Wenn der Fachausschuss dann mal in andere mitberatende Ausschüsse überweist, ist die Begeisterung noch weniger groß.
Nicht ohne Grund haben die Landtagspräsidenten auf ihrer Konferenz im Juni 2008 gefordert, dass Landtage in Angelegenheiten der EU mehr einbezogen werden müssen - sehr löblich - und sich auch selbst in die Pflicht nehmen müssen, sich bei Konsultationsverfahren der EU, beispielsweise bei Grünbüchern, stärker einzubringen.
Gerade das von Minister Robra genannte Grünbuch zur territorialen Zusammenarbeit ist ein Beispiel, wie es nicht laufen soll. Dort ist den Landtagen diese Möglichkeit genommen worden, indem der Bund festgestellt hat: Die Stellungnahme wird von den Europaministern abgegeben. Damit haben die Landtage keinerlei Möglichkeiten.
Was muss sich in der Zukunft ändern? Was müssen wir, was muss die Landesregierung aus unserer Sicht besser machen? - Fest steht, die Landesregierung unternimmt Schritte und Herr Minister Robra hat eben zum Thema Wirtschaftskrise einiges angesprochen. Die EU - das ist richtig -, Europa befindet sich in einer sehr schwierigen Situation, sowohl wirtschaftlich als auch institutionell. Zum Vertrag von Lissabon habe ich schon etwas ausgeführt.
In der jetzigen Situation wird sich zeigen, inwieweit tatsächlich ein Gemeinschaftssinn, das heißt im Sinne von „gemeinsam sind wir stärker“, oder nationalstaatliche, egoistische oder auch protektionistische Interessen im Vordergrund stehen. Frankreich musste jetzt schon vorstellig werden, weil die EU in Bezug auf die französische Automobilindustrie Protektionismus feststellen zu können meinte.
Im Moment scheint das Pendel immer mehr in Richtung nationalstaatlicher Egoismen auszuschlagen. Betrachtet man, wie gesagt, oben genanntes Beispiel aus Frank
reich - selbst unter tschechischer Ratspräsidentschaft passiert zurzeit Folgendes: Dort werden arbeitslos gewordene Arbeitnehmer, wenn sie andere Herkunftsländer haben, mit 500 € auf der Hand nach Hause geschickt. Das ist, denke ich, nationalstaatlicher Egoismus.
Fakt ist auch, dass Sachsen-Anhalt von der EU deutlich profitiert. Es muss darauf hingewiesen werden, dass es nicht ausreicht, Geld zu bekommen; auch die strategische Ausrichtung ist wichtig. Herr Minister Robra, Sie haben es ausgeführt: Die EU stellt Sachsen-Anhalt mehr Geld zur Verfügung als der Bund.
Die Menschen haben durch die Krise Ängste und Sorgen, auch finanzieller Art, und Angst vor der Zukunft. Das ist dann, wenn es durch die EU auf sie einwirkt, eventuell auch ein Grund dafür, dass sie die Europäische Union als Institution vielleicht ein wenig misstrauisch beäugen. Europa muss aus unserer Sicht die Sozialstaatlichkeit in seinen Verträgen verankern und auch eine wie vom DGB geforderte soziale Fortschrittsklausel einführen, um das Vertrauen der Bürger in eine gesicherte und bessere Zukunft wiederherzustellen.
Ich würde mir wünschen, bei den Ausführungen mehr über die weitere Ausgestaltung des Sozialraums Europa und über eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft - wobei wir eine soziale Marktwirtschaft derzeit überhaupt nicht konstatieren können -, über die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und über die Förderung sozialer Gerechtigkeit - wir als LINKE begrüßen das ausdrücklich, was Sie vielleicht wundern wird - zu finden.
Ich bitte darum, dass die großen Fraktionen hier im Haus das ihren Abgeordneten im Europäischen Parlament näher bringen, damit wir endlich Mindeststandards einführen. Wir stellen immer nur fest, dass sich die Abgeordneten der CDU und der SPD im EU-Parlament letztlich anders verhalten, als es hier deklariert wird. Unsere Bitte lautet also: Unterstützen Sie die Forderung des DGB, eine soziale Fortschrittsklausel im Primärrecht der EU zu verankern.
Auf das Thema Demografie ist der Staatsminister schon eingegangen. Es sei mir gestattet zu sagen: Ein Demografiecheck ist zu wenig und ein Heimkehrerpäckchen meines Erachtens auch.
Wie sieht denn nun der Plan B aus? - Fakt ist, dass Sachsen-Anhalt von der EU als die schwierigste Region ganz Europas gewertet wird, was die demografischen Probleme betrifft.
Zur Legitimation, zur Wahlbeteiligung und zur Wahlmündigkeit habe ich schon etwas gesagt. Selbst das Thema Klima wurde nicht ausgespart. Ich erinnere nur daran, dass die Kanzlerin in ihrer Ratspräsidentschaft im Jahr 2007 zur Klimakanzlerin erhoben wurde.
Was hat es genützt? - Die USA überlegen, Eisbären eventuell auf die Rote Liste der bedrohten Arten zu setzen. Dabei wird mir dann auch um den wichtigsten Eisbären der Bundesrepublik angst.
Dass Maßnahmen, die zu der Krise geführt haben, jetzt wieder herangezogen werden sollen, um aus dieser Krise herauszuführen, ist aus meiner Sicht kein innovativer Weg.
Es reicht nicht festzustellen - ich glaube, Herr Scharf hat es gestern getan -, dass die Krise ihren Ausgang in den USA genommen hat. Mir stellt sich nämlich die Frage: Haben denn deutsche Kreditinstitute keine Leergeschäfte getätigt und keine Hedgefonds eingesetzt?
Wie gesagt, ich kann wirklich nur Martin Schulz beipflichten: Es ist Zeit, Europa ein Stück nach links zu rücken. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Czeke. - Wir kommen dann zum Beitrag der SPD-Fraktion. Der Abgeordnete Norbert Bischoff hat das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das von gestern wiederholen: Unser Abgeordneter Tilman Tögel hätte natürlich gern gesprochen; er hätte sich gewünscht, dass die Regierungserklärung später gehalten würde.
(Herr Schulz, CDU: Oh! - Herr Kosmehl, FDP: Oh! - Frau Dr. Hüskens, FDP: Der nimmt jede Reise wahr!)
Aber Europa geht jeden Abgeordneten an und eigentlich müsste jeder darüber reden können. Deshalb rede ich auch hier.
Herr Czeke, ich habe in Ihrer Rede - um gleich am Anfang darauf einzugehen - die Begeisterung für Europa vermisst.
(Herr Czeke, DIE LINKE: Ich habe mich nur dem Staatsminister angepasst! - Heiterkeit bei der LINKEN)
- Ich habe es leider nicht verstanden, aber vielleicht zeigt ihr Lachen die Begeisterung für Europa. Dann wäre es ja was.
Die kann man natürlich bringen. In dem Prozess, in dem sich Europa befindet, gibt es einen Haufen Probleme - keine Frage. Ich wünsche mir aber, dass man mehr in den Vordergrund stellt, dass Europa eine Idee von Freiheit, Frieden und Solidarität ist.
Dazu haben Sie nichts gesagt. Sie haben am Anfang gesagt, dass die Leute fragen, welchen Nutzen sie von Europa hätten. Dabei habe ich gedacht: Das kann nicht wahr sein.
Das ist sicherlich eine Frage, welchen Nutzen ich von allem habe. Welchen Nutzen hat Deutschland, hat unser Nationalstaat?
Die Frage ist aber auch, Herr Czeke: Welchen Nutzen haben die anderen, die osteuropäischen Länder, die dazugehören? Welchen Nutzen haben eigentlich andere davon?
Das sind eigentlich die Ziele. Die Geschichte der Europäischen Union ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte und trotzdem stehen wir heute vor riesigen Herausforderungen.
Mir hat schon zu denken gegeben, was der luxemburgische Premierminister Juncker gesagt hat: Europa bringt uns nicht mehr zum Träumen. Dabei habe ich mich wie wahrscheinlich auch einige von Ihnen hier im Saal daran erinnert, dass es Zeiten gab, in denen wir hier in festen Grenzen gelebt haben. Wir haben aber gesehen, was in Westeuropa los war, auch unter Konrad Adenauer in Richtung Frankreich, was die Versöhnung nach dem Krieg anging, und wie Europa langsam gewachsen ist, wenngleich sicherlich erst als Wirtschaftsunion.
Das waren doch Gedanken, von denen wir als junge Leute gesagt haben, die wären wirklich eine Vision für ein Nachkriegsdeutschland, in dem man sich wohlfühlen könnte, weil man sich als Deutscher vielleicht nicht so ganz mit seiner Identität zufrieden gab angesichts dessen, was passiert war. Ich jedenfalls habe damals wirklich von Europa geträumt.
Als dann Willy Brandt das Tor auch zum Osten aufstieß und Versöhnung in Richtung Polen und in Richtung der osteuropäischen Nachbarn praktizierte, habe ich noch mehr von Europa geträumt. Ich dachte, das könnte eine Vision sein, in der wir uns als Deutsche wieder zurechtzufinden, sodass wir sagen könnten: Wir haben eine bestimmte Stellung und eine Verantwortung in Europa.