Protokoll der Sitzung vom 18.05.2001

- danke, Herr Präsident; ich komme sofort zum Ende; ich darf das Beispiel vielleicht noch kurz zu Ende führen rechtsextremistische Inhalte im Internet auf ganze fünf Rechner in der Welt zu begrenzen. Das, denke ich, ist ein Erfolg und deshalb sollten wir diese Stelle auch bis zu einer Vereinheitlichung des Jugendschutzes unterstützen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Ich bitte, um nicht noch einmal nach vorn kommen zu müssen, darum, dass der Punkt der finanziellen Unterstützung der Stelle „Jugendschutz.net“ mit in den Änderungsantrag der SPD aufgenommen wird. Dann können wir dem Änderungsantrag der SPD zustimmen und damit das Verfahren abkürzen. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU, von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU, von Herrn Kühn, SPD, und von Herrn Sachse, SPD)

Danke sehr. - Das Wort hat jetzt der Ministerpräsident Herr Dr. Höppner.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gewährleistung eines effektiven Jugendschutzes in den Medien ist eine zentrale Aufgabe, der sich die Medienpolitik zuwenden muss. Bund und Länder haben in ihrem jeweiligen gesetzlichen Zuständigkeitsbereich dieser Verantwortung durchaus entsprochen. Es gibt heute eine Vielzahl von Bundes- und Landesgesetzen, von Vollzugsbehörden und freiwilligen Selbstkontrolleinrichtungen, die den Jugendschutz in den Medien regeln bzw. für die Durchsetzung dieser Regeln sorgen.

Ich habe auch nicht den Eindruck, dass der Jugendschutz in den Medien in der Vergangenheit versagt hat. Das wäre sicherlich übertrieben. Als Beispiel greife ich hier nur einmal das Fernsehen heraus. Die Landesmedienanstalten nehmen ihren Prüfauftrag sehr ernst. Sie haben im vergangenen Jahr mehr als 400 Fälle begutachtet und 16 Sendungen rechtsaufsichtlich beanstandet. Angesichts der vielen Programmstunden, die Jahr für Jahr gesendet werden, ist die Anzahl der Verstöße gegen den Jugendschutz doch recht gering.

Die Wirksamkeit des Jugendschutzes für die klassischen Medien Presse, Kino, Video und Rundfunk wird aber zunehmend durch das Internet und die Digitalisierung infrage gestellt. Bilder, Texte und Töne können heute von einem Medium in ein anderes ohne inhaltliche Überarbeitung oder Veränderung technisch übertragen werden. Dadurch kann es zu Wertungswidersprüchen kommen, weil die gesetzlichen Regelungen, die wir heute haben, noch von einer Trennung der verschiede

nen Medien ausgehen. In einigen Jahren werden aber dieselben Inhalte, die jetzt zum Beispiel das Fernsehen anbietet, in vergleichbarer Qualität auch als Mediendienst im Internet übertragbar sein.

Es ist allerdings unsinnig, dieselben Inhalte im Bereich des Fernsehens einer vergleichsweise strengeren Programmkontrolle zu unterwerfen, wenn dies nicht mit gleichen Maßstäben auch im Internet möglich ist. Die Nutzerinnen und Nutzer werden künftig kaum noch unterscheiden können, ob ein Inhalt als Fernsehangebot oder als Internetangebot zu ihnen kommt, zumal dann, wenn die Geräte auch noch identisch sind. Dann wird man es wahrscheinlich überhaupt nicht mehr unterscheiden können.

Eine solche Bewertung ist im Grunde genommen aber gleichgültig; denn es kommt nur darauf an, dass die Verbreitung von schädigenden und illegalen Inhalten möglichst vermieden wird. Dementsprechend kann es nicht dabei bleiben, dass Inhalte rechtlich anders behandelt werden, wenn sich nur der Verbreitungsweg ändert. Deshalb haben die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen, eine Vereinheitlichung der heutigen Regelungen anzustreben.

Die Länder stehen allerdings nicht allein; denn - das muss man dabei wissen - es gibt Zuständigkeiten des Bundes, zum Beispiel im Strafrecht, bei dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und dem Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit. Die Länder müssen sich hierbei mit dem Bund über die Wahrnehmung der gesetzlichen Kompetenzen abstimmen.

Das ist unvermeidlich, trotz aller Auseinandersetzungen über Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern im Kultur- und damit im Medienbereich. Dazu hat der Bund vor kurzem auch seine Bereitschaft erklärt. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen werden in die Reform der Medienordnung eingehen.

Ich habe den Eindruck, dass wir dabei insgesamt durchaus auf einem konstruktiven und guten Weg sind; denn das Ziel, das wir damit verfolgen, den Jugendschutz tatsächlich zu verbessern, ist unter allen Beteiligten unstrittig.

Insofern hat der Änderungsantrag der SPD-Fraktion den Vorzug, dass er dieses wichtige Thema in das aktuelle politische Umfeld sinnvoll einfügt. Es würde der Landesregierung helfen, mit der Unterstützung des Landtages in die Gespräche mit dem Bund einzutreten; denn immerhin wird es dabei auch um die Stärkung der Länderkompetenzen gegenüber dem Bund gehen. Das ist in diesem Bereich, auch angesichts der Debatten, die wir im Umfeld des gesamten Themas führen, außerordentlich wichtig.

Eine weitere Frage, die insbesondere in dem CDUAntrag angesprochen wird, ist die Kontrolle der gesetzlichen Regelungen in der Praxis. Insoweit ist der CDU darin beizupflichten, dass die von den Sozialministerien der Länder getragene Einrichtung „Jugendschutz.net“ einen sehr wichtigen Beitrag dazu leistet, jugendgefährdende Inhalte im Internet aufzuspüren. „Jugendschutz.net“ ist aber keine Vollzugsbehörde. Das muss man ausdrücklich betonen. Wenn es etwa um Straftatbestände geht, dann kann „Jugendschutz.net“ lediglich die Strafverfolgungsbehörden informieren.

Auch die Landesmedienanstalten haben nach der heutigen Rechtslage eine beschränkte Aufgabe in diesem

Feld. Sie sind zuständig für die Programmkontrolle im Fernsehen. Dafür sind sie qualifiziert. Vor allem sind sie vom Staat unabhängig organisierte Behörden.

Würde man es ihnen zur Aufgabe machen, einen vereinheitlichten Rechtsrahmen zu vollziehen, gewissermaßen vom Buch bis zum Internet, dann würde man sie nicht nur überfordern, sondern dann würde man auch ihre heutige Unabhängigkeit infrage stellen. Sie wären notwendigerweise etwa der Fachaufsicht einer obersten Landesjugendbehörde unterstellt oder jedenfalls mit ihr in irgendeiner Weise verbunden. Von den Finanzierungsproblemen will ich gar nicht erst reden, sondern an dieser Stelle nur erwähnen, dass die Landesmedienanstalten sich aus Rundfunkgebühren finanzieren, was den Auftragsrahmen, den man ihnen zumuten kann, einfach einschränkt.

Deshalb ist der Antrag der SPD-Fraktion passender, der sowohl „Jugendschutz.net“ als auch den Landesmedienanstalten eine zentrale Aufgabe zuweisen will, aber die Ausgestaltung im Einzelnen nicht vorgibt.

In dieser Frage haben die Länder bereits Gespräche über die zukünftige Struktur der Medienaufsicht mit den Medienanstalten geführt, die meiner Ansicht nach in eine vernünftige Richtung gehen. Man sollte auch in Einzelheiten nicht vorgreifen, bevor diese Gespräche abgeschlossen sind.

Schließlich weist der SPD-Antrag völlig zu Recht abschließend darauf hin, dass der repressiv angelegte Jugendschutz in den Medien auch präventiv begleitet werden muss. Das ist übrigens meine Überzeugung. Ihr Beispiel von dem Klassenzimmer in der Grundschule zeigt im Grunde genommen, dass mit repressiven Mitteln allein nichts zu machen ist. Es muss präventiv, und zwar bereits in der Bildungsarbeit damit begonnen werden, den Umgang mit diesen Gefahren zu lernen, sodass auch dadurch Jugendschutz praktiziert wird.

Ich sehe dies insbesondere auch als eine Aufgabe an, die von unseren drei mitteldeutschen Medienanstalten wahrgenommen werden kann. Ich bin in diesem Zusammenhang außerordentlich froh, dass sie sich auf eine verstärkte Zusammenarbeit verständigt haben. Ich glaube, dass ihnen das die Möglichkeit geben wird, in diesem Bereich des präventiven Jugendschutzes tatsächlich aktiver zu arbeiten. Ich begrüße das ausdrücklich.

Wegen des größeren Kontextes, in den der Änderungsantrag der SPD-Fraktion den gesamten Problemkomplex einbettet, würde ich es begrüßen, wenn diesem Antrag zugestimmt werden würde. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Für die FDVP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Helmecke. Bitte, Frau Helmecke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erfüllt mich schon mit einer gewissen Genugtuung und Zufriedenheit, dass dieses Hohe Haus mit dem vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion mit einem Problem konfrontiert wird, das wir vor Jahren vortrugen, das aber mit billiger Polemik anderer Fraktionen abgeschmettert wurde. Wir forderten eine verschärfte Gesetzgebung und wirkungsvolle Instrumentarien gegen die Verherrlichung

von Gewalt und gegen die Missachtung menschlicher Würde in den Medien.

Es klingt mir noch in den Ohren, mit welchen kleinkarierten und ideologisch verbrämten Vorwänden - und eben nicht mit sachlichen Argumenten - unser Anliegen abgelehnt wurde. Aber Sie sehen, meine Damen und Herren, Sie können unsere Anträge zwar abschmettern; die Probleme verfolgen Sie dennoch und zwingen Sie und uns alle zum Handeln.

Fast mit Brachialgewalt und keineswegs auf leisen Sohlen brechen neue Medien über uns herein, auf die wir besonders im Bereich des Jugendschutzes mangelhaft vorbereitet sind und deren weitere Entwicklung aufgrund der Globalisierung der Medien immer undurchschaubarer wird.

Deshalb sollten wir unserer Erörterung zum Jugendschutz in den Medien folgenden Gedanken von „Jugendschutz.net“ als Ausgangspunkt voranstellen: Jugendschutz besteht nicht darin, junge Menschen vor der Welt zu schützen, weil sie Gefahren birgt, sondern sie vor einer Gefährdung ihrer Erziehung und Entwicklung zu schützen. Der beste Schutz ist, sie zu lehren, mit Gefahren richtig umzugehen.

Das Internet ist eine virtuelle Welt, in der es wie in der realen Welt manches gibt, was es nicht geben sollte. Es darf nicht Unrecht genannt werden, wenn jungen Menschen das Tor zu dieser Welt geöffnet wird. Unrecht ist nur, sie an Plätze zu führen, die sie gefährden, und Gefährdungen zu dulden, die vermieden werden könnten.

Meine Damen und Herren! Wählen wir einen solchen Ausgangspunkt, dann wird auch deutlich, dass wir uns in ein medienpolitisches Schwarzer-Peter-Spiel begeben, wenn Verantwortlichkeiten abgeschoben werden zwischen Behörden mit exekutiver Kompetenz und Anbietern, die sich nur unter Zwang und widerwillig an Vorschriften, Vereinbarungen und Gesetze halten.

Wenn eine Selbstkontrolle der Anbieter versagt oder gar nicht gegeben ist, dann werden auch die gemeinsamen Einrichtungen der Länder zum Jugendschutz in den Medien nur eingeschränkt wirksam. Wenn wir keine oder nur eine ungenügende Medienerziehung betreiben, dann bleiben Eltern und Lehrer hilflos. Die Kinder und Jugendlichen werden allein gelassen und bewegen sich in den Medien auf vielen Irrwegen.

Technisch lassen sich Kontrollen und Mechanismen einbauen, die Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen schützen. Aber wenn Werte und Wertorientierungen immer weiter in dieser Gesellschaft den Bach hinuntergehen, dann sind technische Eingriffe und Passwörter durch Eltern nur Hilfsmittel, die durch die technisch interessierten Kinder und Jugendlichen schnell beseitigt werden.

Eine Bemerkung sei hinzugefügt: Bei aller Dringlichkeit des Jugendschutzes in den Medien drängt sich sowohl vor dem Hintergrund der Programme der öffentlichrechtlichen Anstalten als auch der Privaten und bei den Internetanbietern der Gedanke auf: Wer schützt die Erwachsenen vor immer seichteren Programmen? Aber wahrscheinlich können wir nur abschalten.

Meine Damen und Herren! Trotz der Unzulänglichkeit, dass die Behörden bei der Kontrolle und der Sicherung des Jugendschutzes im Wettlauf mit der Entwicklung der Medien immer nur die Rolle des abgehetzten und unterlegenen Hasen einnehmen, ist der vorliegende Antrag

ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wir stimmen dem Antrag zu. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir haben wieder junge Gäste. Wir begrüßen Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Ausleben.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Debatte wird mit dem Beitrag der PDS-Fraktion fortgesetzt. Es spricht Frau Dr. Weiher. Bitte, Frau Dr. Weiher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Jugendschutz in den Medien wurde in den zurückliegenden Jahren bereits mehrfach im Landtag behandelt, zumeist unter rundfunkrechtlichen Aspekten.

Mit den Jugendschutzregelungen in § 8 des Mediendienstestaatsvertrages, die parallel zu den gleich lautenden Bestimmungen des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes des Bundes im Jahre 1997 in Kraft getreten sind, wurden analoge Anforderungen an die sich schnell entwickelnden neuen Medien festgeschrieben. Das hat im doppelten Sinne eine innere Logik, weil sich zum einen die neuen Medien, insbesondere das Internet, immer mehr zu einem viel genutzten eigenständigen Informations- und Kommunikationsfeld entwickeln und zum anderen das Internet mit der Übertragung von Rundfunk- und Fernsehsendungen oder der Abrufmöglichkeit von Filmen die Abgrenzung zum klassischen Rundfunk aufhebt.

Der Grundcharakter des Internets ist aber im Wesentlichen der freie Zugang zu diesem Medium und die Möglichkeit der uneingeschränkten Verbreitung von Meinungen und Inhalten. Der Unterschied zu den Massenmedien Fernsehen und Radio ist hierbei, dass deren Ausstrahlungen Regularien unterworfen sind und einer Aufsicht unterliegen.

Meine Fraktion hat eine kritische Position zu den Jugendschutzregelungen in den Rundfunkstaatsverträgen, in dem Gesetz über den privaten Rundfunk in Sachsen-Anhalt oder auch in dem Mediendienstestaatsvertrag, die ich nicht wiederholen möchte, die aber in ihrer Substanz keinesfalls das Schutzbedürfnis von Kindern und Jugendlichen als solches infrage stellt.

Wir hegen aber durchaus Zweifel daran, dass dem auf die im Antrag formulierte Weise entsprochen werden kann. Es ist fraglich, ob mithilfe von nationalen Rechtsvorschriften die Verbreitung von jugendgefährdenden Inhalten effektiv unterbunden werden kann. Wenn ein Anbieter in Deutschland rechtlich belangt werden sollte, dann kann er in ein anderes Land ausweichen, in dem er seine Inhalte wieder uneingeschränkt verbreiten kann.

Auch bezüglich der Strafverfolgung ist es nicht einfach, die jeweiligen Anbieter aufzuspüren. Wegen der im Wesen des Internets liegenden Anonymität ist es äußerst schwierig, die jeweils Verantwortlichen ausfindig zu machen. Eine präventive Unterbindung von Inhalten ist nicht möglich. Erst nach der Veröffentlichung verbotener Inhalte können die Behörden aktiv werden.

Ich meine, dass die Stärkung der Medienkompetenz sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen im Vordergrund stehen muss. Erst wenn ein kompetenter

und kritischer Umgang mit dem Medium gewährleistet ist, werden sich Problematiken wie die des Jugendschutzes in größerem Maße erledigen. Darauf wird auch unter dem letzten Anstrich des Änderungsantrages der SPD-Fraktion hingewiesen.

Ungeachtet unserer kritischen Position steht mit dem Antrag der CDU-Fraktion ein Sachverhalt zur Entscheidung, der geeignet ist, die Diskussion über dieses wichtige gesellschaftliche Anliegen aktuell weiterzuführen. Bevor wir aber einen Handlungsauftrag an die Landesregierung aussprechen, sollten wir, obwohl ich die Notwendigkeit einer aktuellen Unterstützung sehe, von der der Ministerpräsident sprach, uns zunächst in einer gemeinsamen Anhörung der Ausschüsse für Kultur und Medien sowie für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport von Vertretern von Jugendschutz.net, den freiwilligen Selbstkontrolleinrichtungen und der Jugendschutzexperten der Landesmedienanstalten über Ergebnisse und Probleme bei ihrer Arbeit berichten und den Veränderungsbedarf konkret umreißen lassen.

Ich schlage das auch deshalb vor, weil ich einen gewissen Widerspruch zwischen den beiden Punkten im Antrag der CDU-Fraktion sehe. Unter Punkt 1 wird die bessere finanzielle Ausstattung einer Institution angemahnt, die sich mit dem Jugendschutz im Internet befasst. Dass die Fülle von Informationen, die täglich neu ins Internet kommt, wegen des wenigen Personals, worüber Herr Schomburg bereits sprach, kaum auswertbar ist, ist durchaus verständlich.