Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

(Beifall bei der FDP)

Das führt auch dazu, dass die FDP-Fraktion dem Gesetzentwurf insgesamt nicht zustimmen wird.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz auf die aktuellen Entwicklungen um die Kommunalfinanzen eingehen, auch wenn der Finanzminister gerade nicht im Raum ist. Etwas Aufregung ist in den letzten Tagen durch die Äußerungen des Oberbürgermeisters der Stadt Magdeburg zu den Kommunalfinanzen entstanden.

Ich sage Ihnen ganz klar, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungskoalition und der Landes

regierung: Sie haben die Regelungen zu den Kommunalfinanzen in vollem Bewusstsein so verändert, wie sie jetzt sind. Da hilft es nicht, wenn der Finanzminister jetzt sagt, er wolle sich einmal mit den großen Städten zusammensetzen und nach Lösungen suchen; denn wer dem Finanzminister in den letzten Monaten zugehört hat, der weiß, dass eine Verbundquote von 22,3 % nicht das Ende der Fahnenstange ist, sondern dass es noch weiter runter gehen wird. Das heißt, die Situation wird sich noch verschärfen.

Ich sage ausdrücklich: Es geht nicht nur um die Finanznot der drei Oberzentren, der drei kreisfreien Städte; vielmehr leiden die Landkreise und die kreisangehörigen Gemeinden unter Ihrer Finanzpolitik genauso stark.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der Links- partei.PDS)

Deshalb brauchen wir im Sinne der Kommunen einen Richtungswechsel bei den Kommunalzuweisungen und bei der kommunalen Finanzpolitik. Dazu ist die Landesregierung aufgefordert. Ich bitte Sie herzlich, nicht nur die Großstädte im Blick zu haben, sondern alle Kommunen in unserem Land an dem wirtschaftlichen Erfolg, an den steigenden Steuereinnahmen entsprechend zu beteiligen und sie hiervon nicht abzuschneiden. Die Kommunen haben in den letzten Jahren Konsolidierung vorgewiesen. Dafür sollte man sie nicht bestrafen, sondern eher belohnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kosmehl, für Ihren Beitrag. - Der nächste Debattenbeitrag kommt von der SPD-Fraktion. Frau Schindler, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie mein Vorredner schon gesagt hat, haben wir in den letzten Tagen viel über die finanzielle Situation der Kommunen hören und lesen können, zuletzt auch in der Anhörung zum Gesetzentwurf zur kommunalen Zusammenarbeit im Stadt-Umland-Bereich, vor allen Dingen auch unter dem Aspekt der unterschiedlichen Steuerkraft der angesprochenen Gemeinden.

Insbesondere die Gemeinden mit einer großen Steuerkraft können diese Erfolge aufgrund einer guten Ansiedlungspolitik, aufgrund einer guten Lage, vielleicht aufgrund guter Startbedingungen nach der Wende und bestimmt auch aufgrund guter Entscheidungen vor Ort aufweisen. Diese sollen diesen Gemeinden nicht aberkannt werden. Aber man kann den Orten, die nicht über eine solche Steuerkraft verfügen, nicht vorwerfen, dass sie nicht ebenso erfolgreich sind, da sie nicht die gleichen Voraussetzungen haben.

Das Land hat vor diesem Hintergrund mit dem Finanzausgleichsgesetz ein Instrument geschaffen, mit dem die unterschiedliche Steuerkraft der Gemeinden ausgeglichen werden soll. In einigen Fällen reichen die bisherigen Instrumente des Finanzausgleichsgesetzes jedoch nicht aus, um die bestehenden großen Unterschiede auszugleichen. Dieser Ausgleich sollte mit der Einführung der Finanzausgleichsumlage in der letzten Legislaturperiode erreicht werden.

Das Landesverfassungsgericht hat grundsätzlich festgestellt, dass der Landesgesetzgeber durchaus eine Um

verteilung auf Kosten reicher und zugunsten armer Gemeinden vornehmen kann, da das Finanzaufkommen im Bereich der Kommunen verbleibt. Wir wissen, dass es dem Ausgleichsstock zugute kommt. Das Landesverfassungsgericht sagt weiterhin, dass der mit der Finanzausgleichsumlage verfolgte Zweck des interkommunalen Finanzausgleichs als sachlicher Grund anzuerkennen ist.

Bemängelt wurde jedoch, dass das Finanzausgleichsgesetz keine Vorsorge dafür trifft, dass eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus abgeschöpft wird oder sie in eine Position nivelliert wird, welche sie im Vergleich zu den verschonten Gemeinden erheblich schlechter stellt.

Von der Regierung wurden diese Hinweise in dem vorliegenden Gesetzentwurf aufgegriffen. Mit der Änderung des Gesetzes wird also den Hinweisen des Landesverfassungsgerichtes sowie den Hinweisen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes gefolgt. Durch die zusätzlich eingeführte Auffangregelung wird die übermäßige Abschöpfung von Gemeinden vermieden.

Natürlich werden die „reichen“ Gemeinden weiterhin andere Berechnungen bevorzugen. Die Anrechnung verschiedener besonderer Belastungen vor Ort wird dabei ins Feld geführt. Es ist jedoch schwer möglich, auf jede individuelle Situation der Gemeinden einzugehen. Im Übrigen ist die Finanzausgleichsumlage auch keine Lösung für das Stadt-Umland-Problem.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird ein weiteres Urteil des Landesverfassungsgerichts - Herr Kosmehl, Sie sprachen es bereits an - umgesetzt. Die Mehrbelastung von Gemeinden und von Verwaltungsgemeinschaften infolge der Übertragung von Aufgaben, die bisher in der Zuständigkeit der Landkreise lagen, muss ausgeglichen werden. Die entsprechende Regelung erfüllt nun diesen Zweck.

Mit dem Gesetzentwurf sollen ferner die Mittel für den Bau und für die Unterhaltung von Kreisstraßen zweckgebunden werden. In der Anhörung im Ausschuss für Inneres wurde durch den Geschäftsführer des Landkreistages bestätigt - Herr Kosmehl, Sie stellten dies ebenfalls fest -, dass diese Mittel auch bisher zweckentsprechend verwendet wurden. Dies wird nicht bestritten. Allerdings soll abgesichert werden, dass diese Mittel auch zukünftig zweckentsprechend verwendet werden. Die kommunalen Spitzenverbände können diesen Vorschlag daher grundsätzlich mittragen.

Ich bitte Sie, dass Sie diesen Gesetzentwurf ebenso grundsätzlich mitragen und ihm zustimmen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank für Ihren Beitrag, Frau Schindler. - Für die Linkspartei.PDS erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Grünert das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt werden neben notwendigen Korrekturen aus unserer Sicht weitere Einschnitte bei der Finanzierung der Kommunen festgeschrieben und wird der Grundsatz der Stärkung

der allgemeinen Zuweisungen vor zweckgebundenen Zuweisungen verletzt.

Auf die Regelung in Bezug auf die Finanzausgleichsumlage gehe ich nicht weiter ein. Ich denke, darüber ist ausführlich berichtet worden.

Überall im Land sind die Kommunen bis auf einige Ausnahmen trotz höherer Steuereinnahmen nicht in der Lage, ihre Haushalte bis zum Jahr 2013 zu konsolidieren. Anstatt die im Koalitionsvertrag fixierte Konsolidierungspartnerschaft tatsächlich in Angriff zu nehmen, werden die Steuermehreinnahmen durch das Land vereinnahmt und gleichzeitig wird die Verbundquote von 23 % auf 22,3 % reduziert. Somit werden die Gewerbesteuermehreinnahmen nicht zu einer Entlastung der kommunalen Haushalte führen; vielmehr werden damit lediglich die durch die Absenkung entstehenden Defizite ausgeglichen.

Ein Abbau der Kassenkredite oder der Schulden inklusive der Zins- und Tilgungslasten kann durch diese Vorgehensweise nicht erreicht werden. Stattdessen findet derzeit ein rigoroser Eingriff in die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung statt. Die Kommunalaufsichtsbehörden werden nicht müde, diesen geringen Teil der kommunalen Selbstverwaltung - er beträgt tatsächlich nur noch zwischen 3 % und 5 % der Haushalte - durch detaillierte Beanstandungsverfügungen auf null zu setzen.

Man muss nur die Presse verfolgen. Allein die Streicharien, die der Stadtrat von Magdeburg sicherlich demnächst durchzuführen haben wird, bestätigen dieses Bild. Das bedeutet letztlich, dass unter anderem auch die kreisfreien Städte Magdeburg und Halle nicht mehr in der Lage sind, überhaupt noch zu investieren. Sie müssen mittlerweile fast jede freiwillige Aufgabe auf die Streichliste setzen. Dadurch wird die kommunale Selbstverwaltung behindert, verhindert und nicht gestärkt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Notwendige Investitionen im Bereich der Schulen, der Kindertagesstätten und der Infrastruktur sowie des Straßenbaus müssen unterbleiben.

Die Räte werden durch diese Vorgehensweise der Kommunalaufsichtsbehörden entmündigt. Das führt zu einem erheblichen Demokratieabbau. Mittlerweile fragen viele: Wozu soll ich eigentlich noch hingehen? Ich habe ohnehin nichts mehr zu entscheiden.

Meine Damen und Herren! Das hat nichts mehr mit Zukunftsfähigkeit des Landes, geschweige denn mit einer Konsolidierungspartnerschaft zu tun. Das ist Haushaltskonsolidierung des Landes auf den Schultern der Städte, der Gemeinden und der Landkreise.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Im Gesetzgebungsverfahren zu der vorliegenden Drucksache wurde den Intentionen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Landtages hinsichtlich der Einhaltung des Zweilesungsgebotes Rechnung getragen; das ist auch richtig.

Trotz der erheblichen Kritik seitens der kommunalen Spitzenverbände und ohne eine stichhaltige Begründung - Herr Kosmehl ging darauf bereits ein - wurden in § 11 Abs. 1 in der Fassung des Gesetzentwurfes die Straßenbaulastzuweisungen an die Baulastträger für Kreisstraßen einer Zweckbindung unterworfen. Danach sollen von 7 414 € pro Kilometer Kreisstraße 1 000 € - das sind

13,5 % - für investive Maßnahmen zweckgebunden werden. Mit diesen Mitteln wird es aber nicht möglich sein, die erheblichen und notwendigen Infrastruktur- und Investitionsbedarfe im kreislichen Straßennetz zu decken.

Nach einer Untersuchung des ADAC liegt der Investitionsrückstau im Bereich des Straßenbaus ohne die Berücksichtigung von Autobahnen und Bundesstraßen bundesweit bei mehr als 800 Milliarden €. - Vor diesem Hintergrund wird mit diesen 1 000 € natürlich kein richtiger Durchbruch erzielt. Es soll offensichtlich durch diese Maßnahme, durch diese Umwidmung versucht werden, insbesondere die sinkenden investiven Leistungen des Landes zu schönen.

Unterstellt man, dass die Kommunen aufgrund ihrer defizitären Haushalte keinerlei Mittel zur Kofinanzierung von Straßenneubaumaßnahmen haben, wird sichtbar, worum es eigentlich geht. Die Zweckbindung verfehlt nach unserer Auffassung die in diesem Sinne zu erreichende Zielstellung. Daher lehnen wir sie entschieden ab.

Eine weitere Änderung bezieht sich auf § 15a - Kostenerstattung - des Finanzausgleichsgesetzes. Danach sollen Mehrbelastungen von Gemeinden und von Verwaltungsgemeinschaften mit weniger als 10 000 Einwohnern, die sich im Rahmen von Aufgabenübertragungen nach Artikel 4 des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes ergeben, bis zum Jahr 2010 ausgeglichen werden. Eine Überprüfung der Kostenregelung ist jedoch erst nach dem Ablauf des Zeitraumes im Jahr 2010 vorgesehen.

Die Linkspartei.PDS weist in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass es im Land Sachsen-Anhalt nach wie vor keine belastbaren Aussagen zur Definition einer finanziellen Mindestausstattung der Kommunen gibt. Trotzdem wird mit dem Finanzausgleichsgesetz unterstellt, dass eine Auskömmlichkeit der Finanzierung der übertragenen Aufgaben gegeben sei. Eine Evaluation der tatsächlichen Kosten erst im Jahr 2010 wird die strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Ebene weiterhin verschärfen.

Werte Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS lehnt die Beschlussempfehlung des Ausschusses zum Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes ab, da die darin vorgesehenen Regelungen die finanzielle Misere in den meisten Kommunen weiter verschärfen, dringend notwendige qualitative Korrekturen an den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen nicht aufgreifen und der strikten Einhaltung des Konnexitätsprinzips sowie einer stringenten Gesetzesfolgenabschätzung, welche eine klare Definition der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen beinhaltet, zuwiderlaufen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei. PDS)

Herzlichen Dank dem Debattenredner Herrn Grünert. - Bevor ich dem letzten Debattenredner, Herrn Harms, das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Clausewitz-Sekundarschule Burg und Gäste der Landeszentrale für politische Bildung. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt erteile ich dem Abgeordneten Herrn Harms das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht der allmächtige Staat, sondern das Prinzip der Entscheidung vor Ort begeistert die Bürger seit vielen Jahren. Dazu wird den Kommunen ein Teil der Steuereinnahmen überlassen, damit diese die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst regeln können. Das Ganze nennt man auch kommunale Selbstverwaltung.

Dieser kluge Reformgedanke basiert auf der Erkenntnis, dass die Bürger vor Ort gemeinsam mehr bewegen können als die Staatsmacht mit Willkür, Herrscherwillen und zentralen Vorgaben, und natürlich auch darauf, dass die Staatskasse angesichts der Vor-Ort-Kenntnisse und der Eigeninitiative der Bürger deutlich entlastet wird.

Nun besagt die Verfassung unseres Landes, dass das Land dafür zu sorgen habe, dass die Kommunen über die Finanzmittel verfügten, die zu einer angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich seien. Dafür hat das Land verschiedene Möglichkeiten. Eine ist, die Zuweisungen so zu gestalten, dass die unterschiedliche Finanzkraft teilweise ausgeglichen wird. Dazu haben wir sogar ein Gesetz, das Finanzausgleichsgesetz.

Kein Gesetz wird wohl so oft geändert wie dieses, und das möglicherweise aus gutem Grund; denn die Ausgleichsbeziehungen, die die Landesverfassung fordert, sind verzwickt und bedürfen der Anpassung an die finanziellen und juristischen Gegebenheiten. Einmal erfolgt eine Neujustierung, ein anderes Mal eine Nachjustierung, heute wohl eher eine Feinjustierung.

In den beabsichtigten Änderungen in §§ 11 und 15a FAG geht es um solche Feinjustierungen. Diese sind sinnvoll und notwendig. Zum einen soll sichergestellt werden, dass das Kreisstraßennetz auch in leistungsschwachen Kommunen zu unser aller Nutzen erhalten wird. Zum anderen bedingt die Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Investitionserleichterungsgesetz eine Korrektur des Finanzausgleichsgesetzes. Da es sich bei beiden Dingen um kleinere Beträge handelt, möchte ich das nicht näher ausführen.