Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kosmehl. - Für die SPD-Fraktion setzt der Abgeordnete Rothe die Debatte fort. Bitte sehr, Herr Rothe.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt die von der Landesregierung geplante Errichtung einer Stiftung „Gedenkstätten Sachsen-Anhalt“. Herr Minister Becker hat hier am 12. November 2004 angekündigt, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2005 eine entsprechende Vorlage im Kabinett behandelt werden soll; die Landesregierung liegt also noch im Zeitplan.
Höchst unbefriedigend ist der Umstand, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Gedenkstätte Schloss Lichtenburg geschlossen ist. Herr Becker hatte im Herbst gesagt, für die Übergangszeit bis zur Übernahme der Trägerschaft durch das Land werde sich die Landesregierung beim Landkreis Wittenberg für eine schnellstmögliche Wiedereröffnung und für eine Weiterführung der bestehenden Gedenkstätte einsetzen. Herr Minister Robra, ich bitte darum, dass zu diesem Punkt am nächsten Mittwoch im Ausschuss für Inneres auch Auskünfte gegeben werden.
Was den Bund betrifft, denke ich, sollten wir auch im Ausschuss über die Einzelheiten sprechen. Natürlich muss im Vordergrund stehen, dass man auf einen gemeinsamen Nenner kommt, der es ermöglicht, zeitgerecht und mit einer neuen Konzeption die Gedenkstätte fortzuführen.
Herr Kollege Kosmehl, Sie haben die Sinnhaftigkeit der heutigen Debatte infrage gestellt. Ich finde, dass das Geschlossensein der Gedenkstätte Schloss Lichtenburg schon für sich allein Anlass genug wäre. Übrigens wären wir ohne die Beharrlichkeit, die der Kollege Gärtner bei diesem Thema in den vergangenen Jahren an den Tag gelegt hat, vermutlich heute noch nicht so weit, wie wir erfreulicherweise schon sind,
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu der zweiten Gedenkstätte in kommunaler Trägerschaft, der Feldscheune Isenschnibbe, noch etwas sagen. Dort kümmert sich die Stadt, Herr Robra hat das zutreffend beschrieben. Ich habe aufgrund des Antrages der PDS den Bürgermeister der Stadt Gardelegen Herrn Fuchs angesprochen. Er hat mir gesagt, dass er sich in Anbetracht der überregionalen Bedeutung sehr gut vorstellen könne, dass die Gedenkstätte in die Stiftung aufgenommen werde. Ich finde es gut, dass Herr Staatsminister Robra zu diesem Punkt Gesprächsbereitschaft der Landesregierung signalisiert hat.
Als am 13. April 2005, dem 60. Jahrestag des Massakers in der Feldscheune Isenschnibbe, Herr Professor Böhmer die Gedenkrede gehalten hat, waren zahlreiche ausländische Gäste zugegen. Die mehr als 1 000 in Isenschnibbe ermordeten KZ-Häftlinge gehörten 18 Nationen an. Isenschnibbe ist also eine Gedenkstätte von überregionaler Bedeutung. Das spricht dafür, Isenschnibbe in die Stiftung aufzunehmen. Auf der anderen Seite - auch das ist schon gesagt worden - wird die Gedenkstätte vor Ort gut betreut. Wo das der Fall ist, darf das Land die Verantwortung nicht einfach an sich ziehen. Es sollte vor einer eigenen Willensbildung die Kommune anhören.
Von daher schließe ich mich dem Vorschlag des Kollegen Kosmehl an, den Antrag der PDS-Fraktion in den Innenausschuss zu überweisen, denn er enthält in
Punkt 2 bereits eine Festlegung zur Übernahme von Isenschnibbe in Landesträgerschaft und in die Stiftung. Bevor wir das beschließen, sollten wir im Innenausschuss eine Anhörung durchführen, und zwar mit einer Terminierung, die es erlaubt, zuvor im Stadtrat von Gardelegen eine Beratung und Beschlussfassung durchzuführen.
Lassen Sie mich abschließend Herrn Professor Spotka zitieren, der am 15. September 2003 anlässlich der Gedenkveranstaltung „Wege des Lebens“ in Gardelegen gesagt hat:
„Die Vergangenheit können wir nicht ändern, aber wir können unseren Beitrag dazu leisten, dass sich ihre Schrecken und die nationalsozialistische Barbarei nicht mehr wiederholen, und deshalb muss die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten nach wie vor den zentralen Platz in der politischen Kultur unseres Landes beanspruchen.“
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rothe. - Für die CDUFraktion erteile ich nun Herrn Borgwardt das Wort. Bitte sehr, Herr Borgwardt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund der Beiträge meiner Vorredner sowie aus Zeitgründen möchte ich mir einen tieferen Blick auf die Genesis ersparen. Was Punkt 1 des PDS-Antrages betrifft - mein Kollege Kosmehl ging darauf bereits ein -, so ist er eigentlich hinfällig, weil zum Zeitpunkt der Vorlage der Drucksache die geforderte Innenausschusssitzung bereits terminiert war. Der Unterpunkt 2 des Antrages bedarf einer etwas ausführlicheren Betrachtung.
Die Überführung der fünf landeseigenen Gedenkstätten, der Gedenkstätte „Euthanasie“ in Bernburg, der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge, der Gedenkstätte „Roter Ochse“ in Halle, der Gedenkstätte Moritzplatz in Magdeburg und der Gedenkstätte „Deutsche Teilung“ in Marienborn, in eine öffentlich-rechtliche Stiftung ist unstrittig. Ebenso unstrittig ist die Übernahme der KZ-Gedenkstätte Schloss Lichtenburg in Prettin - Herr Robra hat es bereits ausgeführt - in Landesträgerschaft, mit dem Ziel, auch diese Gedenkstätte in die Stiftung zu überzuführen. Ob wir, wie von der PDS-Fraktion beantragt, nach dem gleichen Verfahren auch die Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe überführen sollten - meine Vorredner gingen darauf übereinstimmend ein -, würden wir als Fraktion gerne im Ausschuss besprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kreistag Wittenberg hatte am 25. April 2005 mit Stimmenmehrheit die Schließung des Kreismuseums im Schloss Lichtenburg zum 30. Juni beschlossen. Es besteht vonseiten der Kommunalaufsicht keine rechtliche Möglichkeit, gegen diesen Beschluss vorzugehen. Der Beschluss zur Schließung der Mahn- und Gedenkstätte im Schloss Lichtenburg in Prettin im genannten Kreistag wurde vertagt. Sichergestellt ist jedoch, dass nach Voranmeldung sowohl der Bunker als auch der Innenhof besichtigt werden können. Erst letzte Woche hat in einem Teil des Innenhofes des Schlosses Lichtenburg in Prettin ein
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens meiner Fraktion beantrage ich ebenfalls die Überweisung in den Innenausschuss. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweg drei kurze Bemerkungen. Wir werden dem Überweisungsantrag unsere Zustimmung geben, weil in der Tat Gesprächsbedarf besteht.
Der Anlass unseres Antrages war, dass seit dem Tag der Schließung der Gedenkstätte Schloss Lichtenburg, was den tatsächlichen Tatbestand anbetrifft, sich nichts getan hat. Herr Borgwardt, Sie verweisen darauf, dass man in die Gedenkstätte hineinkäme, wenn man sich vorher anmelde. Ich denke, Gedenkstätten in diesem Land sollten jeden Tag zugänglich sein und nicht erst nach vorheriger Anmeldung. Wenn jemand aus Hamburg oder aus Berlin kommt und vorher in Prettin anrufen soll, damit er hineinkommt, halte ich das für sehr problematisch. Ich denke, das ist eine Gedenkstätte, die sofort wieder geöffnet werden muss.
Der zweite Punkt betrifft die Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe. Ich will darauf verweisen, dass der Wunsch aus der Gruppe des bürgerschaftlichen Engagements an uns herangetragen wurde, diese Gedenkstätte in Landesträgerschaft zu übernehmen. Ich gehe davon aus, dass auch bei Gedenkstätten, die in Landesträgerschaft sind und künftig in der Landesstiftung integriert sind, bürgerschaftliches Engagement gefragt ist. Das, glaube ich, gilt für jede Gedenkstätte in diesem Land. Das gilt auch für die Landesstiftungen. Ich denke, dass es der Staatsminister so nicht gemeint hat. Die Kommune muss in der Tat einbezogen werden. Dazu muss eine Anhörung stattfinden. Insofern begrüßen wir die weitere Beratung im Innenausschuss. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Gärtner. - Meine Damen und Herren! Alle vier Fraktion haben signalisiert, dass sie einer Überweisung in den Innenausschuss zustimmen würden. Ich lasse trotzdem darüber abstimmen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Antrag einstimmig in den Innenausschuss überwiesen worden.
Strategische Leitlinien, Konzepte und Schwerpunkte der Landesregierung zur EU-Förderpolitik 2007 bis 2013 vor Beschlussfassung mit Landtag beraten
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hatte Frau Hüskens während der Debatte um den Nachtragshaushalt darauf verwiesen, dass die Anträge von SPD und PDS schon Wahlkampf seien, so ist die Lage bezüglich der europäischen Strukturfonds scheinbar eine etwas andere. Aus einem Antrag der PDS und einem Änderungsantrag der CDU und der FDP wurde ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen. Es liegt anscheinend am Thema, dass uns allen die Strukturfonds sehr am Herzen liegen.
Anlass für die erneute Einbringung des Antrages der PDS waren die aus unserer Sicht unbefriedigende Debatte im Wirtschaftsausschuss und im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie die Tatsache, dass sich die anderen Ausschüsse noch gar nicht mit Fragen der Strukturpolitik beschäftigt haben und scheinbar auch nicht die Absicht dazu haben. Das kann nicht sein. Sowohl das Kultusministerium als auch das Sozialministerium, das Ministerium für Bau und Verkehr und das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sind gefragt. Die vom Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung genannten Schwerpunkte sind inhaltlich zu untersetzen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht für Sachsen-Anhalt um 2 bis 3,5 Milliarden € für die Jahre 2007 bis 2013. Entscheidend ist, wie effizient und nachhaltig die Gelder ein- und umgesetzt werden. In diesen Prozess sollte der Landtag aktiv einbezogen werden. Dazu kommt, dass der Zeitplan für die Untersetzung der nationalen strategischen Leitlinien für die Länder ziemlich eng ist. Bis zum 31. Juli 2005 sollen von den Ländern erste Vorschläge dazu vorliegen.
Bis dahin wird es für den Landtag auch sehr eng. Die parlamentarische Sommerpause und wahrscheinlich ein Bundestagswahlkampf stehen bevor. Trotzdem sollte die Arbeit an dem für uns alle außerordentlich wichtigen Thema nicht liegen bleiben. Deswegen werbe ich um Unterstützung für unseren gemeinsamen Antrag. - Danke.
Herzlichen Dank, Frau Dr. Klein. - Meine Damen und Herren! bevor wir in die Debatte eintreten, hat der Minister der Finanzen Herr Professor Paqué für die Landesregierung um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Professor Paqué.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Abstimmung mit den Fraktionsspitzen werde ich meine Rede zu Protokoll geben.
In seiner Regierungserklärung hat der Ministerpräsident Ihnen die Eckpunkte der Landesregierung zur Programmierung der EU-Fonds dargelegt. Mit den EU-Fonds
haben wir ein starkes strukturpolitisches Gestaltungsinstrument. Dieses gilt es sorgfältig und abgestimmt auf unsere wirtschaftliche und soziale Lage einzusetzen.
Unsere wichtigsten Förderziele sind und bleiben das Wachstum der Wirtschaftskraft und die Erhöhung der Beschäftigungsquote. Es gilt nicht, aktuelle Bedürfnisse zu erfüllen. Es gilt, das regionale Produktionspotenzial nachhaltig zu erhöhen. Wir müssen die Wertschöpfung unserer Wirtschaft stärken. Wir müssen unseren Schwerpunkt auf die industrienahe Innovationsförderung legen, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Die Möglichkeit, die EU-Fonds bis 2013 und darüber hinaus einsetzen zu können, ist für das Land eine große Chance. Der Förderzeitraum ist sehr lang. Sicherlich kann nicht alles bis 2013 vorausgeplant werden. Deshalb brauchen wir eine Strategie.
Die Programme für die EU-Fonds müssen nach einheitlichen Grundprinzipien organisiert werden. Dies betrifft den haushaltstechnischen Vollzug ebenso wie die Dokumentation des Mitteleinsatzes und seiner Ergebnisse. Nur so können wir den Einsatz der EU-Mittel und unserer knappen Landesmittel einer ständigen Erfolgskontrolle und Nachsteuerung unterziehen. Dazu müssen wir uns eindeutige, messbare Ziele setzen. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir flexibel bleiben, um uns an wechselnde Rahmenbedingungen anzupassen.
Die Planung der EU-Fonds ist finanzpolitisch eine große Aufgabe. Die finanziellen Regelungen der EU-Fonds und des Landeshaushaltes müssen in Deckung gebracht werden. Die EU-Mittel müssen mit nationalen Mitteln kofinanziert werden. In unseren Verhandlungen mit der Europäischen Kommission werden wir dieser einen Finanzierungsvorschlag für den gesamten Zeitraum bis 2013 machen. Das Verhandlungsergebnis wird in zukünftigen Haushaltsaufstellungsverfahren eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Die Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten war der Startschuss für die Landesregierung, in die Programmierung für die Förderperiode 2007 bis 2013 einzutreten. Die Landesregierung hat zu einem frühen Zeitpunkt das gesamte Verfahren transparent gemacht und den Zeitplan der Programmierung vorgestellt. Der Herr Ministerpräsident hat zu einem frühen Zeitpunkt inhaltliche Schwerpunkte im Landtag vorgetragen. Die Arbeiten der Ministerien an der sozioökonomischen Analyse laufen.
Herr Staatsminister Robra hat im EU-Ausschuss zugesagt, dass die Staatskanzlei bis Ende Juni einen Sachstandsbericht geben wird. Herr Staatsminister Robra hat ferner im EU-Ausschuss zugesagt, den Landtag zu unterrichten, sobald zu einzelnen Arbeitsschritten eine abgestimmte Position der Landesregierung vorliegen wird. Dies wird nach dem Zeitplan keinesfalls vor dem Juli 2005 der Fall sein. Es macht keinen Sinn, Zuarbeiten der Ressorts ohne Abstimmung in der Landesregierung an den Landtag zu übermitteln, da nur eine ganzheitliche Debatte geführt werden kann.