(Unruhe bei der CDU und bei der FDP - Minister Herr Robra: Das habe ich gar nicht gesagt! - Herr Kosmehl, FDP: Was soll denn das?)
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Man kann gegen diesen EU-Vertrag sein und kein Nationalist sein. Man kann gegen den EU-Vertrag sein, weil er eine europäische Rüstungsagentur vorschreibt. Gegen die kann man aus Motiven sein, die wahrlich nicht nationalistisch sind. Und es ist eine verdammt kreuzgefährliche Geschichte für jemanden aus der CDU, auf diese Art und Weise mit solchen Diskriminierungsversuchen vorzugehen - ich sage das einmal so.
(Beifall bei der LINKEN - Starke Unruhe bei der CDU - Frau Bull, DIE LINKE: Genau! - Herr Kos- mehl, FDP: Das ist ja unerhört! - Zurufe von der CDU)
(Unruhe bei der CDU - Herr Kosmehl, FDP: Ach du meine Güte! Sie müssen sich einmal Ihre Re- de anhören, die Sie eben gehalten haben!)
Herr Gallert, ich habe deutlich gemacht, dass ich das Problem schlicht und ergreifend darin sehe, dass es in Europa diese beiden Strömungen gibt, die dagegen sind. Das jetzt alles feinsäuberlich auch in den Motivlagen auseinander zu halten - das habe ich bereits gesagt und wiederhole es - ist Ihr Problem. Das müssen Sie bei Ihrer strategischen Disposition berücksichtigen. Sie dürfen mich nicht deswegen beschimpfen, weil ich das als Sachverhalt, so wie er sich schlicht und ergreifend darstellt, hier auch einmal erwähnen darf.
Frau Vorsitzende, es ist auch eine Kurzintervention, weil auch mich diese Gleichstellung von Ultranationalen und der europäischen Linken doch ziemlich - -
- Das habe ich in der Diskussion in der vergangenen Legislaturperiode sehr wohl mitbekommen, wer sich intensiv - -
(Unruhe bei der CDU und bei der FDP - Herr Kosmehl, FDP: Wieso das denn? - Herr Scharf, CDU: Nun bleiben Sie doch einmal auf dem Teppich! Ich lasse mich doch nicht von Ihnen beschimpfen! Woher wissen Sie, was ich lese? - Herr Borgwardt, CDU: Das ist ja eine Unver- schämtheit! - Herr Gürth, CDU: Arroganz!)
Es gibt - Herr Gallert hat es auch schon gesagt - sehr wohl grundlegende Unterschiede. Die müssten Sie kennen; denn wir haben die Diskussion darüber hier in diesem Hause nicht zum ersten Mal geführt.
Ich sage es noch einmal deutlich: Die europäische Linke will im Unterschied auch zu einigen Vertretern der konservativen Parteien keine Renationalisierung, sondern sie will ein Europa, das sehr wohl anders aussieht, das sozial gerechter ist, das ökologische Standards hat, das keine Aufrüstung betreibt und das vor allen Dingen demokratisch verfasst ist; denn die Rechte, die das Europäische Parlament auch nach diesem Verfassungsvertrag hat, sind nach wie vor sehr eingeschränkt. Nach wie vor hat die Kommission immer noch das Hauptsagen. Das sind wohl die Probleme.
Die zweite Frage. Die Angst vor einem Referendum in dieser Bundesrepublik ist schon langsam verwunderlich. Aber dann muss man sich auch nicht wundern,
Denn nur über eine direkte Beteiligung kann man überhaupt noch etwas bewegen, sowohl in der Gemeinde als auch bei so einem wichtigen Thema. Wir wissen aus vielen Diskussionen: Was von Europa herüberkommt, sind eben nur große Schlagzeilen und ganz praktische Auswirkungen, die den Menschen nach wie vor Angst machen. Darüber sollte man reden.
Ich empfehle allen, die sich jetzt künstlich oder echt empört haben, einmal die Protokolle vom Landtag von Mecklenburg-Vorpommern nachzulesen. Wenn wir feststellen, dass Argumentationsketten von Rechten oder von rechts außen und von Linken zu demselben Sachverhalt gleich sind, dann bestehe ich darauf, dass das in diesem Haus auch benannt werden darf, insbesondere dann, wenn beide zu demselben Schluss führen.
(Beifall bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Na Klasse! - Zuruf von der LINKEN: Was sollte denn das jetzt?)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Späthe hat in der Debatte zu den Vertretungsrechten der Senioren heute Mittag gesagt, dass wir uns seit geraumer Zeit in einer Phase der Wiederholungen befinden. Dort befinden wir uns auch mit diesem Antrag.
Es ist schon des Öfteren gesagt worden, dass wir hierüber schon mehrfach diskutiert haben. Wir haben zum Beispiel am 4. Juli 2003, am 11. Dezember 2003 und am 9. Juli 2004 hier im Landtag genau die gleiche Diskussion geführt. Es gibt seit dem praktisch keinen veränderten Sachstand. Ganz im Gegenteil: Durch die Herausnahme einiger Dinge aus dem Verfassungsentwurf in den jetzigen Vertrag von Lissabon ist zum Beispiel versucht worden, für Großbritannien entsprechende verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen, um dort sozusagen die Volksabstimmung aus welchen Gründen auch immer nicht nötig zu machen.
Die Position der Sozialdemokraten in diesem Punkt ist die gleiche wie in den vergangenen Jahren. Wir sind für plebiszitäre Elemente, aber nicht herausgepickt bei bestimmten Dingen, sondern als grundsätzliche Möglichkeit im Grundgesetz. Dafür gibt es aber leider keine Mehrheit.
Ich will jetzt noch auf einige wenige Punkte aus der Debatte eingehen. Herr Czeke hat am Anfang gesagt, es gäbe keine demokratische Entstehungsgeschichte dieses Verfassungsvertrages. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir in Deutschland - wie auch in vielen anderen Staaten der Europäischen Union - in einer repräsentativen Demokratie leben. Dann zu sagen, dieser Vertrag habe keine demokratische Entstehungsgeschichte, ist wirklich eine Verdrehung der Tatsachen.
Ganz im Gegenteil: Der Verfassungskonvent - das habe ich damals auch schon gesagt - war eine sozialdemokratische europäische Idee und ist, was die Öffentlichkeitsbeteiligung anbelangt, weit über alle Verfahren hinausgegangen, die wir in den ganzen 40 Jahren davor jemals in der Europäischen Union gehabt haben. Das ist eine erhebliche Verbesserung,
genauso wie der Vertrag von Lissabon jetzt einige erhebliche Verbesserungen hinsichtlich der Mitwirkungsrechte des Parlamentes, hinsichtlich der Mitwirkungsrechte der Bürger und hinsichtlich vieler anderer Dinge herbeiführt.
Es ist nicht alles so, wie wir es uns aus sozialdemokratischer oder aus anderer Sicht wünschen. Aber es gibt erhebliche Verbesserungen bis hin zu den Institutionen, die in der Form, wie sie einmal für sechs Mitglieder angelegt worden sind, für 25 Mitglieder nicht handlungsfähig sind.
Ich will auch einen Punkt nennen, den ich damals schon erwähnt habe, und zwar den Hinweis der PDS auf die angebliche Aufrüstung, die in dem Vertrag vorgesehen sein soll. Darin ist von der Verbesserung der militäri
schen Fähigkeiten die Rede. Die Verbesserung der militärischen Fähigkeiten heißt nicht Aufrüstung. Sie kann auch eine bessere Koordinierung bedeuten.
Ich interpretiere es so, dass Synergieeffekte zwischen den Staaten der Europäischen Union erzielt werden, die irgendwann auch eine Friedensdividende für uns mit sich bringen, dass wir weniger Rüstungsausgaben haben und dass wir mit einer europäischen Friedenstruppe zum Beispiel Dinge regeln können, die wir heute mit nationalen Armeen mit sehr hohem Aufwand hinkriegen müssten oder teilweise eben nicht hinkriegen.
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie mir jetzt antworten wollen, dass in einigen neuen Mitgliedstaaten mehr Rüstungsausgaben anfallen, weil dort - das wissen wir noch aus DDR-Zeiten - noch ganz andere Militärtechnik vorhanden ist, die weder dem modernen technischen Standard noch anderen Standards entspricht. Dafür wird sicherlich Geld ausgegeben werden müssen. Aber es geht in keiner Weise in irgendeiner Form um Aufrüstung.
Ich will noch einen Punkt nennen, der mich wieder ein bisschen froh stimmt. Ich bin froh, Herr Czeke, dass ich in Ihnen zwar einen europakritischen Fundamentalisten der PDS gefunden habe, den ich schon seit Langem kennen gelernt habe, aber ich bin auch froh, dass es bei der LINKEN noch andere Vertreter gibt.