Vielen Dank, Herr Abgeordneter Krause, für die Einbringung. - Es ist mir signalisiert worden, dass Minister Herr Dr. Daehre für die Landesregierung das Wort nehmen wird. Herr Daehre, bevor Sie sprechen, möchte ich Damen und Herren aus Hettstedt auf der Nordtribüne begrüßen, die sich für unsere Parlamentsarbeit interessieren. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherlich hatten Sie jetzt berechtigterweise Frau Ministerin Wernicke erwartet. Frau Wernicke ist erkrankt. Ich denke, auch in Ihrem Namen zu sprechen, wenn ich ihr von hier aus alles Gute und Gesundheit wünsche.
Ich kann Ihnen erfreulicherweise aber auch sagen, dass sie in der nächsten Woche wieder im Amt sein wird - das vorweg.
Zum eigentlichen Thema. Meine Damen und Herren! Der Gesundheitscheck ist das agrarpolitische Topthema dieses Jahres. Ich denke, darin sind sich nahezu alle einig. Bereits im Januar 2008 hat der Landtag in diesem Zusammenhang die Landesregierung gebeten. sich dafür einzusetzen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der
Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt nicht gefährdet wird. Sie erinnern sich sicherlich an diesen Beschluss, der eine Reihe von wichtigen Punkten enthält, unter anderem die Ablehnung einer betriebsgrößenabhängigen Zahlungskürzung.
Diesen Auftrag nehmen die Landesregierung und das zuständige Ministerium sehr ernst. Herr Staatssekretär Dr. Aeikens hat erst kürzlich in der Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 24. September 2008 unsere diesbezüglichen Aktivitäten umfassend dargestellt.
Wir haben sowohl auf der Brüsseler Ebene als auch auf der Bundesebene unsere Position stets deutlich gemacht. Die ostdeutschen Länder, die von einer betriebsgrößenabhängigen Kürzung der Direktzahlungen am stärksten betroffen sind, haben eindrucksvoll auf die damit verbundene Wettbewerbsverzerrung hingewiesen.
Ein erster Erfolg ist sicherlich, dass sich die Legislativvorschläge der Kommission zahlenmäßig bereits deutlich von dem ersten Vorschlag unterscheiden. Waren zunächst Kürzungen - wie eben angeklungen - von bis zu 45 % vorgesehen, finden sich in den Legislativvorschlägen nur noch 9 %. Aber auch damit wollen wir uns nicht zufrieden geben.
Es gab Gespräche mit Frau Fischer Boel; Herrn Professor Borchert, Kabinettsmitglied der Generaldirektion Landwirtschaft der Kommission, konnten wir bei einer Veranstaltung mit europäischen Regionen in Brüssel begrüßen. Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder haben sich im Februar dieses Jahres in einem Schreiben an den Präsidenten der EU-Kommission Herrn Barroso gewandt. Auch wenn uns bisher die Antworten noch nicht befriedigt haben, ist unser Problem in Brüssel angekommen und unsere Bedenken werden ernst genommen. Ich denke, wir haben auf europäischer Ebene alle Möglichkeiten genutzt.
Wichtig ist jedoch auch, dass die Bundesländer hinter dem Bundesratsbeschluss stehen, mit dem sie die progressive Modulation ablehnen. Das tun sie, auch wenn zwischenzeitlich Veröffentlichungen in der Presse ein anderes Bild gemalt haben. Die Länder bekräftigten in der letzten Agrarministerkonferenz im Mai 2008 ihre ablehnende Haltung gegenüber einem solchen Instrument. Auch die Bundeskanzlerin wurde an ihr Versprechen erinnert.
Erst kürzlich haben die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder in einem gemeinsamen Schreiben auf die Aussagen in dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD verwiesen. Dass alle Unternehmen unabhängig von ihrer Betriebsgröße, dem Produktionsprofil und der Rechtsform gleichberechtigt wirtschaften können und größenbezogene Kappungsgrenzen abgelehnt werden, darf nicht eine leere Aussage bleiben. Die progressive Modulation ist ein Punkt, den wir nicht kampflos hinnehmen.
Aber mit dem Gesundheitscheck sind auch noch andere Problembereiche verbunden, die Einfluss auf die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt haben können. Ich denke dabei an den Milchquotenausstieg, der mit geeigneten Maßnahmen flankiert werden muss, oder an das Feld Cross-Compliance und die damit verbundene Forderung nach Bürokratieabbau.
All dies sollte nicht unberücksichtigt bleiben. Es ist in dem bereits genannten Beschluss des Landtages enthalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir benötigen keinen neuen Arbeitsauftrag. Von der Landesregierung, vom Ministerium ist alles getan worden, sodass wir den Antrag nicht mehr benötigen. Es ist alles auf den Weg gebracht worden. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister, für Ihren Beitrag in Vertretung der Ministerin Frau Wernicke. - Wir kommen zu den Debattenbeiträgen. - Herr Minister, der Abgeordnete Herr Kosmehl möchte gern noch eine Frage stellen. Wenn Sie diese beantworten wollen? - Das machen Sie. Bitte schön.
Herr Minister Daehre, ich würde gern eine Frage zu der politischen Situation stellen, die wir gerade erleben. Sind Sie sich darin sicher, dass Deutschland seine Position beim EU-Agrarministerrat im November/Anfang Dezember vertreten kann, auch wenn Minister Seehofer, der lange auch in Brüssel für das Anliegen gekämpft hat, Ministerpräsident in Bayern geworden ist?
- Ist ja richtig. - Nein, ich war noch nicht fertig. Wenn eine Fachfrage gestellt worden wäre, die ich nicht gut beantworten kann, dann hätte ich gesagt: Sie bekommen die Antwort schriftlich.
Ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass wir eine gute Lösung finden, dass die Interessen auch ohne Herrn Seehofer vertreten werden. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Beantwortung. - Wir treten in die Debatte ein. Erster Debattenredner ist der Abgeordnete Herr Daldrup für die CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Daldrup, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Worten der Ministerin, vorgetragen durch den Minister, ist inhaltlich nichts hinzufügen. Wir können feststellen, dass mit dem Beschluss vom 24. Januar 2008, den der Landtag einstimmig gefasst hat, die Ministerin die größtmögliche Unterstützung dieses Parlaments hat. Es ist nicht allgemein üblich, sondern eine Ausnahme, dass eine Ministerin, die Landesregierung vom gesamten Parlament eine solche Unterstützung erfährt. Deshalb ist es, denke ich, zu Recht so, dass dieser Beschluss von der Landesregierung bis zum heutigen Tag voll und ganz umgesetzt worden ist.
Wir sind deshalb der Auffassung, dass wir einen zusätzlichen Beschluss dazu nicht brauchen. In den zehn Punkten, die in dem Beschluss angeführt sind, ist alles enthalten, was auch heute noch Relevanz hat. Der Inhalt des Beschlusses deckt sich auch mit dem, was Herr Krause vorgetragen hat. Herr Krause, wenn ich die Grundintention anspreche, dann meine ich genau das, was in dem Beschluss steht. Ich zitiere:
„Wir begrüßen die Bemühungen der EU, die Betriebsprämienregelung effektiv, effizient und einfach gestalten zu wollen.“
Dass ist die Grundintention, die dabei herauskommen muss. Insofern haben Sie etwas kritisiert, was Sie selbst mit beschlossen haben. Das können wir nicht ganz nachvollziehen. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen.
Vielen Dank, Herr Daldrup, für Ihren Beitrag. - Wir kommen jetzt zum Debattenbeitrag der FDP. Es spricht der Abgeordnete Herr Hauser. Bitte, Herr Hauser.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes möchte ich namens der FDP-Fraktion der Frau Ministerin herzliche Genesungswünsche übermitteln und gute Besserung wünschen.
Wir wollen hoffen, dass Sie bald wieder da ist und wir wieder herzhaft um die Sache streiten können.
Zweitens. Herr Minister Daehre, Sie haben perfekt vorgetragen. Sie könnten genauso gut auch Landwirtschaftsminister sein.
Drittens. Ein Wermutstropfen. Was mich ärgert und was unglücklich ist, ist, dass die Schüler der Agrarschule Haldensleben genau jetzt nicht mehr da sind. Es müsste doch künftig möglich sein - wir haben so viele Plätze frei -, dass sie solche wichtigen Debatten mitbekommen.
Zum Eigentlichen. Perspektiven für die gemeinsame EUAgrarpolitik im besonderen Blickwinkel des gesonderten Gesundheitschecks und Zwischenbilanz. Grundsätzliches: Ich sehe Probleme. Je mehr wir in der Sache debattieren, umso mehr höre ich die Unterschiede heraus.
Erstens. Wo bleibt die Verlässlichkeit der EU-Agrarpolitik? Wo bleibt die in so vielen Reden von Politikern gepriesene Planungssicherheit für die Agrarunternehmen im Land? - Wir sprechen immer wieder von generationenübergreifenden Investitionen, vor allem bei Gebäuden, von der Technik, von zehnjährigen Investitionen.
Was mich sehr umtreibt und immer wieder das Problem sein wird, ist die Frage: Wie erhalten wir künftig die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in SachsenAnhalt, und zwar ganzflächig, nicht nur in der Magdeburger Börde, in der Altmark, im Fläming und im Harz? - Das treibt mich um.
Die erst vor ein paar Jahren erfolgte Neuausrichtung in der höchst komplizierten EU-Agrarpolitik kommt mit der so genannten Halbzeitbewertung nicht zur Ruhe. Sie wird in Brüssel bereits wieder umgestrickt.
Erschwerend kommt hinzu- was den Sachverhalt noch komplizierter macht -, dass mittlerweile vier Interessenvertretungen allein in Sachsen-Anhalt Agrarinteressen vertreten, die leider nicht deckungsgleich sind.
Bei der ganzen Misere kommt hinzu, dass das von der EU ausgeschüttete Geld natürlich weniger wird. Also, die Problemstellung ist die betriebsgrößenabhängige Degression und Modulation der Gelder von der Lebensmittelproduktion hin zur ländlichen Funktion vor dem Hintergrund zukünftig weiterhin sinkender Beihilfen. Im Jahr 1990 wurden 63 % des EU-Haushalts für diese Beihilfen ausgegeben. Deren Anteil soll bis zum Jahr 2013 auf 30 % des EU-Haushalts sinken.
Die derzeitigen finanziellen Aufwendungen betragen vonseiten der EU 55 Milliarden €. Jetzt kommt es: 14 Milliarden € Ausgaben der nationalen Mitgliedstaaten. Zielsetzung der EU - der Kollege Kosmehl vom Europaausschuss hat mir das alles übergeben und ich staune -: Die gemeinsame Agrarpolitik der EU ersetzt zukünftig nationale Politiken und somit auch einzelstaatliche Ausgaben für die Landwirtschaft.
Das ist ein horrend wichtiger Punkt. Die Gelder werden weniger. Ein neuer Verteilungskampf und vor allem ein neuer Verteilungsmodus beginnt. Obwohl - daran will ich gar nicht mehr erinnern - im Jahr 2001 Chirac und Schröder die damalige Deckelung der EU beschlossen haben, Rumänien und Bulgarien hinzugekommen sind, werden die Fakten jetzt permanent verschärft.
Was wollen wir als FDP? - Zielvorstellungen: Um von diesem EU-Topf unabhängiger zu werden, weil wir wissen, es gibt immer schneller weniger Geld, müssen unsere Betriebe trotz des Auf und Ab auf den freien Märkten zunehmend besser bestehen können. Ich weiß, dass das 19 Jahre nach der Wiedervereinigung schwierig ist, zum Beispiel wegen der Kapitaldecke.
Über alle diese Probleme haben wir schon diskutiert. Ich schlage vor - ich gebe auch zu, ich bin relativ hilflos -, die Reduzierung dieser Beihilfebeträge soll mehr nach der Bodengüte geschehen. Also: Der, der einen schlechteren Boden hat, soll mehr verschont werden. Wer einen besseren Boden hat, soll stärker herangezogen werden. Aber bitte nicht an den Betriebsstrukturen herumfummeln.