Vor allem sind wir in der Diskussion immer wieder darauf hingewiesen worden, dass diese Angelegenheit auf der Bundesebene geklärt werden muss. Deshalb also heute: Klappe, die dritte.
Jetzt wird es spannend. Es wird spannend deshalb, weil erstens in der gesamten Debatte im Grunde niemals infrage gestellt wurde, dass wir es hierbei mit einem echten Problem zu tun haben und dass das Anliegen von Vertreterinnen aller Fraktionen geteilt wurde, und weil zweitens der Sozialausschuss vom Bildungsausschuss ausdrücklich aufgefordert worden ist, für das Problem eine Lösung aufzuzeigen, unter anderem auch deshalb, weil das Teilhabepaket auch für Leistungsberechtigte nach dem SGB XII und nach dem Bundeskindergeldgesetz gilt.
Wir bleiben dabei, dass es dazu einer Beweislastumkehr bedarf. Es geht also nicht darum, unbesehen die Kosten zu übernehmen, sondern es geht darum, dass Behörden zunächst nachweisen müssen, dass sie den Betroffenen den Eigenanteil zumuten können. Es geht darum, die Betroffenen davon zu entlasten, die Unzumutbarkeit für sie selbst nachweisen zu müssen.
Wir wollen - das ist der Ausgangspunkt - die Position der Betroffenen an dieser Stelle stärken. Wir wollen an dieser einen Stelle damit beginnen, den Betroffenen das Gefühl des Ausgeliefertseins ein kleines Stück zu nehmen.
In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir schlagen Ihnen Direktabstimmung vor. - Vielen Dank.
Danke sehr, Frau Kollegin Dirlich, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Minister Bischoff.
Es gibt trotzdem welche im Haus, die einem auf die Schulter klopfen. Dann sagt man sich: Das Leben ist wieder in Ordnung. Man tut das Beste, was man kann.
Frau Dirlich, ich will jetzt nicht alles vortragen, weil ich schon wieder in der Gefahr stehe, bei dieser Materie, die noch viel komplizierter ist als die vorhergehende, die Redezeit zu überziehen. Man müsste alles aus dem Ausschuss wiederholen. Man müsste auch das wiederholen, was der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gesagt hat.
Es ist eine unbefriedigende Situation, weil ich keine Landeslösung sehe, die für alle gerecht ist. Jede Lösung, die wir vorschlagen würden - unabhängig davon, dass sie, wenn es zum Beispiel über das Schulgesetz geregelt würde, auch Landesgeld kosten würde -, würde wieder andere Fragen aufwerfen, wie die Frage, ob es dann für andere gerecht wäre.
Wenn man den einen die Zahlung generell erlässt und den anderen nicht, weil die Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Schichten kommen, müsste man wieder differenzieren. Das sagen jedenfalls die Rechtsfachleute. Man würde mit einer Sache also die nächste aufreißen bzw. gerichtliche Lösungen anstreben oder Verfahren in Gang setzen.
Das Ganze liegt meines Erachtens im System des SGB II in den Regelbedarfen begründet, die pauschaliert sind. Da es den Ländern nicht zusteht, Bundesgesetze, die abschließend geregelt sind, zu ergänzen oder zu kommentieren, ist das ein Regelungsbedarf, der für uns erst einmal außen vor bleibt. Darüber kann man sich ärgern und kann sagen: Was bleibt da noch übrig? - Da bleiben vielleicht für die, die 100 € zahlen müssen, 6 € von den 136 € übrig, die pro Jahr für Fahrtkosten eingerechnet worden sind.
Bei anderen Dingen, bei Einzelfällen - das haben Sie schon zu Recht gesagt - wird es noch schwieriger zu prüfen, wo der Einzelfall an die Grenzen kommt, wo es Härtefälle gibt; das muss der Sachbearbeiter prüfen. Man muss dazu sagen: Da geht es am Ende vielleicht tatsächlich um 6 €. Das ist ein Verwaltungsaufwand, den wir zumindest mit im Blick haben müssen.
Ich weiß, dass es unbefriedigend ist, dass es nicht gerecht ist und dass diejenigen, die betroffen sind, im Einzelfall vielleicht nachweisen können, dass sie für ihre Beförderung mehr Geld brauchen und dass, wenn sie tatsächlich die 100 € zahlen müssen, für den übrigen Gebrauch von öffentlichen Verkehrsmitteln zur allgemeinen Teilhabe am Leben die restlichen Mittel nicht ausreichen.
Ich halte es für richtig und bin auch davon überzeugt, dass den Schülerinnen und Schülern nach Zahlung des Eigenanteils für die Schülerbeförderung immer noch ein ausreichendes Budget zur Deckung sonstiger privater Mobilität verbleiben sollte. Darin bin ich mit Ihnen erst einmal einer Meinung.
Dafür, wie wir das regeln können, sehe ich allerdings keinen Vorschlag. Es scheint aber auch so zu sein, dass der Bund - - Ich habe mich ein wenig kundig gemacht, ob wir als Länder Erfolg hätten, wenn wir tatsächlich noch einmal an das Gesetz herangehen wollten. Dazu gibt es keine Initiative. Ich kenne nur zwei Länder, die darüber nachgedacht haben, das zu machen.
Die einzige Lösung, die ich sehe, ist, dass der Bund selber noch einmal prüft, ob er eine fundierte Bemessung des Eigenanteils im Rahmen des SGB II findet - das gilt übrigens auch für die beiden anderen Gesetze - und im Ergebnis dessen die Schülerinnen und Schülern für die Schülerbeförderung nur den Betrag erbringen müssen, der tatsächlich nach der pauschalen Regelbedarfssystematik speziell dafür vorgesehen ist.
Ich weiß auch, dass der Bund, wenn er das Thema wieder in Angriff nehmen würde, die Einschätzung, wie das bisher immer war, wieder auf der Grundlage empirischer Zahlen vornehmen würde, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes Rechnung zu tragen.
Deshalb noch einmal ganz kurz: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat sich bei der Herbsttagung der Konferenz der obersten Landessozialbehörden sowie im Bund-Länder-Ausschuss zum SGB II auf Druck hin nun bereit erklärt, sich in diese Richtung zu bewegen, und hat angekündigt, einen Vorschlag zur sachgerechten Bemessung eines Eigenanteils der Schülerbeförderung nach dem SGB II - auch nach SGB XII und § 106 des Bundeskindergeldgesetzes - zu unterbreiten. Vor 14 Tagen, in der ersten Januarwoche, ist ein Schreiben des BMAS dazu in unserem Haus eingegangen. Das wird derzeit noch geprüft.
Wir sollten die Möglichkeit, dass der Bund sich jetzt bewegt, konsequent nutzen. Denn ich glaube, es könnte überzeugender und erfolgversprechender sein, von einer generellen Unzumutbarkeit eines Eigenanteils für Kinder und Jugendliche auszugehen. Das sehe ich als entsprechende Lösung. Auf der Landesebene sehe ich keine Lösung, die gerecht wäre oder alles vereinfachte, sondern es bleibt ein Stück unbefriedigend.
Danke sehr, Herr Minister. - Die Fünfminutendebatte der Fraktionen eröffnet Herr Rotter für die CDU.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eines voranstellen: Wir werden diesen Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen.
(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Überraschung! - Frau von Angern, DIE LINKE: Das verwun- dert mich nicht!)
- Es freut mich, dass Sie uns doch schon so gut kennen, dass Sie das zumindest nicht mehr verwundert.
Einen Teil der Gründe, warum wir das tun, hat Herr Minister Bischoff in seinem Debattenbeitrag bereits erwähnt; ich werde deshalb nicht näher darauf eingehen. Nichtsdestotrotz möchte ich einige Gesichtspunkte nicht unerwähnt lassen, die für uns diese Entscheidung begründen.
Die vorgeschlagene Nichtberücksichtigung eines Eigenanteils, zum Beispiel bei der Nutzung von Monatskarten für private Fahrten von Schülerinnen und Schülern, würde aus unserer Sicht nichts anderes bedeuten, als dass dort Bedarfe doppelt gedeckt würden. Ich denke, diese Nichtberücksichtigung des Eigenanteils ist deshalb nicht statthaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es entspricht unserem Selbstverständnis, dass Regelungen, egal welcher Art sie sein mögen, ein Höchstmaß an Gerechtigkeit erreichen sollen. Die von Ihnen, Frau Kollegin Dirlich, angestrebte Änderung des Bildungs- und Teilhabepakets in Sachen Schülerbeförderung tut das nicht, denn sie benachteiligt aus unserer Sicht viele Schüler und Schülerinnen, die vom Regelkreis des SGB II und des SGB XII nicht erfasst werden, weil das Einkommen der Familien, in denen sie leben, zum Teil nur unwesentlich über den geltenden Regelsätzen liegt.
(Frau Dirlich, DIE LINKE: Die fallen doch dann unter das Kindergeldgesetz! Da haben Sie das Gesetz nicht richtig gelesen!)
Für diesen Personenkreis möchte ich hier und jetzt eine Lanze brechen, auch weil ich der Meinung bin, dass das - auch in diesem Hohen Haus - zu selten geschieht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, für diesen Personenkreis gibt es nicht nur keine Bildungs- und Teilhabepakete, er muss auch die im Schulgesetz als Eigenanteil festgelegten 100 € jährlich - das sind laut meiner Berechnung 8,33 € im Monat - selbst erbringen.
(Herr Höhn, DIE LINKE: Ja, das haben Sie doch beschlossen! Das ist doch nicht unsere Schuld! - Frau Dirlich, DIE LINKE: Wenn Sie Gerechtigkeit für alle wollen, müssen Sie die Einkommen nivellieren!)
- Frau Kollegin Dirlich, uns über die Einkommen zu unterhalten ist jetzt nicht der Zeitpunkt. Dazu haben wir auch in diesem Haus schon einige Debatten geführt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass
Wie gesagt, diese Familien müssen den Eigenanteil erbringen - und das, obwohl das Familieneinkommen, wie ich bereits erwähnt habe, oft nicht sehr viel höher ist als das vergleichbarer Bedarfsgemeinschaften. Gerechtigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht aus meiner Sicht dann doch etwas anders aus.
Ich habe mir in Vorbereitung auf diese Debatte allerdings nicht die Mühe gemacht zu ermitteln, wie oft wir uns mit dem Thema „Änderung des Bildungs- und Teilhabepakets in Sachen Schülerbeförderung“ in den Ausschüssen und im Plenum schon befasst haben.
Frau Kollegin Dirlich, Sie haben mir die Arbeit abgenommen und haben es erwähnt: Es ist das vierte Mal.
Ich hatte geglaubt - das war aus meiner Sicht nicht nur gefühlt -, dass wir das schon sehr oft getan haben; Sie haben es mir bestätigt. Auch heute, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, versuchen Sie, uns zum wiederholten Mal alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen. Neue Argumente oder neue Sachlagen sind heute nicht erkennbar geworden und sind von Ihnen auch nicht vorgebracht worden.
Deshalb bitte ich das Hohe Haus, wie bereits eingangs erwähnt, um Ablehnung des vorliegenden Antrages. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Frage wird also nicht beantwortet. - Dann spricht jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Lüddemann.
Ich finde es schade, dass die Frage nicht beantwortet wird. Aber egal. Ich wollte einfach Folgendes sagen: Herr Kollege Rotter hat einen Großteil seiner Rede über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit philosophiert. Ich hätte ihn einfach gefragt, ob