Protokoll der Sitzung vom 08.10.2010

Meine Damen und Herren! Wenn wir über das Thema Hochwasserschutz sprechen, müssen wir eines auch ganz realistisch sehen: Gegen die Auswirkungen von Naturereignissen gibt es keinen 100-prozentigen Schutz. Das wird auch dann der Fall sein, wenn wir unsere Hochwasserschutzkonzeption vollständig umgesetzt haben. Allerdings können wir mit unserem Verhalten und unserer Vorsorge die Auswirkungen solcher Ereignisse mildern. Daran, meine Damen und Herren, werden wir auch in Zukunft hart arbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt jetzt drei Nachfragen von Herrn Gallert, Herrn Lüderitz und Frau Dr. Klein. - Bitte schön, Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herr Aeikens, wir haben jetzt unterschiedliche Versionen gehört, was die Kompensation der Mittel aus dem ELER in Höhe von 40 Millionen €, die für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt werden sollen, anbelangt.

Das Erste, was wir gehört haben, war, dass man das wegen dieser anderen Kofinanzierung gemacht habe. Da spielte eine Kompensation noch gar keine Rolle.

Das Nächste, was wir öffentlich gehört haben, war, dass Kollege Haseloff die Mittel weitgehend aus Mitteln seines Hauses refinanziert habe. Heute hören wir dazu von Ihnen, es seien 10 Millionen € und nicht knapp 40 Millionen €.

Ich höre jetzt zum ersten Mal, dass eine Refinanzierung dieser Mittel aus Rückflüssen aus der Bekämpfung der Folgen des Hochwassers im Jahr 2002 und aus der Verwendungsnachweisprüfung erfolge.

Herr Dr. Aeikens, Sie stimmen mir doch wohl darin zu, dass solche Mittel dann ohnehin im Haushaltsplan veranschlagt waren. Es gab für diese Dinge doch wohl einen Einnahmeposten. Diese Mittel haben doch mit dem Landeshaushalt auch einem Verwendungszweck unterlegen.

Jetzt frage ich: Woher kommen auf einmal Rückflüsse in Höhe von 40 Millionen €, die bei der Aufstellung des Haushaltsplans offensichtlich niemanden interessiert haben, von denen niemand etwas gewusst hat oder von denen das Landwirtschaftsministerium niemandem etwas erzählt hat, obwohl man wusste, dass sie kommen?

Bitte, Herr Minister.

Herr Gallert, ich weiß nicht, wo Sie hingehört haben.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Eben jetzt bei Ihnen!)

- Das ist gut so.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Wir haben nie etwas anderes gesagt, als dass es eine Kompensation aus verschiedenen Bereichen gibt. Diese Kompensation setzt sich aus drei Elementen zusammen. Ich wiederhole das jetzt einmal; das habe ich auch in der Pressekonferenz am Dienstag gesagt. Auch mein Pressesprecher hat versucht, das gegenüber Journalisten so darzustellen.

Es gibt eine Kompensation aus drei Bereichen. Es gibt eine Kompensation aus der normalen Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Es gibt eine Kompensation aus dem Bereich EFRE und es gibt eine Kompensation aus dem ohnehin beim MF vorhandenen Topf Sonder-GAK, der sich aus dem Hochwasser im Jahr 2002 ergeben hat. - Das sind die drei Kompensationen.

Als wir uns seinerzeit darangemacht haben, den ELER mit einem Volumen von damals 99 Millionen € für die gesamte Förderperiode zu planen, konnte kein Mensch überblicken, welche Kompensationsmöglichkeiten im Rahmen der Finanzplanung bei der Abarbeitung der

Hochwasserschutzkonzeption bestehen. Wir konnten damals nicht absehen, welche Mittel uns erfreulicherweise aus der Sonder-GAK für diese Zwecke noch zufließen konnten. - Das ist die Historie dieses Vorgangs.

Vielen Dank. - Nun Herr Lüderitz und dann Frau Dr. Klein.

Herr Minister, ich habe in meiner Rede bewusst jegliche Art von Kritik vermieden, was die Schwarze Elster und auch die Hochwasserschutzmaßnahmen anbetrifft. Ich denke, ich kann Ihre Aussagen dazu durchaus nachvollziehen. Ich sehe diesbezüglich auch kein Versäumnis des Landes.

Mich interessiert jetzt detailliert Folgendes: Wir sprechen über ELER-Mittel in Höhe von 40 Millionen € von insgesamt 99 Millionen €, die Sie für den Hochwasserschutz nicht beansprucht haben, nicht umgesetzt haben.

Ich frage Sie einmal direkt: Wenn wir jetzt diese Mittel in Höhe von 40 Millionen € an die Kommunen zurückgegeben haben, wie viel Mittel werden davon bis zum Jahr 2011 ausgegeben? Wie hoch ist die Bugwelle, die wir nach dem Jahr 2011 im Bereich des ELER-Topfes vor uns herschieben?

Herr Lüderitz, wir haben die Mittel nicht an die Kommunen zurückgegeben, sondern wir führen damit Maßnahmen mit verschiedenen Kofinanzierungssätzen für unterschiedliche Zwecke durch. Diese 40 Millionen €, um es nochmals zu sagen, werden für die Bereiche Abwasser, Dorferneuerung und Dorfentwicklung, Wegebau und Breitband verwendet.

Zur Kompensation habe ich gerade bei der Beantwortung der Frage des Abgeordneten Gallert etwas gesagt. Wir sind dabei, die ELER-Mittel in erheblicher Höhe in anderen Bereichen zum Abfluss zu bringen. Natürlich ist es so, dass wir bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2012/2013 dafür Sorge tragen müssen, dass die Kofinanzierungsmodalitäten stimmen, wenn wir einen 100-prozentigen ELER-Abfluss haben wollen. Das wird eine Frage der Aufstellung des Haushaltsplans 2012/2013 sein.

Vielen Dank. - Frau Dr. Klein, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Minister, wir werden sicherlich am Mittwoch noch die Möglichkeit haben, bestimmte haushalterische Fragen zu klären; denn diese Untersetzung ist mir unklar. Während der Beratungen über den Haushaltsplan 2010/ 2011 sind andere Dinge in den Haushalt eingeflossen. Wenn Sie nachschauen, finden Sie in bestimmten Bereichen Leertitel.

Ich habe eine konkrete Frage: Die Zuweisungen aus dem EFRE, der Gemeinschaftsaufgabe und der Sondergemeinschaftsaufgabe betrugen für den Hochwasserschutz im Jahr 2008 20,5 Millionen € und in den Jahren 2009 und 2010 jeweils 30 Millionen €; das sind 9,5 Millio

nen € mehr als 2008. Das sind knapp 20 Millionen € mehr, die aus diesen Programmen in den Hochwasserschutz fließen und nicht diese 40 Millionen €.

Nun erschließt sich mir immer noch nicht ganz - auch nachdem Sie es erklärt haben -, wie Sie auf diese 40 Millionen € kommen, wobei diese nicht einmal im Haushaltsplan zu finden sind. Hierzu frage ich dann am Mittwoch, wo der entsprechende Haushaltstitel, also der entsprechende Code 126 - Hochwasserschutz - zu finden ist.

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte schön.

Ich glaube, jetzt haben Sie als Vorsitzende des Finanzausschusses, Frau Dr. Klein, einen kleinen Startvorteil, was die Zuordnung zu Titeln etc. betrifft.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Das ist Ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage!)

- Okay, das schaue ich mir gern noch einmal an. - Meine Damen und Herren! Wir können bilanzieren, dass wir für den Hochwasserschutz Mittel des Landes und des Bundes aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ sowie EU-Mittel verwendet haben, EU-Mittel wiederum aus zwei Töpfen, nämlich aus dem EFRE-Topf und dem ELER-Topf, und dass wir die Sonder-GAK 2002 mit den Rückflüssen und zusätzliche Mittel im Rahmen des K-II-Programms für den Hochwasserschutz haben.

Frau Dr. Klein, dies versuchen wir im Haushaltsvollzug zu optimieren. Die von uns vorgenommene Umschichtung ist ein erfolgreicher Versuch der Haushaltsoptimierung, um möglichst viele Leistungen im Land mit einem begrenzten Budget durchsteuern zu können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Als erstem Debattenredner erteile ich Herrn Miesterfeldt von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Miesterfeldt, bevor Sie das Wort nehmen, möchte ich noch Schülerinnen und Schüler der Landesschule Pforta auf der Tribüne begrüßen. Herzlich willkommen! Schön, dass ihr da seid.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Bitte schön, Herr Miesterfeldt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer wie ich 1954 geboren wurde, der weiß, was Hochwasser ist; denn 1954 war ein nasses Jahr in Deutschland, so nass - -

(Herr Stahlknecht, CDU: Daran können Sie sich noch erinnern? - Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

- So, jetzt sind wir alle wieder munter. Schön, dass wir gelacht haben. - 1954 war ein so nasses Jahr, dass in der sächsischen Bergbaustadt Zwickau der Muldedeich

zuschanden ging und die halbe Stadt Zwickau, wie man das damals so schön sagte, „abgesoffen“ ist.

Zu meinen Kindheits- und Jugenderinnerungen gehört, dass in meinem erzgebirgischem Heimatdorf alle zwei bis drei Jahre - manchmal auch zweimal im Jahr - der Dorfbach, der so breit war wie dieses Pult, über die Ufer trat, und mit zehnfacher Breite durch unseren Garten und mit 1,70 m Höhe durch unseren Keller schoss. Im Jahr 2002 durfte ich mich dann aktiv an der Bekämpfung des Jahrhunderthochwassers beteiligen.

Der Herr Minister hat bereits auf den Deichhauptmann Otto von Bismarck hingewiesen. Wie kam er dazu, ein so bedeutender Deichhauptmann zu werden? Es hatte zwei Gründe: Erstens wurde er nach den damaligen Regeln nicht zum Landrat gewählt - das hat ihn sehr verdrossen -, und zweitens gab es im Jahr 1845 ein Jahrhunderthochwasser. Die Elbe stand damals etwa so hoch wie im Jahr 2002. Das Bismarck’sche Anwesen in Schönhausen ging unter, kann man sagen. Der Vater von Otto von Bismarck starb darüber vor Gram und der Sohn hat die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen.

In der ersten Runde des Katastrophenstabes im Regierungsbezirk Magdeburg sagte ein übrigens in diesem Haus ausgebildeter Wasseringenieur: Wir können dem Ereignis dank Otto von Bismarcks gelassen entgegensehen. Und weil Sie es als West-Sozialisierter gesagt haben, will ich es als Ost-Sozialisierter wiederholen: nicht dank des Hochwasserschutzes der DDR! - Das muss man noch einmal sehr deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Ich denke, dass wir in den vergangenen Jahren aufgrund der uns aufgegebenen Verantwortung, aber auch durch besondere Ereignisse angeschoben - wie bei Bismarck -, dem Hochwasserschutz in diesem Land große Aufmerksamkeit gewidmet haben.

Das hat sicherlich damit zu tun, dass Sachsen-Anhalt ein kleines Mittelgebirge besitzt - Sie erinnern sich an das Hochwasser im Jahr 1994 im Harz -, und es hat viel damit zu tun, dass die Elbe viele Kilometer durch unser Land fließt. Ich denke, dass sich die Regierungen aller Farbschattierungen in den vergangenen 20 Jahren dieser Aufgabe gestellt haben.

Wenn Sie sich einmal die Tabelle der Mittelverteilung in den einzelnen Jahren anschauen, stellen Sie fest, dass bereits im Jahr 1991 23 Millionen € für den Hochwasserschutz in den Haushaltsplan eingestellt worden sind. Natürlich erhöhten sich diese Mittel nach dem Jahr 1994 - siehe Hochwasser Harz - und insbesondere nach dem Jahr 2002, nämlich von 26 Millionen € auf 89 Millionen € im Jahr 2003.

Aber so ist der Mensch. Es liegt in unserer Natur und es ist auch normal, dass wir auf bestimmte Ereignisse besonders reagieren, zumal es auch zu Zerstörungen kam und ab dem Jahr 2003 ein großer Teil der Mittel für die Schadensbeseitigung eingesetzt worden ist.