Protokoll der Sitzung vom 09.09.2010

ranten - benötigen eine Zulassung als Schulobstlieferant. Die zugelassenen Lieferanten treffen dann mit Kindertagesstätten, Schulen und Trägern Vereinbarungen zur Lieferung des Schulobstes. Die Lieferanten beantragen die Schulobstbeihilfe und finanzieren das Schulobst vor. So - das war uns wichtig - entsteht keine Belastung der Schule oder des Schulträgers mit Abrechnungen. Die Lieferanten rechnen die gelieferten Portionen monatlich rückwirkend beim Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Süd als zuständige Stelle ab und erhalten nach Prüfung die Beihilfe erstattet.

Über die Teilnahme am Programm wurde nach dem Datum des Eingangs der vollständigen Antragsunterlagen der Lieferanten entschieden. Nur so konnte gewährleistet werden, meine Damen und Herren, dass das Schulobstprogramm in Sachsen-Anhalt zu Beginn des Schuljahres erfolgreich startet.

Zu den Informationen für die Einrichtungen im Vorfeld ist Folgendes auszuführen: Am 25. Januar 2010 wurde anlässlich der Auftaktveranstaltung der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Sachsen-Anhalt ein Fachforum zum Thema Schulobst durchgeführt. Zu dieser Veranstaltung, über die ausführlich in der Presse berichtet wurde, ergingen Einladungen an alle Kindertagesstätten und Schulen des Landes, an die Landkreise und kreisfreien Städte, an Vertreter aus Politik und an mögliche Lieferanten. Die Website der Vernetzungsstelle wies seitdem auf das geplante Schulobstprogramm in Sachsen-Anhalt hin.

Am 1. Juni 2010 gab das MLU den Startschuss für das EU-Schulobstprogramm in Sachsen-Anhalt und informierte in einer Presseinformation ausführlich über den Verfahrensablauf, die zuständige Stelle und den Termin für den Beginn der Antragsannahme für die Schulobstbeihilfe am 14. Juni 2010. Gleichzeitig wurde die Website www.schulobstprogramm.sachsen-anhalt.de mit Informationen zum Schulobstprogramm auf der Landesseite geschaltet. Am 8. Juni 2010 wurden der Städte- und Gemeindebund, der Landkreistag und landwirtschaftliche Berufsverbände ausführlich über den Verfahrensablauf informiert.

Zu Ihrer Frage 2: Das Schulobstprogramm in SachsenAnhalt wird 2010/2011, meine Damen und Herren, entsprechend der EU-Verordnung evaluiert. Mit der Evaluierung ist die Landesvereinigung für Gesundheit SachsenAnhalt e. V. beauftragt worden.

Ein erster Zwischenbericht zur Umsetzung des Schulobstprogramms in den Einrichtungen und zu den Erfahrungen wird im November vorliegen. Er wird aufzeigen, wie das Schulobstprogramm in den Einrichtungen umgesetzt wurde und welche Erfahrungen insgesamt gesammelt werden konnten. Daraus können Anregungen für die künftige Umsetzung des Schulobstprogramms abgeleitet werden.

Dazu wird beim Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt eine Arbeitsgruppe gebildet. Diese prüft in Vorbereitung des Schulobstprogramms im Schuljahr 2011/2012 auch Möglichkeiten und eventuelle Kriterien der Auswahl von Einrichtungen. Der Arbeitsgruppe werden Vertreter des Kultusministeriums, des Innenministeriums sowie des Ministeriums für Gesundheit und Soziales, Eltern- und Schülervertreter und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, auch Ernährungs- und Gesundheitsexperten, Vertreter der Landwirtschaft, der Obst- und Gemüsewirtschaft und des Handels angehören.

Lassen Sie mich ergänzen, meine Damen und Herren, dass an einigen Grund- und Förderschulen eigenständig, ohne finanzielle Förderung Schulfruchtprojekte durchgeführt werden. Auch Kindertagesstätten haben eigene Projekte mit Erzeugern organisiert und führen sie durch. Diese zunehmenden privaten Initiativen begrüße ich außerordentlich.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie sind sicherlich auch ein Ergebnis der notwendigen Diskussion um das Thema gesunde Ernährung und Schulobst.

Man kann natürlich die Umsetzung des Programms kritisieren, meine sehr verehrten Damen und Herren; aber wir sollten nicht vergessen, dass wir zu den sieben Bundesländern zählen, die sich dieser Aufgabe gestellt haben. Für Brüsseler Bürokratieauflagen ist die Landesregierung nicht der richtige Ansprechpartner. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank für die Antwort.

Wir kommen zur Frage 2 zum Thema Rechtskräftige Verurteilung in Strafverfahren, die die Abgeordnete Frau Tiedge, DIE LINKE, stellen wird. Die Antwort wird die Justizministerin geben. - Bitte, Frau Tiedge.

Danke, Herr Präsident. - Wie das Statistische Landesamt am 12. August 2010 in einer Pressemitteilung bekanntgab, hatten sich vor den Gerichten in SachsenAnhalt im Jahr 2009 27 980 Personen - das sind 1 311 weniger als im Vorjahr - wegen eines Verbrechens oder Vergehens zu verantworten.

Für 21 840 von ihnen - das sind gegenüber dem Vorjahr 1 664 weniger - endete das Strafverfahren mit einer rechtskräftigen Verurteilung.

Bei 6 140 Abgeurteilten wurden andere Entscheidungen getroffen. So gab es in 1 162 Fällen einen Freispruch. In 4 952 Fällen wurden die Verfahren eingestellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Anzahl von Personen in Sachsen-Anhalt, die nach einem Strafverfahren freigesprochen bzw. deren Verfahren eingestellt wurden, relativ hoch ist im Vergleich zur Gesamtzahl von Personen, die sich zum einen generell wegen eines Verbrechens oder Vergehens zu verantworten hatten und die zum anderen rechtskräftig verurteilt wurden, und worin sieht die Landesregierung die Ursachen für diesen Umstand?

2. Was ist der Grund dafür, dass Heranwachsende im Alter von 18 bis unter 21 Jahren trotz sinkender Verurteiltenziffer gegenüber dem Vorjahr mit 2 890 Verurteilten bezogen auf 100 000 Personen die meisten Verurteilten, das heißt konkret: dreimal mehr als bei den Erwachsenen, hatten und welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung dem entgegenzusetzen?

Vielen Dank. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fragen der Abgeordneten Frau Tiedge möchte ich im Namen der Landesregierung wie folgt beantworten.

Zu Frage 1: Die Landesregierung teilt die von Frau Tiedge vertretene Auffassung nicht; denn ob der Anteil der Verurteilten an den so genannten Abgeurteilten - das ist diese Verurteilungsquote - in Sachsen-Anhalt als relativ hoch angesehen werden kann oder nicht, lässt sich nicht anhand der soeben vorgetragenen Zahlen ablesen, sondern nur durch einen Vergleich mit den adäquaten Zahlen aus anderen Bundesländern feststellen.

Dieser Mühe haben wir uns in der Vorbereitung auf die Beantwortung unterzogen. Wir haben also die bundesweite Strafverfolgungsstatistik daraufhin untersucht, wie sich diese Verurteilungsquote in den einzelnen Ländern darstellt und welchen Platz Sachsen-Anhalt hier einnimmt.

Nach den Angaben des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt hatten sich vor den Strafgerichten in Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 insgesamt 27 980 Personen zu verantworten. Das sind die so genannten Abgeurteilten. Davon wurden 21 840 Personen rechtskräftig verurteilt, was dazu führt, dass bei 6 140 Personen eine andere Entscheidung getroffen worden ist. Das waren Freisprüche, die Einstellung des Verfahrens oder sonstige Entscheidungen wie das Absehen von einer Strafe.

Die Verurteilungsquote, also das Verhältnis zwischen Verurteilten und Abgeurteilten, betrug demnach 78,06 %. Diese Größenordnung bewegt sich im Rahmen der durchschnittlichen Verurteilungsquoten aus anderen Bundesländern und liegt etwa auf dem Niveau des Bundesdurchschnittes.

Das möchte ich mit folgenden Zahlen belegen. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die durchschnittliche Verurteilungsquote für zehn aus einem Zeitraum von 1976 bis 2008 angeführte Jahre bei 80 %. Sie sehen also, das ist in etwa die gleiche Größenordnung.

Im Jahr 2008 - die bundesweite Strafverfolgungsstatistik für 2009 liegt derzeit leider noch nicht vor, sodass ich hier auf die Zahlen aus dem Jahr 2008 zurückgreifen muss - lag die durchschnittliche Verurteilungsquote in Deutschland bei 80,4 %, in den alten Bundesländern bei 80,6 %, in den neuen Bundesländern bei 79,4 %, wobei man hier noch mal Schwankungen zwischen einzelnen Ländern feststellen muss. Der höchste Wert von 85,4 % ist in Rheinland-Pfalz festgestellt worden, 70,6 % als niedrigster Wert in Bremen. Im Jahr 2008 betrug die Verurteilungsquote in Sachsen-Anhalt 80,2 %. Sie lag damit 0,2 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt und 0,8 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der neuen Länder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund zeigen die hiesigen Verurteilungsquoten für die Jahre 2008 und 2009 keine signifikanten Abweichungen im Hinblick auf die bundesweiten Zahlen. Man kann hierbei also auch nicht von einem relativ hohen Wert der Nichtverurteilten sprechen.

Dies wird auch durch einen anderen statistischen Vergleich, nämlich einen Vergleich der so genannten Verurteiltenziffer belegt. Die Verurteiltenziffer gibt die Anzahl der Verurteilten je 100 000 Einwohner an und wird anhand der deutschen strafmündigen Wohnbevölkerung

errechnet. Insoweit korrespondiert die Verurteiltenziffer mit der Verurteilungsquote.

Auch hierbei muss ich wieder auf die Zahlen von 2008 zurückgreifen. Für das Jahr 2008 weist das Statistische Bundesamt für das gesamte Bundesgebiet eine Verurteiltenziffer von 1 074, für die alten Bundesländer von 1 069 und für die neuen Bundesländer von 1 097 aus. Dabei bewegen sich die Verurteiltenziffern in einem Bereich von 1 547 - das ist der höchste Wert, den Berlin erreicht - bis 782. Den niedrigsten Wert erreicht hierbei Schleswig-Holstein.

In diesem Rahmen bewegt sich auch die Verurteiltenziffer in Sachsen-Anhalt mit 1 033 für das Jahr 2008 und 1 016 im Jahr 2009. Auch hierbei liegen wir im Bundesdurchschnitt.

Zu Frage 2: Gestatten Sie mir eingangs meiner Bemerkung zu dieser Frage eine kleine Berichtigung. Die Presserklärung Nr. 99/2010 des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt vom 13. August 2010 weist als Verurteiltenziffer in Bezug auf erwachsene Personen nicht 849, sondern 894 Personen aus. Hieraus ergibt sich schon eine kleine Verschiebung.

Was nun das angesprochene Verhältnis zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden betrifft, ist zu sagen, es liegt etwa bei 1 : 3. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Man könnte fast eine Aktuelle Debatte zu dem speziellen Problem der Ursachen von Jugendkriminalität führen.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Kriminologische Studien belegen, dass die Straftatenhäufung bei Jugendlichen und Heranwachsenden häufig Ausdruck eines episodenhaften Verhaltens der betreffenden Täter ist, die noch nicht über eine stark gefestigte Persönlichkeitsstruktur verfügen.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass die höhere Verurteiltenziffer bei heranwachsenden Tätern darauf beruht, dass sie im Vergleich zu Erwachsenen eine höhere Aussage- und Geständnisbereitschaft zeigen. Das heißt, sie neigen eher dazu, reinen Tisch zu machen. Auch begehen sie Straftaten oft gemeinschaftlich, das heißt in einer gewissen Gruppendynamik oder in einem gewissen Gruppenzwang. Es darf außerdem nicht unterschätzt werden, dass vornehmlich in dieser Altersgruppe zunehmend auch Verstöße gegen das Urheberrecht zu einem Anwachsen der Straftaten führen.

Das häufig auf Heranwachsende angewandte Jugendstrafrecht enthält darüber hinaus eine Reihe von Instrumentarien, die im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht dazu führen, dass ein Verfahren nicht eingestellt wird, beispielsweise aus Opportunitätsgründen. Vielmehr kommt es gerade im Jugendbereich häufiger zu gerichtlichen Maßnahmen, etwa durch richterliche Weisung nach § 10 JGG, beispielsweise zu Auflagen, oder dann, wenn Zuchtmittel nach § 13 JGG angeordnet werden. Das entspricht dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechtes und wird auch durch unsere Jugendgerichte so umgesetzt.

Betrachtet man die Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2008, so kann man feststellen, dass das hier in Sachsen-Anhalt bestehende Verhältnis der Verurteiltenziffern zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden dem Bundesdurchschnitt in etwa entspricht.

Bundesweit befanden sich im Jahr 2008 unter 100 000 Einwohnern 969 erwachsene und 2 753 heranwachsende Verurteilte. Sachsen-Anhalt ist in diesem Punkt vergleichbar etwa mit unserem Nachbarland Sachsen. Dort entfielen im Jahr 2008 auf 100 000 Einwohner 1 022 erwachsene und 3 304 heranwachsende Verurteilte.

Aus meiner Sicht belegen diese Zahlen die Richtigkeit der These, dass Jugendkriminalität im Wesentlichen eine episodenhafte Erscheinung und Ausdruck einer noch nicht verfestigten kriminellen Persönlichkeitsstruktur ist.

Sie belegen zudem, dass angemessene jugendgerichtliche Maßnahmen tatsächlich bewirken können, dass wir Jugendliche vor Rückfällen schützen und demzufolge aus den Jugendlichen keine kriminellen Erwachsenen werden.

Wegen aller auf die speziellen Bedürfnisse des Einzelfalls abgestimmten Maßnahmen ist festzustellen, dass die Straffälligkeit von Jugendlichen und Heranwachsenden in Sachsen-Anhalt seit Jahren rückläufig ist. Betrug der Anteil jugendlicher und heranwachsender Beschuldigter an der Gesamtkriminalität in den Jahren 2000 und 2001 jeweils noch über 34 %, haben wir im Jahr 2009 einen Prozentsatz von 23 %. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der statistischen Erhebungen. Der Anteil der Heranwachsenden an der Gesamtkriminalität ist im gesamten Zeitraum von 17 % auf 13 % gesunken.

Ich denke, das ist auch Ausdruck der erfolgreichen Arbeit unserer Jugendrichterinnen und Jugendrichter sowie der Arbeit unserer Jugendanstalt in Raßnitz. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Nachfragen liegen mir nicht vor.

Dann kommen wir zur Frage 3. Der Abgeordnete Tilmann Tögel hat eine Frage zum Thema Angriff der Minke. Für die Landesregierung wird Herr Umweltminister Dr. Aeikens antworten.

Unter dem Titel „Angriff der Minke“ sendete der MDR am 18. August 2010 einen Bericht über die dramatische Ausbreitung des amerikanischen Nerzes (Mink) im Bereich der Havel. Die vor einigen Jahren bei Burg aus einer Nerzfarm illegal befreiten Raubtiere haben sich explosionsartig vermehrt und haben bereits, da ohne natürliche Feinde, massive Schäden bei brütenden Wasservögeln und anderen Tieren verursacht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung das Problem bekannt und auf wie viele Tiere in welchem Ausbreitungsgebiet schätzt sie derzeit die Population?

2. Hält die Landesregierung eine Bejagung zum Schutz der einheimischen Tierwelt für nötig und was tut sie, gegebenenfalls in Absprache mit dem Land Brandenburg, zur Bekämpfung dieser Neozoen?