Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Finanzen empfiehlt Ihnen im Einvernehmen mit dem mitberatenden Ausschuss für Inneres, den Antrag der Fraktion der PDS mit der Überschrift „Auflage eines befristeten kommunalen Soforthilfeprogramms des Bundes“ in der Drs. 4/611 abzulehnen.
Der Antrag in der Drs. 4/611 wurde vom Landtag in seiner 16. Sitzung am 14. März 2003 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres überwiesen. Mit dem Antrag verfolgte die PDS-Fraktion die Zielstellung, dass die Landesregierung gegenüber dem Bund die Forderung nach dem Auflegen eines befristeten Programms zu Soforthilfen stellt, damit den Kommunen aus dem Bundeshaushalt finanzierte Investitionsmittel zur Verfügung gestellt werden.
Der Antrag wurde in der 25. Sitzung des Finanzausschusses am 16. April 2003 behandelt. Hier wurde von den Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Fraktionen die schwierige Situation der Kommunen aufgrund ihrer finanziellen Probleme beleuchtet und anerkannt.
Aus verschiedenen Gründen wurde ein solches Programm aber durch die Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP abgelehnt. So erklärten Vertreter der Fraktion der SPD, dass dafür kein Geld vorhanden wäre und die Kommunen zunächst eigene Einsparungspotentiale erschließen müssten.
Die Vertreter der CDU-Fraktion meinten, dass anstelle eines solchen kurzfristigen Programms die grundsätzliche Lösung der finanziellen Probleme der Kommunen verfolgt werden müsse. Dazu wird auf Bundesebene eine strukturelle Veränderung der Gemeindefinanzierung angestrebt, die im Jahr 2004 wirksam werden soll.
Durch die Vertreter der FDP-Fraktion wurde der Antrag als nicht zielführend und populistisch bezeichnet und daher zurückgewiesen.
Die Vertreterinnen und Vertreter der PDS-Fraktion erklärten hingegen, dass ein solches Programm auch von den kommunalen Spitzenverbänden eingefordert werde, um die schwierige Zeit bis zum Wirksamwerden der Ergebnisse der Gemeindefinanzreform zu überbrücken und den Kommunen überhaupt noch Investitionen zu ermöglichen.
In der Abstimmung über eine vorläufige Beschlussempfehlung wurde dem mitberatenden Ausschuss für Inneres mit neun Ja- und drei Neinstimmen empfohlen, den Antrag abzulehnen. Der mitberatende Ausschuss folgte dieser Empfehlung in seiner Sitzung am 23. Mai 2003 mit zehn Ja- und drei Neinstimmen. In seiner abschließenden Sitzung zu diesem Antrag am 19. Juni 2003 wurde die Beschlussempfehlung nicht geändert. Der Finanzausschuss folgte dem erneut mit zehn Jastimmen und drei Neinstimmen.
Die endgültige Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen liegt Ihnen heute vor. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Danke.
Vielen Dank, Frau Dr. Weiher. - Nun folgen die Beiträge der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Bönisch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe keine Rede zu Protokoll zu geben, weil ich keine Rede auf Papier vorliegen habe. Ich werde mich aber sehr gern sehr kurzfassen.
Im Ausschuss wurde lange darüber beraten. Herr Gallert, ich hatte ja die Hoffnung, Sie würden den Antrag zurückziehen, weil einige offensichtlich wesentliche Motive für das Einbringen dieses Antrages wahrscheinlich ausgeräumt werden konnten, da festgestellt wurde, dass das ein Irrtum gewesen ist. Sie haben es nicht gemacht.
Ganz kurz möchte ich dazu zusammenfassend sagen - ein Bild kann helfen -: In dem finanzpolitischen Chaos, das es momentan auf der Bundesebene gibt, würden wir mit diesem Antrag noch eine Verstärkung bewirken und ein weiteres Steinchen und eine weitere Verwirrungsmöglichkeit einbringen. Wir meinen, dieser Antrag würde bedeuten, den Kommunen, denen das Wasser bis zur Oberkante Unterlippe steht, einen Schnorchel anstatt eines Rettungsrings zuzuwerfen.
In Wirklichkeit sollten sich die Gremien, gerade die Akteure in Berlin, bemühen, Sorge dafür zu tragen, dass die Kommunen wieder festen Boden unter die Füße bekommen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen und den Antrag der PDS damit ablehnen.
Schon am 14. März dieses Jahres ist von meinem Kollegen Herrn Dr. Polte vieles zur Bewertung des Antrages gesagt worden. Freilich wäre ein kommunales Soforthilfeprogramm mit den im Antrag beschriebenen Konditionen wünschenswert, allein es stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit.
Das Machbare wurde an jenem 14. März vom Bundeskanzler in Form des KfW-Programms zur Finanzierung von kommunalen Infrastrukturvorhaben vorgestellt. Fakt ist aber auch, dass die Städte und Gemeinden eine größere Einnahmenstetigkeit und -planbarkeit für ihre Leistungs- und Investitionstätigkeit benötigen.
Dies kann eine Gemeindefinanzreform leisten. Mehr als 30 Jahre nach der letzten umfassenden Neuordnung der Kommunalfinanzen muss angesichts der dramatischen Zuspitzung der kommunalen Finanzlage endlich eine Lösung her.
Sie wissen, meine Damen und Herren, gestern tagte die dazu von der Bundesregierung beauftragte Kommission zum letzten Mal. Bekanntlich gab es keinen einvernehmlichen Beschluss. Regelungen zur Reform der Gewerbesteuer, zur Entlastung der Kommunen von der Mitfinan
zierung der Kosten der Arbeitslosigkeit und in Bezug auf die Überprüfung der Aufgaben- und Ausgabenverteilung werden vorgeschlagen. Das Ergebnis insgesamt wird vom Deutschen Städtetag als ein positives Signal bewertet.
Heute hat sich - Duplizität der Ereignisse - auch der Bundestag erneut mit diesem Thema befasst. Die Koalition hat für August die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfes angekündigt, in dem die Einzelheiten geklärt werden müssen.
Beunruhigend sind allerdings die ersten Meldungen über die heutige Diskussion in Berlin. Es besteht die Gefahr, dass dort zerredet und blockiert wird. Lassen Sie uns das gemeinsam verhindern; lassen Sie uns gemeinsam für die Interessen insbesondere der ostdeutschen Kommunen streiten. Das Ziel, das uns über Parteigrenzen hinweg einen sollte, muss eine nachhaltige Verbesserung der kommunalen Finanzsituation im Zuge einer Reform sein, die möglichst zum 1. Januar 2004 in Kraft tritt. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion der FDP wird den Antrag der Fraktion der PDS entsprechend der Empfehlung des federführenden Ausschusses für Finanzen ablehnen. Dies sei bereits zu Beginn meiner Ausführungen gesagt.
Bereits in der ersten Beratung brachten wir zum Ausdruck, dass es sich um eine unseriöse Forderung handelt, der wir nicht zustimmen können. Uns allen ist die schlechte wirtschaftliche Gesamtsituation und die finanzielle Schieflage im Bund, in den Ländern und auch in den Kommunen bekannt. Von der schlechten finanziellen Situation sind alle Kommunen in Deutschland flächendeckend betroffen. Ein Programm, wie von der PDS vorgeschlagen, können wir uns aus wirtschaftspolitischer und auch aus finanzpolitischer Sicht grundsätzlich nicht mehr leisten. Eine nachhaltige Lösung, das heißt eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzen, sehen wir als einzig zielführende Lösung an.
Die Neuregelung des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist dringend erforderlich. Insbesondere die Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer ist nicht nur aus der Sicht der FDP, sondern aus der Sicht der Koalitionsfraktionen eine Möglichkeit, um die Finanzkraft der Kommunen zu stärken.
Ja, am Schluss bitte. Ich bin mit meinem Vortrag gleich fertig. - Wie Herr Felke schon gesagt hat, hat die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission gestern abschließend getagt. Wir haben bisher immer angemahnt, dass diese Kommission ihre Arbeit zügig und vor allen Dingen ergebnisorientiert vorantreibt. Aber scheinbar ist diese Arbeit relativ ergebnislos verrichtet worden.
Es bedarf also - das möchte ich abschließend sagen - einer grundsätzlichen Reform und nicht eines kurzfristigen Programms, um die kommunalen Finanzen in ganz Deutschland zukünftig zu regeln. - Vielen Dank.
Herr Qual, Sie haben auch jetzt wieder die Forderung der PDS, ein solches Soforthilfeprogramm aufzulegen, als unseriös bezeichnet. Gestern nach dem mehr oder weniger als Scheitern zu bezeichnenden Ende der Kommission zur Revision der Gemeindefinanzen ist bekannt geworden, dass CDU und CSU ebenfalls ein Soforthilfeprogramm fordern, dem sich heute unsere geschätzte Kollegin Frau Dr. Hüskens, die den Raum leider gerade verlassen hat, in ihrer Pressemitteilung angeschlossen hat.
Ich frage: Warum sind die Forderungen, die von der CDU/CSU bzw. von Ihnen kommen, an der Stelle nicht unseriös, sondern möglich und werden offensichtlich intensiv verfolgt, während die Forderungen, die von unserer Seite kommen und ebenfalls auf die Auflage eines Soforthilfeprogramms hinauslaufen, als unseriös und populistisch abgestempelt werden? Ich würde gern den Unterschied zwischen beidem von Ihnen erklärt bekommen.
Wir haben bereits im Finanzausschuss darüber gestritten und zum Ausdruck gebracht, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt in dieser schwierigen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Lage wirklich nicht zielführend ist, derartige Forderungen zu erheben. Wir müssen ein komplettes Paket haben. Der Bund muss eine entsprechende Reform der kommunalen Finanzen komplett auf den Tisch legen.
(Frau Dr. Weiher, PDS: Ihre Kollegin Hüskens hat heute eine Pressemitteilung herausgeben, in der sie dieses Sofortprogramm unterstützt! Ich kann mir das nicht erklären!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant - - Frau Hüskens kommt in den Saal. Herr Qual, vielleicht bekommen Sie von Ihrer Geschäftsführerin die entsprechende Presseerklärung.
Es ist nicht zu erwarten, dass in Kürze eine Gemeindefinanzreform zustande kommt, zumal die Befindlichkeiten bei Ihnen in der Regierungskoalition querbeet gehen. Während Frau Roth aus Frankfurt (Main) sagt, eine Ge
werbesteuerrevitalisierung wäre das Ding, sagen andere Teile der CDU: Nein, so nicht. Während sich der bayerische Finanzminister Faltlhauser eindeutig für ein Soforthilfeprogramm einsetzt und sich auch die CDU/CSU dem anschließt, wird die Chance, die wir mit dem Antrag eröffnen, nicht genutzt. Übrigens ist dies nicht eine Forderung der PDS. Die Forderung, ein solches kommunales Soforthilfeprogramm in die Wege zu leiten, ist von den kommunalen Spitzenverbänden erhoben worden, weil es in diesem Jahr eine derartige Situation gibt.
Ich sage: Wenn man im großen Stil von oben nach unten umverteilt, das heißt, Steuergeschenke an Kapitalgesellschaften macht, dann wäre es angemessen, die Daseinsvorsorge auf eine entsprechende Stufe zu stellen.
Man darf gespannt sein, wie und vor allen Dingen mit welchen Inhalten Sie als Koalition und das Land Sachsen-Anhalt im Bundesrat zu einer Gemeindefinanzreform beitragen wollen.
Wenn die Prognose der Deutschen Bank zutrifft - ich meine die vom 30. Juni 2003 -, dann müssen die Kommunen Deutschlands im Zeitraum von 2000 bis 2005 nicht, wie Herr Eichel prognostiziert hat, von einer Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen um rund 28,5 Milliarden €, sondern von einem Defizit in Höhe von 20 Milliarden € ausgehen. Dies schränkt de facto die kommunale Selbstverwaltung aller Kommunen ein. Das betrifft nicht nur die ostdeutschen Kommunen - diesbezüglich unterscheiden wir uns von der Meinung, die Herr Felke dargestellt hat -; vielmehr sind alle Kommunen von Steuerausfällen bis zum Jahr 2005 in Höhe von rund 50 Milliarden € betroffen. Um diese zu kompensieren, kann man sich vieles einfallen lassen. Ich denke, dann ist der Schnorchel eher eine Pfeife und würde dazu führen, dass letztlich tatsächlich jede Kommune aus dem letzten Loch pfeift, geschweige denn überleben kann.
Die Steuergeschenke infolge des Vorziehens der dritten Stufe der Steuerreform - betrachten wir einmal nur die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe - bringen zwar de facto eine Verbesserung der Finanzsituation um 10 Milliarden € mit sich, gleichzeitig werden jedoch weitere Aufgaben auf die Kommunen übertragen, die die Einnahmesituation letztlich wieder verschlechtern.