Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

Meine Damen und Herren! Wir erwarten jetzt die zügige Umsetzung des Gesetzes vor Ort. Wir erwarten auch, dass die Spielräume, die das Gesetz nunmehr einräumt, so belassen werden und von den Vermittlern vor Ort kreativ eingesetzt werden.

Unsere Aufgabe wird es sein, die Bürger zu informieren, sie aufzuklären und, wenn es nötig ist, ihnen gegenüber den Ämtern den Rücken zu stärken. In diesem Sinne und in dem genannten Kontext bitte ich Sie, den Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. - Nun hören wir für die FDP-Fraktion Herrn Franke.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben lange überlegt, wie wir als FDP-Landtagsfraktion mit dem vorliegenden Antrag der LINKEN umgehen. Unsere Bundestagsfraktion fordert schon seit Jahren im Bundestag - da gehört das Thema auch hin - eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktinstrumente.

Vor knapp einem Monat, am 13. November, hat der Bundestag über das heute schon mehrfach angesprochene Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente debattiert. Mit einem 93 Seiten starken Gesetzestext will die Bundesregierung einige Instrumente beseitigen, schafft aber auf der anderen Seite zugleich neue.

Eines ist bei der Debatte sichtbar geworden: Die Bundesregierung hat kein Konzept, um Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dieses Fazit ist erschreckend, wenn man sich die mögliche Arbeitsmarktentwicklung auch im Schatten der Finanzkrise vor Augen führt.

Die Panne der Arbeitsagentur Magdeburg bei der Mitarbeitersuche für das geplante Glaswerk bei Osterweddingen zeigt auch eines sehr deutlich: Der Moloch Bundesagentur für Arbeit versinkt in immer neuen Instrumenten, in immer mehr organisatorischen Mängeln und in immer mehr Bürokratie.

Die Effektivität der Bundesagentur ist katastrophal. Im vergangenen Jahr ist die BA nicht über eine Vermittlungsquote von 8,8 % hinausgekommen. Setzt man diese Quote in Relation zu den 65 000 Mitarbeitern, die die BA hat, hat jeder von ihnen im gesamten vergangenen Jahr statistisch gesehen nur 2,43 Personen in Arbeit vermittelt. Auch wenn man der BA zugute hält, dass nur 14 000 Menschen der BA hauptsächlich mit der Vermittlung der Beschäftigten befasst sind, steigt die Quote auf lediglich 9,74 vermittelte Personen pro Mitarbeiter. Also würden auch bei den 14 000, die mit der Vermittlung beschäftigt sind, pro Mitarbeiter nur 9,74 Vermittlungen pro Jahr herauskommen.

(Herr Scharf, CDU: Die ganze Leistungsabteilung lassen Sie weg?)

- Deshalb habe ich gesagt: 65 000 Mitarbeiter hat die BA und 14 000 sind ausschließlich mit der Vermittlung beschäftigt. Wenn wir nur diese 14 000 nehmen, sind es 9,74 Vermittlungen pro Jahr und Mitarbeiter.

Der Einsatz steht in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Fast 15 Milliarden € haben der Bund und die Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2007 für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgegeben. 45 unterschiedliche Instrumente und Förderleistungen gibt es. Ganze neun dieser Instrumente sind in einer Evaluierung durch den Bund als positiv bewertet worden. Zum Teil wird diese Bewertung noch mit dem Hinweis auf Mitnahmeeffekte abgeschwächt.

Eine Reduzierung der Zahl der Instrumente ist dringend notwendig. Den Arbeitsvermittlern vor Ort, in den Kommunen muss mehr Freiraum eingeräumt werden.

Für die FDP steht daher fest: Eine wirksame Arbeitsmarktpolitik kann nur gelingen, wenn die Arbeitsverwaltung grundlegend reformiert wird, das Versicherungsprinzip in der Arbeitslosenversicherung gestärkt wird, die Kommunen für die aktive Arbeitsmarktpolitik und die Betreuung der Arbeitslosen zuständig sind, die arbeitsmarktpolitischen Instrumente mit Blick auf ihre Effizienz und eine schnelle Integration der Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt überprüft werden.

Überhaupt ist festzustellen: Die kritische wirtschaftliche Situation hat sich noch nicht in der Arbeitslosenstatistik gezeigt. Das wird jedoch leider nur eine Frage von Monaten sein. Zur Gegenwehr müssen wir jetzt Steuern und Abgaben senken sowie die Regelungen im Arbeits- und Tarifrecht lockern, damit Arbeitsplätze erhalten und weitere geschaffen werden. Genau dazu wäre eine Bundesratsinitiative von Sachsen-Anhalt mehr als überfällig.

Die Punkte im Antrag der LINKEN werden kein Umschwenken in der generellen Arbeitsmarktpolitik des Bundes auslösen, sondern bleiben Flickwerk. Deshalb lehnt die FDP-Fraktion diesen Antrag ab. - Danke.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Franke. - Nun erteile ich Frau Take das Wort, damit sie für die CDU-Fraktion sprechen kann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz ist auf dem Weg. Es wird noch in den Ausschüssen beraten werden. Es ist in diesem Haus schon sehr viel über das Vorhaben gesprochen worden.

Deshalb möchte ich mit Ihrer Erlaubnis meine Rede zu Protokoll geben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank. Das erlaube ich gern.

(Zu Protokoll:)

Zentrales Ziel der Neuausrichtung der Arbeitsmarktinstrumente ist es, den Arbeitsmarkt individueller und flexibler zu fördern. Dabei soll den Akteuren vor Ort mehr Entscheidungsspielraum eingeräumt werden. Mit den erweiterten Handlungsspielräumen können die Eingliederungsaktivitäten und Strategien längerfristig geplant und ausgestaltet werden.

Auf die Schwerpunkte hat der Minister hingewiesen. Offensichtlich sind an dieser Stelle Elemente der Bürgerarbeit, die wir ja hierzulande positiv entwickelt haben, eingeflossen.

Die flexiblere Gestaltung dieser Instrumente soll alle Akteure in die Lage versetzen, den individuellen Bedarf stärker zu berücksichtigen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Feststellung, dass nach erfolgter Arbeitsaufnahme künftig eine weitere Betreuung möglich ist, sodass die Chancen, eine dauerhafte Beschäftigung zu finden, deutlich erhöht werden.

Aufgenommen wurde ein Rechtsanspruch auf den Erwerb eines nachträglichen Hauptschulabschlusses für Jugendliche und Erwachsene. Auch dies ist ein Arbeitsmarktinstrument, welches es den Betroffenen ermöglicht, einer dauerhaften Alimentierung durch die Gesellschaft zu entkommen.

Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der SPD haben in ihrer Koalitionsvereinbarung zu Recht eine Evaluierung der Arbeitsmarktinstrumente festgeschrieben. Nun kann man trefflich darüber streiten, ob die Maßnahmen ausreichend sind. Dem einen gehen sie viel zu weit, aus der Sicht der CDU hätte es aber in einigen Punkten eine deutlichere Straffung geben können.

Unter dem Strich ist der jetzt vorliegende Kompromiss ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben heute gut 70 arbeitsmarktpolitische Instrumente, die erstens kaum noch jemand überblickt und die zweitens durch verschiedenste Kombinationsmöglichkeiten auch kaum noch händelbar sind.

Die BA selbst hatte eine Straffung auf lediglich fünf Instrumente gefordert; denn mit dem derzeitigen Konglomerat eine flexible und individuelle Arbeitsvermittlung zu organisieren, ist kaum möglich. Aber im Endeffekt ist es nicht entscheidend, wie hoch die Anzahl der Instrumente ist, sondern wie effektiv sie angewendet werden.

Folgerichtig ist, dass die Bundesregierung nach einigen Jahren Laufzeit der Sozialgesetzreformen die Einzelmaßnahmen, getreu dem Kosten-Nutzen-Verhältnis, neu bewertet. Damit entspricht sie im Übrigen auch einer langjährigen Forderung der Linken, die seit Jahren eine Überarbeitung dieser Instrumentarien fordert.

Nun legen Sie einen Antrag vor, der in verschiedenen Punkten das auflistet, was Ihnen aus Ihrer Sicht gerade nicht gefällt, und in Ihrer Begründung stellen Sie selbst

verständlich fest, dass die jetzige Neujustierung am selbst gesteckten Anspruch vorbeigehe.

Weiterhin vermuten Sie, dass die Maßnahmen nur das Ziel der Haushaltskonsolidierung verfolgen. Aber meine Damen und Herren, Einsparungen standen hier nicht im Vordergrund. Eine Halbierung der Zahl der Instrumente ist noch lange keine Halbierung der Ausgaben.

Im Vordergrund dieser Reform stehen Transparenz, Übersichtlichkeit, Effektivität und Effizienz. Entscheidend ist wohl einzig und allein: Was hilft den Betroffenen?

Ich möchte jetzt nicht auf einzelne Forderungen Ihres Antrages eingehen, der sich in einigen Punkten aufgrund der Ergebnisse der parlamentarischen Beratungen im Bund überholt hat. Dennoch lege ich Wert auf die Feststellung, dass das Ziel einer guten Arbeitsmarktförderung immer noch darin liegen muss, mit geringstem Aufwand die bestmögliche Qualität und Wirkung zu erzielen.

Die BA hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um den Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente unter dem Gesichtspunkt der Wirkung und Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Auf diesem Weg muss sie auch weiter Unterstützung finden.

Das Gesetz zur Neuordnung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente wird sicherlich einen kleinen Teil dazu beitragen, auch wenn es nicht allumfänglich alle Wünsche berücksichtigen kann. Geben wir dem Maßnahmenpaket eine praktische Chance. Ich bitte Sie, den Antrag der Fraktion die Linke abzulehnen.

Frau Späthe erhält das Wort zu einer Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Meine Damen und Herren! Sie haben sicherlich gemerkt, dass hier eine gewisse Unruhe bei der Debatte über die Frage geherrscht hat: Wie weit ist dieses Gesetz? - Ich darf aus dem Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages vom 5. Dezember 2008 zitieren:

„Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente.“

Danach kommt das Abstimmungsverhalten. Der Schlusssatz lautet:

„Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter und dritter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.“

Das heißt, dieses Gesetz ist beschlossen und tritt zum 1. Januar 2009 in Kraft.

Vielen Dank. - Jetzt haben Sie, Frau Dirlich, noch einmal das Wort. Bitte schön.

(Herr Tullner, CDU: Die Diskussion über dieses Gesetz ist doch überflüssig!)

Ganz bestimmt nicht. - Dass das Vermittlungsbudget grundsätzlich positiv aufgenommen wird, hätte auch ich

sagen können. Allerdings müsste, wenn es denn einen Spielraum gibt, dieser Spielraum mit dem Ziel, den besten Instrumentencocktail zu finden, gekoppelt sein.

Das Problem ist die hohe Hürde, die aufgebaut wird, nämlich: Die Aussichten auf Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt müssen sich erheblich verbessern. Über diese Frage entscheidet dann ein einzelner Arbeitsvermittler. Das ist ein großer Ermessensspielraum. Es ist aber auch eine große Willkür möglich bei der Frage: Was ist erheblich? - Insofern sind die Dinge aus unserer Sicht unbefriedigend.

Die Zeiträume waren - zugegeben - eng. Die Stellungnahme des Bundesrats ist vom 28. November, das heißt, sie ist keine 14 Tage alt. Unser Antrag ist etwa anderthalb Wochen alt. Wir haben den Eingriff vor anderthalb Wochen ins Gespräch gebracht und ich muss Ihnen sagen: Ich halte ihn auch jetzt noch für notwendig.

Herr Tullner, ich halte die Diskussion über das Gesetz in diesem Landtag für überhaupt nicht überflüssig, im Gegenteil.