Protokoll der Sitzung vom 16.12.2011

Herr Kollege Barthel, bitte.

Kollege Henke, Sie haben in Ihrer Begründung darauf abgestellt, dass die Tarifbindung in Sachsen-Anhalt gering sei und dass das Tarifrecht nicht eingehalten werde und dass Sie ein neues Gesetz schaffen wollten, um diesem Umstand abzuhelfen. Das leuchtet mir nicht ganz ein.

Was veranlasst Sie zu glauben, dass es besser ist, ein neues Gesetz zu schaffen, das den gleichen Regelungstatbestand über das Vergaberecht regelt, als dafür zu sorgen, dass ein bestehendes Gesetz eingehalten wird? - Das erschließt sich mir nicht.

Ich bin der Meinung, es ist durchaus schlüssig, dass wir an dieser Stelle zunächst einmal dafür sorgen müssen, dass vorhandene Gesetze eingehalten werden, anstatt wieder neue Gesetze zu formulieren, die den gleichen Regelungsinhalt haben und am Ende genauso wenig eingehalten werden.

Kollege Steppuhn hat darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen gibt, die auch in Sachsen-Anhalt de facto wie eine gesetzliche Lohnuntergrenze wirken. Das ist vor allem in der Bauwirtschaft so. Sie haben aber zur Kenntnis genommen, dass wir uns hier nicht nur mit der Auftragsvergabe im Baubereich beschäftigen, sondern mit der gesamten Breite der öffentlichen Auftragsvergabe. Wir haben sehr viele Branchen, für die es solche nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgeschriebenen Lohnuntergrenzen nicht gibt.

Bedenken Sie bitte, dass die öffentliche Hand nicht nur e i n wichtiger Nachfrager ist, wie gesagt wurde, sondern dass die öffentliche Hand d e r wichtigste Nachfrager ist. In manchen Bereichen, zum Beispiel im schienengebundenen Personennahverkehr, ist die öffentliche Hand der einzige Nachfrager. Sie wirkt damit preisbildend und preisgestaltend und setzt Eckpunkte.

Wenn sich die öffentliche Hand selbst ein Regularium auferlegt und sagt, für uns gilt ein bestimmtes Preisniveau, eine bestimmte Lohnuntergrenze, dann hat das auch Auswirkungen auf die gewerbliche und die private Nachfrage.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass man gerade am Beispiel des schienengebundenen Personennahverkehrs sieht, dass bestehende Tarifverträge viele Probleme eben nicht lösen können, was das unterschiedliche Tariflohnniveau bei den Privatbahnen und der Deutschen Bahn zeigt. Diese Probleme können allein durch Tarifverhandlungen und Tarifverträge nicht gelöst werden.

(Herr Barthel, CDU, meldet sich zu Wort)

Eine Nachfrage. Das wäre dann die letzte.

Nur eine Klarstellung, Herr Präsident. - Kollege Henke, die öffentliche Hand ist definitiv nicht der größte Nachfrager. Im Bereich des Mittelstandes, über den wir reden, macht die Nachfrage der öffentlichen Hand einen Anteil von etwa 10 % aus. Der Rest entfällt auf die private Nachfrage. Genau das ist unser Problem: Wir können eine sinkende Nachfrage nach Bauinvestitionen nicht durch eine erhöhte Investitionsquote kompensieren, weil wir eben nur einen Anteil von 10 % an der Gesamtmasse haben. Genau das ist das Problem, das wir haben.

Gut. Das war eine Feststellung und keine Frage.

Dieser Feststellung muss ich widersprechen.

(Unruhe bei der CDU - Heiterkeit bei der LINKEN)

Ich denke, niemand von uns baut sich im Garten eine Straße oder bestellt sich eine private Eisenbahn.

(Frau von Angern, DIE LINKE: Aber eine Garteneisenbahn!)

- Ich meine nicht die Pioniereisenbahn. Ich meine wirklich große Bereiche.

(Unruhe)

Wenn Sie sich ansehen, dass in Sachsen-Anhalt pro Jahr Bauleistungen in einem Wert von etwa 3 Milliarden € erbracht werden, und wenn Sie dann einmal die Auftragssummen zusammenrechnen, die bei den Aufträgen aller öffentlichen Vergabestellen auf allen Ebenen zusammenkommen, dann nähern Sie sich einem Anteil von 50 %. - Nur so viel.

(Starker Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen. Wir treten nunmehr in das Abstimmungsverfahren ein. Zunächst kommen wir zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drs. 6/626. Wir werden zunächst über die Überweisung als solche und danach darüber abstimmen, an welche Ausschüsse der Gesetzentwurf überwiesen werden soll.

Wer einer Überweisung des Gesetzentwurfes zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf überwiesen worden.

Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf federführenden im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft zu behandeln. Mitberatend sollen der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr, der Ausschuss für Umwelt und der Ausschuss für Inneres sein. Wer der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Bei Stimmenthaltungen der Koalitionsfraktionen ist der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und zur Mitberatung an die anderen genannten Ausschüsse überwiesen worden.

Wir kommen nun zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD in Drs. 6/644. Wer einer Überweisung des Gesetzentwurfes zustimmt,

den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Ich frage trotzdem: Gibt es Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit ist eine Überweisung des Gesetzentwurfs beschlossen worden.

(Unruhe)

Mir liegen Anträge auf die Überweisung in folgende Ausschüsse vor - ich bitte zuzuhören und zu ergänzen, falls ich etwas überhört haben sollte -: Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft, Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr, Ausschuss für Umwelt und Ausschuss für Inneres

(Herr Schröder, CDU: Und Finanzen!)

- sowie Ausschuss für Finanzen. Federführend soll der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft sein; mit der Mitberatung werden die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, für Landesentwicklung und Verkehr, für Umwelt, für Inneres und für Finanzen betraut.

Wer der Überweisung an die genannten Ausschüsse zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das scheinen alle Fraktionen zu sein. Gibt es Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit ist der Gesetzentwurf zur Beratung an die genannten Ausschüsse überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 11 ist abgeschlossen und wir können zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung

Kleine Anfragen für die Fragestunde zur 9. Sitzungsperiode des Landtages von SachsenAnhalt

Fragestunde mehrere Abgeordnete - Drs. 6/630

Es liegen Ihnen sieben Kleine Anfragen für die Fragestunde vor. Ich rufe den ersten Fragesteller auf. Das ist die Frau Abgeordnete Gudrun Tiedge. In der von ihr gestellten Frage 1 geht es um die Neuorganisation der Polizei.

Die „Bild“-Zeitung Halle vom 26. November 2011 informiert über das Vorhaben des Innenministers von Sachsen-Anhalt, die Polizei neu zu organisieren. Dort wird Folgendes berichtet - ich zitiere -:

„Eine der in Magdeburg, Halle und Dessau sitzenden Direktionen soll zur zentralen Polizeidirektion ausgebaut werden. Unter deren Dach werden Bereitschafts- und Wasserschutzpolizei, Technisches Polizeiamt und Hundeführerschule zusammengeführt.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann dieses Vorhaben seitens der Landesregierung bestätigt werden und, wenn ja, worin liegen die Ursachen für die geplante Neuorganisation und in welchem Zeitrahmen soll die Zusammenführung stattfinden?

2. Welche Maßnahmen sind im Rahmen der Umstrukturierung vorgesehen? Wird es personelle Veränderungen geben? Welche Synergieeffekte verspricht man sich davon?

Danke schön. - Die Antwort erteilt der Minister für Inneres und Sport Holger Stahlknecht.

Liebe Frau Kollegin Tiedge! Sehr geehrte Damen und Herren! Was in der „Bild“-Zeitung steht, stimmt - fast immer.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Oh!)

Insofern kann ich das, wonach Sie mich gefragt haben, zum Teil bestätigen. Wir haben vor, das Strukturkonzept der Landespolizei, wie es seit der Polizeistrukturreform im Jahr 2007 besteht, die übrigens grundsätzlich gut war, sukzessive innerhalb dieser Legislaturperiode weiterzuentwickeln und zu optimieren. Wir beabsichtigen, die drei Polizeidirektionen grundsätzlich so zu gestalten, dass jede der drei Polizeidirektionen handlungsfähig bleibt und in der Lage ist, ihre vollzugspolizeilichen Aufgaben weitgehend eigenverantwortlich und mit eigenen Ressourcen zu erfüllen.

Dies könnte auch durch eine Veränderung der territorialen Zuschnitte der Polizeidirektionen zu deren Ertüchtigung erfolgen. Darüber hinaus werden Überlegungen angestellt, in einer der drei Behörden landesweite Querschnittsaufgaben zu zentralisieren. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die entsprechende Vorschläge erarbeitet.

Des Weiteren ist beabsichtigt, die spezialisierte Aufgabenwahrnehmung zu zentralisieren. In dem Bereich der Internet- und Cyberkriminalität haben wir einen zusätzlichen Einstellungskorridor von weiteren sieben Stellen beim Landeskriminalamt geschaffen. Wir sind der Auffassung, dass die Internet- und Cyberkriminalität eine Kriminalitätsform ist, die auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird, und dass wir eher zentralisieren als dezentralisieren sollten.

Man kann sich das auch für andere Schwerpunktbereiche überlegen. Denken Sie etwa an die Wirtschaftskriminalität. Wir stellen Überlegungen darüber an und sind auch in Gesprächen mit den Polizeigewerkschaften.

Wir wollen auch Führungsstrukturen straffen, um Personal für die Erfüllung von polizeilichen Kern

aufgaben freizusetzen. Das dient auch der Umsetzung des in der vergangenen Legislaturperiode entwickelten und jetzt weiterentwickelten Personalentwicklungskonzepts, nach dem wir in den Jahren 2019 und 2020 einen Bestand erreichen müssen, der erheblich geringer ist als der jetzige Bestand.

Dazu befinden wir uns noch in Gesprächen. Insofern bin ich Ihnen für die Frage dankbar. Wir haben diese Arbeitsgruppe gebildet und das soll auch transparent gemacht werden. Wir würden auch im Innenausschuss ab dem nächsten Jahr fortlaufend gern darüber berichten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)