Protokoll der Sitzung vom 06.07.2006

In Punkt 3 fordern Sie eine vorzeitige Evaluierung, die nach einem einmal durchgeführten Verfahren aus meiner Sicht nicht sachgerecht und nicht fundiert sein kann. Dies würde auch bedeuten, dass wir in den Ablauf des kommenden Schuljahres eingreifen müssten, wo doch die Lehrer, die Eltern sowie die Schüler einen Anspruch auf Rechtssicherheit und Verbindlichkeit haben sollten. Das werden wir nicht tun. Die bisher bei der Eignungsfeststellung gesammelten Erfahrungen werden für uns aber ein Anlass sein, eventuell aufgetretene Probleme aufzugreifen.

Es besteht auch die Vermutung, dass die Linkspartei.PDS mit den bisher bekannten Ergebnissen und ihren eigenen Voraussagen dazu unzufrieden ist; denn von 671 Schülern, die an der Eignungsfeststellung teilgenommen haben, bekamen 303 eine Empfehlung für das Gymnasium. Lediglich 18 Widersprüche müssen derzeit noch bearbeitet werden.

Gerade die geringe Anzahl der Widersprüche und die Tatsache, dass mir bisher Kritik an dem Verfahren unbekannt ist, zeigen, dass eine gewisse Akzeptanz für dieses Verfahren vorliegt. Allen Ihren Unkenrufen im Vorfeld - ich erinnere nur an Klagewellen, die auf uns zukommen sollten - wird durch die Ergebnisse eine Absage erteilt.

Werte Anwesende! Der Bericht der Landesregierung wird uns weiter Aufschluss für die zukünftige Gestaltung des gesamten Verfahrens und für die Arbeit an den Grundschulen geben. Daraus wird man vielleicht auch Schlussfolgerungen ziehen können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gestatten Sie eine Nachfrage?

Ja, bitte.

Bitte sehr, Herr Kley.

Vielen Dank. - Sehr geehrte Kollegin Feußner, vielleicht könnten Sie auch an dieser Stelle noch einmal ein deutliches Signal bezüglich der weiteren Planung für die Eltern und Schüler geben. Frau Mittendorf sagte, Sie werden den Eignungstest canceln. Sie sagen, es bleibt dabei. Wie ist jetzt die Haltung der Koalition zu dem Thema?

(Unruhe bei der CDU - Herr Tullner, CDU: Das hat Frau Mittendorf nicht gesagt!)

Ich kann vielleicht so viel sagen: Wir haben festgelegt - das können Sie auch in der Koalitionsvereinbarung nachlesen -, dass wir das Verfahren im kommenden Schuljahr in der gleichen Form noch einmal durchführen werden. Dann werden wir uns die Ergebnisse gemeinsam anschauen. Jetzt werden wir aufgrund des Antrags schon einmal Zwischenergebnisse über das durchgeführte Verfahren bekommen. Dann werden wir sehen, was wir daran verbessern bzw. optimieren können.

Es ist nicht die Rede davon, dieses Verfahren abzuschaffen. Evaluierung heißt nicht, dass es abgeschafft wird. Ich sage einmal, rein theoretisch könnte es passieren. Aber das heißt nicht, dass das Verfahren abgeschafft wird.

(Zustimmung bei der FDP)

Danke sehr, Frau Feußner. - Frau Abgeordnete Fiedler, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern.

Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Es geht um unsere Kinder und es geht um ihr Recht auf Bildung.

(Herr Schwenke, CDU: Das ist gewährleistet!)

Es geht um die Eltern und um deren Recht, für ihre Kinder die Schule frei wählen zu können. Mir persönlich

- ich habe fast 40 Jahre lang im Schuldienst gearbeitet - geht es auch um die Lehrer und darum, dass sie ihre Arbeitszeit effektiv für die individuelle Förderung eines jedes Kindes nutzen können und sich nicht mit den Instrumenten einer verschärften Auslese belasten müssen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Was ist das für eine Spra- che?)

Wir wollen Kinder zu selbstbewussten, kompetenten Persönlichkeiten entwickeln und sie nicht nach ihrer Tauglichkeit vorzeitig in getrennte Schubkästen sperren. Das behindert die Chancengleichheit.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Wir wollen, dass schon die Kinder die sozialen Prozesse in ihrer Gesamtheit erleben und nicht künstlich getrennt voneinander aufwachsen und dass sich nicht auf diese Weise Vorurteile verfestigen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Ach du liebes bisschen!)

Ich betone noch einmal, weil manches - das habe ich Ihren Redebeiträgen entnommen - offensichtlich an Ihren Ohren vorbeigegangen ist, dass uns die Qualität der gymnasialen Bildung am Herzen liegt. Das muss aber über die Qualität des Unterrichts erreicht werden

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS). Das kann nicht über einen künstlich erzeugten Engpass zum Gymnasium passieren, der eigentlich gar nicht sein müsste, weil er nämlich am Ende des Schuljahres sowieso hinfällig wird durch die dann noch bestehende Möglichkeit des Übergangs an ein Gymnasium. Ich will auf Ihre Argumente, die sich auf das ideologische Feld konzentrieren, gar nicht so sehr eingehen. Ich bin zwar neu im Landtag, habe aber schon in der vergangenen Landtagssitzungen gemerkt, dass vieles jetzt auf dem Feld der angeblichen Vergangenheitsbewältigung ausgetragen werden soll. Eine solche Art des Umgangs miteinander ist aus meiner Sicht unter aller Würde. (Zustimmung bei der Linkspartei.PDS - Frau Feußner, CDU: Sie haben doch eine ideologische Darstellung gebracht! Die anderen sind fachlich geblieben!)

Ich bitte Sie trotzdem noch einmal, über unseren Antrag nachzudenken. Wir wollen, dass die Kinder und ihre Eltern sich uneingeschränkt und frei für eine Schule entscheiden können. Wir wollen natürlich auch eine hohe Qualität bei der gymnasialen Ausbildung. Ich bitte um Verständnis für unseren Antrag.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Frau Fiedler. - Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen zur Abstimmung über die Drs. 5/103 und über die Drs. 5/148. Über die Anträge soll direkt abgestimmt werden. Gibt es dazu Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir zunächst über den Antrag in der Drs. 5/103 ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer ist dagegen? - Das sind die FDP-Fraktion

und die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Dann stimmen wir jetzt über den Alternativantrag in der Drs. 5/148 ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDPFraktion. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden.

Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 8. Ich bin vom Vorsitzenden des Umweltausschusses gebeten worden mitzuteilen, dass sich die Mitglieder dieses Ausschusses gleich im Anschluss in Raum B1 11 treffen. Wir gehen nun in die Mittagspause bis 14.30 Uhr.

Unterbrechung: 13.38 Uhr.

Wiederbeginn: 14.34 Uhr.

Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Beratung fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung

Zukunft der Telefonüberwachung

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/97

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Kosmehl. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Einbringungsrede etwaigen Fehlinterpretationen vorbeugen und Sie beruhigen: Die FDP-Landtagsfraktion stellt die Befugnis zur Telefonüberwachung nach den §§ 100a und 100b StPO als solche nicht infrage. Die Telefonüberwachung wird seit dem Jahr 1968 als strafprozessuale Maßnahme besonders im Bereich der organisierten Kriminalität eingesetzt. Wir sind uns durchaus bewusst, dass sie insbesondere in diesem Bereich ein effizientes und erfolgreiches Mittel der Strafverfolgung darstellt.

Trotz dieses grundsätzlichen Bekenntnisses zur Telefonüberwachung sehen wir die derzeitige Handhabung der Telefonüberwachung in der Praxis äußerst kritisch und wollen die Maßnahme der Telefonüberwachung auf den Prüfstand stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zunächst einige Zahlen zu Telefonüberwachungsmaßnahmen in Deutschland und in Sachsen-Anhalt nennen: In Deutschland wurden im Jahr 2005von den Gerichten 35 015 Anordnungen zur Überwachung von Telekommunikation sowie 7 493 Verlängerungsanordnungen erlassen. Dies waren zusammengenommen rund 20 % mehr als noch im Jahr 2004.

Der Antwort auf die Kleine Anfrage in der Drs. 5/65 ist zu entnehmen, dass in Sachsen-Anhalt im Jahr 2005 193 Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen durchgeführt und dabei 814 Telekommunikationsanschlüsse überwacht wurden. Davon waren 691 Mobilfunkanschlüsse und nur noch 103 Festnetzanschlüsse betroffen. Im

Jahr 2004 betrugen die Zahlen noch 775 bei den Mobilfunkanschlüssen und 138 bei den Festnetzanschlüssen.

Es kann also festgestellt werden, dass die Anzahl der Telefonüberwachungsmaßnahmen in Sachsen-Anhalt entgegen dem Bundestrend im Jahr 2005 leicht gesunken ist. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade das sprunghafte Ansteigen der Anzahl der Überwachungsmaßnahmen im Bund, also in Deutschland insgesamt, lässt einen daran zweifeln, dass stets alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Überwachungsmaßnahme vorgelegen haben.

Im Zusammenhang mit der derzeitigen bundesgesetzlichen Regelung und der tatsächlichen Anwendung der Telefonüberwachungsmaßnahmen stellt sich eine Vielzahl von Fragen, die Sie auch unserem Antrag schon entnehmen konnten. Dabei ist sicherlich die Frage, wie lange eine solche angeordnete Maßnahme andauert, eine für uns sehr wichtige Frage, die im Rahmen einer Kleinen Anfrage - so hat es zumindest die Landesregierung dargestellt - leider nicht beantwortet werden kann.

Sollte dies auch im Rahmen der Ausschussberatung nicht möglich sein, werden wir uns wohl gezwungen sehen, eine Große Anfrage zu stellen, damit das Ministerium genügend Zeit hat. Ich werde nachher noch begründen, warum es so wichtig ist, vielleicht nicht für jeden Fall, aber für einen gewissen repräsentativen Anteil zu erfahren, wie lange solche Maßnahmen dauern und was als Ergebnis herauskommt, damit man die Effizienz einer solchen Befugnis auch einmal tatsächlich einschätzen kann.

Weitere Fragen sind: Wie hat sich bisher die Überwachung von Internetanschlüssen entwickelt und welche Entwicklung ist in Zukunft zu erwarten? - Sachsen-Anhalt hatte in den vergangenen Jahren in diesem Bereich spektakuläre Ermittlungserfolge. Ist das darauf zurückzuführen, dass in Sachsen-Anhalt verstärkt Internetanschlüsse überwacht werden - wobei die Zahl der Überwachungen wieder sinkt? Wie wird mit neueren technischen Entwicklungen wie dem Telefonieren über das Internet umgegangen? Wie wird das gewertet? - Auch das sind Fragen, die sich im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 100a und b StPO stellen.

Darüber hinaus - das wird Sie nicht verwundern, meine sehr verehrten Damen und Herren - gibt es natürlich auch politische Fragestellungen, die man durchaus beantworten muss. Wie geht man etwa mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur präventiven Telefonüberwachung um?

Ich bin bisher davon ausgegangen, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur präventiven Telefonüberwachung die Pläne, Telefonüberwachungen auch im präventiven Bereich durchzuführen, endgültig vom Tisch sind. Umso mehr hat es mich überrascht, dass die große Koalition in Schleswig-Holstein in dem Gesetzentwurf zur Anpassung der gefahrenabwehrrechtlichen Bestimmungen diesen Punkt erneut aufgegriffen hat und eine Regelung zur präventiven Telefonüberwachung treffen will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz noch einmal aus der bereits genannten Drs. 5/65 zitieren, also aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage. Damals habe ich gefragt - Zitat -: