Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Das hieße, dass CDU und LINKE miteinander koalieren. Aber das, Herr Scharf, wollen wir uns doch wohl beide nicht antun, oder?

(Heiterkeit und Zustimmung bei der LINKEN)

Zur letzten Frage, Herr Gallert, will ich einmal sagen: Das wäre mir zu anstrengend.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Mir auch!)

Das möchte ich mir eigentlich nicht antun, muss ich ehrlich sagen.

Dann bitte die Frage von Frau Dr. Hüskens.

Ich habe eine ganz konkrete Nachfrage, weil Sie uns empfohlen haben, Datenschutz und Kinderschutz nicht gegeneinander auszuspielen. Da mir aufgefallen ist, dass das in der Öffentlichkeit nicht richtig herübergekommen ist, vermute ich einmal, dass darüber auch bei Ihnen nicht im Detail diskutiert worden ist.

Der Kinderschutz, den Sie in dem Gesetz haben, ist freiwillig. Das heißt, die Leistung, zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen, ist nach wie vor freiwillig. Auf der anderen Seite gehen Sie aber hin und begründen einen verpflichtenden bürokratischen Meldegang mit dieser Datensammelwut, die dahinter steht. Können Sie mir einmal erklären, für welches Mehr an Kinderschutz ich denn den Datenschutz bzw. das Recht auf meine persönlichen Daten aufgebe?

(Zustimmung bei der FDP - Frau Budde, SPD: Kann er! - Minister Herr Dr. Daehre: Oh!)

Frau Dr. Hüskens, ich glaube, Sie wissen sehr genau darüber Bescheid, dass Sie bei Problemfamilien nur dann nachfragen können, wenn Sie zuvor erst einmal erkennen, welche Familien überhaupt Problemfamilien sind.

(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

Damit verletzen Sie noch keinen Datenschutz. Damit stellen Sie die Familien auch nicht unter einen Generalverdacht. Das muss ich an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen. Die Nachfrage muss erlaubt sein. Das Material für die Nachfrage muss erarbeitet werden. Wenn wir das mit diesem Gesetz vernünftig hinbekommen, dann bin ich dafür. Das sage ich ganz klar.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU, von Frau Budde, SPD, und von Herrn Bischoff, SPD)

Frau Hüskens hat noch eine Nachfrage. Bitte.

Um es einmal ganz klar zu machen: Es gibt kein Erkenntnisproblem bei Problemfamilien. Die sind dem Jugendamt auch heute alle schon bekannt.

(Beifall bei der FDP - Herr Kosmehl, FDP: Alle Fälle sind bekannt!)

Das heißt, was wir derzeit tun, ist, dass wir Daten sammeln und Eltern gegebenenfalls unter Verdacht stellen, die ihr Kind zum Beispiel in Potsdam zum Kinderarzt bringen. Dann steht auf einmal das Jugendamt vor der Tür. Das kommt übrigens nicht rein. Das ist das ganz Tolle.

(Unruhe bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Herrn Schwenke, CDU)

Wenn wir jetzt über die Familien reden, die Sie im Auge haben - ich sage einmal: Vater groß und kräftig, ein Schrank -, dann führt das dazu, dass er der freundlichen Jugendamtsmitarbeiterin sagt: Zeigen Sie mir bitte einmal die Zugangsberechtigung. Dann geht die zum Richter. In der Begründung Ihres eigenen Gesetzentwurfes steht aber drin, dass das Fehlen bei den Vorsorgeunter

suchungen maximal ein Indiz sein kann. Das heißt, die Mitarbeiterin bekommt überhaupt keinen Zutritt.

(Herr Tögel, SPD: Thema verfehlt!)

Sie sammeln also Daten über unbescholtene Bürger, ohne dass Sie das Jugendamt ermächtigen, irgendwo hingehen zu können.

(Beifall bei der FDP - Frau Budde, SPD: Haben Sie einen Vorschlag, Frau Hüskens?)

Herr Scharf, das war mehr eine Intervention. Aber wenn Sie trotzdem antworten wollen, bitte schön.

Ich möchte meinen lieben Kolleginnen und Kollegen der FDP doch einmal den Rat geben, sich nicht in solche Sophistik zu versteigen.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Das hat mit Sophistik nichts zu tun!)

Wenn wieder ein Fall passiert, meine Damen und Herren, dann ist das Gejammer auch in diesem Landtag groß. Ich denke, wir sollten jetzt nach einer verfassungskonformen Lösung suchen.

(Herr Wolpert, FDP: Die ist doch nicht verfas- sungskonform! - Frau Dr. Hüskens, FDP: Ist es nicht!)

Ich bin durchaus der Auffassung, dass wir an dieser Stelle auch ein Erkenntnisproblem haben. Die Detaildiskussion sollten wir nicht in der Aktuellen Debatte, sondern in den betreffenden Ausschüssen führen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Scharf. - Ich sehe keine weiteren Fragen, meine Damen und Herren. Beschlüsse zur Sache werden nach § 46 unserer Geschäftsordnung nicht gefasst. Damit ist die Aktuelle Debatte abgeschlossen.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 1 aufrufe, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Domgymnasiums Naumburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aussprache zur Großen Anfrage

Darunter finden sich zwei Großen Anfragen. Ich rufe die erste Große Anfrage auf:

Kulturelle Daseinsvorsorge

Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1235

Antwort der Landesregierung - Drs. 5/1412

Wir haben im Ältestenrat eine Redezeit von 45 Minuten vereinbart. Dies entspricht der Redezeitstruktur C.

Ich erteile dem Fragesteller, der Fraktion DIE LINKE das Wort. Es spricht der Abgeordnete Herr Gebhardt. Bitte schön.

Danke sehr, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Auch wenn einige Abgeordnete zu dieser Debatte jetzt den Saal verlassen, behaupte ich trotzdem, dass Sachsen-Anhalt ein Kulturland ist;

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

denn es verfügt über ein dichtes Netz an kulturellen Angeboten. Diese Angebote sind für die Lebensqualität der hier lebenden Menschen unersetzlich. Dass diese Angebote ein großes touristisches Potenzial darstellen, ist, glaube ich, unstrittig.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die wichtigen kulturellen Einrichtungen zum Großteil in kommunaler Trägerschaft befinden. Ich behaupte, dennoch hat das Land eine eigene Verantwortung für das kulturelle Netz in unserem Land insgesamt. Wer das nicht glaubt, der möge in unsere Verfassung sehen. In der Landesverfassung ist Kultur als Staatsziel verankert.

Wie ist es nun im Jahr 2008 um die Kulturlandschaft in Sachsen-Anhalt bestellt? Wie dicht ist das kulturelle Netz und wie ist es für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes nutzbar?

Diese Fragen standen für meine Fraktion im Mittelpunkt und veranlassten uns, eine Große Anfrage zur kulturellen Daseinsvorsorge an die Landesregierung zu richten. 129 Einzelfragen wurden der Regierung gestellt, welche zum Teil sehr umfangreich waren und zum Teil wenig befriedigend beantwortet wurden.

Zu den Erkenntnissen im Einzelnen.

Meine Damen und Herren! Auch die letzte Haushaltsberatung hat es gezeigt: Die Theater in unserem Land genießen einen hohen Stellenwert. Ihre Angebote werden von unserer Bevölkerung außerordentlich gut wahrgenommen; denn trotz der seit Jahren anhaltenden negativen demografischen Entwicklung konnten die Zuschauerzahlen der elf professionellen Theaterensembles in unserem Land weitgehend stabil gehalten werden.

In jeder Spielzeit lockten die Theater mehr als 900 000 Zuschauer mit ihren Aufführungen an. Diese Konstanz, denke ich, ist ein großer Erfolg für die Bühnen. Es ist ihnen gelungen, eine feste und auch ständig nachwachsende Zuschauergemeinde aufzubauen. Vor allem der Erfolg bei Kindern und Jugendlichen ist aus meiner Sicht nicht hoch genug einzuschätzen. Bis zu 30 % beträgt der Anteil von Kindern und Jugendlichen, gemessen am Gesamtpublikum. Ich denke, das ist ein außerordentlich guter Wert.

Erfreulich ist auch, dass alle professionellen Theater im Land eine feste Kooperationspartnerschaft oder mehrere Partnerschaften mit allgemeinbildenden Schulen unterhalten. In fast allen Theatern wird eine engagierte Theaterjugendklub-Arbeit geleistet.