Protokoll der Sitzung vom 14.09.2007

Vielen Dank für Ihre Frage. - Frau Ministerin, vielleicht können Sie sie kurz beantworten.

Dass es einzelne Gemeinden und einzelne Ortsteile gibt, die noch in der Lage sind, Fördermittelprogramme abzurufen, weil sie eine gute Eigenmittelsituation haben, und dass es selbstverständlich auch noch Ortsteile und Gemeinden gibt, die einen gewissen Nachholbedarf haben, ist unumstritten. Aber die Konzentration auf die zentralen Orte, wie auch im Parlament erwartet, und die Konzentration auf nachhaltige Projekte, die aus den Regionen heraus erarbeitet und vorgeschlagen werden, ist, glaube ich, in diesem Haus unstrittig.

Weil Sie mich so konkret an die Ausschussberatung erinnern, gebe ich einmal ein Zitat des Abgeordneten Czeke wieder: „Ich als Städter bin neidisch auf das, was sich schon in den Dörfern getan hat.“ - Vielen Dank.

Herzlichen Dank für die Beantwortung der Frage. - Wir kommen jetzt zu der Fünfminutendebatte. Als erstem

Debattenredner erteile ich Herrn Barth von der SPD das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Ministerin ist schon sehr ausführlich auf diese Thematik eingegangen. In Anbetracht der Zeit bitte ich den Präsidenten um die Genehmigung, meine Rede zu Protokoll geben zu dürfen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön, das gestatte ich Ihnen. Sie erwerben sich damit viel Sympathie bei den Kollegen.

(Zu Protokoll:)

Der Antragsteller hat für seinen Antrag eine für meine Begriffe nicht besonders glückliche Überschrift gewählt. Jedenfalls verleitet mich die Betonung der Gemeindegebietsreform dazu anzunehmen, dass es sich hier um mögliche Auswirkungen der kommunalen Strukturreform handelt. Inhaltlich geht es aber um die Hinterfragung der zukünftigen Ausgestaltung und Umsetzung von Förderprogrammen und hier insbesondere im ländlichen Raum.

Sicher kann man einen Zusammenhang von Gemeindestrukturen und Förderprogrammen herstellen, den Kern der Sache trifft dies aber nicht. Es geht, wenn wir über die Förderung des ländlichen Raums reden, um die Aufrechterhaltung und Entwicklung der Versorgungsfunktionen für die Daseinsvorsorge. Diese hängen gewiss nicht in erster Linie davon ab, ob ein Dorf selbständig ist, einer Verwaltungsgemeinschaft angehört, Mitglied einer Verbandsgemeinde oder Bestandteil einer Einheitsgemeinde ist. Ein Dorf bleibt ein Dorf und wird durch Verwaltungsstrukturen nicht zu einer Stadt.

Für die Abgrenzung von Förderprogrammen wie der Dorferneuerung und Dorfentwicklung sind nicht die Gemeindestrukturen - denn Gemeindestruktur ist ein verwaltungsmäßig geprägter politischer Begriff -, sondern die Ortstrukturen maßgeblich. Ein Ort ist ein im Zusammenhang stehendes Siedlungsgebiet einer Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten urbanen Entwicklung.

Folgerichtig heißt es im Entwicklungsplan für den ländlichen Raum bei der Dorferneuerung und Dorfentwicklung: Die Förderung ist auf Vorhaben außerhalb der Großstädte Halle und Magdeburg und auf Orte mit weniger als 7 500 Einwohnern beschränkt. In begründeten Fällen sind Ausnahmen für Orte bis maximal 10 000 Einwohner möglich.

Das ist das, was im Plan steht, und deswegen verstehe ich die offensichtlich bereits korrigierten Erlasse von MLV und MLU nicht. Muss ich auch nicht mehr, denn sie werden keine nachteiligen Wirkungen mehr entfalten.

Die im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität jedenfalls sind bezüglich der Gemeindegebietsreform offensichtlich neutral. Der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen stellt somit klar, dass in Gemeinden, in denen ein Ort in der Städtebauförderung ist, die anderen Orte über die Dorferneuerung und Dorf

entwicklung gefördert werden können und sollen, wenn die Projekte Bestandteil der Leader-Konzepte oder eines ILEK sind.

Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung im Rahmen der Haushaltsberatungen in den Ausschüssen auf die Neuausrichtung der EU-Strukturfonds insbesondere auch unter Berücksichtigung der angestrebten Gemeindereform eingeht. Wir halten das für selbstverständlich. - Ich bitte um Annahme unseres Änderungsantrags.

Für die FDP erteile ich dem Abgeordneten Herrn Wolpert das Wort. Bitte schön. Er gibt seine Rede sicherlich nicht zu Protokoll.

(Herr Gürth, CDU: Nachmachen!)

(Oh! bei der CDU)

- Keine Angst, es dauert nicht lange. - Ich habe schon ein paar Bedenken, wenn die Ministerin wortwörtlich mit der Nennung des Namens aus den Ausschüssen zitiert, die nicht öffentlich tagen.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Das war nur sinngemäß!)

- Danke für den Hinweis. - Meine Damen und Herren! Bei dem ganzen Vorgang ist es unbestritten, dass keine der Parteien die Förderung des ländlichen Raumes in irgendeiner Art und Weise vernachlässigen wird. Das unterstelle ich nicht der Landesregierung und schon gar nicht den beiden Ministern. - In diesem Fall vielen Dank dafür, Frau Ministerin, dass Sie zur Aufklärung beigetragen haben.

Gleichwohl muss man doch feststellen, dass es innerhalb der Koalition erhebliche Irritationen hinsichtlich des Handelns der Minister gegeben hat. Kaum haben die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt und der Minister für Landesentwicklung und Verkehr eine klare Abgrenzung zwischen Städtebauförderung und Dorferneuerung vereinbart, meldet sich schon Herr Barth - ich wäre so gespannt gewesen, was in der von Ihnen zu Protokoll gegebenen Rede stand - und ruft, dass es absolut kontraproduktiv sei, was die beiden dort tun. - Offensichtlich nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung.

Die SPD attackiert wieder einmal ordentlich den Koalitionspartner, um darüber hinwegzutäuschen, dass sie mit dem Willen, brachial die Einheitsgemeinden einzuführen, eigentlich der Anlass dafür war, dass plötzlich Förderprogramme nicht mehr funktionieren.

(Minister Herr Hövelmann: Das stimmt gar nicht!)

Das ist richtig spannend. Offensichtlich sind die Hausaufgaben doch nicht ganz gemacht worden; das ist angedeutet worden. Es ist richtig, dass man jemanden, wenn ihm etwas nicht gesagt wird und er es daraufhin nicht weiß, der Ahnungslosigkeit bezichtigen kann; aber ganz fair ist das nicht.

(Beifall bei der FDP)

Es ist offensichtlich so, dass die Informationspolitik der Regierung an dieser Stelle nicht ganz so geklappt hat. Man muss auch feststellen, dass trotzdem Gemeinden

auch später noch durch den Rost fallen; denn aufgrund der Konzentration auf die Grundzentren ist es so, dass die Gemeinden im ländlichen Raum, also außerhalb der Grundzentren, außerhalb der Förderung liegen.

(Herr Daldrup, CDU: Nein!)

Deswegen ist es zwar erklärbar, dass man sagt, man hat nicht mehr so viel Mittel - das ist nicht Ihre persönliche Schuld, das sehe ich gern ein -, dann wird man aber einen Weg finden müssen, um den ländlichen Raum nicht abzuhängen. Vor diesem Hintergrund zu fordern, dass man in den Haushaltsberatungen begleitend berücksichtigt, ob inzwischen wegen der bevorstehenden Gemeindegebietsreform Änderungen in den Fördermittelprogrammen notwendig sind, und dafür die Weichen stellt, halte ich nicht für falsch. Das halte ich für richtig.

Nur, einem Antrag zuzustimmen, der letztlich behauptet, dass wir für das entstandene Informationschaos noch Beifall klatschen sollen, lehnen wir ab. Deswegen stimmen wir für den Antrag der LINKEN. Ihren Änderungsantrag müssen wir leider ablehnen. - Danke.

(Zustimmung bei der FDP und bei der LINKEN)

Danke für Ihren Beitrag. - Ich erteile Herrn Daldrup für die CDU das Wort. Bitte schön, Herr Daldrup.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Ministerin gesagt hat, ist in der Sache richtig. Man muss dankbar dafür sein, dass an dieser Stelle eine Aufklärung erfolgt ist und Informationen gegeben worden sind.

Aber es gibt kein Informationschaos. Wer in den Dörfern, in den ILEK-Regionen und den LAGs gewesen ist - wir hatten alle Einladungen dazu -, hat genau gewusst, was auf ihn zukommt. Jetzt den Eindruck zu erwecken, dass niemand im ländlichen Raum gewusst hat, was läuft, ist schlichtweg falsch.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich ist es so, dass es keine Ortschaft und keine Gemeinde gibt, die nicht förderfähig ist; denn entweder sind sie im ELER förderfähig oder sie sind im Städtebauförderprogramm förderfähig. Das ist nach wie vor so. Es fällt niemand heraus. Es ist auch so, dass in dem neuen Förderzeitraum und nach dieser Richtlinie noch nie so viele Dörfer in der Dorferneuerung gewesen sind wie heute. Das ist ein Erfolg.

Richtig ist aber auch, dass in dem Programm nicht mehr so viel Geld für die Dorferneuerung zur Verfügung steht. Wir haben aber den ELER so programmiert, dass wir darin auch den Hochwasserschutz, die Schulpolitik und die Kitas aufgenommen haben. Das kann man nicht getrennt voneinander betrachten. Das ist eine neue Qualität.

Wenn man sich heutzutage die Dörfer ansieht und betrachtet, was dort in den letzten 15 bis 17 Jahren passiert ist, dann muss man realistisch und ehrlich feststellen, dass unsere Dörfer erheblich fortgeschritten und sehr gut ausgebaut sind

(Zustimmung bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

und dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist - denn wir sind noch eine Förderperiode lang Ziel-1-Gebiet -, das so umzusteuern, dass sie nicht nachher einen Bruch bekommen, den keiner mehr vermitteln kann. Das muss man auch sagen.

Jetzt haben wir die Schwerpunkte etwas anders gesetzt. Ich halte das für richtig. Deswegen habe ich an dieser Stelle überhaupt keine Probleme.

Richtig ist aber auch, dass die Gruppen, die vor Ort nachher dafür zuständig sind, die Prioritätenlisten zu erstellen, die Projekte zu bewilligen, zu begutachten und Vorschläge zu machen, natürlich eine sehr viel bedeutungsvollere Aufgabe bekommen, als das bisher der Fall gewesen ist. Sie werden diese Projekte sehr viel strenger prüfen müssen, nämlich nach den Kriterien der Nachhaltigkeit, der Folgekosten und der Sinnhaftigkeit für die Zukunft, also der Effizienz der Maßnahme.

Auch das halte ich für richtig. Das ist auch ein Ergebnis von weniger Geld - das ist klar -, aber das ist der richtige Weg und der richtige Ansatz. Die Region an sich muss sich entscheiden, was sie will. Das wird nicht einfach, das ist klar. Dort gibt es auch Reibereien um Mittel und Reibereien um Projekte, aber der Bottom-up-Ansatz ist an der Stelle der richtige.

An der Arbeit der Gruppen, die bislang bestanden haben - ich gehöre auch einer solchen Gruppe an, die in der Vergangenheit gearbeitet hat -, und sich nun neu gebildet haben und neue Mitglieder aufgenommen haben, merkt man heute schon, dass dort qualitativ hochwertig gearbeitet wird und dass dort Projekt- und Prioritätenlisten erstellt werden, die eine hohe Qualität haben. Insofern will ich nicht wiederholen, warum die Abgrenzung notwendig gewesen ist.

Festzustellen bleibt, dass die Förderfähigkeit des ländlichen Raums gegeben ist, dass die Mittel effizienter eingesetzt werden müssen und dass die Prioritätensetzung, die die Landesregierung im neuen ELER vorgenommen hat, richtig gewesen ist. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Daldrup, vielen Dank für Ihren Beitrag. - Als letztem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Grünert von der LINKEN das Wort. Bitte schön.