Was die jetzige Rentnergeneration angeht, ja, da haben wir jetzt noch gute Zahlen, weil wir jetzt noch die Doppelverdienerhaushalte in der Rente haben. Sie leben auch nicht in Saus und Braus, sie kratzen immer an der Kante entlang, aber es geht.
Aber wenn die nächste Generation in Rente geht, dann werden wir feststellen, dass das nur ein scheinbarer Grund zur Freude war, denn das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Diejenigen, die nach 1989 keine Arbeit hatten, die nur Niedriglohntätigkeiten bekommen haben oder die nur zu bestimmten Zeiten in Arbeit waren, wachsen in die Rente hinüber. Das heißt, wir wissen jetzt schon, dass wir bei den kommenden Generationen, die in die Rente hinübergehen werden, ein hohes Armutsrisiko haben.
Darauf zu setzen, wie manch ein Politiker das gerne macht, dass die Arbeitslosenstatistiken dann etwas netter aussehen, weil aufgrund der demografischen Entwicklung ein Großteil der Arbeitslosen in die Rente hinüberwächst, löst das Problem überhaupt nicht. Wenn der Einzelne aus der Arbeitslosenstatistik herausfällt, dann kommt er bei der Armutsberichterstattung mit Sicherheit über den Bereich der Rentnerinnen und Rentner wieder. Das ist auf jeden Fall keine Antwort.
(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN - Herr Dr. Schrader, FDP: Sagen Sie doch mal, was Sie für eine Antwort haben!)
Also muss man ganz klar sagen: All das, was man heute schon tun kann, um Armut zu verhindern, ist richtig und ist notwendig.
Es ist nicht neu, aber es sollte in Sachsen-Anhalt, weil das Thema Bildung ein Landesthema ist, durchaus handlungsleitend sein.
Der Mikrozensus hat einen signifikanten Zusammenhang zwischen Bildung und Armutsrisiko ergeben. In Haushalten, in denen der Haupteinkommensbezieher ein niedriges Qualifikationsniveau hat, liegt das Armutsrisiko bei 46 %, bei mittlerem Niveau sinkt es auf 24,3 % und bei einem hohen Qualifikationsniveau auf 6,9 %. Das heißt, gute Bildung schützt auch perspektivisch in den Familien vor Armut.
Deshalb ist eine bessere Bildung mit Sicherheit eine der Stellschrauben, die auch wir drehen können - nicht nur müssen, sondern auch können.
das heißt ein gerechtes, leistungsfähiges Bildungssystem, das jeden seine Möglichkeiten ausschöpfen lässt und nicht vorher Schranken einbaut. Das ist eine der entscheidenden Säulen im Kampf gegen Armut.
Ich finde es auch richtig, dass darüber diskutiert wird, dass Kinder aus Familien, die ärmer sind, zusätzliche Bildungsangebote erhalten. Natürlich kann man das technisch auch mit einer Chipkarte umsetzen. Aber mich interessiert weniger das Design der Chipkarte; mich interessiert, bevor wir sagen, was zusätzlich gegeben wird, erst einmal die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Wir warten noch heute auf die Definition des Grundbedarfs von Kindern. Erst wenn der Grundbedarf definiert wurde, können wir sagen, was darüber hinaus finanziert wird.
(Beifall bei der SPD - Herr Kley, FDP: Sie wissen doch genau, wer das Gesetz gemacht hat! - Wei- tere Zurufe von der FDP - Unruhe)
(Zurufe von Herrn Felke, SPD, von Herrn Berg- mann, SPD, von Herrn Kley, FDP, und von Frau Dr. Hüskens, FDP - Unruhe)
Meine Damen und Herren! Lassen Sie die Abgeordnete Frau Budde doch bitte zu Wort kommen; denn so viel Zeit hat sie nicht mehr. Ihre Redezeit ist bald zu Ende.
Wenn man zum Beispiel die Themen Infrastruktur und Kindertagesstätten anspricht, dann stellt man fest, dass die West-Diskussion immer eine quantitative Diskussion ist nach dem Motto: Wir müssen die Anzahl der Plätze der Kindertagesstätten in der Bundesrepublik insgesamt erhöhen. - Das ist nicht unser Problem. Wir hätten aber zum Beispiel eine qualitative Antwort darauf. All das, was in Kindertagesstätten normal ist, was dort geboten werden kann, ohne dass es zugekauft werden muss, wäre doch eine Leistung in die Infrastruktur, die durchaus sinnvoll ist.
Das heißt, wir brauchen qualifizierte Erzieherinnen, die Musikunterricht und Sportunterricht geben können und die eine zweite Sprache unterrichten können. Wenn wir das in die Infrastruktur einbringen und nichts zukaufen müssen, dann ist das zum Beispiel ein Punkt, den man nicht auf der Chipkarte berücksichtigen muss,
Meine Damen und Herren! Der dritte Aspekt ist das Einkommen. Natürlich ist eine vernünftige Bezahlung die entscheidende Säule, mit der man Menschen hilft, aus der Armut herauszukommen - selbstverständlich. Und natürlich gehört dazu auch - auch wenn Sie zu meiner Rechten es schon nicht mehr hören können - der Mindestlohn, weil man damit nämlich das Niveau insgesamt anhebt. Das ist in Deutschland dringend notwendig.
(Beifall bei der SPD - Zurufe von Frau Take, CDU, von Frau Dr. Hüskens, FDP, und von Herrn Dr. Schrader, FDP - Unruhe)
Die Antwort, die mein Kollege Gürth heute Morgen im Radio darauf gegeben hat, nämlich Sie wären dafür, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, ist ja nun sehr „innovativ“. Ich möchte einmal wissen, wer in diesem Raum nicht dafür ist.
Das wird aber nicht reichen; vielmehr muss man auch etwas für diejenigen tun, die von den Arbeitsplätzen nicht sofort profitieren können. Das heißt, dazu gehört schon noch etwas mehr.
Das können wir uns nicht weiter leisten, nicht in Deutschland und auch nicht in Sachsen-Anhalt. Es darf auch nicht die wirtschaftspolitische Devise des Landes Sachsen-Anhalt sein, mit Niedriglöhnen zu werben; vielmehr müssen wir mit hoch qualifizierten Löhnen und hoch qualifizierten Arbeitsplätzen werben.
Das, was Sie, Herr Haseloff, gesagt haben, dass wir für alle ein Angebot schaffen müssen, ist gut und schön. Aber die Konzentration auf dieses Angebot in den letzten Jahren hat unter anderem dazu geführt, dass wir die anderen Arbeitsplätze nicht hatten und dass die Hochqualifizierten von den Fachhochschulen und Universitäten abgewandert sind.
(Zustimmung bei der SPD - Herr Kley, FDP: Jetzt oben drauf, was? - Herr Wolpert, FDP: Ist das die Bilanz der SPD in dieser Legislaturperiode? - Herr Kosmehl, FDP: Oh! - Unruhe)
Es gibt über die Wirtschaftsförderung und über ein Anreizsystem sehr wohl eine Möglichkeit, solche hochqualifizierten Arbeitsplätze mit mehr Förderung zu versehen als einfache Arbeitsplätze. Ich gehe einmal davon aus, dass das nicht bloß meine Auffassung ist, sondern dass inzwischen alle erkannt haben, dass an dieser Stelle ein Umschalten dringend notwendig ist. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Budde, für Ihren Redebeitrag. - Der Abgeordnete Herr Wolpert hat um das Wort gegeben.
Frau Kollegin Budde, ich würde Ihnen gern Gelegenheit geben, mir zu erklären, was die letzte Bemerkung zum Wirtschaftsminister bedeuten sollte. War das jetzt die Erklärung, dass die Koalition der CDU und der SPD in den letzten Jahren die Wirtschaftspolitik verfehlt angewandt hat?