abitur zu entscheiden. Ich wünsche mir auch, dass über die inhaltliche Reformierung der Universitäten und Hochschulen nachgedacht wird und man überlegt, welcher alte Zopf abgeschnitten werden kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schüler der ehemaligen DDR mussten für ihr Abitur zwölf Jahre zur Schule gehen. Sie hatten während dieser Zeit den politischen Druck der Jugendorganisationen, der Pioniere, der FDJ und der GST zu ertragen. Sie litten zum Teil unter dem Erlernenmüssen der Sprache des russischen Brudervolkes.
Aber sie schafften ihr Abitur. Nicht alle durften Akademiker werden. Aber ein Rüstzeug für das Leben war das DDR-Abitur für jeden, der es gemacht hatte.
Nun kam die Wende. In der DDR Erreichtes musste neu bemessen werden, auch das DDR-Abitur. Kluge Politiker stellten fest, dass es verändert werden müsse. 13 Jahre Unterricht bis zum Abitur sind nun notwendig. Die jungen Leute müssen erst einmal etwas lernen.
Das 13. Schuljahr wurde in Sachsen-Anhalt eingeführt. Die Jugendlichen waren von der Straße weg. Der Lehrstellenmangel wurde leicht übertüncht. Ein politischer Erfolg auf Kosten der jungen Menschen war erreicht. Das 13. Schuljahr hatte nur eine Alibifunktion, nämlich die Jugendarbeitslosigkeit zu verschleiern.
Wenn wir auf unsere Schüler keinen ideologischen Druck ausüben, wenn die Lehrer wieder Lehrer sein dürfen und nicht, wie es in der DDR oft war, der lange Arm von Frau Honecker, die den Kindern die sozialis-tischen Ansichten einimpfte, dann haben unsere zukünftigen Akademiker gute Chancen, auch nach zwölf Jahren wieder ein ordentliches Abitur zu bekommen.
Gutes Rüstzeug für die Zukunft bedeutet aber auch, sofortige Möglichkeiten zum Umsetzen des Erlernten in der Lehre oder im Studium zu haben. Parallel mit den Änderungen des Schulgesetzes sollten wir uns in diesem Hohen Hause umgehend über die weitere Zukunft der Schulabsolventen Gedanken machen.
Wir müssen den jungen Menschen sofort nach dem Abschluss der Schule die Chance geben, eine Lehre bzw. ein Studium zu beginnen. Die finanzielle Lage in den Familien ist zurzeit noch recht kompliziert, sodass eine Entlastung der Haushalte dringend erforderlich ist. Zur Verantwortung erzogene Jugendliche scheuen sich nicht, familiäre Verpflichtungen zu übernehmen.
Meine Damen und Herren! Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass gut ausgebildete Jugendliche unsere beste Investition in die Zukunft sind. Wir stimmen einer Ausschussüberweisung zu. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In regelmäßigen Abständen beglückt die CDU-Fraktion den Landtag und die Öffentlichkeit mit ihrer arteigenen Sicht auf die Dauer der Schulzeit bis zum Abitur. Dabei geht es ihr nicht um fundierte Analysen der bundesrechtlichen Rahmenbedingungen, nicht um gleichberechtigte Bildungschancen für junge Leute oder um die praktische Umsetzbarkeit ihrer Vorschläge.
Nein, in erster Linie geht es ihr scheinbar darum, bei den Betroffenen Unsicherheit und Verwirrung zu verursachen und die Debatte ziemlich platt und populistisch auf die Entweder-oder-Frage „Zwölf oder 13?“ zu reduzieren.
Dies ist der Sache nicht dienlich und verhindert eine sachliche Auseinandersetzung und Lösungssuche.
Gleichzeitig werden Erfolg versprechende Lösungsansätze wie das Projekt „13 kompakt“ einfach ignoriert.
Meine Damen und Herren! Mit der Einführung des 13. Schuljahres im Januar 1998 hat der Landtag im Sinne der Absicherung einer bundesweiten Anerkennung unseres Abiturs auf eine Richtungsentscheidung der KMK reagiert. Diese definiert die Dauer der Schulzeit bis zum Abitur ab dem Jahr 2000 auf 13 Schuljahre oder ein Gesamtstundenvolumen von 265 Wochenstunden für die Sekundarstufen I und II. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in zwölf Jahren 241 Wochenstunden erreicht. Nachmittags- oder Samstagsunterricht wäre somit notwendig gewesen.
Nun zum Gesetzentwurf der CDU-Fraktion. Er ist nicht nur in seiner Zielrichtung und Umsetzbarkeit mehr als fragwürdig, sondern widerspricht in Teilen auch bestehenden KMK-Festlegungen. Die angestrebten Gesetzesänderungen wurden von der einbringenden Fraktion beschrieben. Einigen zu erwartenden Auswirkungen und Konsequenzen möchte ich mich im Folgenden zuwenden.