Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

An dieser Stelle sei noch bemerkt, dass wir in der vorliegenden Beschlussempfehlung gern auf die Formulierung „Hüteschafhaltung“ verzichtet hätten und lieber den Begriff „Schafhaltung“ im Allgemeinen beschließen würden. Trotz dieses Wermutstropfens geben wir der Beschlussempfehlung unsere Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr. - Die Debatte wird beendet mit dem Beitrag der Abgeordneten Frau Wernicke. Bitte, Frau Wernicke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle voran: Die CDU-Fraktion wird sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Wir verkennen nicht, dass in einer sachorientierten Diskussion, auch unterstützt durch eine Anhörung betroffener Interessenvertreter oder Interessenverbände, versucht wurde, durch geeignete Förderinstrumente die Landschaftspflege durch Schafe, aber auch die Existenz der Schäfer und Mutterkuhhalter nachhaltig sicherzustellen.

Ich will aber unsere Kritik wiederholen, dass die Landesregierung viel zu spät reagiert hat; denn wir hatten bereits im Dezember 1998 darauf hingewiesen, dass insbesondere in Naturschutzgebieten, welche durch die Artikelverordnung nicht abgedeckt sind, dringend eine Lösung insbesondere für Schafhalter herbeigeführt werden müsste.

Das hatte auch die SPD-Fraktion erkannt. Sie hat erkannt, dass es bereits fünf nach zwölf war. Nicht umsonst hat sie, scheinbar in Panik gegenüber den Schäfern, eine rückwirkende Auszahlung von Fördermitteln vorgeschlagen. Dass das aus haushaltsrecht-lichen Gründen wieder infrage gestellt wird, ist eher peinlich als verantwortungsbewusst.

Im Laufe der immerhin mehr als eineinhalb Jahre andauernden Diskussion in den Ausschüssen wurde insbesondere durch Vertreter der SPD - aber, Herr Czeke, auch Herr Köck wäre in diesem Konzert zu nennen - immer wieder thematisiert, ob Schafhaltung tatsächlich im Einzelfall naturschutzfachlichen Zielen dient. Oder die Landesregierung wurde durch die regierungstragenden Fraktionen immer wieder aufgefordert, in den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Raumordnung und Umwelt zunächst über die Auswirkungen der Artikelverordnung auf die naturschutzfachlichen Ziele zu berichten, um dann gegebenenfalls die zeitliche Befristung der Artikelverordnung aufzuheben.

Diese Verhaltensweise, meine Damen und Herren, impliziert unserer Auffassung nach ein ständiges Grundmisstrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Landwirte, insbesondere der Schafhalter, und stellt unseres Erachtens das Ziel der CDU-Fraktion, die Leistungen der Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhalter politisch, fachlich und finanziell anzuerkennen, ständig infrage.

Das Bekenntnis des Ministers Keller im Rahmen der Beratungen, dass auf insgesamt 1 500 ha Fläche, welche im Jahr 2006 nicht mehr dem Vertragsnaturschutz unterliegen, auch weiterhin Landschaftspflege und Schafbeweidung durchgeführt werden soll, ehrt ihn und findet unsere volle Unterstützung.

Wir erwarten, dass sich die Landesregierung gegenüber den Landkreisen durchsetzt; denn nach der Auffassung des Ministeriums haben die Landkreise entsprechend dem Naturschutzgesetz diese Aufgaben wahrzunehmen und auch zu bezahlen.

Staatssekretär Altmann erklärte im Ausschuss sinngemäß, das Ministerium gehe davon aus, dass mit den gesetzlichen Aufgabenübertragungen des Landes auf die Landkreise im Jahr 1994 auch ein allgemeiner Finanzausgleich mit den Kreisen vorgenommen worden sei, dass diese Aufgaben, für die die Kreise die entsprechenden Ausgaben zu leisten hätten, damals mit übertragen worden seien und damit Bestandteil des Finanzausgleichs seien und dass die Landesregierung im Einzelplan 09 nicht Mittel zur Verfügung stellen sollte und

keine Lücke zu schließen hätte, weil letztendlich die Landkreise im Hinblick auf die Naturschutzaufgaben verantwortlich seien. Ob diese Haltung des Landwirtschaftsministeriums bei den Landkreisen viel Begeisterung auslöst, das stelle ich infrage.

Die CDU-Fraktion erwartet, dass in dem Programm, welches laut der Beschlussempfehlung bis zum 30. April 2001 vorzulegen ist, auch eine Antwort auf diese von mir gestellte Frage gegeben wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Wir sind uns wohl einig darüber, dass die Landeshaushaltsordnung eine rückwirkende Zahlung nicht zulässt. Ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, dass die Worte „und rückwirkend für das Jahr 2000“ gestrichen werden. Da die Auszahlung für das Jahr 2001 automatisch im Jahr 2001 erfolgt, kann der ganze Satz gestrichen werden.

Wer sich der Beschlussempfehlung in der so geänderten Fassung anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Anzahl von Enthaltungen ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden. Der Tagesordnungspunkt 5 ist somit abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte noch für einen Augenblick um Ruhe. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales Herr Dr. Nehler die Mitglieder des Ausschusses bittet, zu einer kurzen Verständigung im Plenarsaal zu verbleiben.

Ich entlasse Sie in die Mittagspause. Wir setzen die Sitzung um 14 Uhr fort. Ich wünsche Ihnen guten Appetit und bitte um pünktliches Erscheinen.

Unterbrechung: 13.13 Uhr.

Wiederbeginn: 14.04 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen wie geplant die durch die Mittagspause unterbrochene Sitzung fort. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung

Erledigte Petitionen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Petitionen - Drs. 3/4094

Berichterstatterin des Ausschusses ist die Abgeordnete Frau Knöfler. Ich darf darauf hinweisen, dass Ihnen als Anlage zu dieser Drucksache ausführliche Unterlagen zur Kenntnisnahme vorgelegt worden sind, auf die Frau Knöfler sicherlich eingehen wird. Bitte schön, Frau Knöfler.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das höchstrangige Recht, das Petitionsrecht von Bürgern und Bürgerinnen in Sachsen-Anhalt wird jetzt, nach der Mittagspause, ausgewertet. Ich stelle fest, dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier an der

Arbeit des Petitionsausschusses, der sich ausschließlich mit den Problemen von Bürgerinnen und Bürgern beschäftigt, nicht so sehr interessiert zu sein scheinen. Das zur Einführung.

(Herr Gürth, CDU: Das kann man so nicht sagen! - Weitere Zurufe von der CDU, von der SPD und von der PDS)

Vielleicht können wir festhalten, wer von welchen Fraktionen anwesend ist. Aber ich denke, dass muss in den Fraktionen diskutiert werden. Der Ausschuss tagt nichtöffentlich. Wir als Ausschuss wissen, wie das Petitionsrecht im Einzelnen bewertet wird. Ich bitte einfach darum, dass das in den Fraktionen diskutiert wird, und erwarte bei meiner nächsten Rede etwas mehr Disziplin. Übrigens würde ich unter solchen Umständen eine Ausschusssitzung abbrechen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt zur Rede. - Ein arbeitsreiches Jahr, und zwar das Jahr 2000, liegt hinter den Mitgliedern des Petitionsausschusses, ein Jahr, in dem der Ausschuss 23-mal zusammentrat, 115 Stunden tagte, 926 Petitionen beriet, davon 759 abschließend.

Der größte Anteil der Petitionen, nämlich 255, betraf das Sachgebiet Inneres. Insgesamt wurden 17 Sammelpetitionen mit 4 374 Unterschriften und fünf Massenpetitionen mit 222 Unterschriften eingereicht. Des Weiteren führte der Ausschuss 26 Anhörungen und drei Ortstermine durch. Letztgenannte führten uns in die Jugendvollzugsanstalt nach Halle, nach Meitzendorf in das Feuerwehrhaus zu einer Bürgerinitiative und in die Justizvollzugsanstalt Magdeburg.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der hohe Rang, den der Verfassungsgeber dem Petitionsausschuss beigemessen hat, wird wie folgt deutlich: Wirklich jeder und jede hat das Recht, eine Petition im Landtag einzureichen, wenn sie bzw. er sich durch das Handeln der öffentlichen Hand beeinträchtigt fühlt. In einer Zeit der Bürokratisierung und der Unübersichtlichkeit von Verwaltungsstrukturen ist es den Bürgern und Bürgerinnen möglich, sich ohne wesentliche formale Voraussetzungen und vor allem ohne Kosten an das Parlament zu wenden, getreu dem Motto: Nicht alles, was sich nicht rechnet, muss ohne Wert sein.

Wenn der Ausschuss auch nicht in jedem Fall dem Anliegen der Petenten entsprechen kann, wird er als Ausschuss, der ausschließlich mit den Sorgen und Nöten der Menschen konfrontiert wird, hoffentlich von wachsender Bedeutung sein.

Ein klug genutztes Petitionsrecht und Petitionsverfahren kann nämlich, sehr geehrte Damen und Herren, Schrittmacher für mehr Bürgernähe und für mehr Verständnis für die Parlamente sein; denn Petitionen verbinden Bürger und Bürgerinnen wie ein unsichtbares Band mit dem Parlament. Durch Hilfe im Einzelnen versuchen wir Politikverdrossenheit unmittelbar entgegenzuwirken und werben für das Verständnis rechtlicher und faktischer Zusammenhänge.

Petitionen - da berichte ich Ihnen nichts Neues - können prinzipiell alle Rechtsgebiete berühren, für die das Land irgendeine und sei es eine noch so geringe Zuständigkeit hat. Die Palette reicht von Renten über Rehabilitationsverfahren, von Asyl über Familienzusammenführung, von Straßenausbaubeiträgen bis hin zu Steuern, um nur einiges zu nennen.

Gegenwärtig beschäftigt sich der Petitionsausschuss vor allem mit den Auswirkungen der Schulentwicklungspla

nung, mit der Vergabe von Fördermitteln für den Wohnungsbau, mit dem Denkmalschutz, mit Vertriebenenzuwendungen, mit Fragen zum Asylrecht und zur beruflichen Rehabilitation, zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen, zur Berufsausübung, mit Honorarfragen, mit Bußgeldangelegenheiten, mit Bearbeitungszeiten in den Verwaltungen, mit bürgerunfreundlichem Umgang in einigen Verwaltungen, mit ruhestörendem Lärm, mit der Anerkennung von Ansprüchen wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit, mit der Anerkennung von Behinderungsgraden, mit Haftbedingungen in Justizvollzugsanstalten, mit Straßenausbaugebühren und mit Abwassergebühren.

Aus der tatsächlichen Palette habe ich nur einen groben Überblick gegeben. Hingegen wird in der Beschlussempfehlung zum Tätigkeitsbericht für das Jahr 2000 im Detail aufgelistet, wo Bürgerinnen und Bürgern der Schuh klemmt bzw. Gesetze, Runderlasse, Arbeitsanweisungen und Verordnungen sich zum Nachteil des Einzelnen auswirken können. Somit bietet der vorgelegte Bericht für Sie, sehr geehrte Damen und Herren, eine gute Gelegenheit zu überprüfen, wo eventuelle Novellierungen von Gesetzen erforderlich sind. Allerdings setzt das voraus, dass Sie sich des Berichtes annehmen.

Die detaillierten Ausführungen des Berichtes unterstreichen die einzelnen Schwerpunkte der Sachgebiete. Ohne Zweifel gestatten Sie mir, aus den oben genannten Sachgebietsschwerpunkten auszugsweise zu berichten.

Häufig wird in den Petitionen deutlich, dass es bei den Mitarbeiterinnen der verschiedenen Sozialämter, Wohngeldstellen und Landesversicherungsanstalten den Hinweis auf einen unfreundlichen Umgang mit den Anspruchsberechtigten gibt. Letztendlich führt erst die Petition zum berechtigten und gewünschten Erfolg des Antragstellers.

Als Ausschussvorsitzende möchte ich an dieser Stelle für mehr Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Mitarbeiterinnen in den Ämtern werben. Wenn einem eine Leistung zusteht, dann sollte er sie in Anspruch nehmen können, ohne einen langwierigen, im Einzelfall zwei bis fünf Jahre andauernden und zermürbenden Weg in Anspruch nehmen zu müssen.

Gerade im vorgenannten Bereich, dem Bereich des Ministeriums für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales, wie auch in anderen Ministerien wird seitens der Ministerialbeamten und Angestellten eine hervorragende Arbeit geleistet, werden rechtliche Spielräume geprüft und ausgeschöpft, um zu helfen, persönliches Leid weitestgehend zu vermindern. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ergreifende Einzelschicksale lösen eine Vielzahl von Petitionen aus. Lassen Sie mich folgende Stichworte nennen: den roten Fahrradfall; den Fall des Unfalls an der Ampel, bei dem ein Toter zu beklagen war; den Fall der Schülerin, die beharrlich und energisch um das Bleiberecht ihrer Familie kämpfte; den Fall des taubstummen Mädchens, das aus humanitären Gründen mit ihren Eltern aufgrund ihrer Krankheit ein dauerhaftes Bleiberecht erwirken konnte; den Fall des Suizides am Bahnübergang; den Fall des Einspruches gegen einen Bußgeldbescheid, der letztlich zur Überprüfung der Messgeräte führte.

Wenn die nicht im Petitionsausschuss tätigen Parlamentarier und Parlamentarierinnen bei den genannten

Stichworten mit den Schultern zucken, darf ich Ihnen empfehlen: Lassen Sie die Mitglieder des Petitionsausschusses in Ihren Fraktionen Bericht erstatten.

Die Erfahrung, dass sich nicht alle Probleme zwangsläufig zur Zufriedenheit des jeweiligen Petenten lösen lassen, machen die Ausschussmitglieder häufig. Vor dem Hintergrund der Ernsthaftigkeit, mitunter auch Tragik der zu behandelnden Petitionen machen Petitionen, die zum Erfolg führen, enorme Freude.

Was Petitionen jedoch immer auslösen, ist eines: Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit;

(Herr Gürth, CDU: Das ist aber nicht neu!)

unterstreichen möchte ich: nicht nur in den Stunden der Ausschussberatung, sondern auch im Vorfeld und zum Teil in der Freizeit.

Als Ausschussvorsitzende ist es mir an dieser Stelle ein Bedürfnis, den Damen und Herren Ausschussmitgliedern, Berichterstattern, Beamten, Angestellten aus allen Ebenen und insbesondere dem Ausschusssekretariat für die konstruktive und gewissenhafte Arbeit zu danken.

Einige Anmerkungen noch zum Selbstbefassungsrecht und zur Arbeit des Ausschusses über Landesgrenzen hinweg: Die Geschäftsordnung des Landtages sieht in § 14 Abs. 3 die Möglichkeit der Selbstbefassung der Ausschüsse vor. Einige Male machten wir davon Gebrauch. Petitionsausschussmitglieder waren der Auffassung, dass eine Beschwerde, auch wenn sie zurückgezogen worden ist, im Einzelfall mehrere betreffen könne. Deshalb haben wir sie behandelt.