Protokoll der Sitzung vom 18.09.2003

Genau dies spiegelt die soziale Staffelung wider, meine Damen und Herren, die ich als einen der Grundsätze der Reform bezeichnet habe. Abweichungen von diesen Prozentsätzen ergeben sich unter anderem durch die Pauschalierung innerhalb der jeweiligen Beamtengruppen, da eine durchschnittliche Bezugsgröße für die je

weiligen Gruppen gewählt werden musste. Auch diese Abweichungen innerhalb der Gruppen sind so gestaltet, dass sie als Anteil der monatlichen Besoldung stets zugunsten der niedrigeren Einkommen ausgehen. Auch hierin ist eine weitere soziale Komponente festzustellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung plant die vorgelegte Veränderung der Sonderzuwendung bereits ab diesem Jahr 2003, die Streichung des Urlaubsgeldes ab dem Jahr 2004. Unsere finanzielle Lage im Land lässt uns keine andere Wahl, als frühzeitig zu handeln und die finanzielle Entlastung, die mit dieser Reform verbunden ist, bereits in diesem Jahr zu realisieren. Ich weise darauf hin, dass diese finanzielle Entlastung beträchtlich ist. Es geht hierbei um 13,4 Milliarden € in diesem Jahr - -

(Herr Dr. Püchel, SPD: Millionen!)

- Oh, entschuldigen Sie. Schön wär's!

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das wäre der Stein der Weisen!)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Püchel, für die Korrektur. - 13,4 Millionen € in diesem Jahr und 19,0 Millionen € im nächsten Jahr. Ich weise auch darauf hin, dass eine ganze Reihe von Ländern inzwischen beschlossen hat, bereits in diesem Jahr die entsprechenden Absenkungen umzusetzen.

Ich muss an dieser Stelle die Beamtinnen und Beamten unseres Landes um Verständnis bitten. Ich habe das auch schon in einer Reihe persönlicher Gespräche mit Vertretern der Beamtenschaft getan, zuletzt heute Morgen vor dem Landtag.

Wir stehen in unserem Land am Scheideweg. Wir müssen in diesen Jahren dringend unseren Landeshaushalt sanieren. Davon wird die Zukunftsfähigkeit unseres Landes abhängen. Unabdingbarer Kern dieser Sanierung ist die Kontrolle der Personalkosten. Wir als Landesregierung arbeiten intensiv und konsequent an der Senkung der Personalkosten. Dies geschieht vor allem durch Stellen- und Personalabbau.

Aber der Stellen- und Personalabbau muss flankiert werden durch Entlastungen bei den Gehältern, und zwar sowohl bei der Besoldung der Beamten als auch bei der Vergütung der Angestellten. Die neue Struktur der Sonderzuwendung und die Abschaffung des Urlaubsgeldes im Jahr 2004 sind unabdingbare Elemente dieser Entlastung auf der Seite der Beamten, Arbeitszeitverkürzung und in der Zukunft moderate Tarifabschlüsse sind es bei den Angestellten.

Zu bedenken ist dabei auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass selbst nach Maßgabe der Kürzung der Sonderzuwendung für den Großteil der Beamten durch die lineare Tarifanpassung ein Zuwachs im Jahresgehalt verbleibt. Dies gilt insbesondere für die Beamten der niedrigen und mittleren Besoldungsstufen. Es geht also bei den allermeisten nicht um einen Einkommensverzicht, was das Jahresgehalt betrifft, sondern um einen teilweisen Verzicht auf eine Erhöhung.

Meine Damen und Herren! Die Beamten und auch die Angestellten unseres Landes möchte ich herzlich bitten, sich ihrer besonderen Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes bewusst zu sein. Genau wie in einem privaten Unternehmen, das in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, so tragen auch in einer öffentlichen Verwaltung die Beschäftigten eine große Verantwortung für die Zukunft des Unternehmens.

Im Unterschied zu Angestellten in der privaten Wirtschaft gibt es für Beamte kein Risiko des Arbeitsplatzverlustes. Was dies in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie wir sie nun ein einmal in Deutschland und allemal in Sachsen-Anhalt haben, bedeutet, das brauche ich hier nicht im Einzelnen auszuführen. Gerade dies verstärkt noch die Verantwortung der Beamten für den Staat und für die Sanierung der Finanzen.

In einer Zeit, in der viele Menschen ihre Arbeitsplätze gefährdet sehen, müssen alle ihren Beitrag zur Sanierung des Landes und für eine bessere Zukunft leisten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Für die PDS-Fraktion erteile ich - -

(Herr Gallert, PDS: Meine Frage!)

- Pardon. Herr Gallert, bitte.

Herr Minister, ich wollte es noch einmal klargestellt bekommen von Ihnen. Sie sagen, dies soll der Beitrag der Beamten sein. So weit ist es klar. Bei den Angestellten, haben Sie gesagt, geht es um Arbeitszeitverkürzung mit entsprechenden Lohnkürzungen - das war der Presse zu entnehmen - und um moderate Tarifabschlüsse. Ich frage jetzt noch einmal ganz genau: Es ist also von der Landesregierung nicht geplant, das, was jetzt bei den Beamten beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld passieren soll, auf die Angestellten zu übertragen in diesen Tarifverhandlungen?

Diese Frage ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortbar. Ich habe ganz klar die Leitlinie geschildert. Die Leitlinie heißt, dass wir in der Summe im Gleichschritt gehen müssen, auf etwas längere Frist gesehen. Es kann nicht sein, dass es für eine der beiden Gruppen ein Sonderopfer gibt im Vergleich zur anderen.

Insofern kommt es natürlich entscheidend darauf an - dabei ist das Jahreseinkommen von besonderer Bedeutung; das muss man dann im Einzelnen vergleichen -, wozu die jetzigen Tarifverhandlungen führen, was die Arbeitszeitverkürzung betrifft, und was die Zukunft im tariflichen Bereich bringt. Deswegen kann ich das an dieser Stelle nicht eindeutig beantworten.

Ich kann aber die Leitlinie noch einmal nachdrücklich wiederholen: Ziel ist es, dass es keine Auseinanderentwicklung gibt zwischen Beamten und Angestellten. Wie die Regelung konkret im Paket aussieht, das werden dann die Verhandlungen im Einzelnen zeigen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Gibt es eine weitere Anfrage? - Das ist nicht der Fall. Ich erteile für die PDS-Fraktion der Abgeordneten Frau Dr. Paschke das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Paschke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schaut man in den letzten Monaten in die Presse und verfolgt die öf

fentliche Diskussion, ist unübersehbar, dass die Debatte um den öffentlichen Dienst, insbesondere um das Beamtenrecht und das Besoldungsrecht, deutlich an Schärfe zugenommen hat. Leider reduziert sich die Debatte in Gesellschaft und Politik auf eine Debatte über Urlaubs- und Weihnachtsgeld und über Personalabbau.

Unter der extremen Haushaltssituation der öffentlichen Hand kommt die Visionslosigkeit zur Zukunft des öffentlichen Dienstes brachial zum Vorschein. Nicht selten wird dadurch in der Öffentlichkeit ein Bild erzeugt: viel zu viel, zu teuer und zu privilegiert. Viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst sehen sich zu Recht dadurch diskriminiert und nehmen demotiviert zur Kenntnis, dass ihre Leistungen keine Anerkennung finden. Das vorliegende Gesetz reiht sich - so ehrlich müssen wir sein - nahtlos in dieses Bündel von Demotivationsmaßnahmen ein.

Aus diesen und anderen berechtigt vorgetragenen Gründen hätte es die jeweilige Opposition in einem der Bundesländer leicht, den Gesetzentwurf rundheraus abzulehnen. Dazu entschloss sich die Mehrheit der PDSFraktion jedoch nicht. Wir werden am Ende der Beratung zu dem Gesetz unser Abstimmungsverhalten davon abhängig machen, wie es gelang, einige wichtige Positionen und Fragestellungen einzuarbeiten bzw. zu klären. Dazu zählen wir vor allem:

Erstens. Die PDS-Fraktion will die Diskussion ausdrücklich nicht allein über die im Beamtenrechtlichen Sonderzahlungsgesetz aufgeführten Paragraphen zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld führen. Deshalb ist sie für eine Befristung des Gesetzes bis zum Jahr 2005 und will, dass konsequent über einen Entschließungsantrag mit für sie relevanten Inhalten des Dienstrechtes diskutiert wird.

Ich will aufgrund der Kürze der Zeit nur einige nennen: die Möglichkeiten zur Überwindung der Zweiteilung von Beamtenrecht und dem Recht für Arbeiter und Angestellte, die Einführung einer Leistungsvergütung als einem spürbaren Anteil am Einkommen. Es sollte darüber diskutiert werden, wie eine drastische Reduzierung des Zulagensystems ermöglicht werden kann. Spätestens nach Ablauf der Befristung ist die monatsbezogene Zuwendung der Sondervergütung zu gewährleisten. Das Wort Reduzierung sollte nicht generell mit Streichung verwechselt werden.

Einige direkte Veränderungen im Gesetz sehen wir noch als diskussionswürdig an und haben diesbezüglich auch einige Forderungen.

Erstens. In § 4 geht uns die soziale Staffelung ausdrücklich nicht weit genug. Wir sehen es als absolut erforderlich an, innerhalb der Beamtenschaft die Pauschalzahlungen zugunsten der unteren Besoldungsgruppen nochmals deutlich zu verschieben. Dabei legen wir als Messlatte eine Nullkürzungsrunde für die geringen Einkommen an. Zu unseren Beweggründen gehört dabei auch, noch konsequenter von dem verschobenen Bild in der öffentlichen Wahrnehmung wegzukommen, alle Empfängerinnen und Empfänger von Besoldung würden es durchweg ohne weiteres finanziell verkraften, auf diese Sonderzahlungen zu verzichten. Ausdrücklich nenne ich dabei auch die Anwärterinnen und die Referendare.

Zweitens. Die PDS betrachtet es als zwingend erforderlich, Kinder auch im Sonderbesoldungsgefüge weiterhin zu beachten. Es wäre fatal, wenn der Gesetzgeber hierbei einen weiteren Schritt zur Benachteiligung jener

gehen würde, die sich der großen Verantwortung stellen, Kinder zu erziehen.

(Zustimmung bei der PDS)

Drittens. Ernsthaft ist unter dem Gesichtspunkt der Beschäftigungssicherung auch zu prüfen, ob und inwieweit eine Arbeitszeitreduzierung mit den Absenkungen der Sondervergütungen verbunden bzw. gegengerechnet werden kann.

Wir sollten uns darüber hinaus im Gesetzgebungsverfahren noch einmal sehr intensiv mit den vom DGB unterbreiteten Vorschlägen beschäftigen. Zu all diesen Vorschlägen gibt es in unterschiedlichen Ländern Vorbilder und Beispiele. Sie müssen im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses natürlich detailliert finanziell untersetzt werden. Dass dies kompliziert ist, zeigen allein die Berechnungen der Landesregierung. Zwischen den in den Pressemitteilungen, in der Gesetzesbegründung und im Haushaltsplanentwurf genannten Einsparungssummen offenbaren sich schon Abweichungen, die Spielräume für Nachbesserungen in Aussicht stellen, aber auch geringere Einsparpotenziale, als angegeben sind, nicht ausschließen.

Die PDS-Fraktion stimmt mehrheitlich einer Überweisung des Gesetzentwurfes zu. - Danke.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Tullner das Wort. Bitte sehr, Herr Tullner.

Vielen Dank, Herr Präsident. Im Interesse der Kunst werde ich mich auch bemühen, mich etwas kürzer zu fassen.

Meine Damen und Herren! Die Finanzkrise in Deutschland, von der wir hier schon des Öfteren sprechen mussten, führt uns jetzt dahin, dass wir, wie man sprichwörtlich sagt, ans Eingemachte gehen müssen. Im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Haushaltes - der Minister hat es angeführt - sind die Personalkosten eine der zentralen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Wir in Sachsen-Anhalt müssen uns eben klar darüber werden, welche Prioritäten künftig gesetzt werden.

Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie in diesem Zusammenhang die Äußerung des Ministerpräsidenten als Hilferuf bezeichnen, kann ich nur sagen: Sie haben gar nicht verstanden, was der Ministerpräsident gesagt hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, Sie machen es sich in dieser Beziehung zu einfach.

Wir konnten der Presse entnehmen, dass gerade die SPD-Fraktion auf ihrer Klausurtagung die Szenarien verfolgt hat, von denen wir uns bei unseren Handlungen leiten lassen.

Wir als CDU haben gemeinsam mit der FDP erklärt, dass wir erstens den finanzpolitischen Realitäten ins Auge schauen und zweitens daraus die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen müssen. Das bedeutet eben,

Standards abzusenken, die über denen anderer Bundesländer liegen, und einen konsequenten Sparkurs zu fahren. Die Öffnungsklausel im Bundesbesoldungsrecht gibt nunmehr die Möglichkeit, zu Absenkungen im Besoldungsrecht des öffentlichen Dienstes zu kommen. Wir machen davon Gebrauch.

Wir haben dabei - das ist auch schon angesprochen worden - natürlich hinsichtlich der Gerechtigkeit mit dem Angestelltenbereich abzuwägen. Aber ich denke - der Herr Minister hat das schon ausgeführt -, dass Landesregierung und CDU-Fraktion, was die Verhandlungen zwischen der Landesregierung und der Gewerkschaft angeht, auf einem gemeinsamen Weg sind und deswegen den Ergebnissen optimistisch entgegenschauen können. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass auch hinsichtlich der Reformen im Bereich der Landesverwaltung die Beschäftigten unsere Entscheidung nicht demotiviert oder resigniert zur Kenntnis nehmen. Ich denke, der Appell des Ministers war in diesem Zusammenhang ganz wichtig. Dem schließe ich mich ausdrücklich an.

Meine Damen und Herren! Die öffentliche Debatte, was die Akzeptanz des Sparens an sich angeht, zeigt, denke ich, ganz deutlich, dass die Menschen den Weg, den wir hier gehen, mittragen, weil sie erkannt haben, dass er notwendig ist. Gleichzeitig müssen wir allerdings betonen, dass der öffentliche Dienst nach wie vor eine attraktive Betätigung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Ich denke, wir müssen nur einmal in der Privatwirtschaft fragen, was Weihnachtsgeld ist. Die Erfahrungen, die dort gemacht werden, sind ungleich schlechter als die im öffentlichen Dienst. Das sollten wir uns auch immer wieder vergegenwärtigen.

(Zuruf von der PDS)

Dennoch halten wir an der Verantwortung für den öffentlichen Dienst fest. Wir werden - das kann ich für die CDU-Fraktion sagen - im Rahmen der Beratungen prüfen, inwieweit hinsichtlich dieser Absenkungen eine Revisionsklausel einbezogen werden kann. Auch über den Familienzuschlag, Frau Dr. Paschke, werden wir im Ausschuss noch einmal nachdenken.