Protokoll der Sitzung vom 26.06.2008

Wir kommen zur Frage 2. Sie betrifft die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung und wird von dem Abgeordneten Herrn Grünert von der Fraktion DIE LINKE gestellt. Die Antwort wird die Ministerin für Gesundheit und Soziales Frau Dr. Kuppe geben. Bitte schön. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Im Zusammenhang mit den Regelungen des Rettungsdienstgesetzes Sachsen-Anhalt

vom 21. März 2006 wurde die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung der Kassenärztlichen Vereinigung übertragen. Diese Regelung führte ab dem 1. Januar 2007 zu einer Leistungsneuvergabe der Luftrettung für zwei Jahre an die Universitätsklinik Magdeburg. Obwohl nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 des Rettungsdienstgesetzes ein Angebotsverfahren für die Vergabe von Luftrettungsleistungen vorgesehen ist, soll nach mir vorliegenden Informationen kein Ausschreibungsverfahren für den Zeitraum von 2009 bis 2010 durchgeführt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist dem Ministerium für Gesundheit und Soziales diese Gesetzesabweichung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung bekannt und, wenn ja, was wurde seitens des Ministeriums für die Einhaltung der gesetzlichen Normen unternommen?

2. Wie und unter welchen Bedingungen kann bei einer direkten Anfrage an wenige Leistungserbringer auf ein Ausschreibungsverfahren zur Vergabe der Luftrettungsleistungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 verzichtet werden und wie wird die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes wertneutral und verfahrensfehlerfrei sichergestellt?

Herzlichen Dank. - Für Beantwortung der Frage erteile ich Frau Ministerin Dr. Kuppe das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Grünert für die Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Für die Landesregierung haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt von einem Angebotsverfahren absehen wird. Dem Ministerium für Gesundheit und Soziales hat die KV mitgeteilt, dass sie beabsichtige, Angebote von den infrage kommenden Kliniken einzuholen.

Zu Frage 2: § 11 Abs. 1 des Rettungsdienstsgesetzes Sachsen-Anhalt verpflichtet den Träger des Rettungsdienstes, ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen. Träger des Rettungsdienstes für den Bereich der Luftrettung ist das Land. Die Vorschrift bindet nicht die Kassenärztliche Vereinigung. - Dies hatte die Landesregierung auf Ihre Kleine Anfrage, Herr Abgeordneter Grünert, in der Landtagssitzung am 25./26. Januar 2007 bereits mitgeteilt.

Wegen dieser Rechtslage ergibt sich daher nicht das Problem eines Verzichts auf ein Ausschreibungsverfahren nach dem Rettungsdienstgesetz. Die Kassenärztliche Vereinigung ist kraft Gesetzes Leistungserbringer mit der besonderen Aufgabe, die notärztliche Versorgung entsprechend § 3 Abs. 3 des Rettungsdienstgesetzes sicherzustellen, und zwar sowohl im bodengebundenen Rettungsdienst als auch in der Luftrettung.

Das von der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehene Angebotsverfahren hat sie im Rahmen ihres Rechtes auf Selbstverwaltung zu verantworten. Dabei darf sie ein so genanntes Verhandlungsverfahren durchführen, wie es dem § 101 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entspricht. Bei einem solchen Verfahren darf sich der Auftraggeber auch ohne vorherige öf

fentliche Aufforderung zur Teilnahme an ausgewählte Kliniken wenden, um über die Auftragsbedingungen zu verhandeln. Dieses Verfahren wird gewählt.

Vielen Dank für die Beantwortung der Frage.

Wir kommen zur Frage 3. Sie betrifft die Zuweisung an Gemeinden und Gemeindeverbände für Ausgaben der Tagesbetreuung in Tageseinrichtungen und Tagespflege und wird von der Abgeordneten Frau von Angern von der Fraktion DIE LINKE gestellt. Die Beantwortung der Frage erfolgt ebenfalls durch Frau Ministerin Dr. Kuppe. - Bitte schön, Frau von Angern.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Laut den Erläuterungen im Landeshaushalt 2008/2009 Einzelplan 05 Kapitel 05 17 Titel 633 63 fördert das Land ab September 2008 im Durchschnitt zwei Stunden Vor- und Nachbereitung je Woche pro Einrichtung sowie Angebote zur Verbesserung der vorschulischen Bildung. Hierfür sind für das Jahr 2008 1 751 000 € und für das Jahr 2009 3 101 900 € zusätzlich in den Haushaltsplan eingestellt worden. Diese Mittel sollen den Einrichtungen gemäß ihrem Anteil an Kindern im letzten Kindergartenjahr zur Verbesserung der Bildung und damit der notwendigen Schulfähigkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Finanzierung des Bildungsangebotes soll im Rahmen der für die Kinderbetreuung insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel erfolgen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sind alle Voraussetzungen seitens der Landesregierung erfüllt, damit ab September 2008 eine Förderung im oben genannten Sinne realisiert werden kann?

2. Falls ja, in welcher Form werden die Träger von Kindertageseinrichtungen über die vorgenannten Ziele informiert und bei deren Umsetzung unterstützt?

Herzlichen Dank. - Frau Ministerin, Sie beantworten jetzt die Fragen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Frau von Angern namens der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Eine rechtliche Grundlage für die durchschnittlich zwei Stunden Vor- und Nachbereitung je Woche und Einrichtung ist in Artikel 6 des Entwurfes eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung enthalten. Es wird durch Artikel 9 gewährleistet, dass die Regelungen zum 1. September 2008 in Kraft treten werden. Im Vorgriff auf diese Vorschriften wird durch das Landesjugendamt die Auszahlung der Mittel rechtzeitig gewährleistet werden, und zwar durch Erlass.

Weiterhin wird den Kindertageseinrichtungen durchschnittlich eine Stunde pro Woche und Einrichtung für

Angebote zur Verbesserung der Angebote der vorschulischen Bildung finanziert. Die Ausreichung der Mittel erfolgt im Wege der Zuwendung. Die entsprechende Richtlinie befindet sich in der Mitzeichnung und soll im Juli veröffentlicht werden. Eine Auszahlung der Mittel wird daher ab September 2008 gewährleistet sein.

Zu Frage 2: Die Träger der Tageseinrichtungen für Kinder werden rechtzeitig informiert. Hierzu werden die kommunalen Spitzenverbände, die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Landesverbände der Liga der Freien Wohlfahrtspflege im Juli ein Informationsschreiben meines Hauses erhalten, in dem die Aussagen zu den Zielen und den Verfahren dargestellt sind.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt eine Nachfrage von Frau von Angern. Bitte schön, Frau von Angern.

Frau Ministerin, nur noch einmal zum Verständnis: Sie sprachen eben davon, dass im Durchschnitt nur eine Stunde pro Einrichtung und Woche finanziell gefördert werden soll. Wir haben aber im Finanzausschuss hart gekämpft, um zu erreichen, dass in den Erläuterungen zwei Stunden stehen. Reicht das Geld dafür nicht aus oder welche Beweggründe gab es dafür?

Es sind zwei Stunden pro Einrichtung und Woche. Entschuldigung.

Meine Damen und Herren! Weitere Fragen sehe ich nicht. Damit ist die Fragestunde abgeschlossen und wir können jetzt in die Mittagspause eintreten. Wir sehen uns um 14 Uhr wieder. Guten Appetit!

Unterbrechung: 12.59 Uhr.

Wiederbeginn: 14.06 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir setzen unsere Beratungen mit dem Tagesordnungspunkt 5 fort. Dabei geht es um eine ureigene Angelegenheit des Landtages selbst. Es ist deshalb ein wenig verwunderlich, dass sich das Interesse in Grenzen hält

Ich rufe dennoch den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Beratung

a) Änderung der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt

Anträge der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/38 und 5/39

Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD und der FDP - Drs. 5/1271

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1275

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1273

Beschlussempfehlung des Ältestenrates - Drs. 5/1338

Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1363, 5/1364, 5/1365 und 5/1366

b) Änderung der Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden

Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD und der FDP - Drs. 5/1272

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1284

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Petitionen - Drs. 5/1313

Ich bitte nun den Abgeordneten Herrn Gürth, als Berichterstatter zu Tagesordnungspunkt 5 a das Wort zu nehmen.

Herr Gürth, Berichterstatter des Ältestenrates:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der heutigen Sitzung des Landtages steht die zweite und damit abschließende Beratung der Änderung der Geschäftsordnung an. Ich bin vom Ältestenrat beauftragt worden, Ihnen Bericht zu erstatten.

Nach Artikel 46 Abs. 1 der Landesverfassung gibt sich der Landtag von Sachsen-Anhalt eine Geschäftsordnung. Kein Parlament, kein Regional-, kein Landesparlament, das die Bezeichnung „Parlament“ zu Recht führt, kann ohne eine Geschäftsordnung zur Regelung seines inneren Verfahrens auskommen. Auch unsere demokratische Verfassung gewährleistet deshalb die Satzungsautonomie des Landtages, was uns nicht mehr und nicht weniger aufgibt, als uns in autonomer Entscheidung selbst zu organisieren und uns dadurch in den Stand zu versetzen, die durch die Landesverfassung zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.

Dabei hat das Parlament - so das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung im 80. Band - einen allgemein weiten Gestaltungsraum. Unsere Regelungsmacht ist dabei nicht unbegrenzt. Sie besteht nur im Rahmen der Verfassung. Aber der zweite Präsident des Deutschen Bundestages, Hermann Ehlers, hat einmal erklärt, eine Geschäftsordnung sei kein Gesetzbuch, das auf lange Zeit einen Bereich des rechtlichen Lebens ordnen soll.

Die weitreichende Regelungsautonomie und die doch einfache verfahrensrechtliche Möglichkeit, auch unsere Geschäftsordnung zu ändern oder im Einzelfall von ihr abzuweichen, scheint diese These zu stützen. Und doch zeigt auch die Entwicklung der Geschäftsordnung unseres Landesparlaments, dass parlamentarische Verfahrensregeln einer stärkeren Beharrung unterliegen als Gesetze und dass umfassende Reformen nur insoweit in Angriff genommen werden, als diese als pragmatische Anpassung an veränderte Gegebenheiten zur Rationalisierung der Arbeit erforderlich scheinen. Ein großer Durchbruch ist nicht gelungen; dennoch werden viele wichtige Veränderungen umgesetzt.