Bei der Betrachtung der gegenwärtigen Situation des Ethik- und Religionsunterrichtes an unseren Schulen müssen jene Rahmenbedingungen kritisch überprüft werden, die dem Ziel einer flächendeckenden Unterrichtsversorgung entgegenstehen, sowie kurz- und mittelfristige Lösungen aufgezeigt werden. Aber ich denke, genau das kann eine Aktuelle Debatte nicht leisten. Sie kann das Thema nur aufgreifen. Sehr wohl kann das aber der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft.
Ich denke, eine gute Grundlage für die Diskussion im Ausschuss stellt die kürzlich im Auftrag der Landesregierung erstellte Expertise einer Arbeitsgruppe zur Zukunft ethischer und religiöser Bildung an den Schulen des Landes dar. Diese Expertise beinhaltet nicht nur die Be
standsaufnahme, sondern gibt vor allem auch umfangreiche Empfehlungen zur Verbesserung religiöser und ethischer Bildung in unserem Lande.
In Anbetracht der Zeitbegrenzung nehme ich davon Abstand, alle dargestellten Hemmnisse zu bewerten. Sie sind uns allen zum größten Teil auch bekannt. Herausgreifen und Bezug nehmen will ich jedoch auf den hohen Grad der Konfessionslosigkeit der Menschen in den neuen Bundesländern über mehrere Generationen, die in der vermittelten atheistischen Weltanschauung der ehemaligen DDR ihren Ursprung hat und häufig zur prinzipiellen Ablehnung religiöser Bezüge geführt hat. Unter anderem resultiert daraus für meine Begriffe auch der geringe Zulauf zur Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für Religion.
Bemerkenswert erscheint mir in diesem Zusammenhang die dezidierte Auffassung der Experten zum gesetzlich festgelegten Wahlpflichtbereich der Fächer Ethikunterricht, evangelischer Religionsunterricht und katholischer Religionsunterricht. Obwohl mit der schulpraktischen Umsetzung des Wahlpflichtbereichs große Probleme verbunden sind - so besteht zum Beispiel bei einem unvollständigen Wahlpflichtangebot keinerlei Pflicht zur Teilnahme an den verbleibenden Fächern -, stellt das in Brandenburg existierende Pflichtfach LebenskundeEthik-Religion - LER -, das als religionskundliches und werteorientiertes Fach angelegt ist, für die Fachleute keine Alternative dar. Das Bundesverfassungsgericht prüft ja gegenwärtig die entsprechende Klage.
Ich verhehle an dieser Stelle nicht, dass es in unserer Fraktion und auch in anderen durchaus Sympathien für dieses Modell gibt. Das gilt auch für mich persönlich. Aber hierbei ist die bestehende Verfassungslage zu berücksichtigen, und entsprechend haben die Mehrheiten entschieden.
Einige der in der Expertise aufgezählten Lösungsempfehlungen erscheinen durchaus dazu geeignet, die Unterrichtsversorgung in diesen Fächern zu verbessern, so die wünschenswerte Einigung der Kirchen im Hinblick auf die flächendeckende Anerkennung des Unterrichtsangebotes der jeweils anderen Konfession und die Ausgestaltung kooperativer Formen der Zusammenarbeit. Nicht zuletzt muss die Lehrkräfteversorgung in diesen Fächern verbessert werden. Der Minister sagte es: Entsprechend ausgebildete Lehrer müssen auch dort eingesetzt werden.
Ich denke, der ganzheitliche Ansatz verlangt, dass die Schule sowohl im Unterricht als auch im außerunterrichtlichen Schulleben diese Bezüge besser als bisher herstellt. Das wird in Zukunft die Aufgabe einer stärker eigenverantwortlich tätigen Schule sein.
Die SPD-Fraktion schlägt vor, eine ausführliche Diskussion der Thematik auf der Grundlage der Expertise im Rahmen der Selbstbefassung im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft durchzuführen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Kollegin Mittendorf, wie ich Sie kenne, sind Sie bereit, eine Frage von Herrn Dr. Bergner zu beantworten.
Die Frage betrifft Ihre Sympathie für das Fach Lebenskunde-Ethik-Religion. Ist Ihnen klar, dass der wesentliche Unterschied, auf den es auch den Verfassern der Expertise ankommt, darin besteht, dass wir bei Lebenskunde-Ethik-Religion ein ausschließlich staatlich verantwortetes Fach haben, dass wir aber bei der Einführung eines Wahlpflichtbereiches - Ethik einerseits und katholische und evangelische Religion andererseits - den Kirchen den Raum und die Verantwortung geben, in unseren Schulen wertgebundenen Unterricht zu erteilen? Meine Frage ist: Halten Sie diesen Unterschied für so unwesentlich, dass Sie das andere Fach aus allen möglichen organisatorischen Gründen vorziehen, oder halten Sie diesen Unterschied für wesentlich?
Ich denke, man sollte gerade in den neuen Bundesländern beide Formen akzeptieren, wobei ja die Frage der Verfassungsgemäßheit noch nicht endgültig geklärt ist. Wir müssen mit der besonderen Situation in den neuen Bundesländern leben und arbeiten. Ich habe ja gesagt, dass es eine brisante Frage ist, wie man Werte definiert und wer meint, welche Bezüge zu weltanschaulichen Bekenntnissen bestehen. Aber ich denke, für eine solche Diskussion ist die Aktuelle Debatte eben nicht geeignet. Darüber sollten wir wirklich im Ausschuss diskutieren.
Sie sagten, dass eine Verknüpfung erreicht werden müsste. Ist Ihnen bekannt, dass es an den Schulen Projekte gegeben hat, die die Verknüpfung von Ethikund Religionsunterricht klassenweise beinhaltet haben? Diese Projekte waren vom Kultusministerium angedacht und sind an vielen Schulen durchgeführt worden. Darüber ist aber überhabt keine Auswertung vom Kultusministerium erfolgt. Das ist einfach eingeschlafen.
Wenn ich mich recht erinnere, habe ich gesagt, eine Verknüpfung wäre sinnvoll. Das halte ich für wichtig. Wenn es solche Projekte gab, diese aber nicht ausgewertet wurden, dann wäre es angemessen gewesen, diese Frage dem Kultusminister zu stellen.
Danke, Kollegin Mittendorf. - Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Aktuellen Debatte. Gemäß § 46
der Geschäftsordnung des Landtages werden Beschlüsse zur Sache nicht gefasst. Wir haben damit die Aktuelle Debatte beendet und den Tagesordnungspunkt 26 abgeschlossen.
Entwurf eines Dritten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform (Verbandsgemeindeeinführungsgesetz - VGEG)
Beschlussempfehlung des zeitweiligen Ausschusses Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform - Drs. 3/4922
Die erste Beratung fand in der 56. Sitzung des Landtages am 6. April 2001 bzw. in der 59. Sitzung des Landtages am 28. Juni 2001 statt. Ich bitte den Kollegen Hoffmann, als Berichterstatter das Wort zu nehmen.
Herr Hoffmann (Magdeburg), Berichterstatter des zeitweiligen Ausschusses Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung nach der ersten Beratung in der 59. Sitzung am 28. Juni 2001 zur federführenden Beratung an den zeitweiligen Ausschuss Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Bereits in seiner 56. Sitzung am 6. April 2001 hatte der Landtag den von der Fraktion der CDU eingebrachten Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften an die Ausschüsse überwiesen.
In seiner Sitzung am 21. Juni 2001 verständigte sich der zeitweilige Ausschuss darauf, am 23. August dieses Jahres in einer Sondersitzung eine Anhörung durchzuführen und danach die vorläufige Beschlussempfehlung zu erarbeiten. Zu dieser Anhörung waren die kommunalen Spitzenverbände und der Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt eingeladen, um ihre Positionen darzulegen.
Der Ausschuss verständigte sich darauf, den Gesetzentwurf der Landesregierung zum weiteren Beratungsgegenstand zu machen. Von den Fraktionen von SPD und PDS wurden teilweise sehr umfangreiche schriftliche Änderungsanträge vorgelegt, die vor allem die Bürgerbeteiligung in der Verbandsgemeindestruktur, die Aufgabenverteilung zwischen Verbandsgemeinde und Mitgliedsgemeinde sowie die zeitliche Abfolge der Umsetzung betrafen.
Die Gesamtabstimmung über den Entwurf der Landesregierung ergab acht Stimmen dafür, drei Gegenstimmen und keine Stimmenthaltung. Mit dieser Stimmenzahl empfahl der zeitweilige Ausschuss dem mitberatenden Ausschuss für Inneres, der Beschlussempfehlung zuzustimmen.
Der mitberatende Ausschuss für Inneres hat die vorläufige Beschlussempfehlung dann in seiner 45. Sitzung am 4. September 2001 beraten und empfohlen, die Beschlussempfehlung mit einigen Änderungen anzunehmen, die zwischenzeitlich von den Fraktionen von SPD und PDS eingebracht worden waren und insbesondere die Artikel 1 und 2 betrafen.
Neu ist insbesondere die ausdrückliche Geltung der in den §§ 24 bis 27 der Gemeindeordnung SachsenAnhalts verankerten Rechte auch in Angelegenheiten der Verbandsgemeinde. Im Zuge der Endredaktion wurden auch noch rechtsförmliche Änderungen erforderlich.
In seiner Sitzung am 6. September 2001 hat der zeitweilige Ausschuss den Gesetzentwurf der Landesregierung unter Berücksichtigung eines weiteren Änderungsantrages der Fraktionen von SPD und PDS abschließend beraten, der vor allem die Regelung der Eigentumsrechte beim Zusammenschluss zu einer Verbandsgemeinde betraf, und mit acht Stimmen dafür bei drei Gegenstimmen und ohne Stimmenthaltung eine Beschlussempfehlung abgegeben. Die Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf sind in der Drs. 3/4922 ersichtlich.
Der vorliegende Gesetzentwurf umfasst fünf Artikel. Neben dem eigentlichen Verbandsgemeindeeinführungsgesetz - Artikel 1 - enthält das Regelungswerk umfangreiche Änderungen bzw. Ergänzungen der Gemeindeordnung und des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt. Der Hintergrund für die Änderungen ist die Absicht der Landesregierung, zur Umsetzung des Leitbildes für Sachsen-Anhalt eine Kommunalreform durchzuführen.
Bereits im Vorfeld eines derartigen Vorhabens sind zahlreiche Rechtsvorschriften der politischen Zielrichtung anzupassen. Regelungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich der inneren Struktur der künftigen Verbandsgemeinden, der Aufgabenverteilung zwischen den Verbandsgemeinden und ihren Mitgliedsgemeinden sowie hinsichtlich der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der gewählten Vertreter an den Entscheidungsprozessen in der Verbandsgemeinde.
Die Beratungen im zeitweiligen Ausschuss standen unter dem ungünstigen Vorzeichen, dass der vom Innenministerium ursprünglich vorgelegte Referentenentwurf in der Öffentlichkeit teilweise heftig kritisiert worden war und daher in vielfältiger Weise Missverständnisse und Fehlinterpretationen auszuräumen waren.
Kernstück des Gesetzentwurfes ist die Ansiedlung originärer Zuständigkeiten der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis auf der Ebene der Verbandsgemeinde, die die bisherige Verwaltungsgemeinschaft erledigt hat. Dieses soll nun zu einer Qualitätsverbesserung beitragen. Mit der Ansiedlung originärer Zuständigkeiten ergibt sich die Notwendigkeit zur demokratischen Legitimation durch die Bürgerinnen und Bürger.
Bei der Verteilung der Aufgaben zwischen Verbandsgemeinde und Mitgliedsgemeinde galt der Grundsatz, so viele Aufgaben wie möglich im engeren örtlichen Bereich anzusiedeln bzw. dort zu belassen; daher auch die Mindestgröße der Gemeinden von 1 000 Einwohnern. Diejenigen Aufgaben, die auf der Ebene der Verbandsgemeinde effizienter erledigt werden könnten oder können, werden auf dieser Ebene zusammengeführt.
Bei den Beratungen wurden die vom Gesetzgebungsund Beratungsdienst ausgesprochenen Bedenken ebenso berücksichtigt wie die Ausführungen der vom zeitwei
ligen Ausschuss angehörten kommunalen Spitzenverbände. Die geäußerten Vorschläge wurden weitgehend mit aufgenommen.
Nicht gefolgt ist der zeitweilige Ausschuss dem Vorschlag zur Direktwahl des Hauptverwaltungsbeamten.
Meine Damen und Herren! Der zeitweilige Ausschuss empfiehlt Ihnen die Annahme der Beschlussempfehlung in der vorliegenden Drucksache. Er empfiehlt weiterhin, den von der Fraktion der CDU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften abzulehnen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Kollege, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit einer Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart worden in der Reihenfolge FDVP, CDU, PDS, DVU und SPD. Ich erteile jedoch zunächst für die Landesregierung dem Innenminister Herrn Dr. Püchel das Wort.