Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

sache 514/12. Diese, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir, wenn der Beschluss morgen gefasst wird, damit auch erfüllen.

Die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag haben nun gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung eine ganz entscheidende Änderung durchgesetzt. Sie haben dafür gesorgt - es ist auch gut so, dass sich das Parlament ordentlich einbringt -, dass die Regelungen beim Leistungsschutzrecht auch die Gepflogenheiten des täglichen Internetzugangs, der täglichen Internetnutzung berücksichtigen.

Denn es kann nicht richtig sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass bereits die Ergebnisübersicht in einer Suchmaschine den Tatbestand der Urheberrechtsverletzung erfüllt. Im Gegenteil: Durch die Suchmaschine wird die Aufmerksamkeit des Lesers gezielt auf den Artikel und den Presseverlag gelenkt. Es wird also weiterhin dabei bleiben, dass die Ergebnisliste in der Suchmaschine angezeigt werden kann, ohne hierfür Entgelte an die Verleger zu entrichten.

Nun muss klar sein, dass ein Besuch auf der eigentlichen Informationsseite nicht überflüssig gemacht werden darf. Und ganz wichtig ist: Auch private und ehrenamtliche Nutzer - Blogger - sind vom Gesetzentwurf nicht betroffen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es wird mit dem Gesetz nicht mehr und nicht weniger beschlossen als eine Anpassung der Regelung für textliche Inhalte an das, was für Schaubilder bereits seit vielen Jahren gilt.

Ich will an dieser Stelle wiederholen, was ich bereits in der Debatte zu den Rechten der Journalistinnen und Journalisten im Februar 2013 hier im Hohen Hause gesagt habe: Auch die Verlage sind aufgerufen, ihre Geschäftsmodelle auf das Internet auszurichten. Ich bin davon überzeugt, dass eine Nachfrage nach gut gemachtem Journalismus selbstverständlich ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister hat es noch einmal ausgeführt: Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat die Anrufung des Vermittlungsausschusses am 6. März 2013 nicht empfohlen. Ich gehe davon aus, dass der Bundesrat morgen positiv darüber entscheiden wird. Denn ich denke, dass man sich auf die Fachpolitiker verlassen wird.

Das Wahlprogramm unserer Kollegen der SPD - Seite 52 - zu diesem Thema brauche ich nicht zu zitieren; denn darin steht, dass sie dicht an unserer Seite stehen. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass wir den Alternativantrag gemeinsam verabschieden werden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der LINKEN: Das hat niemand bezweifelt!)

Danke schön, Herr Kollege Kurze. - Als nächster Redner in der Debatte spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Herbst.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kurze, vielleicht ist das, was Sie zum Schluss angesprochen haben, gerade das Problem: Manchmal geht man sozusagen sehenden Auges auf eine Sache zu, von der man eigentlich gar nicht so richtig überzeugt ist, einfach weil einen andere Dinge vermeintlich dazu zwingen. Vielleicht sollte man sich manchmal von einer solchen Sichtweise doch verabschieden.

Wir hätten heute hier auf jeden Fall die Möglichkeit dazu, meine Damen und Herren. Es wurde darauf eingegangen: Morgen ist die Bundesratssitzung, in der es um das Leistungsschutzrecht geht. Wir könnten hier heute eine wirklich wichtige Entscheidung treffen - zumindest im Hinblick auf den Vermittlungsausschuss, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das Gesetzesvorhaben, über das wir hier gesprochen haben, ist nach Ansicht der Fachverbände und auch wichtiger politischer Kräfte in diesem Land reiner Murks. Es ist wirklich Murks.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es ist handwerklich schlecht gemacht. Es ist hochriskant, weil völlig gefüllt mit unbestimmten Rechtsbegriffen. Es geht an den Erfordernissen derjenigen, die es angeblich schützen soll, genauso vorbei wie an den Erfordernissen der digitalen Gesellschaft und der Nutzerinnen und Nutzer im Netz. Eigentlich ist das Gesetz so schlecht, dass es den Bundestag so hätte niemals verlassen dürfen, muss man sagen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wer glaubt, mit diesem Gesetz würde im Netz mehr Rechtssicherheit geschaffen, der irrt. Das Gegenteil wird der Fall sein. Dieses Gesetz liefert haufenweise undefinierte Rechtsbegriffe. Damit werden juristische Kleinkriege und neue Abmahnwellen auf uns zurollen. Das ist das, was von vielen in der Fachwelt befürchtet wird.

Ich will auf das, was im Einzelnen geregelt werden soll, nicht allzu lange eingehen, weil darüber viele gesprochen haben: über die kleinen Textstellen, wie lang die eigentlich sein dürfen, und über die undefinierten Begriffe. Aber genau diese Detailregelungen müssen ja her; denn das Netz ist vol

ler Texte. Herr Bullerjahn, Sie sind auf die Details eingegangen. Eben die sind nicht im Gesetz geregelt.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das Internet ist voll!)

Wenn das Gesetz so schlecht ist, wem nützt es dann eigentlich? Warum soll es hier durchgedrückt werden?

Ursprünglich war das Gesetz so scharf, dass jede noch so kleine zusammenhängende Textansammlung betroffen gewesen wäre, also eben auch genau diese kleinen Vorschauen, die man bekommt, wenn man bei Google etwas eingibt. Mit der neuen Formulierung der „kleinsten Textausschnitte“ ist das höchstwahrscheinlich vom Tisch, weil man sich mit Google einigen wird. Jedoch frage ich mich dann: Ja, für wen ist das Gesetz dann eigentlich noch gemacht?

Das Gesetz schadet in jedem Fall dem Servicegedanken des Internets, weil es Blogger und andere zumindest in die Nachweispflicht bringt, sich damit auseinanderzusetzen und zu erklären, ob sie einer Geschäftstätigkeit nachgehen oder nicht. Es wird deren Freiheit zumindest erheblich einschränken.

Das Gesetz richtet sich aber auch gegen die Bedürfnisse der Verlage, die es eigentlich schützen soll; denn die haben heute mit dem Netz ganz andere Probleme als diese Minitextausschnitte und das, was irgendwelche Blogger posten.

Die haben Probleme damit, dass zum Beispiel Werbung auf mobilen Endgeräten immer noch nicht effektiv funktioniert. Sie haben Probleme damit, dass sie ihre Anzeigen im Netz für wesentlich weniger Geld verkaufen können als im Printbereich. Das sind die Probleme, die das Netz den Verlagen bereitet, und nicht das, was im Leistungsschutzrecht irgendwie geregelt werden soll. Wie gesagt, der Gegenstandsbereich müsste für eine effektive Regelung ein ganz anderer sein. Die Probleme der Verlage liegen heute woanders.

Drittens. Das Gesetz geht auch an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer vorbei, und es wird, wie ich schon erwähnt habe, von zahlreichen Verbänden - BBI, Bitkom, eco, dem Deutschen Journalistenverband, aber auch dem ehemaligen Chef der Monopolkommission und vielen anderen mehr - scharf kritisiert. Es riecht, meine Damen und Herren, nach einem Klientelgesetz.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es riecht nach einem Beschäftigungsprogramm für Juristen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es riecht nach Mövenpick. Wir brauchen dieses Gesetz nicht, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Oh! bei der CDU)

- Ja, so ist es leider. Es lässt sich wirklich ganz schwer erklären, warum es dieses Gesetz braucht.

(Herr Borgwardt, CDU: Wie riecht denn Mö- venpick?)

Meine Damen und Herren! Morgen findet eine Sitzung des Bundesrates statt. Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik würden es begrüßen, wenn einige die Nacht dazu nutzen würden, sich zu überlegen, wie sie morgen damit umgehen möchten. In der Tat - Herr Kollege Wagner ist darauf eingegangen - ist die SPD bei dieser Frage das Zünglein an der Waage. Ihr Kanzlerkandidat hatte sich sehr eindeutig zu diesem Thema erklärt. Auch viele andere Politiker der SPD haben sich ablehnend geäußert. Aber jetzt ist die SPD offenbar umgeknickt.

(Herr Erben, SPD: Wie ist denn das Stimm- verhalten? - Herr Borgwardt, CDU: Vielleicht haben sie nachgedacht!)

Frau Kraft hat die Kraft offenbar nicht mehr, sich dagegen auszusprechen. Diese Fraktion hat die Kraft offensichtlich auch nicht, etwas dagegen zu tun. Es ist völlig klar, dass es besser wäre, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um im Vorfeld der Verabschiedung eines möglicherweise schlechten Gesetzes noch etwas zu verändern, als es erst einmal in Kraft treten zu lassen und dann zu sagen, in ein paar Jahren reden wir noch einmal darüber.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist, so glaube ich, die falsche Strategie, um gute Politik zu machen.

Also, meine Damen und Herren, wir GRÜNE stehen ganz klar zu unserem Nein zum Leistungsschutzrecht. Wir stehen auch zum Nein zu dem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen. Denn das ist nur ein Feigenblatt. Es ändert nichts daran, dass hierbei sehenden Auges auf ein ganz schlechtes Gesetz und damit auf viele Risiken zugegangen wird. Insofern stimmen wir dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zu. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Kollege Herbst, würden Sie eine Nachfrage vom Abgeordneten Wagner beantworten wollen?

Ja.

Herr Wagner, bitte.

In der Pressemitteilung, die der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten heute veröffentlicht hat, ist auch angekündigt, dass es nach der Bundestagswahl und einer etwaigen rot-grünen Mehrheit zu einem neuen rot-grünen Leistungsschutzgesetz kommt. Habe ich die Diskussion, die heute im Netz und in Berlin geführt wurde, dahin gehend richtig zu interpretieren, dass es ein nicht abgesprochener unverhältnismäßiger Vorstoß war, der nicht mit den Bündnisgrünen abgesprochen war?

So habe ich das auch interpretiert. Nach meiner Kenntnis stehen die GRÜNEN auch auf der Bundesebene für ein solches Gesetz auch nach der Wahl, die es auch erst einmal zu gewinnen gilt, nicht zur Verfügung.

(Zurufe von der CDU und von der LINKEN)

Das kann nachher noch weiter diskutiert werden. Für heute ist dieser Beitrag abgeschlossen. - Ich rufe als nächsten Redner Herrn Dr. Brachmann für die SPD auf.

Herr Präsident! Ich spreche heute in Vertretung von Herrn Graner, der diesen Redebeitrag ursprünglich halten sollte. Ich bitte darum, diesen Redebeitrag gemäß § 63 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages verlesen zu dürfen. Ich werde allerdings auch auf die Debatte eingehen.

(Herr Borgwardt, CDU: Es gibt noch eine andere Variante!)

Das hatte ich eigentlich vor.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Wir wollen dich re- den hören!)