Protokoll der Sitzung vom 11.10.2001

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Frau Wiechmann, FDVP: Wer mit den Roten kungelt wie Sie, ist mitschuldig!)

deshalb haben Sie überhaupt kein Recht zu reden.

(Frau Wiechmann, FDVP: Da klatschen Ihre ro- ten Kungelbrüder Beifall! Die Täter!)

- Ich rede für unsere Fraktion.

(Herr Weich, FDVP: Die sind doch genauso!)

Der Innenminister dieses Landes, Peter Oleikiewitz, Annette Leppinger und viele andere, auch ich, haben das Bürgerkomitee von Anfang an begleitet.

(Zuruf von Herrn Weich, FDVP)

Wir kennen alle Ausstellungen. Wir haben alle Ausstellungen dort besucht.

(Herr Weich, FDVP: Aber nur von weitem! - Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Wir haben uns dafür eingesetzt. Es haben auch schon mehrere Ausstellungen im Landtag mit dem Bürgerkomitee stattgefunden. Vielleicht haben Sie sie nicht besucht. Deshalb unterstützen wir den Landtagspräsidenten weiterhin darin, dass er für alle in diesem Landtag vertretenen Fraktionen diese Ausstellungen vorstellt. Ich habe gehört, im nächsten Jahr seien wieder drei Ausstellungen geplant. Ich bedanke mich bei den Leuten aus unserer Fraktion, die regelmäßig dabei sind, die die Opferverbände unterstützen, die vor Ort sind.

Sie brauchen die Landesregierung in Ihrem Antrag überhaupt nicht zu bitten. Wenn Sie im Haushalt nachgesehen hätten, wüssten Sie, dass das Projekt Umfassungsstraße, sowohl die Ausstellung als auch die Opferverbände dort, tatkräftig und finanziell unterstützt werden. Dazu brauchen Sie uns nicht erst aufzufordern.

(Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Wir brauchen die Ausstellung in Ihrer Fraktion nicht zu besuchen, wir haben sie vor Ort besucht.

(Zuruf von Herrn Weich, FDVP)

Dafür machen wir auch weiterhin Werbung.

Eigentlich fehlen mir etwas die Worte dafür, dass Sie hier so freimütig und, wie ich finde, fast frech darüber reden. Dass Sie das für sich in Anspruch nehmen, ist Ihr gutes Recht. Dass ich aus dem Bürgerkomitee ausgetreten bin, ist vielleicht mein gutes Recht, darauf zu reagieren.

(Zuruf von Herrn Wiechmann, FDVP - Frau Wiech- mann, FDVP: Sie müssen aber mit den Konse- quenzen umgehen!)

- Nein, wie Sie mit der Geschichte umgehen, das verurteile ich. Im Grunde genommen sind Sie nicht nur in meiner Achtung gesunken, sondern - - Ich kann das nicht mehr in Worte fassen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustimmung von der Regierungsbank - Herr Wiechmann, FDVP: Herr Bischoff, ich habe die Geschichte erlebt! Ich hatte nicht die Gnade der späten Geburt! Ich habe es erlebt!)

Ich hatte gesagt, dass die DVU-Fraktion auf einen Redebeitrag verzichtet. Die PDS-Fraktion verzichtet ebenfalls auf einen Redebeitrag. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Bergner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, ich habe etwas gezögert, ob ich an dieser Stelle in dieser Debatte noch von unserem Rederecht Gebrauch machen soll. Ich möchte trotzdem, weil ich für unseren Änderungsantrag werbe, einige Worte sagen.

Das Anliegen der Auseinandersetzung mit den Jahrzehnten der kommunistischen Diktatur ist uns wichtig. Jeder möge prüfen, Frau Wiechmann, ob der Streit, auf welchem Flur welche Ausstellung hängt, eine geeignete Form ist, diese Auseinandersetzung zu fördern.

(Frau Wiechmann, FDVP: Den habe ich nicht an- gefangen, Herr Dr. Bergner!)

Ich denke, weil uns als CDU dieses Anliegen so wichtig ist, haben wir uns verpflichtet gefühlt, den Antrag in einigen Punkten zu qualifizieren.

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass wir die Landesregierung nicht anweisen können.

(Frau Wiechmann, FDVP: Das können wir sehr wohl!)

Das ist ein Stück der politischen Bildung, die wir in dem Prozess erwerben wollen, nämlich dass wir wissen, dass die Legislative nicht einfach Anweisungen an die Exekutive geben kann. Deshalb haben wir uns in dieser Hinsicht zu einer anderen Formulierung entschlossen.

Zum Zweiten werden Sie, wenn Sie den Änderungsantrag durchgehen, feststellen, dass wir das Ganze vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit den zwei Diktaturen auf deutschem Boden sehen und dass man im Kontext der Totalitarismusforschung - so wird es beispielsweise in Sachsen durch das Hannah-ArendtInstitut gemacht - den Totalitarismus des Nationalsozialismus immer neben dem kommunistischen Totalitarismus sehen, analysieren und im Sinne der politischen Bildung sich damit auseinander setzen muss. Uns war es wichtig, auch dies hierin zum Ausdruck zu bringen.

Zum Dritten. Wir wissen sehr wohl, dass wir im Moment, gerade vor dem Hintergrund noch wacher Zeitzeugenschaft, der Gefahr ausgesetzt sind - diese Einschätzung teilen wir mit den Antragstellern -, dass die Zeit des Stalinismus und der SED-Diktatur einem Verdrängungsprozess unterliegt. Genau deshalb fühlen wir uns auch den Opferverbänden und ihrer Arbeit sowie der Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes

verpflichtet und möchten dies auch bei jeder Haushaltsberatung entsprechend berücksichtigt wissen.

Dies waren die Gedanken, die wir in unserem Änderungsantrag gesondert hervorheben wollten. Ich sage noch einmal ausdrücklich: Es ist keine Ablehnung des Anliegens. Aber wir sind der Meinung, dass wir, gerade wenn ein Anliegen wichtig ist, besonderen Wert darauf legen sollten, in welcher Form wir dieses Anliegen in die Öffentlichkeit und in das Parlament tragen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Wiechmann hat noch einmal für die FDVP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es unwürdig, Herr Bischoff, wie Sie sich zu diesem Thema hier vorn aufgeführt haben.

(Beifall bei der FDVP - Lachen und Widerspruch bei der SPD und bei der PDS)

Was Sie von sich gegeben haben, war einfach eine Unverschämtheit. Was maßen Sie sich eigentlich an, meinen Lebenslauf und die Lebensläufe anderer Abgeordneter dieses Hohen Hauses zu beurteilen?

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Herr Bie- ner, SPD: Das machen Sie doch laufend!)

Dazu haben Sie kein Recht. Das spreche ich Ihnen ab. Ich habe es hier schon einmal gesagt; vielleicht haben Sie es vergessen oder vielleicht waren Sie nicht anwesend.

(Frau Kauerauf, SPD: Hören Sie doch auf zu zetern!)

Wenn Sie Interesse hätten, wenn Sie es wirklich interessieren würde, dann könnten Sie gern einmal meine Stasi-Akte lesen.

(Herr Wolf, FDVP: Sie sind doch rausgeflogen! - Frau Dr. Sitte, PDS: Und sie ist drin geblieben!)

Unser Antrag zielt in zwei Richtungen. Zum einen bedarf es der stärkeren ideellen und materiellen Unterstützung der Opferverbände - das haben wir mit unserem Antrag deutlich gemacht -, die mit großem Engagement überwiegend in ehrenamtlicher Tätigkeit in ungezählten Stunden Gedenkstätten einrichteten, Unterlagen, oft unter größtem persönlichen Einsatz, vor dem Schredder bewahrten und nun archivarisch betreuen. Aber all das wird oft mehr geduldet, als dass es gefördert wird. Es wird hingenommen.

Die Opferverbände und -vereine sind es, die die Erinnerung wachhalten und diese Erinnerung - das haben wir heute wieder gemerkt - vor allem jenen vermitteln, die jung an Lebensjahren diese Zeit nicht erlebt haben. Ich erinnere daran, dass die Opferverbände und -vereine oft nur mit mühselig erstrittenen und/oder verlängerten ABM-Verträgen die Aufgaben bewältigen können, die sie vor sich sehen. Einer kontinuierlichen Arbeit sind so natürlich Grenzen gesetzt. Die Mitstreiter wären froh, wenn sie jene Aufmerksamkeit sowohl ideell als auch materiell, auch von Ihnen, Herr Bischoff, und seitens der Landesregierung erhielten, wie sie dem dubiosen Feind

bild „Miteinander e. V.“ des Pastors Tschiche zugebilligt wird.

(Herr Bischoff, SPD: Genau das ist es!)

Es hilft den Gedenkstätten, den Opferverbänden und -vereinen nur wenig, wenn an verordneten Gedenktagen Kränze niedergelegt werden und vor allen Dingen wenn sich die Nachfolger der Mauerschützenpartei erdreisten, mit Betroffenheitsmienen, wie gehabt in Hötensleben, teilzunehmen, sodass es den Überlebenden, den Angehörigen der an der Mauer getöteten oder hilflos verbluteten Menschen schon beim Anblick dieser Kranzableger übel wird und sie sich wirklich verhöhnt fühlen.

(Beifall bei der FDVP - Frau Dr. Sitte, PDS: Was meinen Sie, wie es denen übel wird, wenn die Ihre Biografie hören!)

- Sie waren nicht da, und den Leuten ist wirklich übel geworden.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Das ist unfassbar!)

Meine Damen und Herren! Zum anderen zielt unser Antrag darauf ab, dass im Landtag die Gedenkstätten, die Opferverbände und -vereine sich in Ausstellungen oder anderen Veranstaltungen präsentieren können und dass endlich das sichtbare Desinteresse der roten Kungelbrüder im Landtag an derartigen Vorhaben nicht mehr zum Zuge kommt.

Betrachten wir die bisher vom Landtagspräsidenten zu verantwortenden Ausstellungen seit dem Jahre 1990 das haben wir getan -, dann wird deutlich, dass die geschichtliche Aufarbeitung insbesondere der sowjetischen Besatzungszone und der DDR insgesamt gering ist. Die Vielfalt der ansonsten gezeigten Ausstellungen ist tatsächlich beeindruckend, wobei verständlicherweise nach 1990 kaum derartige thematische Ausstellungen möglich waren, da erst ab dieser Zeit das Erschließen von Quellen und das Forschen beginnen konnte. Allerdings wurde in den Jahren 1997, 2000 und 2001 keine derartige Ausstellung gezeigt.