Protokoll der Sitzung vom 09.11.2000

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

denn Familie ist mehr als Ehe.

Über den Fortgang der Beratungen auf Bundesebene werde ich gern in den genannten Ausschüssen berichten.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Frau Ministerin, würden Sie eine Frage von Herrn Dr. Bergner beantworten?

Ja.

Bitte schön, Herr Dr. Bergner.

Frau Minister, Sie haben mich mit Ihren Ausführungen doch zu wenigstens zwei Nachfragen gereizt. Die eine: Wenn Sie das familienrechtliche Institut der eingetragenen Partnerschaft schaffen, mit welchem Recht eigentlich beschränken Sie es auf homosexuelle Partnerschaften und klammern diejenigen Partnerschaften aus,

(Frau Helmecke, FDVP: Genau!)

die nicht sexuell liiert sind? Es gibt Lebensgemeinschaften von Menschen, die, aus welchen Schicksalsgründen auch immer, zusammenleben, ohne dass eine sexuelle Motivation dahinter steht. Mit welchem Grund enthalten Sie dieser Gruppe, wenn Sie die Sache schon öffnen, eine solche Partnerschaft vor?

Die zweite Frage. Sie gebrauchen das Argument, dass der Zusammenhang zwischen Ehe und Familie sich lockert, dass man bei der Ehe nicht mehr selbstverständlich Kinder unterstellen kann. Das betrifft im Moment im Übrigen statistisch gesehen 22 % der Ehepaare; Sie haben heute von 30 % gesprochen. Geben Sie mir darin Recht, dass dann, wenn man die Akzen

tuierung auf das Vorhandensein von Kindern setzen muss, weil die Zahl der kinderlosen Ehen zunimmt, die Anerkennung einer Partnerschaft, aus der per se keine Kinder hervorgehen können, in dieser Hinsicht eher als Rückschritt zu werten ist?

Wir sind uns einig darüber, dass aus einer homosexuellen Partnerschaft keine Kinder hervorgehen können. Darüber brauchen wir jetzt sicherlich nicht zu diskutieren. Die Anerkennung - -

(Heiterkeit bei der CDU)

Aber homosexuelle Paare können Kinder erziehen; denn in einer Reihe von homosexuellen Partnerschaften sind Kinder vorhanden.

(Zustimmung bei der PDS)

Ja. Aber, Frau Minister, konsequenterweise müssen Sie dann sagen: An diesem Punkt hat sich die Koalition gescheut, das Adoptionsrecht entsprechend auszuweiten.

Das ist richtig, ja.

(Zuruf von Herrn Kannegießer, DVU-FL)

Das heißt also, per se unterstellt man dies nicht. Wenn ich jetzt den Ehebegriff tatsächlich auf das Vorhandensein von Kindern fixieren will, dann ist im Sinne dieses Anliegens doch die Einbeziehung von homosexuellen Paaren ein Rückschritt.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Sie wollen es einfach prin- zipiell nicht!)

Ich will stärker über die Unterscheidung zwischen Ehe und Familie diskutieren. Familie ist eben mehr als Ehe. Auch homosexuelle Paare, die Kinder erziehen, sind für mich Familie.

(Frau Lindemann, SPD: Jawohl!)

Darin unterscheiden wir uns offensichtlich, Herr Bergner.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Zurufe von Herrn Kannegießer, DVU-FL, und von Herrn Buder, DVU-FL)

- Doch, das gehört zum Familienbegriff dazu; es ist aber nicht durch den Begriff Ehe abgedeckt.

(Zuruf von Herrn Kannegießer, DVU-FL)

Zu Ihrer ersten Frage. Sie haben Partnerschaften unterschiedlicher Art benannt. Darüber kann man diskutieren. Wenn es darum geht, in diesem Bereich die Diskriminierung von Lesben und Schwulen abzuschaffen, ist zunächst das Element der Liebe das grundlegende. Ich gehe noch immer davon aus, dass eine Ehe zwischen Mann und Frau aus Liebe geschlossen wird. Wenn das einmal nicht mehr zählt, dann können wir auch über weitergehende Dinge reden.

Aber hiermit soll dem Institut Ehe, das in der heutigen Zeit zwischen Mann und Frau aufgrund einer Liebesbeziehung geschlossen wird, das Institut der eingetragenen Partnerschaft für diejenigen, die eben nicht Mann und Frau sind, sondern Frau und Frau oder Mann und Mann, entgegengestellt werden, damit auch für diese Paare, die in Liebe zusammenleben, die Möglichkeit besteht, ihre Partnerschaft amtlich bestätigen zu lassen.

(Herr Kannegießer, DVU-FL: So weit kommt es noch! - Lachen bei der SPD)

Es geht also nicht um jedwede Partnerschaft. Ich greife Ihre Anregung aber gern auf. Wir können natürlich auch über das, was Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft meint, hinausgehen und diskutieren, welche anderen Partnerschaften staatlich noch stärker geschützt und möglicherweise auch durch eine Institution verankert werden müssen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Danke, Frau Ministerin. - Für die DVU-FL-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Büchner.

(Frau Fischer, SPD, Leuna: Jetzt wird es lustig!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. Wir haben eben so viel von Liebe gehört und so viel darüber gesprochen, dass uns das Kotzen angekommen ist. - Vielen Dank.

(Oh! bei der SPD und bei der PDS - Frau Wiedemann, SPD: Sie sollten sich schämen! - Unruhe)

Herr Kollege, ich verwahre mich gegen einen solchen Ton, eine solche Sprache in diesem Raum.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Liebrecht das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir befassen uns heute nicht zum ersten Mal mit dem Thema. Wir befassen uns aber mit einem Thema, bei dem zwei Auffassungen aufeinander treffen. Ich denke, wir sollten uns mit gegenseitigem Respekt die Auffassungen anhören und es jedem selbst überlassen, wofür Mann oder Frau steht.

(Zuruf von Frau Dirlich, PDS)

Unsere pluralistische Gesellschaft und unser freiheitlicher Staat belassen dem Einzelnen weitestgehende Freiheit in der privaten Lebensgestaltung. Damit werden auch solche Arten der Lebensführung ermöglicht, die vom gesellschaftlich akzeptierten Normfall abweichen.

Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die einen gleichgeschlechtlichen Lebensentwurf zu verwirklichen suchen. Auch in solchen Beziehungen können Werte gelebt werden, die für unsere Gesellschaft wichtig sind. Es macht keinen Sinn und ist nicht im Interesse der Gesellschaft, denjenigen, für die Ehe und Familie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung als Lebensform nicht infrage kommen, die Chance einer bürgerlichen Existenz

und eines würdigen und erfüllten Lebens zu erschweren. Dennoch bedeutet das von der Bundesregierung vorgeschlagene Lebenspartnerschaftsgesetz einen inakzeptablen Einschnitt in die gesellschaftspolitischen Grundvorstellungen,

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU, von Herrn Kuntze, CDU, und von Herrn Wiechmann, FDVP)

da der Vorschlag weit über die Beseitigung rechtlicher Hindernisse, für die sich auch die CDU einsetzt, hinausgeht. Damit wird der Schutz der Ehe und Familie durch das Grundgesetz abgewertet.

Die vorgesehene rechtliche Gleichstellung mit der Schaffung eines familienrechtlichen Instituts will und kann die CDU nicht unterstützen. Mit der Änderung von ca. 112 Gesetzen soll eine nahezu vollständige Kopie des überkommenen familienrechtlichen Instituts der Ehe erzeugt werden. Dies ist weder mit unserem Leitbild von Ehe und Familie noch mit unserer Verfassung vereinbar.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU-FL)

Das Grundgesetz stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates, weil davon ausgegangen wird, dass in diesem Rahmen Kinder gezeugt und erzogen werden und somit der Fortbestand des Staats gesichert wird.

(Herr Dr. Rehhahn, SPD: Das ist schon lange nicht mehr so!)

Hetero- und homosexuelle Ehen können nicht den gleichen Status erhalten, weil sie der Zukunft des Staates nicht gleich, sondern verschieden dienen.