Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

In anderen Bundesländern regeln bereits entsprechende Gesetze den Schutz der Belegstellen. In Bayern erfolgte die Regelung im Tierzuchtgesetz, in Hessen im Naturschutzgesetz. Die Länder Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen haben gesonderte Gesetze zum Schutz der Bienenbelegstellen erlassen.

Bisher bestand in Sachsen-Anhalt dazu - im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern - für lediglich eine Belegstelle aus der Sicht der Verwaltung kein Regelungsbedarf. Mit der weiteren Belegstelle für Toleranzzucht hat sich dies aufgrund der angeführten zentralen Bedeutung für die Erhaltung des Bienenbestandes geändert. Mit der gesetzlichen Regelung werden gleichzeitig auch angrenzende Belegstellen in Brandenburg und Thüringen besser geschützt.

In der Sitzung am 21. September 2010 hat das Kabinett nach einer Anhörung entschieden - im Übrigen wird das Gesetz von den Bienenverbänden in besonderer Weise begrüßt -,

(Herr Wolpert, FDP: Bienenverbände?)

den Schutz der Belegstellen nicht als eigenständiges Gesetz einzubringen, sondern eine Integration in das Landwirtschaftsgesetz vorzunehmen. Bestimmungen zur Genehmigung der Belegstellen, zur Festlegung der Schutzbezirke und zur Überwachung der Belegstellen werden über eine Verordnung, die das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt erstellt, geregelt.

Das Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Mitte ist ohne Personalaufwuchs für die Kontrolle der Einhaltung der Schutzzonen zuständig. Die Umsetzung erfolgt über anlassbezogene Kontrollen, wenn der Betreiber der Belegstelle der Behörde Verstöße meldet oder die Behörde anderweitig Kenntnis von Verstößen erlangt. Ein entsprechender Änderungsentwurf zum Landwirtschaftsgesetz liegt Ihnen nunmehr vor, meine Damen und Herren. Ich wünsche diesem eine zügige und fruchtbare Beratung im Parlament. - Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Wir können sicherlich für dieses Haus sagen, dass uns das Anliegen der Imker sehr wichtig ist.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Als erster Debattenredner wird der Abgeordnete Herr Hauser von der FDP-Fraktion sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Aeikens, ich weiß nicht, welche Biene Sie gestochen hat, aber das hat mir sehr gefallen; so kenne ich Sie gar nicht.

(Heiterkeit bei der SPD - Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von Frau Knöfler, frak- tionslos)

Ob es eine friedfertige oder eine Kampfbiene war, das weiß ich nicht, aber es muss eine lebhafte, freundliche gewesen sein.

Zum Ernst der Sache. Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch noch vier Jahre zu leben. Keine Biene mehr - keine Bestäubung mehr - keine Pflanzen mehr - keine Tiere mehr - keine Nahrung mehr und letztendlich keine Menschen mehr.

(Herr Tullner, CDU: Na ja, nun!)

Weltweit beobachten wir ein massives Bienensterben. In Deutschland sank die Zahl der Bienenvölker in den letzten 50 Jahren von 1,5 Millionen auf 620 000. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf den Menschen und die Wirtschaft. Ein Anteil von ca. 80 % der einheimischen Pflanzen ist auf die Bestäubung der Bienen angewiesen. - Ich lasse jetzt einiges aus meiner Rede weg. - Daher ist es wichtig, dass wir uns mit dem Bienensterben beschäftigen.

Was sind nun die Gründe für das Bienensterben? - In Expertenkreisen finden sich dazu verschiedene Meinun

gen: Klimawandel, warm, feucht - das sehen wir heuer -, Hitze, Kälte und massive Niederschläge sind schlecht für Bienen. Darüber hinaus spielt der Landschaftswandel eine Rolle - nicht nur der Klimawandel, sondern auch der Landschaftswandel -, die Pflanzen und Hecken haben kürzere Blütezeiten, dadurch kommt es zu Nahrungsmangel. Vielleicht spielen auch Pestizide und die Varroamilbe eine Rolle.

Um die Bienenverluste auszugleichen und möglichst widerstandsfähige Bienenvölker zu züchten, gibt es Bienenbelegstellen mit ausgewählten Bienenvölkern. In Sachsen-Anhalt gehört beispielsweise die 2009 eröffnete Varroa-Toleranz-Belegstelle Hundeluft im Naturpark Fläming - ich würde sie dann vielleicht in „Bienenluft“ umtaufen - bei Dessau-Roßlau dazu.

Die Landesregierung will nun mit der Änderung des Landwirtschaftsgesetzes um diese Belegstellen eine Schutzzone errichten, um den Einfluss von zuchtfremden Bienenvölkern zu minimieren und bestenfalls auszuschließen. Maßnahmen der anderen Bundesländer haben Sie, Herr Minister, bereits genannt. Für die Belegstellen in Sachsen-Anhalt halten wir von der FDP das für eine sinnvolle, wichtige begrüßenswerte Maßnahme der Landesregierung. - Das passiert selten, dass die Opposition die Landesregierung lobt. Aber Ehre, wem Ehre gebührt. Da sind wir so frei.

(Zustimmung bei der FDP und von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Nun einige Anregungen, wie wir die Sache forcieren könnten. Wie kann zum Beispiel die kürzlich verabschiedete EU-Blühstreifenverordnung bei den Landwirten besser bekannt und akzeptabel gemacht werden? Kann mehr als bisher für die Attraktivität der Imkertätigkeit bei jüngeren Menschen getan werden? Der Imkerverband klagt über einen hohen Altersdurchschnitt seiner Mitglieder von über 60 Jahren.

Solche Maßnahmen sind - das ist uns allen klar - natürlich mit Kosten verbunden. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, diese Punkte auch während der Ausschussberatungen einmal mit Experten zu besprechen. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sollte die Federführung erhalten, nehme ich an, und der Ausschuss für Umwelt sollte mit der Mitberatung beauftragt werden. - Das war es von der FDP-Fraktion. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Hauser. - Für die SPDFraktion spricht der Abgeordnete Herr Barth.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch die Rede hier im Parlament hat dieser Antrag vielleicht ein bisschen Schmunzeln ausgelöst. Ich habe mir sagen lassen, es war auch schon im Kabinett so.

(Zuruf von Minister Herrn Dr. Aeikens - Heiterkeit bei der FDP)

- Wir kommen darauf zurück, Herr Minister. - Ich denke, es ist für jemanden, der sich nicht alltäglich mit Problemen der Landwirtschaft auseinandersetzt, sicherlich schwer, dieses Thema hier zu verfolgen. Vor allen Din

gen ist es für jemanden, der sich nicht ständig damit befasst, auch schwer, die Bedeutung dieses Gesetzentwurfs für das Land zu erfassen. Ich kann mich jedenfalls nicht entsinnen, dass wir uns im Landtag schon einmal mit Bienen befasst hätten. Ich weiß es jedenfalls nicht; es mag sein.

Ich denke, wir sollten diesen Geschöpfen die gebührende Ehrfurcht entgegenbringen. Die einzelnen Punkte sind von dem Herrn Minister und meinem Vorredner schon angeführt worden. Es ist nicht zu leugnen, dass die Bienen doch erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für die Landwirtschaft und für die Volkswirtschaft insgesamt haben.

Minister Herr Aeikens hat schon gesagt, dass die Bienen monetär eine Bestäubungsleistung bei Nutzpflanzen von ca. 4 Milliarden € erbringen. Gemessen am Landeshaushalt ist das viel; ein Betrag von 4 Milliarden € ist eine ganze Menge.

Auch die Bedeutung für die Biodiversität möchte ich hervorheben. Ich denke, mit dem Gesetzentwurf kann sicherlich auch dazu beigetragen werden, die Bestäubungsleistung bei Nutzpflanzen um ein Vielfaches zu erhöhen.

Wir haben es bei der Honigbiene mit einer Art zu tun, die von existenzieller Bedeutung für unsere Kulturlandschaft ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einrichtung und der Schutz von Belegstellen sind das eine. Minister Dr. Aeikens hat auch ausführlich dargelegt, warum wir diesen Gesetzentwurf brauchen. Ich möchte das an dieser Stelle nicht wiederholen.

Ein weiterer Punkt, den ich aus gegebenem Anlass ansprechen möchte, ist das Nahrungsangebot für Honigbienen. Unsere eingeschränkte Fruchtfolge macht es der Honigbiene nicht leicht, über das Jahr hinweg das erforderliche Nahrungsangebot zu finden. Insbesondere in den Monaten August und September fällt es den Bienenvölkern schwer, den erforderlichen Wintervorrat anzulegen.

Nicht zuletzt aus diesem Grund finden wir Bienen heute überwiegend in der näheren Umgebung von Gartenanlagen. Es zeichnete sich in den vergangenen Jahren auch ab, dass geradezu eine Landflucht von Bienen festzustellen ist. Das heißt, die Imker siedeln sich zum großen Teil in Großstädten an, weil das Nahrungsangebot dort um ein Vielfaches höher ist als auf dem Land.

(Zuruf von Frau Fischer, SPD)

Deshalb möchte ich dafür plädieren, dass wir insbesondere auch im Rahmen des Landesblühstreifenprogramms weiter voranschreiten und die Landwirte ermuntern, hiervon weiterhin Gebrauch zu machen.

Jeder von uns hier im Raum kennt vielleicht das Kinderlied „Summ, summ, summ, Bienchen summ herum“. So einfach haben es aber die Bienchen, gerade die wilden Bienen, nicht mehr. Es gibt nämlich auch wilde Bienenarten und diese kommen so gut wie gar nicht mehr in der Natur vor. Das ist auch kein Wunder, da spezielle waldbauliche Maßnahmen darauf abzielen, die abgestorbenen Bäume restlos zu entfernen. Es finden sich kaum noch Höhlen, in denen diese Bienen unterkommen können. Vor diesem Hintergrund sollte man vielleicht auch die Frage stellen, ob diesbezüglich nicht ein Umdenken angebracht ist.

Abschließend möchte ich noch auf einen Punkt hinweisen. Wir haben in unserem Land derzeit keine Bienenwanderordnung. In anderen Bundesländern gibt es die. Darüber sollten wir vielleicht, Herr Minister, noch einmal nachdenken und uns auch im Ausschuss damit befassen, inwieweit wir dies hier einführen sollten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Barth. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Czeke.

(Oh! bei der CDU - Zurufe - Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So viel Heiterkeit hatten wir, glaube ich, zum letzten Mal bei der Diskussion zu Schulobst und Schulmilch.

(Heiterkeit bei der FDP)

Und, wie ich mich erinnere, vor vielen Jahren, am 11. November, bei der Debatte zu schwarzen Vögeln und der Bejagung derselben.

(Zuruf von Herrn Hauser, FDP)

Eine Vorbemerkung sei mir noch gestattet. Ich habe meine Töchter nicht mit der Geschichte von den Bienen und der Bestäubung aufgeklärt.

(Zurufe - Unruhe)

Nunmehr zu Ihrem Gesetzentwurf. Seit Mitte der 80erJahre haben wir es in Europa, konkret in Mitteleuropa, mit einem rasanten Rückgang der Honigbiene und zugleich auch mit einem deutlichen Rückgang der Zahl der Imkerinnen und Imker zu tun. Die Vorredner gingen darauf schon ein.

Was wir alle aufgrund eines gewissen Bauchgefühls schon wahrgenommen haben, ist nunmehr mit einer Studie immerhin des Internationalen Bienenforschungsverbandes, IBRA, aktuell belegt worden. Hervorzuheben ist hierbei, dass mit der im Januar 2010 vorgelegten Studie erstmals ein gesamteuropäischer Zusammenhang dargestellt wird, während es bisher nur mehr oder weniger Meldungen aus einzelnen Regionen gab.

Es kann festgestellt werden, dass vor allem in Mitteleuropa und in den USA der Bienenbestand in bedrohlicher Weise zurückgegangen ist. Wenn man allerdings weiß, dass dagegen in den letzten 50 Jahren die Zahl der Bienenvölker weltweit um immerhin 45 % gestiegen ist, dann könnte man ja sagen: Dann importieren wir eben unseren benötigten Honig, und gut ist es.