Nun könnte man fragen, warum die Liberalen erst jetzt damit kommen. Zudem könnte man sagen, dass die Landesregierung doch eine ständige Aufgabenkritik und Evaluierung betreibt.
Zum Ersten kann man sagen: Die Zeit und die Erfahrungen der bisherigen Anhörungen haben gezeigt, dass das wirklich ein ernsthafter Konflikt ist. Der jetzige Zwischenbericht, der eine Bestandsaufnahme, ein Arbeitsbericht ist, der darstellt, was wir bisher getan haben, ist ja noch keine zwischen den Fraktionen abgestimmte Variante und Meinungsäußerung; die Meinungen der Fraktionen sind vielmehr ungekürzt hineingeschrieben worden.
Zum Zweiten kann man sagen, dass sich die Landesregierung sehr wohl, und zwar in allen Legislaturperioden, mit Aufgabenkritik beschäftigt. Aber ernsthafte Versuche, einen Aufgabenverzicht durchzusetzen und
Mehrheiten zu finden, um tatsächlich auf irgendetwas zu verzichten, finden sich wenige. In so genannten großen Koalitionen ist das noch schwieriger als in anderen Konstellationen.
Zum Abschluss kurz zu den Schwerpunktbereichen Polizei und Schule. Das sind die beiden Bereiche, in denen die wichtigen Probleme ungünstige Altersstruktur, hohe Zahl von Altersabgängen in den nächsten Jahren und ungleiche Verteilung der Qualifikationen offensichtlich sind.
Bei der Polizei - das klang schon an - ist das größte Problem, dass die jungen Beamten vom Eintritt in die Polizeiausbildung bis zur Einsatzbereitschaft vor Ort sechs Jahre brauchen. Das ist eine sehr lange Zeit. Deswegen muss sehr früh Vorsorge getroffen werden.
Viel dramatischer ist dieses Problem bei den Lehrern; das ist letztens offensichtlich geworden. Die Alterssituation und die Problematik bei den Lehrern in den Schulen sind für meine Begriffe sehr dramatisch. Es gibt derzeit noch immer zu viele Lehrer - das wissen wir -, und alle wissen, dass der Bedarf an jungen Lehrern in den kommenden Jahren schlagartig ansteigen wird. Da mutet es doch sehr verwunderlich an, dass insbesondere die Anzahl der Lehrerstudenten an der Hallenser Uni und auch die Anzahl der angebotenen Referendariatsstellen im Land unterdurchschnittlich sind.
Dann brauchen wir uns nicht zu wundern. Trotz aller Autonomie der Hochschulen haben sowohl die Universität als auch die Landesregierung diesbezüglich eine Verantwortung wahrzunehmen, auf die man sie deutlich hinweisen muss. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Schrader. Es gibt eine Nachfrage. Herr Gallert hat eine Frage. Wollen Sie sie beantworten?
Herr Schrader, ich höre immer wieder - vor allem, aber nicht nur von der FDP -, man müsse diese Geschichte, diesen Konflikt, den Sie beschrieben haben, mit einer Aufgabenkritik lösen. Das heißt, man müsste die Aufgaben bestimmen, die wegfallen sollen.
Nun habe ich das Problem, dass ich das gerade von Ihnen von der FDP immer wieder höre, von Ihnen aber noch keine Vorschläge gehört habe, wie dieser große Personalkörper in Zukunft wirklich entlastet werden soll. Welche Aufgaben der Polizei will man denn wegfallen lassen? Welche Aufgaben im Bereich der Schulen will man denn wegfallen lassen?
Diesbezüglich sage ich Ihnen ganz deutlich: Solange Sie mir diese Antwort nicht geben und öffentlich darüber diskutieren, was die Polizei in Zukunft nicht mehr tun soll,
Herr Kollege Gallert, das war kein Vorwurf. Es war eine Feststellung der Situation, in die alle Kommissionsmitglieder gekommen sind, nachdem sie die Argumente, die in der Anhörung geäußert wurden, gehört haben. Einerseits heißt es: Nach dem Schlüssel haben wir zu viel Personal. Andererseits heißt es: Wir können die Aufgaben gar nicht mehr erfüllen, wenn das Personalentwicklungskonzept umgesetzt wird.
Also müssen wir das Ganze bei den Aufgaben angehen. Zuerst muss dargestellt werden, welche Aufgaben zwingend erforderlich sind. Diesbezüglich geben uns der Bund und die EU entsprechende Auflagen vor; das ist vollkommen klar. Aber diese Aufgabenkritik stand bisher nie im Fokus unserer Arbeit in der Enquetekommission. Vielleicht sollten wir uns darüber unterhalten, ob man dies nicht etwas besser gewichten kann.
Vielen Dank für die Beantwortung der Frage. - Wir kommen jetzt zum letzten Debattenbeitrag. Es spricht Herr Tullner von der CDU-Fraktion. Anschließend nimmt der Minister das Wort. Bitte schön, Herr Tullner.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich in der gebotenen Kürze zur Arbeit der Enquetekommission äußern. Ich möchte mit einem Dank beginnen, und zwar nicht mit einem Dank an diejenigen, denen bereits gedankt worden ist, nämlich der Fachhochschule Harz, Professor Dr. Stember und all den anderen, sondern ich möchte den Dank an uns selbst richten.
Ich denke, die Arbeit in der Enquetekommission zeigt, dass wir alle gemeinsam sachorientiert - wir sind dabei nicht immer einer Meinung - und fair miteinander umgehen können und uns bemühen, die Dinge ein wenig voranzubringen. Ich möchte in diesen Dank ausdrücklich unsere Vorsitzende einschließen, die das in der gebotenen Art von Respekt und Kooperation gut macht und auch die notwendigen Briefe an die Ministerien schreibt, um gewisse Staus und Probleme aufzulösen. Ich denke, das hat gut geklappt und hat uns alle miteinander auf einen guten Weg gebracht.
Frau Dr. Paschke hat bereits beschrieben, dass wir am Anfang skeptisch waren, wie wir die Arbeit der Enquetekommission mit der Debatte zum Personalentwicklungskonzept der Landesregierung verzahnen können. Diesbezüglich bleiben Parallelitäten nicht aus und man wird immer wieder frustrierende Erfahrungen machen, weil wir über Sachstände in der Enquetekommission beraten haben, die von den Beschlusslagen in der Regierung bereits überholt worden sind. Das ist ein Prozess, bei dem beide sehen müssen, wie das möglichst harmonisiert werden kann. Das wird nicht in allen Bereichen gelingen.
Ich will zudem darauf hinweisen, dass die Frage im Hinblick auf die Aufgabenkritik, die Herr Gallert gestellt hat, und die Frage, wo man Entlastungspotenzial definieren kann, immer eine der zentralen Fragestellungen ist. Ich
will darauf hinweisen, dass wir insbesondere im Bereich der Lehrer und der Polizei vor allen Dingen dahin kommen müssen - Stichwort: Bürokratie und Verwaltungsvorschriften -, all die Dinge, die im Raum stehen, ein Stück weit in den Blick zu nehmen.
Denn es nützt nichts, wenn man auf der eine Seite über Personalbedarfe diskutiert, während man auf der anderen Seite die Realität des Arbeitsalltags von Lehrerinnen und Lehrern und von Polizistinnen und Polizisten aus den Augen verliert. Man staunt manchmal, wohin der bürokratische Sachverstand gelegentlich führen kann.
Ich glaube, zudem müssen Fragen im Hinblick auf das Landesbesoldungsrecht, auf Weiterbildungen, Motivation, Leistungsbeförderung im öffentlichen Dienst in den Blick genommen werden. Dies sind die großen Fragestellungen, von denen wir heute nicht wissen, ob wir sie hinsichtlich ihrer Abstraktheit und ihres Anspruches jemals erfüllen können. Dies sind Punkte, denen wir uns zunehmend zuwenden werden und müssen, weil die Zeit der Bestandsaufnahme langsam zu einem Ende kommt. Wir haben die großen Bereiche behandelt, nun folgen einige andere, aber im Großen und Ganzen ist dies beleuchtet worden.
Ich denke, wir müssen auch miteinander dazu kommen, dass wir gemeinsame Positionen formulieren. Wir haben in diesem Bericht eine separate Aufteilung nach den einzelnen Fraktionen. Ich denke, um der Enquetekommission das notwendige Gewicht zu geben, damit sie Impulse in der Debatte setzen kann, benötigen wir an dieser Stelle gemeinsame Positionen. Ich bin gar nicht so pessimistisch, dass wir diese nicht hinbekommen. Wir werden das sicherlich nicht im Hinblick auf alle Fragen erreichen; das ist ganz klar. Aber bei ganz vielen Fragen wird es möglich sein. Zumindest habe ich die Diskussion so aufgefasst.
Bei den beiden konkreten Bereichen Lehrer und Polizei - man kann nachlesen, was wir dazu geschrieben haben - möchte ich auf zwei Punkte explizit hinweisen.
Frau Fischer hat das Thema Verbeamtung angeschnitten. Ich denke, dass diese Thematik vor dem Hintergrund des Pensionsfonds und anderer Dinge ohnehin eine andere Relevanz erhalten hat. Gleichwohl müssen wir sehen, dass uns andere Länder über die Verbeamtung Bewerber wegnehmen. Wir müssen adäquate Möglichkeiten finden, um dagegenzuhalten. Das muss nicht die Verbeamtung sein; allerdings gibt es im Moment nur wenige andere Möglichkeiten, um dies umzusetzen.
Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrern - das will ich an dieser Stelle auch sagen - muss weiter verbessert werden. - Da meine Redezeit dem Ende zugeht, fasse ich mich ganz kurz und werfe nur noch drei Schlagworte in den Raum.
Wir müssen im Bereich der Lehrer die Verzahnung zwischen Ausbildung und Berufseintritt besser hinbekommen. Deswegen haben wir einen Vorschlag unterbreitet, wie man die Referendare halten kann. Zudem müssen wir auch mit den Hochschulen, insbesondere mit der MLU in Halle, ernsthaft über die Frage debattieren, wie wir den Bedarf an Lehrerausbildung, den wir haben, auch so definieren, dass die Hochschulen das möglichst in einem kooperativen Verfahren umsetzen. Ich habe das Gefühl, dass die Lehrerausbildung in Halle nicht dort ist, wo wir alle sie gern hätten.
An dieser Stelle höre ich jetzt einfach auf. Ich verweise darauf, dass wir einen zweiten Zwischenbericht bekommen. Dann haben wir hoffentlich mehr Zeit, um über die Inhalte zu debattieren. Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen, sowohl an dem Symposium teilzunehmen, als auch unsere Kommissionsarbeit durch Anwesenheit zu bereichern; denn davon wird niemand dümmer und es hilft uns allen weiter. - Vielen Dank.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Tullner. - Wir sind damit am Ende der Debatte. Nun hat die Landesregierung um das Wort gebeten. Herr Bullerjahn, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, ich habe noch nicht einmal begonnen und die Redezeit ist bereits abgelaufen. - Das war nicht ganz ernst gemeint.
Ich möchte zwei Bemerkungen vorweg machen. Ich hoffe, dass diese Anfangsschwierigkeiten nicht nur etwas mit mir zu tun hatten. Ich denke, es war auch für die Kommission selbst schwierig, ins Laufen zu kommen.
Ich will ausdrücklich die Arbeit anerkennen. Damit bin ich bei der zweiten Vorbemerkung. Ich möchte der Kommission - Sie haben es intern machen müssen, ich mache es nunmehr von außen - für ihr Selbstverständnis, aber auch für ihre Arbeit danken. Es ist nicht so einfach und ziemlich mühsam, sich mit diesen ganzen Papieren, Tabellen, Zahlen und Überlegungen auseinanderzusetzen.
Beide Koalitionsfraktionen haben sich das Ziel gesetzt, im Jahr 2011 55 000 Stellen anzustreben. Das war sicherlich eine politisch umstrittene Zielmarke. Ich will aber nebenbei anfügen: Wir haben als Koalitionäre übrigens auch beschlossen, lediglich 250 Neueinstellungen pro Jahr vorzunehmen. Ich weiß, dass das niemand mehr zur Kenntnis genommen hat; derzeit sind wir bei durchschnittlich 350 Neueinstellungen. Es ist also nicht so, dass wir auf bestimmte Entwicklungen nicht reagieren.
Dass das vielen vielleicht nicht ausreicht, ist nachvollziehbar; aber gerade die Koalitionsfraktionen haben an dieser Stelle bereits reagiert, weil bestimmte Entwicklungen schärfer eintreten, als wir es noch vor einigen Jahren gedacht haben.
Diese Ziele reichen weit über das Jahr 2011 hinaus. Sie wissen ja, dass wir eine mittelfristige Finanzplanung haben. Das Personalkonzept auf das Jahr 2025 auszurichten, heißt zu fragen: Welche Struktur, welche Finanzstruktur, welche demografische Entwicklung werden wir nach dem Auslaufen des Solidarpaktes haben? - Ja, ich habe gegenüber dem letzten Personalkonzept die Zielzahl von damals 20 auf jetzt 19 Vollzeitäquivalente je 1 000 Einwohner heruntergeschraubt, weil andere Länder dieses Ziel auch anstreben und weil es am Ende um viel Geld geht.
Der derzeitige Stellenbestand läuft auf 60 000 hinaus. Mit anderen Worten: Das Personalentwicklungskonzept bis zum Jahr 2025, das von ungefähr 40 000 Stellen ausgeht, sagt ganz klar: Wir bauen um ein Drittel ab. Aber kein Mensch fragt so richtig, warum.
Warum wurde in Sachsen-Anhalt von ehemals 120 000 Stellen auf 115 000 Stellen abgebaut, mit einer Zielzahl von vielleicht 40 000 Stellen? - Weil wir statt drei Millionen Einwohner in Sachsen-Anhalt bald vielleicht nur noch zwei Millionen Einwohner haben werden. Weil wir damals enorme Überhänge hatten, die man ehrlicherweise gar nicht ausfinanzieren kann. Dass das eine Herausforderung ist, ist mir klar.
Vor diesem Hintergrund ist die Arbeit der Enquetekommission von ganz entscheidender Bedeutung, weil das natürlich diskutiert und auch vermittelt werden muss, auch im parlamentarischen Raum. Sie müssen es ja auch vor Ort erklären, wenn in der Zeitung steht, 20 000 Stellen würden abgebaut. Es wird dann gefragt: Wie kommst du dazu, so etwas auch noch gut zu finden und zu unterstützen?
Wer das nicht erklären kann, kommt damit in ganz schwieriges Fahrwasser. Dem Finanzminister unterstellt man per se, dass er das schon aus einer negativen Grundhaltung heraus sowieso machen würde und machen muss, aber so ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete, die sich auch fachlich einbringen wollen, brauchen ja Erklärungen dafür, wenn sie das auch mittragen sollen.
- Das habe ich Ihnen ja auch zugesprochen. Ich habe jetzt eher über mich geredet. Da haben Sie jetzt nicht zugehört.
Aus diesem Grund hat die Landesregierung - wie übrigens auch schon vor dieser Wahlperiode - das am Ende in den Haushaltsplänen fixiert. Das wird auch im Doppelhaushalt 2010/2011 so sein. Insofern werden die jüngsten Beschlüsse auch Eingang finden.
Dabei kann ich Sie manchmal nicht verstehen, wenn Sie sagen, Sie möchten eigentlich bei der Beschlussfassung dabei sein. Sie sind dabei. Sie beschließen das am Ende. Kein Kabinett, kein Ressortminister muss am Ende im Dezember - es sei denn, er ist Abgeordneter oder Abgeordnete - hier für eine Mehrheit den Arm heben. Sie beschließen es in dem Gesetz zum Haushalt mit, welche Stellenstruktur in den nächsten Jahren - -