Der Umweltminister Herr Keller hat sehr fachlich und korrekt den Standpunkt der Landesregierung vorgetragen. Dies wird durch die SPD-Fraktion gestützt.
Meine Damen und Herren! Der Ausbau und die Unterhaltungsmaßnahmen haben mit Recht eine besondere Bedeutung für die Diskussion in unserem Land. Die Elbe hat eine herausragende Bedeutung sowohl als Binnenschifffahrtsweg als auch als Naturschutzraum, als Flusslandschaft, als Kulturlandschaft. Ich sage ganz bewusst „Kulturlandschaft“, weil es über die Jahrhunderte in der Pflege und im Umgang mit der Landschaft auch maßvolle Eingriffe im Hinblick auf Ökologie und Ökonomie gegeben hat.
Die Elbeerklärung aus dem Jahr 1996 - ich habe das begrüßt - hat auch ein angemessenes Maß an Klarheit und an Konsens zwischen diesen beiden sonst immer als widersprüchlich dargestellten Dimensionen hergestellt. Hierbei ist erstmalig ein Gesamtkonzept vereinbart worden, das aber bis heute aussteht.
Es gibt Hinweise auf zwei Grobkriterien in der Elbeerklärung: Oberhalb von Magdeburg handelte es sich maßgebend um Unterhaltungsmaßnahmen mit Ausnahmen, die dann mit Planfeststellungsverfahren behandelt werden. Unterhalb von Magdeburg dagegen sollte die Unterhaltung in Abhängigkeit zum Elbeseitenkanal diskutiert werden. Es war klar: Detailkriterien werden mit Teilkonzepten regional zu unterlegen sein. Hier sind wir, glaube ich, auf einem richtigen Weg.
Die Landesregierung hat sich bewusst gerade im letzten Jahr auf einen Weg der unmittelbaren Abstimmung mit der Bundesregierung begeben, um sich in die Planung und Durchführung der in bundespolitischer Verantwortung erfolgenden Maßnahmen direkt einzubringen.
Die Bundesratsinitiative ist von Anfang an auch von uns als ein Umweg mit fragwürdigem Ausgang betrachtet worden. Ich weiß nicht, ob es besonders gut für unser Land wäre, wenn eine Bundesratsinitiative nicht zustande gekommen wäre. Ich gehe davon aus, dass der direkte Weg der Landesregierung zur Bundesregierung jetzt schon die Erfolge zeigt. Wir werden uns in diese Arbeitsgruppe weiter entsprechend einbringen.
Wir glauben, dass wir mit einem Teilkonzept für den Bereich mittlere Elbe die Diskussion am ehesten positiv beeinflussen. Wir gehen davon aus, dass die Informationen für die Bürgerinnen und Bürger in diesen Regionen verbessert werden müssen. Es war für mich schon erstaunlich, dass die Bevölkerung ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber den Maßnahmen und Diskussionen der Obrigkeit hat. Ich benutze das Wort Obrigkeit allgemein. Das muss noch auf die DDR-Verhältnisse zurückzuführen sein, wo man ökologische Gesichtspunkte mit Füßen getreten hat und rechtsstaatliche Regeln nicht kannte.
Dieses Misstrauen müssen wir abbauen. Dazu ist man auf einem guten Weg. Dies wollen wir unterstützen. Eine Bundesratsinitiative würde dazu nicht beitragen. Wir bitten daher um Zustimmung zu der vorgelegten Beschlussempfehlung.
Herr Sachse, es gab zwei Fragen bzw. Interventionen. Zunächst hatte sich Frau Schnirch gemeldet, dann Herr Dr. Daehre.
Herr Sachse, wissen Sie, dass sich in und um Dessau Initiativgruppen gebildet haben, die sich jetzt sammeln? Die Initiative nennt sich Pro Elbe. Am 3. Dezember dieses Jahres ist eine Großaktion vorgesehen.
Es wäre günstig, wenn Sie sich dort einbringen würden und die Sachlage vortragen könnten. Es ist richtig, dass die Bevölkerung viel zu wenig aufgeklärt ist. Ich meine, es wäre ein guter Weg, wenn mehr Politiker in solchen Initiativgruppen mitarbeiten würden, um die jeweiligen Anliegen auf den richtigen Weg zu bringen.
Danke, Frau Schnirch. - Das war eine Mischung aus Intervention und Frage. Wir müssen das erkennbar noch üben.
Sehr geehrte Frau Kollegin Schnirch, ich bedanke mich für den Hinweis. Diese Initiativen sind mir bekannt, aus dem Coswiger Raum, aus dem Wittenberger Raum und natürlich aus dem Dessauer Raum. Sie werden von den kirchlichen Gemeinden getragen.
Das ist mir bekannt. Ich bin angesprochen worden und werde mich dort auch einbringen. Ich bedanke mich für den Hinweis.
Die Sorgen und Ängste muss man ernst nehmen. Das meinte ich vorhin, als ich sagte, dass man ganz bewusst den Bürgerwillen aufnehmen und für Klarheit und Informationen sorgen muss.
Herr Kollege, das Misstrauen gegenüber der Obrigkeit verstehe ich schon. Sie wissen, wer im Moment regiert.
Zu meiner Frage. Herr Kollege, wenn Sie so optimistisch sind und sagen, das ist auf einem guten Weg, stellt sich die Frage, warum Sie sich gegen die Forderung wehren, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Konzept vorgelegt werden soll. Sie selbst haben vorgeschlagen deshalb haben Sie es mitgetragen -, den frühestmöglichen Zeitpunkt anzuvisieren. Dieser Begriff ist jedoch juristisch nicht definiert. Ich wüsste gern von Ihnen, was Sie unter dem frühestmöglichen Zeitpunkt verstehen.
Herr Kollege Dr. Daehre, ich muss wieder auf meine Ausführungen im Ausschuss zurückkommen. Ich habe dort deutlich gemacht, dass ich Ihre Forderung, noch in dieser Legislaturperiode ein Konzept vorgelegt zu bekommen, als unrealistisch ansehe. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen den Zeitpunkt nicht festlegen, sondern formulieren, das Konzept muss zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgelegt werden. Mit dieser Formulierung können wir alle leben. In dieser Legislaturperiode wird das nicht zu leisten sein. Das habe ich im Ausschuss auch klar und deutlich gesagt.
- Das lässt sich aus meiner Sicht nicht terminlich fixieren. Vielleicht ist es bis zum Ende des nächsten Jahres möglich. Es soll nach Möglichkeit unter dem Druck der Landesregierung - und wir wollen uns mit unserem Teilkonzept einbringen - der frühestmögliche Zeitpunkt genutzt werden. Auch Sie können sich entsprechend einbringen. Warum feilschen wir jetzt darum? Die Intention ist doch von allen verstanden worden und wird von allen unterstützt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über Stromausbaumaßnahmen im und am Flusssystem mittlere Elbe bzw. Elbe insgesamt wurde bis zum heutigen Tage wiederholt diskutiert. Über die verschiedenen Standpunkte wurde ausführlich debattiert. Sicherlich wurde auch in diesem oder jenem Falle ein Konsens gefunden. Über die Forderung nach einem Gesamtkonzept für die Entwicklung der Elbe ist man sich sicherlich mehrheitlich einig. Dennoch sollen sich die Fraktionen heute wiederum zur gleichen Problematik äußern - sei es drum.
Wir sind uns in diesem Haus sicherlich darüber einig, dass ein detailliertes Gesamtkonzept für den Ausbau und die Unterhaltung der Elbe schnellstmöglich - das Wort ist heute bereits gefallen - erforderlich ist, wobei
man auf den Beschluss aus dem Jahr 1996 zurückgreifen sollte. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Raumordnung und Umwelt gibt mir darin Recht.
Dabei treibt mich die Sorge; denn zu viele Widersprüche finde ich zwischen tatsächlicher Wirtschaftlichkeit und den zu erwartenden Auswirkungen auf das Ökosystem mittlere Elbe und deren Nebenflüsse. So wurden jahrelang auf der Grundlage eines zu hoch prognostizierten Frachtaufkommens Landesmittel in Projekte wie den Hafenausbau an Elbe und Saale investiert, welche trotz eines rückläufigen Schiffsverkehrs weitere - ich betone das - nicht Sanierungsmaßnahmen, sondern Ausbaumaßnahmen nach sich ziehen werden.
Wenn ich höre und weiß, dass man die Saale für die Investitionen im Hafen und für die Bernburger Industrie auf eine Mindesttauchtiefe von 2 m ausbaggern will, dann ist für die Elbe die geforderte Tiefe von 1,60 m nicht mehr zu halten; denn die Saale fließt bekanntlich in die Elbe. Das Problem dabei ist, dass der Ausbau, wenn er nicht mit der notwendigen Sensibilität durchgeführt wird, aller Wahrscheinlichkeit nach das Ende für die einzigartigen Elbauen zwischen Wittenberg und Steckby mit ihren Bracklandschaften, Auenwäldern, Feuchtgebieten und Überflutungsgebieten bedeutet. Hier stirbt der Lebensraum für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten.
Die Folgen des Ausbaus der Elbe und ihrer Nebenflüsse würden sich für die Auenlandschaft verheerend auswirken. Dabei steht das Biosphärenreservat Mittlere Elbe unter dem Schutz der Unesco und würde in seiner Gesamtsubstanz bedroht sein. Das alles riskiert man für ein paar Bruttoregistertonnen mehr, die möglicherweise auf dem Wasserweg transportiert werden.
Dabei will ich durchaus nicht in Abrede stellen, was der Kollege Herr Dr. Daehre sagte, nämlich dass wir mit dem Güterverkehr von der Straße herunter müssen. Es wäre unsinnig, das abzustreiten. Aber man braucht deshalb nicht die Elbe zu vergewaltigen. Vielmehr muss man flussgerechte Beförderungsmöglichkeiten finden, das heißt weniger tiefgehende Schiffe mit großer Breite und einem hohen Fassungsvermögen.
Glaubt man der neuen Studie aus dem Bundesverkehrsministerium, welche bis zum Jahr 2015 keinen Zuwachs des Schiffsaufkommens auf der Elbe prognostiziert, würde der weitere Ausbau des Stromes und seiner Nebenflüsse überflüssig sein.
Meine Damen und Herren! Eine kritische Bemerkung sei mir an dieser Stelle erlaubt. Trotz eines fehlenden Gesamtkonzeptes und trotz sachlich begründeter Einwände von Umweltverbänden wurden oder werden die Ufer der Elbe in einem gewissen Teilbereich bereits mit Schotter aufgeschüttet. Hoffen wir, dass das Kind nicht schon in den Brunnen gefallen ist.
Ich möchte zum Schluss bemerken, dass wir als Fraktion der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen werden. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Daehre hat es richtig gesagt: Es geht
um den ehemaligen Antrag der PDS-Fraktion. Das Ziel ist zwar noch schwammig enthalten, aber der Adressat ist komplett verschwunden und Dank der kräftigen Unterstützung des Kollegen Sachse sind wir auch auf der zeitlichen Schiene irgendwo am Sankt-Nimmerleins-Tag.
Im Jahr 1996 gab es die Elbeerklärung, seit 1998 haben wir die neue Bundesregierung. Wenn ich es sehr diplomatisch ausdrücke, schlage ich vom heutigen Zeitpunkt noch einmal drei Jahre drauf. Dann werden wir immer noch keine Erklärung haben. Im ungünstigsten Fall müsste ich den Zeitraum um fünf Jahre verlängern. In fünf Jahren aber - das garantiere ich Ihnen hier im Hause - ist der Ausbau der Elbe abgeschlossen. Das bedeutet, dass trotz der Abmachungen mit den Verbänden - ich weiß noch gar nicht, wie die Verbände auf den Bundesverkehrsminister Herrn Wissmann so viel Druck ausüben konnten - dann die Ökonomie gesiegt hat und die Ökologie ist gar nicht gefragt worden.
Sie können doch nicht herausragende Persönlichkeiten ignorieren, die noch dazu Ihrer Partei sehr nahe stehen. Magdeburg haben Sie als einen der Schwerpunkte an der Elbe ganz und gar vergessen. Ich erwähne den Herrn Domprediger Quast, der mit die Andachten in dieser Stadt hält; ich erwähne Friedrich Schorlemmer. Sie alle machen sich für die Erhaltung der Elbe stark und kämpfen für sie.
Herr Minister Keller, Sie selbst waren am 10. September 2001 bei dem so genannten „Statusseminar Elbe“ in Berlin und haben dort auch mithören können, dass die ökonomische Schiene überwiegt.
In diesem Landtag haben wir einmal etwas ganz Besonderes gehabt: Der federführende Umweltausschuss, der die Ökologie vertritt, hat mit 10 : 0 : 0 Stimmen eine Beschlussempfehlung gefasst, der zufolge der Bundesrat heraus war. Die Wirtschaft, der man immer das Ökonomische unterstellt, hat diese Formulierung wieder hineingenommen und eine Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode gefordert. Das waren also die Leute, die die Wirtschaft vertreten.
In diesem Falle haben wir nicht den Konflikt, den wir in der Praxis am Fluss, an der Elbe, bestehen müssen, wenn die Umweltschützer sich dort mit der so genannten Wirtschaft in Form der Wasserstraßen- und Schifffahrtsdirektion auseinander setzen müssen.
Umweltschutz ist Staatsziel. In Artikel 20 a des Grundgesetzes ist das nachzulesen. Auch wir haben in unserer Landesverfassung eindeutig darauf abgestellt, dass die Umwelt zu schützen ist. Daher kann ich es eben nicht verstehen, wenn man nach Planfeststellungen aus den Jahren 1936 und 1938 verfährt und keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführt.