Protokoll der Sitzung vom 09.10.2008

Das alles ist in diesen acht Punkten, über die jetzt beim IWF und bei der EU diskutiert werden soll, im Entwurf enthalten. Wenn sich diese acht Punkte durchsetzen, dann wird es von ganz allein eine Abkühlung geben.

Aber, Herr Thiel, im Moment geht es darum, Schadensbegrenzung zu erreichen. Diese Debatte darüber, dass Amerikaner Banken verstaatlichen - das betrifft das, was ich vorhin bereits angesprochen habe - wird uns noch viele Spielräume geben, um den Banken die Leitplanken zu zeigen. Aber ich sage auch, Herr Thiel, es hat keinen Sinn zu glauben, dass wir den Markt abwürgen könnten. Eine Überregulierung wäre genauso schädlich wie der freie Markt.

Es ist nicht so, dass öffentliche Banken nur Gutes getan haben. So manche Landesbank, die übrigens unter der öffentlichen Hand läuft, hat auch so ihre Schwierigkeiten.

(Zustimmung von Herrn Wolpert, FDP)

Aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen.

Vielen Dank. - Herr Tullner, Sie haben das Wort, danach Herr Gallert.

Herr Präsident, ich möchte keine Frage stellen, sondern eine Intervention machen, weil ich weiß, was sich im Protokoll festsetzt.

Ich finde es gut, was die Kanzlerin macht - und natürlich auch das, was Herr Steinbrück macht. Aber dazu, dass der Eindruck entsteht, Herr Tullner begibt sich auf den Ausflug in die weltweite Finanzpolitik, will ich an dieser Stelle richtigstellen, dass die Pressemitteilung - das stand übrigens auch darin - ein Ausfluss einer Tagung der Finanzsprecher aller 16 Bundesländer der Union war, die sich mit Herrn Jaschinski von der Landesbank Baden-Württemberg, einer nicht ganz unmaßgeblichen Bank, über die Weltwirtschaftskrise, die sich vielleicht

vermeiden lässt, aber zumindest im Raum steht, unterhalten haben. Ausfluss dessen war diese Pressemitteilung, die ich hier wiedergegeben habe - damit das klar ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Dann kommt die nächste Frage. Herr Gallert, bitte schön.

Trotzdem darf ich feststellen, dass die Koalition bei diesem Thema dicht beieinandersteht.

(Herr Kurze, CDU: Richtig! - Herr Tullner, CDU: Dichter geht es nicht mehr!)

Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Ich habe eine Bemerkung und eine Frage. Herr Bullerjahn, Sie sprachen kurz über Klassenkampf und Klassenkampfparolen. Dazu will rückblickend Folgendes sagen: Vor 14 Tagen wäre die Verstaatlichung der HRE wahrscheinlich nur von der MLPD gefordert worden.

(Herr Tullner, CDU: Na, Sie sicher auch! - Oh! bei der CDU)

- Herr Tullner, warten Sie mal ab! - Seit einer Woche machen es die MLPD und der Bundesverband der deutschen Banken.

Ich stehe dem übrigens nach wie vor ausgesprochen kritisch gegenüber. Jetzt kommt es, Herr Tullner: Wissen Sie, warum ich kritisch bin? - Weil bei dieser Geschichte, wie sie jetzt läuft, tatsächlich das eintritt, was Sie in der Überschrift Ihrer Pressemiteilung zum Ausdruck gebracht haben: Dann werden die Verluste, wenn es so läuft, wie es jetzt gemacht wird, wieder sozialisiert und die Gewinne wieder privatisiert.

An dieser Stelle muss man sich entscheiden, ob man es ganz oder gar nicht macht. Diese Frage muss man sich dabei wirklich einmal stellen.

Ich will aber, nachdem sich die Fronten im Klassenkampf zwischen der MLPD und dem Bundesverband der deutschen Banken dermaßen durchmischen, eine ganze andere Frage aufstellen, die etwas mit Sachsen-Anhalt und der NordLB zu tun hat. Die NordLB hat uns aufgeschrieben - -

Man muss auch deutlich sagen, dass die NordLB trotz der 3 Millionen € mit den Lehman Brothers bisher nur marginal von dieser Geschichte betroffen ist. Die NordLB ist eine derjenigen Banken, die bewiesen hat, dass sie als öffentlich-rechtliche Bank bisher viel besser als die meisten privaten Banken mit dieser ganzen Situation umgegangen ist.

Auch das kann man in diesem Landtag einmal sagen, weil ansonsten öffentliche Banken viel geschmäht werden, unter anderem von Herrn Blum, der offensichtlich nicht weiß, was bei den privaten los ist, wenn er solche Aussagen tätig.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Ich will aber eine andere Frage stellen: Wissen Sie in Ihrer Funktion als Finanzminister eines der Gesellschafter der NordLB etwas darüber, inwieweit die NordLB bei der Risikoabschirmung der HRE, die insgesamt 8,5 Milliarden € von privaten Banken - so ist es artikuliert worden - bereitgestellt bekommt, oder andere Landesbanken oder vielleicht sogar Sparkassenverbände mit herangezogen werden?

Drei, vier Bemerkungen. Erstens. Es sei Ihnen gegönnt. Diese Aktuelle Debatte wirft gerade diese gesamte politische Debatte um die Frage Staat, Finanzen, Privatsektor völlig durcheinander. Ich muss sagen, es ärgert mich schon, dass diejenigen, die die größten Protagonisten des privaten Bankensektors sind, nämlich die Bankenverbände, als Erstes nach dem Staat gerufen haben und jetzt permanent die Arbeit des Staates, der Finanzminister, wie auch immer, bewerten und sagen: Da sollten Sie mal ein bisschen offensiver hineingehen.

Ich verstehe die Steuerzahler, wenn sie jetzt wütend sind. Denn es wird genau so kommen, wie Sie sagen, Herr Gallert: Das, was an Schrott liegen bleibt, wird sozusagen auf alle verteilt werden, und zu dem, was nachher wieder gut läuft, sagt man heute schon: Da soll sich der Staat sofort wieder zurücknehmen. Das kann ich und das will ich auch keinem mehr im Land erklären. Wir könnten da konsequent sagen: Dann lasst uns die Staatsbank behalten. Dann bin ich vielleicht auch mal bei den guten Dingen dabei und gewinne auch mal etwas.

Nur meine ich - da bin ich wieder bei den beiden Landesbanken, die ich eben angesprochen habe -, dass eine Bank öffentlich geführt wird, ist nicht per se ein Ausweis, dass sie automatisch besser ist. Am Ende stehen immer Personen an der Spitze eines Unternehmens, einer Bank, die entweder verantwortungsvoll damit umgehen oder die Mist machen. Da ist es fast egal, ob sie eine öffentliche Bank führen oder eine private.

Es hätte selbst in privaten Banken nie so weit kommen dürfen. Denn da haben auch viele Aktionäre unheimlich viel Geld verloren. Ich frage mich auch, wo sie ganze Zeit hingeschaut haben, dass das so weit kam. Das finden sie wahrscheinlich auch nicht lustig, genauso wenig wie der Staat. Aber der Steuerzahler bzw. die öffentliche Hand ist jetzt der Letzte.

Es gab Heerscharen von Talkrunden, in denen sich Leute das Maul zerrissen haben - lassen Sie es mich so platt sagen -, es sollte noch überlegt werden, ob der Staat eingreift oder nicht. Der Staat hat das aus einem einzigen Grund gemacht: Wenn er nicht eingegriffen hätte, sähe es heute viel dramatischer aus, weil die Banken sich untereinander nicht mehr über den Weg trauen. Die Banken haben es angerichtet und als Zweites trauen sie sich nicht über den Weg, bunkern und sehen zu, wie die Wirtschaft, die damit vielleicht gar nichts zu tun hat, jetzt auch noch mit abschmiert. Dann rufen diejenigen nach dem Staat, die das jahrelang verhindert haben und die damit eine Menge Geld verdient haben.

Das ist schlecht. Das kann DIE LINKE jetzt nach außen zeigen und auch klar betiteln. Nur, es nützt nichts; Sie müssen da heran. Das meinte ich vorhin mit „Klassenkampf“. Falsch wäre, jetzt völlig ins Gegenteil zu schlagen, also davon auszugehen, dass ein staatlicher Bankensektor alles ganz anders und alles besser ma

chen würde. Das, glaube ich, sollte nicht unser Bestreben sein.

Ich stehe nach wie vor zu diesem Dreisäulenmodell in Deutschland: Sparkassen, Genossenschaftsbanken und die Privatbanken. Das hat sich bewährt. Es sind in allen drei Säulen Fehler gemacht worden. Es gab in allen drei Säulen Selbstreinigungstendenzen; denn auch die Sparkassen haben ihren Weg noch nicht zu Ende beschritten. Es gibt eine funktionierende Aufsicht, die vielleicht in Zukunft stärker hinschauen wird, als das bisher der Fall war.

Deutschland - ich glaube, auch die deutsche Wirtschaft, die deutsche Wirtschaftspolitik - fährt mit dieser Finanzierungsstruktur nicht schlecht. Ich glaube, es wird auch eine Chance für Deutschland sein, wenn vieles sich hoffentlich bald relativiert, dass viele diesem System folgen und dass zuerst diejenigen wieder in Tritt kommen, die die größte Liquidität haben - das sind deutsche Banken, das ist die deutsche Volkswirtschaft -, sodass andere, die wie die Amerikaner jahrelang brauchen werden, um wieder richtig Fuß zu fassen, sich in der Zwischenzeit an denen werden ausrichten müssen, die diese Krise besser überstehen.

Ich finde sie nicht gut, ich hätte das nicht gebraucht; mein Geld ist es auch nicht. Die Banker haben uns auch vorher nicht gefragt. Kein Mensch kann heute richtig erklären, warum man das den Menschen in Amerika angetan hat, ihnen ohne Bonitätsprüfung Kredite zu geben und sie ins Elend rennen zu lassen. Aber das ist Geschichte, so schlimm das alles ist. Es wird auch lange dauern, ehe wir den Bürgerinnen und Bürgern so viel Vertrauen wiedergegeben haben, dass sie nicht mehr bei der Sparkasse stehen und fragen: Ist mein Geld sicher?

Was die NordLB anbetrifft, Herr Gallert, will ich fragen. Eigentlich war es eine Verabredung der Privatbanken, also dürfte die NordLB nicht beteiligt sein. Aber ich will gern bis Mittwoch noch einmal nachhaken. Ich habe mich mit diesem Thema nicht beschäftigt; denn wir hatten mit dem anderen Themenbereich zu tun: Was macht die öffentliche Hand? - Ich habe die NordLB nur gebeten - das ist gestern erfolgt -, einen Statusbericht über ihre Eigengeschäfte abzugeben. Das sieht gut aus. Übrigens, die 3 Millionen €, die Sie der NordLB untergeschoben haben, betreffen das Land.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Noch schlimmer!)

- Ach, noch schlimmer. Bei den Umsätzen und den Renditen, die wir dort haben. - Deswegen möchte ich die NordLB da nicht fälschlicherweise in Haftung nehmen. Ich sage von mir aus zu, dass Sie am Mittwoch wieder eine überarbeitete Vorlage bekommen, wie der Stand ist. Uhrzeitgenau Mittwoch früh für Sie aktuell zum Nachlesen.

Herr Minister, es gibt noch eine letzte Frage, eine Frage des Abgeordneten Herrn Borgwardt. Wenn Sie diese noch beantworten würden, könnten wir dann mit den Debattenrednern fortfahren.

Ich hatte eine Besprechung draußen und habe die für meine Begriffe sehr berechtigte Frage von Herrn Gallert gehört und bin mal schnell hereingekommen. Ich gehe

davon aus, Herr Finanzminister, Sie kennen auch die Schnellinformation des OSV Nr. 234.

Wissen Sie, wenn ich so weit bin, dass ich alle Schnellnachrichten auswendig kann, dann höre ich langsam mit dem Job auf. Ich versuche, so viel wie möglich mitzubekommen.

Ich will Ihnen ja gern helfen.

Danke schön.

Ich zitiere aus dieser Schnellinformation:

„Über eine zu gründende Zweckgesellschaft soll die HRE-Liquiditätshilfe gewährt werden. Die dazu notwendigen Ausfallgarantien sollen sich bis zu einem Betrag von 14 Milliarden € im Verhältnis 60 : 40 Finanzwirtschaft und Bund teilen.“

Für die Finanzwirtschaft bedeuten dies 8,5 Milliarden €. Jetzt sage ich Ihnen gleich, wie viel das bedeutet. Das ist untergliedert: Einlagensicherung BdB - darauf sind Sie eingegangen -, Sparkassen und Landesbanken haben also 1,6 Milliarden € zu schultern.

Okay.

Könnten Sie uns vielleicht nachreichen, was das für unsere Landesbank bedeutet?

Das mache ich auf alle Fälle. - Für uns war am Montag, als wir zusammensaßen, wichtig, dass erstens die öffentliche Hand nicht prozentual weiter mit herangezogen wird. Wir haben die Banken gebeten, das unter sich auszumachen. Für die Konkretisierung bin ich Ihnen dankbar.

Zweitens hoffen wir, dass es das Ende der Fahnenstange ist. Denn nach der Frage vom Sonntag war das Zutrauen zur HRE nicht besonders groß. Bisher haben wir nichts Neues gehört und hoffen, dass es damit erst einmal reicht.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)