Die Schlussfolgerungen daraus lassen wir heute einmal weg; ich meine nur, dass man erkannt hat, was dringend notwendig ist.
Verehrte Präsidentin! Werte Abgeordnete! Die PDSFraktion hat in der heutigen Landtagssitzung zum Antrag der SPD-Fraktion zur Gemeindefinanzreform einen Änderungsantrag eingebracht, der in einigen Fragen über den Ursprungsantrag hinausgeht, klare Forderungen formuliert und die Forderung an die Landesregierung richtet, sich aktiv in den Reformprozess einzubringen. Ich werde dies nicht anzweifeln, Herr Minister Gerhards.
Im Ergebnis der Besprechung der Regierungschefs der Länder am 20. Dezember 2001 in Berlin ist festgestellt worden, dass alle Regierungschefs eine Gemeindefinanzreform für dringend notwendig erachten. Bund und Länder stimmen darin überein, dass der Bund schnell eine Kommission zum Thema „Reform der Gemeindefinanzen“ unter Beteiligung der Länder und Kommunen einsetzen soll. Diese Forderung mit der Benennung eines Personenkreises finden Sie in unserem Antrag wieder.
Da bereits zur nächsten Besprechung der Regierungschefs am 13. Juni 2002 - deshalb sind wir davon ausgegangen, dass die Teilnehmer bereits feststehen, Herr Gerhards - über den Beratungsstand berichtet werden soll, interessieren wir uns schon dafür, wer außer unserem Finanzminister als weitere Vertreter des Landes und der Kommunen in dieser Kommission mitwirken soll. Da die Gemeindefinanzierung seit Jahren ein umstrittenes Thema bei Bund, Ländern und Kommunen darstellt, begrüßen wir es außerordentlich, dass diese Initiative durch die Bundesregierung ergriffen wird.
In den letzten Wochen und Monaten gab es die unterschiedlichsten Schuldzuweisungen hinsichtlich der Verschuldungssituation des Bundes. Das hilft den Beteiligten nicht weiter. Die letzten Äußerungen des Bundesfinanzministers, dass an der Finanzmisere die Länder und die Kommunen schuld seien, ist völlig unangebracht und füllt mittlerweile die Sendezeit der Talkshows.
Um die Kommunen in die Lage zu versetzen, eine geregelte Eigenverantwortung wahrzunehmen, wie es Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes festschreibt, brauchen jedes Land und jede Kommune ein gewisses Maß an stabilen Einnahmen, um nicht nur als Mangelverwaltung, sondern gestalterisch tätig sein zu können, und das bis in die unterste Ebene.
Wir erleben regelmäßig jährlich im Rahmen der Haushaltsdebatten in der Beratung über das jeweilige Haushaltsbegleitgesetz, dass die Auffassung zum Ausdruck gebracht wird, das Land sei arm, die Kommunen seien reicher, deshalb müsse man genau dort den Rotstift ansetzen. Diese Auffassung ist sicherlich in einigen Fällen berechtigt, aber in weitaus mehr Fällen ist sie unberechtigt. Dies verdeutlichen nicht zuletzt die Zahlen, die im Ergebnis einer Anfrage der CDU-Fraktion zur Zahlung von Liquiditätshilfen und Bedarfszuweisungen an in Not geratene Kommunen durch das Innenministerium aufgelistet wurden.
Umso notwendiger ist es, dass die Gemeindefinanzierung umfassend reformiert, die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen endlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden.
Mit dem Wegfall der Investitionspauschale des Bundes und den IfG-Mitteln als unantastbare Zuweisungen des Landes an die Kommunen haben wir ein Loch aufgerissen, welches auch mit dem derzeitigen 100-Millionen-€-Kreditprogramm, das nur annähernd 50 % der Ausfälle abdeckt, nicht zu stopfen ist.
In der Presse ist zu verfolgen, welche Maßnahmen aus den Kommunalhaushalten herausgestrichen werden. Als Folge daraus gibt es weniger Aufträge an kleine und mittelständische Betriebe, die diese jedoch für ihre Existenzsicherung dringend benötigen. Deshalb stellen wir auch die Forderung zur Neuauflage einer Investitionspauschale durch den Bund.
Die Gemeinschaftssteuern müssen zugunsten aller Gebietskörperschaften neu geregelt werden. Im Antrag der SPD-Fraktion finden wir unter dem dritten Anstrich die Forderung, die Konjunkturabhängigkeit der kommunalen Steuerquellen durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zu verringern. Das ist aus unserer Sicht richtig. Nur, wie dies zu erfolgen hat, ist dem Antrag nicht zu entnehmen. Wir beantragen deshalb, die Gewerbesteuer als Bindeglied zwischen der ortsansässigen Wirtschaft und den Gemeinden zu erhalten, zu revitalisieren und den Kreis der Steuerpflichtigen zum Beispiel durch Einbeziehung der freiberuflich Tätigen in die Gewerbesteuer zu erweitern.
Ich komme gleich zum Ende. - Die kommunalen Steuerquellen sind die Realsteuern in den Gemeinden, die auf der Erhebung der Gewerbesteuer sowie der Grundsteuern A und B basieren. Für die Erhebung der Grundsteuern A und B gibt es in den Kommunen, vor allem in
den kleinen Kommunen, keine Spielräume mehr, es sei denn, dass wir die Hebesätze ins Unermessliche nach oben treiben.
Die Gewerbesteuer ist für kleine Kommunen schon kaum noch eine planbare Größe. Sollten sie das Glück haben, höhere Einnahmen zu erzielen, so reagieren die Landkreise sofort mit Umlagebescheiden und die allgemeinen Zuweisungen gehen zurück. Wenn es aufgrund fehlender Investitionen in den Unternehmen ganz schlecht läuft, müssen die Kommunen in den darauf folgenden Jahren die Steuern wieder erstatten. Der Anteil der Gewerbesteuerumlage, den die ostdeutschen Kommunen erhalten, liegt weit unter 50 %. Der deutlich größere Anteil verbleibt beim Bund.
Diese Verfahren versetzen keine Kommune in die Lage, mittel- und langfristig diese Probleme zu lösen. Da, wie ich eingangs erwähnte, die Zeit drängt, bitte ich im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.
Herr Scharf, ich wünschte mir auch, diese Ergebnisse vollständig nachlesen zu können. Aber Sie werden mir darin Recht geben, dass dies bis zum 20. März dieses Jahres, wie Sie es fordern - nichts anderes haben Sie formuliert -, von der Landesregierung nicht zu leisten ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Gerhards, es war eine Unverschämtheit, wie Sie sich hier vorn gegenüber dem Parlament aufgeführt haben, mit welcher Arroganz Sie aufgetreten sind. Das weise ich auf das Entschiedenste zurück.
Sie schaffen es auch mit Ihrer Arroganz nicht, über die Probleme im Land hinwegzutäuschen, über die Probleme, die Sie selber haben und für die Sie die Verantwortung tragen.
Meine Damen und Herren! Kurz vor den Wahlen beschleicht mich das Gefühl, dass nunmehr die SPD mit ihrem Antrag versucht, von genau ihrer eigenen Verantwortung für eine Misere abzulenken, für die ihre Landesregierung die Hauptverantwortung trägt. Ich denke, es ist ziemlich durchsichtig, mittels einer Gemeindefinanzreform, die sicherlich notwendig ist, die Konjunkturabhängigkeit der kommunalen Einnahmen zu verringern - das ist ein Punkt des Antrages - und unter dem Deckmantel der kommunalen Selbstverwaltung die Ge
meinden zu veranlassen, für ihre Einnahmen schließlich in Zukunft selbst zu sorgen, ihre Einnahmen möglicherweise auch mittels weiterer Steuern aufzubessern.
Meine Damen und Herren! Damit wurde der schwarze Peter weitergegeben und man kann ruhig so weitermachen wie bisher. Ich sage es noch einmal, das ist ein sehr durchsichtiges Vorhaben.
Aber die Lage der Kommunen ist unbestritten katastrophal. Jedoch sind daran - das muss noch einmal gesagt werden - in erster Linie diese Bundes- und die Landesregierung durch ihre steuer- und wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen verantwortlich. Durch sinkende Gewerbesteuern ging eine Haupteinnahmequelle der Kommunen in einigen Städten und Landkreisen um bis zu 50 % zurück. Herr Kollege Scharf hat es bereits erwähnt. Er hat die Zahlen genannt. Ich kann es in Prozentsätzen ausdrücken: In Dessau sind es minus 51,3 %, in Halle sind es minus 40,7 %. Herr Scharf hat die Beträge genannt, ich brauche es nicht zu wiederholen.
Die dramatische Lage der Kommunalfinanzen verschlechtert sich weiter durch die von der Bundesregierung - auch hierbei ist die Verantwortung eindeutig zuzuordnen - initiierte und von den meisten Ländern befürwortete so genannte Steuerreform und die damit legalisierten Steuersparmodelle insbesondere für die großen Unternehmen - und das von einer sozialdemokratischen Regierung - sowie durch die schrittweise Steigerung der Gewerbesteueranteile des Bundes und der Länder von bisher 20 % auf 30 % bis zum Jahr 2004. Dazu kommen die drastischen Kürzungen der kommunalen Zuweisungen in Sachsen-Anhalt.
In der Folge können die Kommunen ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen, können ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden. Sie können weniger Aufträge vergeben. Dadurch wird weniger verdient. Der Wirtschaftskreislauf verschlechtert sich drastisch. Die berühmte Katze beißt sich hier in den Schwanz.
Die so genannte Steuerreform der rot-grünen Regierung hat im Gegensatz zu den Erfolgsmeldungen bisher keinen messbaren Konjunkturschub ausgelöst. Die erwarteten Entlastungen bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer werden durch die Ökosteuer, steigende Sozialversicherungsabgaben und anderes mehr als verschlungen.
Die Abgabenlast der Bürger und Unternehmen hat seit Amtsantritt der rot-grünen Bundesregierung kontinuierlich zugenommen. Erstmalig fließen über 50 %, genau 56,6 %, aller Einnahmen an den Staat. Das sind die höchsten Abgaben aller Industriestaaten überhaupt. Beispiele gefällig? Zum Beispiel die USA liegen bei 33 % und Japan bei 21 %. Sie können selber einordnen, wo die Bundesrepublik steht.
Meine Damen und Herren! Wir haben schon im August 2000 gesagt, dass diese Steuerreform nicht hält, was sie verspricht. Gerade die CDU - auch das muss hier gesagt werden -, die jetzt die Auswirkungen der rotgrünen Steuerreform auf Bürger und Kommunen untersucht haben will und natürlich auch beklagt - ich habe das heute gehört -, ist in den Ländern, in denen große Koalitionen regieren, leider auch umgefallen.
Ich darf an dieser Stelle vielleicht noch einmal in Erinnerung rufen: Die Zustimmung Brandenburgs wurde durch Zuschüsse von mehreren 100 Millionen DM für den Straßenbau seitens der Bundesregierung erkauft. Berlin: Der Bund hat versprochen, die Kosten für die
innere Sicherheit bei Staatsbesuchen zu übernehmen, und zwar in Höhe von 100 Millionen DM jährlich, plus 20 Millionen DM für die Sanierung des Olympia-Stadions plus 25 Millionen DM jährlich für die Museumsinsel. Ich könnte das noch weiter fortführen; die Zeit reicht nicht.
Was hat Sachsen-Anhalt gemacht? Das kann ich noch sagen: Durch die Steuerreform hat Sachsen-Anhalt 600 Millionen DM weniger in der Kasse. Finanzminister Gerhards sprach dennoch von einem „entscheidenden Signal“ - das ist ein Zitat von ihm - „für die weitere Verstärkung des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland. Davon werden alle profitieren.“ Das hat er gesagt. Als einsame Spitze, meine Damen und Herren, gleichsam Ministerpräsident Höppner: „Das war ein Sieg der Vernunft. Damit ist der Reformstau an einer weiteren Stelle überwunden.“
Ich denke, diese Aussagen untermauern geradezu die Inkompetenz von Herrn Dr. Höppner und seiner Ministerriege.
Allerdings - auch das will ich noch sagen - halten wir eine wirkliche Steuerreform für dringend notwendig, unbedingt einhergehend mit Entlastungen - aber mit wirklichen Entlastungen für Bürger und Unternehmen - und natürlich mit einer Vereinfachung des Steuerrechts insgesamt. Denn das stärkt die Wirtschaft, meine Damen und Herren, und das bringt dann den Kommunen wieder Einnahmen. Nur auf diesem Wege kann es gehen; das ist allerdings unter dieser Bundesregierung - auch unter dieser Landesregierung - eine Illusion.
Es wäre deshalb für uns - das zum Antrag der CDUFraktion - sehr aufschlussreich, detailliert über die Auswirkungen der rot-grünen Steuerreform auf die Kommunalfinanzen informiert zu werden und zu wissen, wie die Kommunen damit umgehen. Ich glaube allerdings bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen in diesem Landtag und bei der bisher praktizierten Abschmetterungspraxis nicht, dass eine Mehrheit für diesen Antrag zustande kommen wird. Ich denke, der 20. März ist schon ein angemessenes Datum angesichts dessen, dass die Legislaturperiode zu Ende geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Wiechmann, Sie haben mir eben richtig aus der Seele gesprochen bezüglich des 20. März. Ich denke aber, dass ich etwas anderes meine als Sie.