Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

blematik des Kinderschutzgesetzes diskutiert. Dabei ging es darum, Meldedaten für ein zentrales Einladesystem zu Vorsorgeuntersuchungen im Interesse der Gesundheit der Kinder zu nutzen. Das sind vergleichsweise völlig harmlose Daten.

Wenn ich in einen Computer hineinschaue, dann befasse ich mich mit allem, was der Nutzer diesem Computer anvertraut bis hin zum Tagebuch. Viele Leute schreiben nur noch auf dem PC. Sie beziehen ihre Informationen im Wesentlichen aus dem Internet. Das nimmt eine ganz andere Qualität an.

Deshalb plädiere ich dafür, nicht dem Irrtum zu verfallen, dass Daten gleich Daten sind. Vielmehr muss differenziert werden. Deshalb meine ich, dass es ein großer Erfolg ist, wenn wir zu einer umfassenden richterlichen Kompetenz kommen, natürlich auch mit der Zielsetzung, dass von der Möglichkeit der Online-Durchsuchung möglichst wenig Gebrauch gemacht wird.

Ich sehe eine gewisse Gefahr darin, dass die Länder Zuständigkeiten an den Bund übertragen mussten, weil die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ein gewisses Maß an Zentralisierung erfordert. Wenn der Bund für einige Aspekte der Terrorismusbekämpfung im polizeilichen Bereich zuständig ist und die Zuständigkeit für das polizeiliche Alltagsgeschäft nicht hat, dann unterliegt ein Bundesinnenminister - ob er nun Schäuble heißt oder früher Schily hieß - der Gefahr, die gesamte Sicherheitspolitik von der Terrorismusbekämpfung her zu betrachten.

Das halte ich für gefährlich. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Länder die polizeiliche Alltagsarbeit weiter in die nationale Sicherheitsdiskussion einbringen. Es darf nicht sein, dass am Ende die Terrorismusbekämpfung das Maß der Dinge in der Sicherheitspolitik ist. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Rothe. Herr Kosmehl hat noch eine Nachfrage an Sie.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Sehr verehrter Herr Kollege Gürth, wir hätten doch gestern Abend noch Anträge behandeln können, wenn die Koalitionsfraktionen gewollt hätten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zwei Fragen an Herrn Rothe. Ist Ihnen bekannt, welches Gericht für die richterliche Zulassung von Online-Durchsuchungen zuständig ist?

Die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten.

Dann sage ich es Ihnen: Es ist das jeweilige Gericht am Ort des Bundeskriminalamtes. Damit ist das Problem verbunden, dass es mehrere Standorte gibt, aber jedenfalls nicht in Sachsen-Anhalt.

Sie haben gesagt, es sei in wenigen Stunden möglich, eine richterliche Entscheidung zu bekommen. Das hat die Kollegin aus Berlin gesagt, wo es einen 24-Stunden

Dienst am Amtsgericht gibt. Sind Sie der Meinung, dass der Richter ordnungsgemäß geprüft und abgewogen hat, ob die Online-Durchsuchung allen grundgesetzlichen Vorschriften entspricht, wenn man davon ausgehen kann, dass man innerhalb weniger Stunden eine richterliche Entscheidung bekommen kann?

Der Richter wird sich so viel Zeit nehmen, wie er für eine ordnungsgemäße Entscheidungsfindung braucht. Dieselbe Zeit müsste sich auch der Direktor des Bundeskriminalamtes nehmen. Insofern macht das im Ergebnis keinen Unterschied.

Vielen Dank. - Jetzt hat Frau Tiedge das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade auf die letzte Frage eine Bemerkung von mir: Es geht ja auch um Eilfälle; das heißt, es kann um Sekunden gehen. Ich weiß nicht, wie ein Richter innerhalb kürzester Zeit, innerhalb von Sekunden alle verfassungsrechtlichen Bedenken ausräumen kann, wenn der Hubschrauber eines Terroristen schon kreist.

Herr Hövelmann, Sie sprachen davon, dass Sie auch einmal gelobt werden möchten. Ich habe Ihnen an mehreren Stellen uneingeschränkt zugestimmt. Ich glaube, mehr Lob von der Opposition geht in diesem Falle wirklich nicht.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ich finde, das reicht jetzt aus!)

Aber in einem Punkt muss ich Ihnen vehement widersprechen. Sie sagten: Wir brauchen keine Definition für Terrorismus; wir müssten nur Fernsehberichte schauen. Ich glaube, es greift doch entscheidend zu kurz,

(Zustimmung bei der LINKEN)

wenn das die alleinige Grundlage dafür ist, was wir unter Terrorismus verstehen, weil wir dann ganz viele Aspekte ausklammern.

Ich stimme Ihnen in einem Punkt vollkommen zu: Auch in unserer Partei herrscht Konsens darüber, dass man sich den Terroristen mit allen Mitteln entgegenstellen muss, dass ihnen begegnet werden muss, dass man sich dazu auch auf einem hohen technischen Niveau befinden muss und dass man natürlich vor allem die Ursachen für Terrorismus beseitigen muss. Aber das darf nicht - das ist unsere entschiedene Haltung - dazu führen, dass Grund- und Bürgerrechte abgebaut werden; denn genau dann haben die Terroristen bereits gesiegt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen dann zum Abstimmungsverfahren. Abgestimmt wird über die Drs. 5/1630.

Die antragstellende Fraktion, die Fraktion DIE LINKE, hatte beantragt, über die Punkte 1 bis 4 einzeln abstimmen. Mit Ihrem Einverständnis würde ich nur die Punkte aufrufen und sie nicht noch einmal vorlesen. - Sie sind damit einverstanden.

Dann bitte ich um Abstimmung über den Punkt 1. Wer stimmt dem Punkt 1 zu? - Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE und bei der FDP-Fraktion. Wer lehnt Punkt 1 ab? - Ablehnung bei den Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Punkt abgelehnt worden.

Zu Punkt 2. Wer stimmt Punkt 2 zu? - Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen und die FDP-Fraktion. Damit ist der Punkt abgelehnt worden.

Punkt 3. Wer stimmt dem Punkt 3 zu? - Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE. Wer lehnt ab? - Ablehnung bei den Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Enthaltung bei der FDP-Fraktion. Damit ist der Punkt abgelehnt worden.

Zu Punkt 4. Wer stimmt Punkt 4 zu? - Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen und die FDP-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Eine Enthaltung. Damit sind alle vier Punkte abgelehnt worden. Meine Damen und Herren, ich erspare mir eine Abstimmung über den gesamten Antrag. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Keine Sozialversicherungspflicht für das kommunale Ehrenamt

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1627

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/1654

Ich erteile jetzt dem Einbringer das Wort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Grünert. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Vorbemerkungen machen. Über die Bedeutung des Ehrenamtes für unser Gemeinwesen in Deutschland und speziell in Sachsen-Anhalt dürfte ein breiter partei- und fraktionsübergreifender Konsens bestehen. Ohne dieses Element des Bürgerengagements in vielen gesellschaftlichen Bereichen wäre unser Gemeinwesen ärmer. In manchen Bereichen, wo Menschen sich ehrenamtlich engagieren, wäre es sogar in seiner Existenz gefährdet oder nur mit großem finanziellen Aufwand durch professionelle Dienstleistungen zu ersetzen. In diesem Sinne ist ehrenamtliches Tun für unsere Gesellschaft unbezahlbar.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass das ehrenamtliche Engagement ein wesentliches Merkmal unseres sozialen und demokratischen Gemeinwesens ist. Viele Menschen leisten ehrenamtliche Arbeit für die Gesellschaft. Ohne sie würden unter anderem die Kommunalpolitik, der Sport, der Katastrophenschutz und die Feuerwehren, um nur einiges zu nennen, nicht funktionieren.

Es ist sowohl politisch als auch im Rahmen eines gesellschaftlichen Konsenses erforderlich, dafür zu sorgen, dass die Menschen, die sich für die Allgemeinheit engagieren, zumindest keine finanziellen Nachteile haben.

Besonders wichtig ist die ehrenamtliche Tätigkeit der gewählten Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte. Bei vielen

kommunalpolitischen Entscheidungen und mit ihrer Tätigkeit vertreten sie die Interessen ihrer Wähler auf der kommunalen Ebene.

Ministerpräsident Herr Professor Dr. Böhmer sagt am 5. Dezember 2008, dem Tag des Ehrenamtes - ich zitiere -:

„Ohne diesen gelegentlich mit hohem Zeitaufwand verbundenen Einsatz vieler Bürger bei nicht immer einfachen Entscheidungen könnte Bürgernähe nicht gestaltet werden. Im Gegensatz zu anders lautenden Vorwürfen werden diese Strukturen auch bei gemeindlichen Reformen immer erhalten bleiben.“

Er verwies weiter auf eine aktuelle soziologische Untersuchung über die Rahmenbedingungen, die das freiwillige Engagement beförderten oder lähmten. Danach sei das ehrenamtliche Engagement umso geringer, je ungünstiger die soziale Lage in einer Gesellschaft sei. Je kleiner eine Gemeinde sei, desto größer sei die Einsatzbereitschaft für andere, und je wohlhabender eine Region sei, desto größer sei das Engagement der Bürger. Auch führe eine höhere religiöse Bindung zu größerem Engagement für das Gemeinwesen.

Der Regierungschef informierte darüber, dass in Sachsen-Anhalt rund 660 000 Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich tätig seien. Das sei immerhin ein Drittel der über 16-Jährigen. Mit diesem hohen Engagement nimmt unser Land eine gute Position unter den neuen Bundesländern ein.

Meine Damen und Herren! Als Fraktion DIE LINKE wollen wir eine lebendige kommunale Demokratie und setzen uns für eine noch stärkere Einbeziehung und ein hohes Engagement der Bürgerinnen und Bürger in die kommunalen Entscheidungsprozesse ein.

Doch es steht Ungemach ins Haus. Unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichtes Kassel vom 25. Januar 2006, B 12 KR 12/05 R, beabsichtigen die Rentenversicherer beispielsweise, die Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Kommunalvertreter, Mandatsträger und ehrenamtlicher Bürgermeister der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. Hintergrund dieser Absicht ist, dass es im Zusammenhang mit der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ab dem 1. April 1999 in vielen Fällen zur Festlegung einer Sozialversicherungspflicht und damit verbundenen Beitragsforderungen zulasten kommunaler Mandatsträger gekommen ist.

Nachdem Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich Tätige zuvor auch in Sachsen-Anhalt als weitgehend sozialversicherungsfrei angesehen worden waren, gab es auch in unserer Vergangenheit einige Beispiele, wo Entschädigungen als Einnahmen aus unselbständiger Tätigkeit deklariert wurden und von den Leistungen nach dem SGB II abgesetzt wurden. So traf dies unter anderem auch für einen ehrenamtlichen Bürgermeister einer Gemeinde zu, der gleichzeitig ein Mandat im Kreistag innehatte. Aufgrund dieser Regelung wurde ihm keinerlei Zahlung der damaligen Sozialhilfe gewährt und musste er aus diesen so genannten Einkünften auch die entsprechenden Versicherungen abgelten.

Werte Damen und Herren! Entsprechend dem Erlass des Ministeriums der Finanzen unseres Landes über die steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretun

gen gewährt werden, ist festzustellen, dass es sich um klassische Ehrenämter handelt. Für ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger in den Kreistagen und in den Ortschafts-, Gemeinde- und Stadträten sowie für ehrenamtliche tätige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister gibt es kein Einkommen, sondern nur eine Aufwandsentschädigung.

Gleiches gilt auch für Aufwandsentschädigungen für die Ehrenämter, welche im Teil 1 Abs. 2 des Runderlasses „Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich tätige Bürger und ehrenamtliche Bürgermeister“ - das bezieht sich auf den Runderlass des Ministeriums des Innern vom 1. Dezember 2004 - genannt sind. Daran wollen wir festhalten und die Landesregierung auffordern, dies auch zukünftig eindeutig zu vertreten.