2. Hält die Landesregierung eine Bejagung zum Schutz der einheimischen Tierwelt für nötig und was tut sie, gegebenenfalls in Absprache mit dem Land Brandenburg, zur Bekämpfung dieser Neozoen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen des Herrn Abgeordneten Tögel wie folgt.
Der amerikanische Nerz - besser bekannt unter dem Begriff Mink - kommt in Sachsen-Anhalt seit ca. zwölf bis 15 Jahren in geeigneten Feuchtgebieten in stabilen, aber relativ niedrigen Populationen vor.
Um nähere Erkenntnisse über den Mink zu gewinnen, haben Ende der 90er-Jahre im Rahmen einer vom Land geförderten Diplomarbeit an der Martin-Luther-Universität Halle umfangreiche Untersuchungen an den Deetzer Teichen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld stattgefunden. Mit dieser Arbeit wurden die Höhe der dortigen Population an Minken und deren Auswirkungen auf den Lebensraum untersucht. Nachgewiesen wurden vom Mink verursachte erhebliche Schäden bei Wasservögeln aller Art und in der dortigen intensiv betriebenen Teichwirschaft. Ein flächendeckender erheblicher Anstieg der Minkpopulation in Sachsen-Anhalt über den einen oder anderen Schwerpunkt hinaus war damals langjährig nicht feststellbar.
Dazu ist es erst gekommen, als im Rahmen einer so genannten Tierbefreiungsaktion im Oktober 2007 bei Burg ca. 10 000 Minke aus einer Zuchtanlage freigelassen worden waren. Nach unseren Erkenntnissen sind davon in groß angelegten Aktionen etwa 6 000 bis 7 000 Tiere wieder eingefangen worden. Hunderte wurden in den ersten Tagen nach der Freilassung auf der A 2 überfahren. Es ist davon auszugehen, dass schätzungsweise 1 500 bis 2 000 der freigelassenen Tiere sich in der freien Natur fest etabliert haben und sich dort seit dem Jahr 2008 auch nachhaltig vermehren.
Der Bereich der Jägerschaft Havelberg mit den im Fernsehbericht des MDR vom 18. August 2010 genannten Naturschutzgebieten Schollener See und Stremel liegt ca. 50 bis 60 Kilometer vom Freilassungsort der Minke entfernt. Von dort ist bestätigt worden, dass etwa ein halbes Jahr nach der so genannten Befreiungsaktion im Oktober 2007 durch die dortigen Revierinhaber ein sprunghafter Anstieg der Minkpopulation zu verzeichnen war. Offensichtlich sind viele der freigelassenen Tiere sehr schnell entlang der Elbe und der sie begleitenden Feuchtbiotope nach Norden gewandert.
Nach sporadischen einzelnen Minkabschüssen bzw. Fallenfängen zuvor hat sich die jährliche Strecke in der Jägerschaft Havelberg inzwischen auf jährlich 90 bis 100 Stück erhöht. Mit diesen jagdlichen Abgängen aus der Population dürfte aber keine Regulation des Bestandes verbunden sein und noch nicht einmal der jährliche Zuwachs abgeschöpft werden, was Voraussetzung wäre, um den Bestand konstant zu halten.
Es ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der in der Natur heimisch gewordenen freigelassenen Minke zwischenzeitlich mindestens verdreifacht hat und sich auf den Elbe-Havel-Bereich einschließlich angrenzender Feuchtbiotope von Magdeburg bis Havelberg verteilt. Aufgrund offenbar besonders guter Lebensbedingungen scheint der Havelberger Bereich mit seinen großen Naturschutzgebieten ein Populationsschwerpunkt zu sein.
Eine jagdliche Regulation des jetzt vorhandenen Minkbestandes wird nur durch eine intensive und flächendeckende Fallenjagd in den besiedelten Gebieten nach
Jagdrechtlich bestehen mit einer ganzjährigen Jagdzeit für den Mink die Voraussetzungen für dessen intensive Bejagung. Gezielten großflächigen Fangaktionen stehen aber Regelungen in fast allen Naturschutzgebietsverordnungen entgegen, die eine Fallenjagd ganzjährig untersagen, da mit der Fallenjagd eine Gefährdung der Schutzgebietsstellung und geschützter Tierarten verbunden ist.
Die im Fernsehbeitrag vom 18. August 2010 dargestellten Auswirkungen der Minke auf die Wasservogelpopulation werden von der örtlichen Jägerschaft bestätigt. Einzelaktionen von Revierinhabern mit Falle und Waffe werden nach unserer Auffassung kaum nachhaltig Abhilfe schaffen können. Vielmehr ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Jagd und Naturschutz unerlässlich, um das Problem wirksam anzugehen.
Ich werde deshalb das Landesverwaltungsamt mit einem Erlass auffordern, gemeinsam mit den zuständigen Jagd- und Naturschutzbehörden und der Jägerschaft in den betroffenen Gebieten nach konsensfähigen Lösungswegen zur Intensivierung der Minkbejagung zu suchen. Aufgrund der verborgenen und heimlichen Lebensweise des Minks muss dabei auch geprüft werden, inwieweit in Verbreitungsschwerpunkten eine Intensivierung der Fallenjagd vertretbar ist und erreicht werden kann. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt wird dieses Thema weiter verfolgen.
Herzlichen Dank, Herr Minister. Ich bedanke mich für die ausführliche Antwort und habe nur eine kurze Nachfrage zu Punkt 2, wie sich eine mögliche Zusammenarbeit mit Brandenburg gestaltet.
Vielen Dank für den Hinweis. Wir werden bei dem Erlass berücksichtigen, dass aufgrund der regionalen Erkenntnisse eine intensive Zusammenarbeit mit Brandenburg erforderlich ist.
Wir kommen zu Frage 4. Dabei geht es um die Berliner Bundesratsinitiative zur Änderung des SGB XII. Antwort geben wird Herr Minister Bischoff. - Bitte schön, Sie haben das Wort, Frau Bull.
Das Land Berlin hat im Juli dieses Jahres den Entwurf zur Änderung des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches in den Bundesrat eingebracht. Ziel dieses Gesetzes ist es, das Vertragsrecht der Sozialhilfe transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten, Vertragsverletzungen besser sanktionieren zu können und im Streitfall einheitlichen Rechtsschutz zu gewährleisten.
1. Wie beurteilt die Landesregierung die Intentionen dieser vorgeschlagenen Regelungen und diese selbst, und wird es darüber hinaus Änderungsvorschläge der Landesregierung zum vorgelegten Gesetzentwurf geben?
2. Wie gestaltet sich das Abstimmungsverhalten der Landesregierung zu dieser Bundesratsinitiative des Landes Berlin in den Ausschüssen und im Plenum?
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich die Frage der Abgeordneten Birke Bull für die Landesregierung beantworte, lassen Sie mich Folgendes voranstellen.
Der Vorschlag des Landes Berlin sieht vor, im Wege einer Änderung des SGB XII die Regelungen zur Transparenz im Bereich der Vergütungsfindung in der Pflegeversicherung aus dem § 85 SGB IX in das SGB XII zu übertragen. Das setzt die Erweiterung der Pflichten zur Offenlegung betriebswirtschaftlicher Daten voraus, die nun auch im SGB XII normiert werden sollen.
Die tatsächlichen Gestehungskosten sollen bei der Verhandlung der Vergütung wieder eine Rolle spielen. Diese sollen die Kostenwirklichkeit abbilden und nicht nur den am Markt erzielbaren Preis. Den neuen Transparenzpflichten soll ein Sanktionssystem für Fälle der Vertragsverletzung zur Seite gestellt werden.
Der Rechtsschutz bei Streitigkeiten über den Abschluss und die Durchführung der Leistung und Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen sollen nach § 75 SGB XII vereinheitlicht werden. Der Berliner Antrag berührt die Arbeiten der schon seit längerem eingesetzten BundLänder-Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe.
Unter Einbeziehung der dort erzielten Ergebnisse finden derzeit Abstimmungen zwischen den Ländern zur Behandlung des Berliner Antrags statt, die noch nicht abgeschlossen sind. Seit den letzten Tagen weiß ich übrigens, dass die Behandlung des Antrags im Bundesrat erst einmal einvernehmlich verschoben worden ist, um den Ländern mehr Möglichkeiten für Beratungen über die Anträge zu geben.
Zu 1: Die vorgeschlagenen Regelungen führen faktisch das Selbstkostendeckungsprinzip wieder ein und stehen im deutlichen Konflikt zu den Regelungen in § 76 SGB XII, wonach auf Inhalt und Qualität der Leistungen abgestellt wird und diese zur Grundlage der Leistungsvergütung gemacht werden. Das Selbstkostendeckungsprinzip hatte in der Vergangenheit für vergleichbare Leistungen zu ganz erheblichen Preisspannen bei den Pflegesätzen geführt, ohne dass die Kostenträger dies hätten verhindern können.
Vor dem Hintergrund dieser Situation hat die Gesetzesreform im Jahr 1996 das Selbstkostendeckungsprinzip durch das Prinzip der Leistungsvergütung abgelöst. Da
her sollte von einer Wiedereinführung des Selbstkostendeckungsprinzips abgesehen werden, zumal dies erfahrungsgemäß nicht zu Kostensenkungen, sondern zu erhöhten Kosten führt.
Die im Berliner Antrag vorgesehene Schiedsstellenfähigkeit von Leistungsvereinbarungen begegnet ebenfalls erheblichen Bedenken. Erfahrungen aus der Zeit, als die Schiedsstellenfähigkeit von Leistungsvereinbarungen gegeben war, haben gezeigt, dass die Schiedsstellen nicht in der Lage waren, vertretbare und von beiden Seiten akzeptierte Lösungen vorzuschlagen.
Die Einführung eines Prüfrechtes, das sich auf Umfang und Qualität der Leistung als die maßgeblichen Parameter für die Bemessung der Leistungsvergütung bezieht, ist in den Ländern allerdings unstrittig und wird weiter verfolgt. Dasselbe gilt auch für Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzungen der Leistungsvereinbarung.
Die Meinungsbildung zu den Änderungsanträgen ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Über die Inhalte wird in den Ländern zurzeit diskutiert. Es wäre an dieser Stelle zu viel, auf die fünf Punkte einzugehen, über die zurzeit diskutiert wird.
Zu 2: Aus den vorgenannten Gründen kann dem Antrag Berlins in unveränderter Fassung nicht zugestimmt werden.
Wir kommen dann zu Frage 5. Die Abgeordnete Frau Angelika Hunger von der Fraktion DIE LINKE stellt eine Frage zur Stellungnahme zum CCS-Gesetzentwurf. Die Antwort gibt der Wirtschaftsminister Herr Dr. Haseloff. - Bitte schön, Frau Hunger, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat im Juli 2010 den Entwurf eines Gesetzes zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid vorgestellt. Die Bundesländer hatten am 26. August 2010 die Gelegenheit, dazu eine Stellungnahme abzugeben.
1. Welche Anregungen und Hinweise zur Veränderung des Entwurfs hat die Landesregierung in ihrer Stellungnahme formuliert?
2. Wie beurteilt die Landesregierung die Risiken für die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt bei der Umsetzung des vorliegenden Gesetzentwurfs?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beantworte die Frage erstens mit einer kurzen Benennung der Rechtsgrundlage für das jetzige nationale Gesetzgebungsverfahren. Sie wissen, dass die entsprechenden klimapolitischen Ziele der Europäischen Union dazu führen sollen, dass im Jahr 2050 eine Reduzierung um 80 bis 95 % des jetzigen Treibhausgasemissionsvolumens erfolgen soll. Die noch in der Entwicklung befindliche
CCS-Technik kann durch die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid in tiefen geologischen Gesteinsschichten zur Erreichung dieses Ziels einen Beitrag leisten. Das ist die Meinung der Europäischen Union.
Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2009/31 EG vom 23. April - dann kommt noch eine ganze Reihe von entsprechenden Rechtsgrundlagen, ich will die jetzt an dieser Stelle einsparen - hat dazu geführt, dass bis zum 25. Juni 2011 deutsches Recht zu diesem Thema zu schaffen ist.
Mit dem Referentenentwurf der Bundesregierung vom 23. Juli 2010 soll die Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und die Demonstration der dauerhaften und umweltverträglichen Speicherung von CO2 in tiefen geologischen Gesteinsschichten geregelt werden. Damit sollen eine klimaverträgliche Energieversorgung auf der Basis von Braunkohle und Steinkohle sowie eine CO2-emissionsarme Industrieproduktion erprobt und demonstriert werden; denn es handelt sich nicht nur um eine Strategie in Richtung CO2-Emission im Zusammenhang mit der Energieerzeugung aus Steinkohle und Braunkohle, sondern generell um CO2-Emissionen in den entsprechenden Industrien einschließlich der chemischen Industrie.
Gegenüber dem Entwurf aus dem Jahr 2009 kommt gerade dieses in der jährlichen Mengenbeschränkung auf 3 Millionen t CO2 für den jeweiligen Einzelspeicher und der bundesweiten Summe von 8 Millionen t im Jahr zum Ausdruck. Diese Erprobungs- und Demonstrationszeit soll bis zum Jahr 2015 befristet sein und mit einer umfassenden Evaluierung bis zum Jahr 2017 abgeschlossen werden. Für die notwendigen Forschungsspeicher bleibt die Begrenzung entsprechend der CCS-Richtlinie der Europäischen Union bei 100 000 t. Zum Zeitpunkt der Evaluierung wird sich auch herausstellen müssen, ob die CCS-Technologie die in sie gestellten klima- und energiepolitischen Ziele erfüllen kann und zudem eine öffentliche Akzeptanz findet.
Eine große Bedeutung kommt der im Gesetz geforderten unternehmerischen Verantwortung in allen Fragen der Planung, der Genehmigung, der Betriebsführung einschließlich der Kontrolle und Überwachung sowie der Maßnahmen zur Nachsorge und der Vorhaltung eines fachkundigen Personals bis hin zur Finanzierung zu.