Protokoll der Sitzung vom 10.12.2010

Ich schaffe es in 45 Wochen im Jahr, einmal wöchentlich ins Kino zu gehen. Ich bin also ein regelmäßiger Kinogänger. Ich gehe sehr gerne ins Kino.

(Oh! bei der CDU - Zurufe von Herrn Dr. Schel- lenberger, CDU, von Herrn Scheurell, CDU, und von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Ich sehe das als Kultur an. - Deshalb, Herr Kollege Graner: Es sollte uns schon etwas wert sein, Kultur zu erhalten, und das nicht nur in den Oberzentren, sondern auch in der Fläche. Im Fall des Kinos ist das einfacher möglich, als wenn wir über die Theaterförderung sprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin durchaus für Programmvielfalt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jeder Film unbedingt in 3D gedreht und gezeigt werden muss. Ich setze auch darauf, dass die kleinen Nischen- und Programmkinos erhalten werden können, dass sich genügend Menschen finden, die auch auf solche Sparten setzen und nicht warten müssen, bis solche Filme auf DVD erscheinen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Sexy Anhalt“, das ist ein neuer Slogan für Sachsen-Anhalt. Das ist ein guter Slogan. Wir machen einiges für den Film, für die Filmproduktion, aber wir müssen natürlich auch dafür Sorge tragen, dass solche Filme gesehen werden.

In zunehmendem Maße müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die großen Verleiher auf digitale Technik umsteigen und es damit Kinos kaum noch möglich ist, zum Bundesstart oder überhaupt die großen Blockbuster oder digital verfügbare Filme abzuspielen, weil die Technik nicht vorhanden ist. Deshalb muss eine Umrüstung machbar sein. Jeder weiß, das ist mit einer Umlage auf die Kinokarte nicht möglich, weil sich dann wahrscheinlich kaum noch jemand eine Kinokarte leisten kann.

Genau aus diesem Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es zwei Wege. Die Kollegen in Niedersachsen, die in diesem Fall früher aufgestanden sind, haben im Wege der EFRE-Förderung den ländlichen Raum beglückt und haben europäische Mittel dazu genutzt, die Digitalisierung voranzutreiben. Das könnten wir in Sachsen-Anhalt auch machen. Wir sind ja noch Ziel-1-Gebiet.

Das Zweite ist: Die Bundesregierung hat nicht geschlafen. Auch die Bundesregierung - Schwarz-Gelb, Herr Graner - hat sich der Sache angenommen und stellt zumindest 4 Millionen € im Bundeshaushalt zur Verfügung mit der klaren Prämisse - das will ich Ihnen an dieser Stelle ganz kurz sagen -, dass sich die Förderung an kulturellen und strukturellen Aspekten orientieren muss.

(Zurufe von Frau Dr. Klein, DIE LINKE, und von Herrn Borgwardt, CDU)

Es geht um kleine und mittelständische Programmkinos. Es muss natürlich eine gewisse Nachhaltigkeit prognostiziert werden können, was bei Kinos immer schwierig ist. Aber wenn die Prognose zumindest so weit geht, dass es nicht am nächsten Tag zumacht, sollten man das unterstützen.

Es geht insbesondere aber auch um standortpolitische Entscheidungen, nämlich um den ländlichen Raum. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte sich Sachsen-Anhalt darum bemühen, an dieser Bundesförderung zu partizipieren.

Ich freue mich ausdrücklich auf den Bericht, den wir in den Ausschüssen hören werden, wie wir da weiter vorgehen. Ich bin mir ganz sicher, dass es uns auch gelingen wird, diese Kofinanzierung, die wir sicherstellen müssten, ob europäische Mittel oder Bundesmittel, im

Haushalt zu finden, ohne in die Neuverschuldung zu gehen.

(Zustimmung bei der FDP)

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Graner, dann eine Nachfrage von Herrn Scheurell.

Herr Kollege Kosmehl, ich freue mich über jeden Kinofreund.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ja!)

Da Sie Schwarz-Gelb hervorgehoben haben: Ist Ihnen bekannt, dass der Antrag in der Drs. 17/1156 vom 23. März 2010 im Bundestag von der SPD-Fraktion gekommen ist?

(Herr Miesterfeldt, SPD: Nö! - Frau Dr. Hüskens, FDP: Schön! Freut uns doch! - Herr Franke, FDP: Das ist doch klasse! - Frau Fischer; SPD: Man kann nicht alles wissen!)

Herr Graner, das zeigt wieder einmal mehr, dass das Parlament eben nicht nur aus der Koalition, sondern auch aus der Opposition besteht. Alle gemeinsam können für die Kultur in unserem Land etwas erreichen.

(Lachen bei der CDU - Zuruf von Herrn Felke, SPD)

Herr Scheurell.

Lieber Kollege Kosmehl, die Amtssprache ist doch immer noch Deutsch. Könnten Sie mir den deutschen Begriff für „Blockbuster“ sagen? Ich kann mich nicht erinnern - -

(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

Wir geben ja auch viel Geld aus, um die deutsche Sprache und die deutsche Kultur in unserem Land zu fördern. Erzählen Sie mir doch einmal, was das ist.

(Heiterkeit - Herr Kley, FDP: Das ist ein Schwach- sinn!)

Also, sehr geehrter Herr Kollege Scheurell, als Freund der deutschen Sprache könnte ich Ihnen das lange herleiten. Das machen wir gern bilateral.

(Herr Scheurell; CDU: Ja! - Herr Miesterfeldt, SPD: Machen Sie es kurz!)

Den Begriff „Blockbuster“ würde ich allgemeinsprachlich als „Kassenknüller“ oder als „Straßenfeger“ übersetzen. Dabei handelt es sich um einen Film, der dafür sorgt, dass alle Menschen im Kino und nicht auf der Straße sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Gürth das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es zeichnet sich eine große Mehrheit hier ab. Das ist auch gut so bei diesem Antrag und bei diesem Thema, weil die Digitalisierung schon rollt.

(Herr Tullner, CDU: Ja! - Herr Miesterfeldt, SPD: Straßenkino!)

Und es gibt keinen Weg zurück. Das bedeutet: Die Zahl der verfügbaren Filme, die jetzt als analoge Filme auf Filmrollen in der Produktion sind, nimmt ab. Die Verleiher stellen weniger analoge Kopien zur Verfügung. Bald werden sie solche Kopien gar nicht mehr zur Verfügung stellen. Das bedeutet aber, dass all die Kinos, die die digitale Technik nicht besitzen, schlichtweg aus dem Markt verschwinden.

Die Umrüstung eines Kinosaals mittlerer Größe kostet etwa 110 000 € bis 170 000 €. Das hängt von der Größe des Saales und von der individuellen Ausstattung ab. Das sind die Kosten, die damit verbunden sind. Der Mittelwert in Sachsen-Anhalt liegt zwischen 130 000 € und 160 000 €, die ausgegeben werden. Das betrifft die wenigen Kinos, die jetzt schon umgerüstet haben.

Im Jahr 2009 haben in Deutschland 60 Kinos aufgeben müssen. Darunter waren auch einige in Sachsen-Anhalt. Die Digitalisierung wird das Aufgeben vor allem kleiner und mittlerer Kinos beschleunigen, wenn diese die Finanzierung nicht aufbringen können. Ohne eine Förderung können sie es nicht. Es ist jetzt die Frage, ob man da ansetzt. Ich glaube, es gibt mehrere gute Gründe, dass man sagt, jawohl, es ist gerechtfertigt, dafür Gelder in die Hand zu nehmen. Es sind ja auch nicht im Verhältnis 1 : 1 nur Steuergelder.

(Herr Tullner, CDU: Ja!)

Was in der Diskussion eine ganz wichtige Rolle spielen sollte, das ist die Tatsache, dass jeder auch von den kleinen Kinobetreibern, die wir hier haben, zwischen 1,5 % und 3,5 % des Preises einer Kinokarte in die Filmförderung einzahlt.

Jetzt haben die gesagt: Jetzt ist die Digitalisierung im Gange. Die ersten 3D-Filme haben sich abgezeichnet. Wieso kriegen wir - wir sollen ja deutschem Filmgut gegen den Hollywood-Konkurrenten eine Chance geben -

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU - Herr Borgwardt, CDU: Das ist doch Bollywood!)

nicht ein Mal etwas raus?

(Zuruf von Herrn Kley, FDP)

Deswegen kam die Diskussion über eine Förderung der Umrüstung auf, und das zu Bedingungen, die mittelstandsfreundlich sind und die nicht auch noch die großen marktbeherrschenden Unternehmen fördern.

(Herr Kley, FDP: Sehr gut! - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Ja!)

Aus diesem Grund gibt es auf Bundesebene ein Förderprogramm, das genau diese Aspekte beinhaltet. Das heißt, die Multiplexkinos mit sieben und mehr Leinwän

den und mit Umsatzgrößen über 260 000 € im Jahr sind draußen.

Aber ganz wichtig ist auch: Es ist nicht jedes kleine Kino, das ein kleiner Verein, ein Freundeskreis oder wer auch immer in irgendeinem Hinterzimmer betreibt, jetzt in der Lage, eine Förderung zu beantragen. Das können wir nicht leisten und das wollen wir auch nicht leisten. Es gibt Mindestkriterien. 8 000 Besucher im Jahr müssen da sein, damit man eine Chance bekommt, einen Antrag zu stellen. Es ist auch ein Mindestumsatz von 40 000 € jährlich erforderlich, damit keine Liebhaberei gefördert wird, sondern etwas, das sich allein tragen kann.

Zum Abschluss möchte ich noch ein Argument in die Debatte einwerfen. Es gibt Leute, die lieben das Kino, so wie ich. Die gehen dort hin. Es gibt aber auch Leute, die könnten darauf verzichten. Auch das ist möglich. Das muss man akzeptieren.

(Frau Budde, SPD: Mäusekino!)

Aber ich denke, es ist ein ganz wichtiger Aspekt, der in den letzten Jahren neu auf uns zugekommen ist, wenn wir über Kultur in der Fläche reden. Es geht schlichtweg um die Frage, ob wir neben den großen Theatern, Schauspielhäusern, Opern oder Konzerthallen nur noch in Oberzentren Kultur anbieten und immer weniger in der Fläche und in den Mittelzentren.

(Zuruf von Herrn Felke, SPD)