Protokoll der Sitzung vom 12.10.2001

Wir Sozialdemokraten freuen uns jedenfalls sehr über dieses Gesetz und wünschen allen, die jetzt mit der Umsetzung betraut sind, dass sie dies mit Herz und Verstand tun mögen. Allen, die uns Abgeordneten mit Rat und Tat zur Seite standen, sei zum Schluss gedankt, und zwar Vertretern der Verbände, der entsprechenden Ministerien und der Landtagsverwaltung sowie auch den Fraktionsmitarbeitern. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Herr Kollege, Sie wollten noch eine Frage von Herrn Becker beantworten.

Herr Bischoff, es bleibt festzuhalten, dass Sie gesagt haben, wir waren gezwungen, weitgehend weiche Regelungen zu finden, weil die anderen Regelungen seitens des Landes nicht zu finanzieren gewesen wären. - Ich sehe das übrigens auch so wie Sie.

Aber ich stelle Ihnen die Frage: Ist es dann fair, dass man dort keine weichen Regelungen, sondern klare Regelungen mit Kostenfolgen sucht und auch findet, wo das Land nicht als Finanzier auftritt, sondern wo es allein von den Kommunen zu finanzieren ist? Ist das ein fairer Umgang mit den Kommunen?

Herr Becker, ich danke Ihnen für die Nachfrage, weil ich eigentlich in meiner Rede zu den Anträgen noch Stellung hätte nehmen müssen.

Zu dieser Regelung: Sie wissen, dass der PDS-Entwurf weiter ging. Dieser sah ab 20 000 Einwohnern hauptamtliche Behindertenbeauftragte vor. Die jetzige Regelung sieht aber 150 000 Einwohner vor. Ich finde, dass das ein guter Kompromiss ist. Bei 150 000 Einwohnern - die zukünftigen Landkreise sollen ungefähr diese Größe haben - glauben wir, dass ein hauptamtlicher Behindertenbeauftragter im Hinblick auf den erforderlichen Zeitaufwand richtig ist und dann muss er auch vom Land bezahlt werden. Deshalb gilt diese Regelung nach der Kreisgebietsreform. Jetzt, vor der Kreisgebietsreform, können wir das nicht machen. Wir können keine 24 hauptamtlichen Behindertenbeauftragten finanzieren.

Ich bin sehr froh darüber, dass die kreisfreien Städte es jetzt schon machen - zumindest Halle und Magdeburg - und wüsste nicht, warum sie das morgen abschaffen sollten; denn die machen das tatsächlich im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung. Das ist sehr gut und mehr als lobenswert. Ich hoffe, sie fangen nicht morgen an, das abzubauen, weil wir sagen, unsere Regelung kommt erst im Jahr 2004. Auch die kreisfreien Städte werden unter Umständen nach der Kreisgebietsreform anders aussehen, vielleicht größer, vielleicht aufgrund von Stadt-Umland-Verträgen, vielleicht aufgrund von Eingemeindungen.

Von daher ist es richtig zu sagen, diese Kostenregelung, die sowieso insgesamt erfolgt - auch mit der Übergabe anderer Dinge, die der kommunalen Ebene übertragen werden sollen -, kann im Gesamtpaket mit berücksichtigt werden. Es ist logisch und gut, es damit zu verbinden. Das wollten wir in diesem Gesetz festschreiben. Ich finde, das Land hat sich nicht aus der Verantwortung gestohlen, sondern einen Kompromiss gefunden, den man sachlich gut begründen kann.

Ich wollte noch etwas sagen - jetzt habe ich ja noch ein bisschen Redezeit bekommen - zu dem Antrag zur integrativen Beschulung, damit das Optimum für die Kinder herausgeholt werden kann. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass Ihr Antrag gut gemeint ist. Das haben wir schon im Ausschuss gesagt: Für die Kinder das Beste, gerade für benachteiligte Kinder. Aber wenn ich Ihren Antrag lese, soll der Förderbedarf von Fachleuten per Gutachten

festgestellt werden. - Dazu frage ich: Wie soll ein Gutachter festlegen, was vorher gut und nachher noch besser ist? Er wird feststellen, dass es einen Bedarf gibt.

Hinzu kommt noch ein weiteres Kriterium, die Eltern. Die Eltern sollen die Wahlfreiheit zwischen der Sonderschule und der integrativen Schule haben. Wie sollen die Eltern aufgrund eines Gutachtens entscheiden, was besser ist und was weniger gut ist? - Im Grunde genommen läuft man mit dem gut Gemeinten Gefahr, dass es am Ende bleibt, wie es ist, zum Beispiel wenn Eltern die integrative Beschulung verlangen. Wir haben aber einen Nachholebedarf, das weiß jeder. Wir sind weiß Gott nicht an der Spitze der Länder, was die integrative Beschulung angeht. Wir haben viel zu viele Sonderschulen.

(Frau Feußner, CDU: Das stellt ja niemand in Ab- rede!)

- Das wissen wir. Sie kennen sich in anderen Ländern wie Sachsen, Thüringen und Brandenburg gut aus.

Wir müssen dazu kommen, dass die Möglichkeit besteht - wenn der Förderbedarf festgestellt wird -, in integrativen Einrichtungen beschult zu werden. Deshalb ist Ihr Antrag eher eine Verhinderung, als dass er etwas besser macht. So sehen wir das jedenfalls und deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Frau Feußner, CDU: Das haben Sie nicht klar- gestellt!)

Zum zweiten Antrag - -

Herr Kollege Bischof, darauf war die Frage nicht gerichtet.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich habe Sie bis jetzt nicht unterbrochen, aber jetzt würde ich sagen, Ihre Ausführungen sind durch die Frage nicht mehr gedeckt.

Das verstehe ich sehr gut. - Wir lehnen den anderen Änderungsantrag auch ab, aber ich kann es leider nicht mehr begründen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Debatte.

(Frau Wiechmann, FDVP: Ich möchte dazu gern etwas sagen!)

Frau Wiechmann, als Fraktionsvorsitzende?

(Frau Wiechmann, FDVP: Ja!)

Danke schön, Frau Präsidentin. - Unsere Fraktion wollte sich eigentlich nicht noch einmal zu diesem Gesetzentwurf äußern.

(Frau Bull, PDS: Dann lassen Sie es doch!)

Wir machen es aber trotzdem, weil die Ausführungen von Herrn Bischoff so nicht im Raum stehen bleiben können.

(Unruhe bei der SPD - Zuruf von Herrn Biener, SPD)

Herr Bischoff, wenn Sie sich persönlich getroffen fühlen, dann machen Sie das bitte auch persönlich mit sich aus. Wenn Sie aus dem Bürgerkomitee ausgetreten sind,

(Lachen bei und Zurufe von der SPD - Frau Dr. Sitte, PDS: Thema!)

dann ist das einzig und allein Ihre Sache. Nach Aussage des Komitees ist es auch kein Verlust für dieses Komitee - ich habe es gestern Abend schon gesagt -, weil Sie sich nach deren Aussage dort so gut wie nie haben blicken lassen, das heißt also, von Mitarbeit in diesem Komitee kann überhaupt keine Rede sein.

(Herr Bischoff, SPD: Ich bin Mitglied gewesen!)

Wenn Sie aber heute träumen oder Ihre Fantasie mit Ihnen durchgeht, was mich und unsere Fraktion betrifft, dann weise ich das auf das Schärfste zurück.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist, auch von unserer Fraktion, als überaus wichtig anzusehen. Aber Folgendes ist noch hinzuzufügen: Wir halten es schon für eine Farce, wenn den Behinderten etwas vorgegaukelt wird. Da sind wir nicht dabei. In Wahrheit darf ein Behinderter - das ist ja auch heute noch so - nichts kosten. Wenn ein Jahr vergeht, liebe Kolleginnen und Kollegen, bis ein Rollstuhl da ist, dann ist das die ganze Wahrheit.

(Herr Bischoff, SPD: Das hätten Sie im Aus- schuss sagen sollen! - Zuruf von Frau Dirlich, PDS)

Beschriebenes Papier allein - so wichtig dieser Gesetzentwurf ist, wenn er umgesetzt wird -, hilft den Behinderten nicht. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/5027.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Ich brauche deshalb nicht jedes Mal zu wiederholen, dass es sich immer um die Beschlussempfehlung des Ausschusses handelt.

Zunächst stimmen wir über alle selbständigen Bestimmungen einschließlich der Änderungsanträge der CDUFraktion ab, die ich an der entsprechenden Stelle aufrufen werde. Von der CDU-Fraktion ist verlangt worden, dass über die Paragrafen einzeln abgestimmt wird. Dem Verlangen werden wir selbstverständlich folgen.

Wir kommen zu Artikel 1 Abschnitt 1. Ich rufe § 1 auf. Wer stimmt der Empfehlung des Ausschusses zu? - Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ohne Gegenstimmen so beschlossen.

Ich rufe § 2 auf. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen so beschlossen.

Ich rufe § 3 auf.

(Frau Liebrecht, CDU: Über § 3 bitte absatzweise abstimmen lassen!)

- Wir stimmen über § 3 absatzweise ab.

Ich rufe Absatz 1 auf. Wer folgt der Empfehlung des Ausschusses? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Zahlreiche Enthaltungen. Damit ist dem Absatz 1 in der Fassung der Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Absatz 2. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Zahlreiche Enthaltungen. Damit ist dem Absatz 2 zugestimmt worden.

Absatz 3. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Gegenstimmen der CDU-Fraktion und von Teilen der FDVP- und der DVU-Fraktion. Enthaltungen? - Enthaltungen bei der FDVP- und bei der DVU-Fraktion. Damit hat § 3 Abs. 3 eine Mehrheit gefunden.