Daher wird in Brandenburg gerade die zweite Variante des Gesamtvorhabens gestartet. Es ist in Brandenburg an ein medizinischen Versorgungszentrum angebunden. Eine Wiederholung der verschiedenen Projektschwerpunkte ist im Gesamtkonzept nicht vorgesehen; daher wird, sofern sich Sachsen-Anhalt beteiligt - und wir haben daran Interesse -, eine andere Anbindung einer derartigen Gemeindeschwester erprobt werden. Im Gespräch ist derzeit die Anbindung an eine Krankenhausambulanz oder an ein Ärztenetz als Träger.
Neben den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten einer integrierten Gesundheitskraft oder Telegesundheitsschwester sind zudem die Rahmenbedingungen für die konkrete Ausgestaltung dieses Einsatzes in jedem der Bundesländer, aber auch in jedem einzelnen Landkreis äußert unterschiedlich.
Das wird auch von der Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH so gesehen, die zusammen mit dem Institut für Community Medicine der Universität Greifswald das Projekt sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Brandenburg wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Dabei werden auch die notwendigen Änderungen der berufs- und haftungsrechtlichen Rahmenbedingungen geprüft und es werden Lösungsvorschläge erarbeitet. Das müssen nicht wir in Sachsen-Anhalt für Mecklenburg-Vorpommern machen, sondern das wird durch die begleitenden wissenschaftlichen Institutionen gemacht.
Eine Streuung verschiedener paralleler Einzelprojekte des - man könnte fast sagen - ostdeutschen Gesamtprojektes - denn auch Sachsen und Thüringen sollen zur Erprobung eines Gemeindeschwesternmodells angesprochen werden - würde bessere und aussagekräftigere Daten ergeben. Hierbei steht - ich habe es schon erwähnt - neben der Qualität der Versorgung auch die betriebswirtschaftliche Effizienz im Vordergrund, nämlich mit der Prüfung der verschiedenen ökonomischen Anreize und der positiven unmittelbaren und mittelbaren Effekte durch den präventiven Charakter dieses Projektes.
Ein Abwarten der Ergebnisse aus Mecklenburg-Vorpommern, so wie es die Linkspartei.PDS vorschlägt, würde in diesem Zusammenhang nach meiner Einschätzung überhaupt keinen Gewinn bringen.
Ich will unterstreichen, durch solche Projekte, wie sie jetzt erprobt werden, bietet sich für uns die Chance, neue Strategien für die Herausforderungen des demografischen Wandels zu entwickeln. In dieser Hinsicht sollten wir in allen ostdeutschen Ländern, einschließlich Sachsen-Anhalts, Vorreiter sein.
Eine Auswertung des Pilotprojektes in Mecklenburg-Vorpommern ist im Rahmen des Prüfauftrages durch die Universität Greifswald und das begleitende Institut ohnehin schon auf dem Weg. Deshalb sollte nicht zusätzlich kostbare Zeit vergeudet werden, um nach Lösungen für brennende Probleme zu suchen. Wir wollen nicht nur theoretisch darüber reden, sondern wir wollen auch praktisch, empirisch vorgehen. Deswegen verhandeln wir mit dem Bundesministerium, damit wir ein solches Projekt nach Sachsen-Anhalt bekommen.
Deswegen schlage ich vor, dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zuzustimmen und die Landesregierung mit der Prüfung des Einsatzes von Gemeindeschwestern zu beauftragten und dann im Sozialausschuss am Ende des Jahres zu berichten.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich eröffne nun die Fünfminutendebatte. Als erste Debattenrednerin hat Frau Dr. Hüskens von der FDP das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hat es mich ein bisschen gewundert, dass wir heute noch zwei Anträge vorliegen haben. Ich habe gedacht, wir würden heute nur noch über einen Antrag reden. Nicht weil ich den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS sinnvoller finde; ich finde es aber richtig, dass man sich zunächst einmal über die Ergebnisse der anderen Modellprojekte informiert, um dann zu entscheiden, ob wir in Sachsen-Anhalt tatsächlich ein eigenes Modellprojekt brauchen oder ob man dann in den Echtbetrieb geht. Das ist es nicht.
Mich hat gewundert, dass wir in der Woche, bevor Deutschland bei der Fußball-WM ausgeschieden ist, von der Bundeskanzlerin sehr ausführliche Informationen über die Gesundheitsreform bekommen haben. Ich hatte die Gelegenheit, vor dem Deutschlandspiel zu hören, wie sie die Ergebnisse der Gesundheitsreform verkündet hat. Ein wichtiger Punkt in ihren Ausführungen bezog sich auf Maßnahmen, um dem Ärztemangel im ländlichen Raum vorzubeugen.
Ich denke, dass es unser Ziel sein sollte- darin sind wir sicherlich einer Meinung -, auch im ländlich Raum - bei uns ist es vor allem die Altmark, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein bisschen mehr von dem dünn besiedelten ländlichen Raum - die Versorgung mit Hausärzten sicherzustellen. Ich glaube, darüber besteht Einvernehmen.
Ich glaube, die Gemeindeschwester Agnes - egal in welcher Ausformung -sollte eigentlich nur ein Notnagel bzw. ein Ersatz sein. Sie sollte nach meinem Verständnis tatsächlich nur dann zum Einsatz kommen, wenn das Land nicht mehr in der Lage ist, die ärztliche Versorgung durch den Hausarzt sicherzustellen. So habe ich die Ausführungen sowohl von Frau Penndorf als auch von Frau Grimm-Benne verstanden.
Deshalb hatte ich, nachdem die Bundeskanzlerin so schön ausgeführt hat, welche tollen Maßnahmen in Berlin ergriffen werden, um dem Ärztemangel vorzubeugen, gedacht, dass man den Antrag zurückziehen kann. Ich gehe davon aus - ich glaube, das kann ich tun -, dass sowohl die CDU als auch die SPD ausführlich darüber informiert worden sind, viel umfangreicher, als ich informiert worden bin, welche Maßnahmen dort ergriffen wurden. Ist es deshalb Misstrauen gegenüber Ihrer eigenen Bundesregierung, nämlich die Angst, dass die Maßnahmen vielleicht nicht greifen könnten? - Dem kann ich mich nur anschließen.
Denn wenn ich mir die zwei, drei Jahrhundertreformen im Gesundheitsbereich ansehe, die durchgeführt wurden, bevor die ersten zehn Jahre des Jahrhunderts herum sind, dann kann einen das schon misstrauisch machen. Ich teile Ihr Misstrauen. Allerdings bin ich nicht so pessimistisch zu glauben, dass die Koalition in Berlin das Gesundheitssystem so vor den Baum fahren kann, dass wir uns in den nächsten Jahren nur noch die Gemeindeschwester Agnes leisten können.
Die FDP-Fraktion wird beiden Anträgen zustimmen. Ich halte das, was die Fraktion der Linkspartei.PDS beantragt hat, für vernünftig, nämlich dass wir uns zunächst im Ausschuss über die Sachverhalte informieren und dann das Notwendige entscheiden.
Dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD können wir zustimmen, weil wir Ihre Bedenken gegenüber der Nachhaltigkeit der Gesundheitsreform teilen. Ich finde, es ist immer gut, noch eine zweite Variante in der Hinterhand zu haben, die die medizinische Versorgung zumindest auf einem Niveau absichert, das wir uns auch dann noch leisten können, wenn Sie in Berlin mit Ihrer dritten Gesundheitsreform fertig sind. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Hüskens, die aktuelle Diskussion über die Gesundheitsreform schlägt natürlich hohe Wellen.
Wir stellen uns dieser Diskussion; da haben wir keine Sorge. Wir müssen allerdings auch Obacht geben - das ist richtig -, dass wir unsere Probleme, die wir speziell in Ostdeutschland haben, auch entsprechend vortragen.
Wir haben im Land spezifische Probleme. Das ist der Ärztemangel, der vor allem im Osten, aber insbesondere im ländlichen Raum an Schärfe zunimmt. Es bewegt die Menschen sehr. Ich werde als Gesundheitspolitiker fast täglich von Menschen gefragt, wo sie denn einen Hausarzt finden könnten, weil die Ärztin Frau Dr. Sowieso ihre Praxis aus Altersgründen aufgegeben habe und andere Praxen könnten aus Kapazitätsgründen derzeit keine neuen Patienten aufnehmen. Das ist die Situation, wie sie sich bei uns in Roßlau und in Coswig darstellt.
Fest steht - das ist Realität -, dass ein Drittel der niedergelassenen Hausärzte 60 Jahre und älter sind. Das durchschnittliche Alter, in dem sie in den Ruhestand gehen, liegt bei 62 oder 63 Jahren. So hat sich zum Beispiel die Anzahl der niedergelassenen Hausärzte im Raum Coswig von zwölf auf sechs halbiert.
In meinem Wahlkreis, der ländlich geprägt ist, sehe ich diese Problematik genauso wie in Coswig. Es ist für mich im Moment kein Problem zu sehen, wie sich das weiter entwickeln wird, wenn ich die Altersstruktur der Ärzte betrachte.
Die Belastung der verbliebenen Ärzte liegt bei 100 und mehr Patientenkontakten pro Tag. Man muss sich einmal vorstellen: Das entspricht einer durchschnittlichen Verweildauer des Patienten von vier bis fünf Minuten. Welcher Arzt kann denn da noch intensiv auf die Probleme des Patienten eingehen?
Das ist ein ganz großes Problem. Deshalb sehen wir auch die Implementierung einer Gemeindeschwester - wie auch immer dann das Berufsbild aussehen wird und die Zusammenarbeit gestaltet sein wird - als eine Möglichkeit an, diesem Problem abzuhelfen.
Wer sich von der derzeitigen Problematik überzeugen möchte, braucht sich nur einmal für zwei bis drei Stun
den - so lang sind die mittleren Wartezeiten - in einer Arztpraxis in ein Wartezimmer zu setzen. Anschließend kann er sich mit dem Arzt darüber unterhalten, wie er mit dem Ansturm der Patienten fertig wird, wie die einzelnen Leistungen honoriert werden - das ist auch ein ganz großes Problem - und wie der Arzt mit dem bürokratischen Wust - das ist ein noch größeres Problem -, der nach Praxisschluss auf ihn zukommt, fertig wird. Eines kann ich Ihnen versichern: Sie werden dann sehr intensiv über den Zustand und über die Zukunft unseres Gesundheitssystems nachdenken.
Auch die demografische Entwicklung - das wurde schon mehrmals angesprochen und auch von der Ministerin noch einmal detailliert dargelegt - stellt uns zunehmend vor größere Herausforderungen. Insbesondere auf dem flachen Land ist eine rasante Alterung der Bevölkerung zu registrieren. Diese Menschen bedürfen aufgrund ihrer Multimorbidität einer besonderen und intensiveren medizinischen Betreuung. So haben wir in Sachsen-Anhalt zum Beispiel eine doppelt so hohe Diabetesrate wie in Niedersachsen. Die Situation bei anderen altersbedingten Krankheiten ist ähnlich gelagert.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben als Arbeitsgruppe unserer Fraktion im letzten Jahr das Thema Gemeindeschwester schon einmal in dieser Form diskutiert, auch mit den Krankenkassen. Dabei hatten wir zunächst einmal das Brandenburger Modell vor Augen. Auch das Modell aus Mecklenburg-Vorpommern hatten wir uns genauer angeschaut. Die Kassen, mit denen wir darüber diskutiert haben, meinten, man müsse das erst einmal „auf kleiner Flamme kochen“, da sie keine finanziellen Risiken eingehen wollten.
Die Art und Weise, wie die Krankenkassen das sehen, hat uns dann auch ein wenig bedenklich gestimmt. Wir sind auch nicht der Meinung, dass das ein finanzielles Problem des Landes sein sollte. Hier sind in erster Linie die Krankenkassen und die kassenärztlichen Vereinigungen in der Pflicht; denn sie sind für den Sicherstellungsauftrag zuständig und sie sind die Kostenträger.
Grundsätzlich stimmen wir diesem Projekt zu, insbesondere auch deshalb, weil unsere gesundheitspolitischen Forderungen nach wie vor in die Richtung gehen, einen stärkeren Einsatz von nichtärztlichem Hilfspersonal zur Delegation ärztlicher Leistungen zu erreichen.
Zu der Frage der rechtlichen Möglichkeiten. Das ist ein ganz großes Problem. Auch haftungsrechtliche Probleme stehen bei einem Einsatz der Gemeindeschwester, die den Hausarzt in der Peripherie entlasten soll, im Raum und müssen, wie noch weitere Fragen, geklärt werden.
Das Modellprojekt sieht im Einzelfall die Delegation ärztlicher Leistungen, zum Beispiel von Injektionen oder Infusionen, an nichtärztliches Personal vor. Hinsichtlich der Verabreichung von Infusionen gibt es schon erhebliche rechtliche Probleme. Deshalb ist es wichtig klarzustellen, ob die derzeit geltende rechtliche Grundlage dies zulässt. Falls dies nicht der Fall sein sollte, stellt sich auch die Frage nach gesetzlichen Änderungen.
Soweit bekannt ist, lehnt auch der BGH die Delegation von ärztlichen Aufgaben an nichtärztliche Mitarbeiter nicht ab, wenn der Arzt sich vergewissert hat, dass die Krankenschwester der Aufgabe gewachsen ist. Sie muss dafür aber - das ist die Grundvoraussetzung - über eine entsprechende Ausbildung verfügen.
Meine Damen und Herren! Vielleicht werfen wir noch einen ganz kurzen Blick auf die Honorierung der ärztlichen Leistungen in diesem Bereich.
Ganz kurz. - Für eine Arzthelferin werden, wenn der Arzt sie zu einem Hausbesuch schickt, zurzeit 5,50 € bezahlt. Dieser Satz ist unabhängig davon, wie lange und mit welchen Verkehrsmitteln sie unterwegs ist. Der Arzt bekommt eine pauschale Vergütung in Höhe von 9,20 € pro Hausbesuch. Maximal werden 5 km zugrunde gelegt. Wir wissen, dass die durchschnittlichen Entfernungen im ländlichen Bereich bei etwa 25 km liegen.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, einer Überweisung des Antrages der Fraktionen der CDU und der SPD in den Ausschuss zuzustimmen. Den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS möchten wir ablehnen, obwohl wir uns im Ziel einig sind; aber der Weg ist uns einfach zu lang. Wir meinen, dass wir mit dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD schneller und mit demselben Ergebnis zum Ziel kommen werden. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Brumme. - Dann gebe ich für die Linkspartei.PDS der Abgeordneten Frau Penndorf das Wort. Danach kann Frau Grimm-Benne noch einmal sprechen. - Sie möchte nicht.
Während der Fünfminutendebatte wurden meine Gedanken und Ausführungen oft wiederholt. Warum sollen wir nicht auf den Erfahrungen schon laufender Machbarkeitsstudien aufbauen? - Ich werbe für die Überweisung beider Anträge in den Ausschuss, weil beide Anträge sich mit der gleichen Sache, nämlich mit dem drohenden Ärztemangel, beschäftigen und dem entgegenwirken wollen.
Herzlichen Dank, Frau Penndorf. - Da Frau Grimm-Benne auf ihren Redebeitrag verzichtet, kommen wir zum Abstimmungsverfahren.
Ich lasse jetzt darüber abstimmen, ob wir den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/109 in den Ausschuss für Soziales überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der PDS und bei der FDP. Gegenstimmen? - Bei den Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.
Ich lasse nun über den Antrag in der Drs. 5/109 direkt abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gleiches Stimmverhalten: Bei PDS und FDP gibt es Zustimmung. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.
Ich lasse nun abstimmen über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/114. Dazu wurde die Überweisung in den Ausschuss für Soziales beantragt. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der PDS, bei den Koalitionsfraktionen und bei der FDP. Damit ist der Überweisung zugestimmt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt verlassen.