Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Es gibt Nachfragen von Herrn Wagner und von Frau Hohmann. Würden Sie die Nachfragen beantworten?

Na ja, gut.

Bitte sehr, Herr Wagner.

Herr Jantos, Sie haben ausgeführt, dass Sie im Gegensatz zu uns für die Wahlfreiheit sind. Damit lasten Sie meiner Partei und unserer Fraktion an, wir seien dagegen.

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Ich möchte Sie fragen, auf welche Aussagen von Genossinnen und Genossen meiner Partei Sie sich dabei berufen, die diesen Verdacht nahelegen.

(Frau Brakebusch, CDU: Oh! Da gibt es so viele!)

Ich berufe mich auf den von Ihnen gestellten Antrag. Es ist klar gesagt worden, dass Sie favorisieren, dass alle Kinder eine Einrichtung besuchen sollen.

(Frau Brakebusch, CDU: Genau! - Herr Lan- ge, DIE LINKE: Dürfen! - Frau Brakebusch, CDU: Ach! Was wäre das denn für eine Wahlfreiheit? - Frau Budde, SPD: Dürfen sollen! - Herr Schröder, CDU: Müssen kön- nen! - Heiterkeit)

Frau Hohmann.

Herr Jantos, eine Nachfrage bzw. Richtigstellung. Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich in meinem Antrag oder in meinen Darbietungen

(Heiterkeit - Zuruf: Was?)

- in meiner Rede - von Fällen der Vernachlässigung oder - wie Sie es sagten - von Kindeswohlgefährdung und Jugendamt gesprochen habe. Das ist nicht mein Part gewesen; darauf bin ich gar nicht eingegangen. Ich glaube aber, gelesen zu haben, dass das bei der letzten Beratung zu diesem Thema im Februar 2011 in diesem Hohen Hause eine Rolle gespielt hat. In meinem Redebeitrag war es jedenfalls nicht so.

Ich möchte noch auf etwas anderes zu sprechen kommen. Minister Bischoff hatte vorhin von 80 % der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik gesprochen, die das Betreuungsgeld ablehnen.

(Frau Bull, DIE LINKE: Ach!)

Meinen Sie, dass diese 80 % der LINKEN zugehörig sind?

(Heiterkeit und Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Nee! - Frau Bull, DIE LINKE: Fragwürdiges Menschenbild!)

Frau Hohmann, wenn wir uns nicht besser kennen würden, würde ich jetzt sagen, dass das eine sehr polemische Frage ist.

(Zuruf von der LINKEN: Ach!)

Auf diese letzte Frage werde ich daher nicht eingehen. Sie wissen selbst, dass das nicht so ist.

Auf die erste Frage möchte ich jedoch eingehen. Ich habe aus Ihrer Antragstellung und aus der Begründung zu Ihrem Antrag darauf geschlossen, dass Sie genau diese Meinung vertreten.

(Zuruf von der LINKEN: Ein bisschen!)

Ich würde jetzt sagen: Wir hören mit den Fragen auf. Wir haben im Ausschuss genügend Zeit, darüber zu diskutieren.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von Frau Dirlich, DIE LINKE, von Herrn Czeke, DIE LINKE, und von Herrn Lange, DIE LINKE)

Die Fragen von Herrn Czeke und Frau Dirlich haben sich damit erledigt; Herr Jantos ist nicht bereit, sie zu beantworten.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Wir kommen zu dem nächsten Redebeitrag. Die nächste Rednerin ist Frau Lüddemann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Debatte um das Betreuungsgeld lässt sich inzwischen überschreiben mit: Die CDU gegen den Rest der Welt,

(Heiterkeit und starker Beifall bei den GRÜ- NEN - Zuruf von der CDU: Ach!)

bedauerlicherweise unterstützt durch eine Ministerin, die meint, dass sie sich über dieses Betreuungsgeld endlich bundespolitisch profilieren kann, und die meint,

(Frau Brakebusch, CDU: Meint sie viel- leicht!)

dass sie die Defizite im Kita-Ausbau damit kaschieren kann.

(Frau Brakebusch, CDU: Das stimmt!)

Aber das, liebe Kolleginnen, wird ihr nicht gelingen; denn die Liste der Gegner und Gegnerinnen des Betreuungsgeldes ist lang.

(Frau Brakebusch, CDU: Ach was!)

Sie reicht von den Landfrauen über die Frauenunion bis hin zu allen Experten und Expertinnen, selbst bis hin zu denjenigen, die die Koalition in die entsprechende Anhörung im Bundestag eingeladen hat.

(Zuruf von Herrn Weigelt, CDU)

Diese Experten und auch die Studien, die sie vorgelegt haben, bezeugen, dass das Betreuungsgeld, das hier in Rede steht, sozialpolitisch, integrationspolitisch, gleichstellungspolitisch und bildungspolitisch völlig verfehlt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Genau!)

Zudem ist es auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Mit finanziellen Anreizen werden Kinder von frühkindlicher Bildung ausgeschlossen,

(Zuruf von den GRÜNEN: Genau! - Oh! bei der CDU - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

werden Eltern, insbesondere Frauen, dazu angehalten, sich nicht am Erwerbsleben zu beteiligen. Das verfestigt die traditionelle Rollenverteilung und steht somit dem Gleichstellungsgebot des Grundgesetzes entgegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wurde bereits auf den Kinderbericht des Landes Thüringen verwiesen. Dort ist eindeutig nachgewiesen - seit 2006 kann man das dezidiert nachlesen -, dass ein erheblicher Rückgang der Betreuungsquote zu verzeichnen ist, insbesondere in Landkreisen, in denen eine hohe Kinderarmut herrscht. Das ist etwas, das ich zutiefst bedauere.

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU - Unruhe bei der CDU und bei der SPD)

Gerade für die sogenannten bildungsfernen und einkommensschwachen Familien wäre der Zugang zu frühkindlicher Bildung sehr wünschenswert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD - Herr Leimbach, CDU: Was soll das denn jetzt?)

Doch das Betreuungsgeld schafft einen völlig falschen Anreiz. Politisch legitimiert wünschen sich

diese Eltern, lieber Geld zu bekommen, anstatt früh den Weg in die Kita anzutreten. Dieses unmoralische Angebot werden meine Fraktion und meine Partei nicht unterstützen. Dieses unmoralische Angebot darf gar nicht erst politisch legitimiert unterbreitet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Leimbach, CDU: Was für ein Quatsch! So ein Quark!)

Wenn ich mir das Betreuungsgeld und die Debatten dazu ansehe, frage ich mich auch grundsätzlich, was denn wohl als Nächstes kommt. Haben wir eine Prämie zu erwarten für Nichtschwimmer, weil sie nicht in die Schwimmhalle gehen?