Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Insofern gibt es das durchaus, nur dass der Begriff „vorsorgliche Kündigung“ in den Geschäften scheinbar nicht üblich ist, sondern es Änderungskündigung heißt. Daher könnte man durchaus mit Änderungskündigungen arbeiten und sich die Option offenlassen - wird jedenfalls in den Akten so ausgeführt.

Diese Auffassung haben wir auch so vertreten. Allerdings sieht unser Vertragspartner das etwas anders, weil er davon ausgeht, dass man mit einer Kündigung oder teilweisen Kündigung sofort in dem Ausschreibungsverfahren ist und eine Vertragsänderung voraussetzt, dass man zunächst im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens auch anderen Bewerbern die Möglichkeit gegeben hat, sich zu bewerben.

Frau Ministerin, es gibt noch eine vierte Frage. Würden Sie diese beantworten? - Bitte sehr, Herr Bommersbach.

Danke schön. - Frau Ministerin, bei einer Änderungskündigung müssen Sie doch die Dinge, so wie Sie es beschrieben haben, gar nicht machen. Sie können doch eine ganz normale Änderungskündigung machen, können dann im Prinzip schauen, ob Bewegung drin ist oder nicht, und

wenn nicht, dann sind für uns als Land zumindest die Voraussetzungen wesentlich günstiger in der Nachverhandlung. Ich verstehe also nicht, warum Sie sich mit dieser Änderungskündigung so schwertun.

Ich habe zu erläutern versucht, dass es eben dieses Instrument der Änderungskündigung nicht gibt, sondern Kündigung Kündigung bedeutet und die entsprechende Notwendigkeit zur Neuausschreibung zur Folge hat.

Frau Ministerin, es gibt noch eine weitere Frage vom Abgeordneten Herrn Herbst.

Wenn das dann die letzte ist - -

Ich würde mit Ihnen vereinbaren, dass es die letzte Nachfrage ist.

Vielen Dank. - Ich möchte der Frage den Satz voranstellen, dass ich es ziemlich erschreckend finde, dass offensichtlich immer noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde, sondern dass noch Verhandlungen laufen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Und ich möchte Sie fragen, Frau Ministerin, ob Sie das für eine gute Verhandlungsposition für das Land Sachsen-Anhalt halten, dass wir jetzt noch ein Wochenende und dann zwei Tage haben, an denen wir verhandeln können, und ob Sie der Meinung sind, dass seriöserweise die noch offenen Fragen bezüglich der Verhandlungen in dieser kurzen Zeit geklärt werden können.

Die Verhandlungsposition ist nach wie vor so, dass wir bis zum Dienstag kündigen können. Das weiß unser Vertragspartner auch. Er weiß aber auch, welche Schwierigkeiten wir haben, wenn wir alle einzelnen Dienstleistungsverträge in Eigenregie durchführen müssten. - Vielen Dank.

Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Es beginnt für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Borgwardt.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Herbst, man kann das natürlich so plakativ und polemisch machen. Aber ich sage Ihnen: Der Kompromiss, den wir auch in unserem Antrag - - Übrigens, Frau Ministerin, nach meinem parlamentarischen Staatsverständnis ist das so: Wenn der Antrag eine Mehrheit erhält, bindet er Sie auch.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Und da steht in Punkt 1 ziemlich genau, was zu kündigen ist. Aber darauf komme ich nachher noch einmal darauf zurück.

Herr Herbst, der Antrag ist ein Kompromiss, und ich bin ausdrücklich - das sage ich auch Frau von Angern und Frau Dr. Klein - dankbar. Das ist nämlich aus unserer Sicht, aus der Sicht der Fraktion der CDU, der SPD und, wie gesagt, jetzt demzufolge auch der Fraktion DIE LINKE das verantwortbar Machbare. Wir haben uns durch die Verträge gequält, zumindest die, die vorlagen. Aus unserer Sicht ist zu sagen: Wir müssen nicht nur den Bau, die Umbauten klar haben, sondern müssen auch die Therapiebedingungen erfüllen.

Und wenn dort sieben Verträge vorliegen, dann möchte ich Sie mal sehen. Ich erinnere jetzt gar nicht an das, was für Probleme andere Kollegen hier auf der Regierungsbank haben, die ähnliches Personal seit Jahren suchen. Wir sind sehr dankbar - die Rahmenbedingungen sind schwierig -, dass der Vertragspartner wenigstens diese sieben, wie uns gesagt wurde, in Rede stehenden Verträge hat. Wir wären nicht in der Lage gewesen - das sage ich ganz deutlich -, adäquat diese Frist einzuhalten - und offensichtlich auch nicht das Haus selbst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte vielleicht noch einiges vorab klarstellen. Der Landtag ist mit seinem Beschluss, die JVA Burg Madel als PPP-Modell zu betreiben, davon ausgegangen, Kosten gegenüber einer rein staatlich betriebenen Justizvollzugsanstalt zu sparen. Wir mussten jedoch zur Kenntnis nehmen - ich sage das bewusst freundlich -, dass dieser Wirtschaftlichkeitsvorteil des PPP-Modells eben nicht in allen Bereichen realisiert worden ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die grundsätzliche Diskussion wird nicht nur in Sachsen-Anhalt geführt. In Baden-Württemberg, meine Damen und Herren, wurde festgestellt, dass das im Jahr 2009 in Offenburg eröffnete und teilprivatisiert betriebene Gefängnis nicht die erhofften Einspareffekte für den Landeshaushalt realisiert. Daher ist dort die Rückführung in staatliche Hand

geplant - übrigens mit demselben Vertragspartner, den wir haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hinlänglich bekannt, dass im Rahmen eines PPPProjekts nur solche Leistungen durch einen privaten Partner erbracht werden können, die keine hoheitlichen Aufgaben darstellen.

Seit der Aufnahme des Regelbetriebs in dieser JVA Ende 2009 werden die Dienstleistungen durch die Firma Kötter Justizdienstleistungen erbracht. Bis auf den Vertrag über die Gebäudebewirtschaftung mit einer festen Laufzeit - darauf ist schon eingegangen worden - bis zum Jahr 2034 sind alle anderen sieben Dienstleistungsverträge erstmalig zum 30. April kündbar. Auf die Frist ist schon eingegangen worden.

Dass die Zusammenarbeit zwischen dem Land und dem privaten Partner neu ausgerichtet werden soll, nehmen wir zur Kenntnis. Das Kabinett hat beschlossen, dass Frau Ministerin Kolb in eigener Ressortzuständigkeit zu entscheiden hat,

(Ministerin Frau Prof. Dr. Kolb: In Abstim- mung!)

- in Abstimmung, Frau Ministerin; das ist aber immer so in einem Kabinett - welche Verträge fortgeführt werden oder zu kündigen sind. Derzeit laufen intensive Verhandlungen, gerade auch im Hinblick auf Vertragsanpassungen. Darauf ist ebenfalls schon eingegangen worden.

Fest steht aber bereits jetzt, dass neben dem Vertrag über Verwaltungshilfsdienstleistungen auch die Verträge - ich ging soeben darauf ein - über die Gesundheits- und Sozialfürsorge sowie die im Dezember 2012 geschlossene Zusatz- und Ergänzungsvereinbarung über die therapeutischen und sozialpädagogischen Leistungen für Sicherungsverwahrte unverändert weitergeführt werden sollen.

Wir, die Koalitionsfraktionen, bitten die Landesregierung, die für den Landeshaushalt unrentablen Verträge - sowohl die Agentur Ernst & Young als auch der Landesrechnungshof sind darauf hinlänglich eingegangen; ich will das nicht alles wiederholen - über die Reinigung, Entsorgung und Ausstattung, über die Verpflegungsleistungen und über die EDV-Systembetreuung fristgemäß zu kündigen.

Unserer Auffassung nach sollte auch der Vertrag über die Sicherheitshilfsdienste nur noch für den Bereich der Bewirtschaftung der Fuhrparks fortgesetzt werden. Auch die übrigen Verträge sollen nach dem Willen der Koalitionsfraktionen fortgesetzt werden. Hierzu wünschen wir uns im Zuge der Verlängerung eine begleitende Evaluierung der qualitätsgerechten Erfüllung. - Jetzt muss ich etwas kürzen, Frau Präsidentin.

Die Ministerin hat auch überzogen, um zwei Minuten. Die Zeit gebe ich Ihnen und den anderen Rednern auch, also zwei Minuten mindestens.

Ich bedanke mich, Frau Präsidentin. - Weiterhin bitten wir die Landesregierung, bis zum 1. Mai 2014 die Voraussetzungen dafür zu schaffen - das ist das Ende der Frist -, die Aufgaben, die von der Kündigung betroffen sind, in Eigenrealisierung zu erbringen. Wir erhoffen uns natürlich Einspareffekte durch diese Kündigung. Wir sind fest davon überzeugt, dass der Staat in Teilbereichen in Eigenregie kostengünstiger und vollzugsfachlich besser agieren kann. Insofern deckt sich das mit den Argumenten der Fraktion DIE LINKE.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist kein Geheimnis, dass es ein Wunsch der CDUFraktion war, dass das Ministerium die Entscheidung zur Kündigung auf der Grundlage des Ergebnisses der Evaluierung vor dem Ablauf der Kündigungsfrist transparent im Ausschuss darlegt. Zugegeben, es ist mir durchaus bewusst, dass wir als Parlament keine Entscheidung treffen, die in die Ressortverantwortung von Ministerien fallen. Hierzu zählen rein formal betrachtet auch die Vertragsverhandlungen.

Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal daran erinnern, dass uns im Rechtsausschuss zugesagt worden ist, das Gutachten, das die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Verträge evaluiert, rechtzeitig vorzulegen und den Landtag damit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Ich hoffe, dass zukünftig Sorge dafür getragen wird, dass zugesicherte Fristen für die Vorlage auch eingehalten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Ende. Wir sollten aber nicht den Fehler machen, das Model PPP generell als Auslaufmodell zu bezeichnen oder zu verteufeln. Beispiel Sicherungsverwahrung. Die Realisierung der Unterkünfte für die Sicherungsverwahrung durch den privaten Partner scheint die günstigste Variante zu sein. Die Unterkünfte sind nicht nur pünktlich, sondern vorfristig fertig gestellt worden.

Gleichwohl bin ich davon überzeugt, dass wir es gerade im Bereich des Justizvollzuges bei dem Modellversuch Burg belassen sollten. Ein weiteres PPP-Modell halte ich in diesem Hohen Hause nicht für mehrheitsfähig.

(Zustimmung von Herrn Knöchel, DIE LIN- KE)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie abschließend um Zustimmung zu dem von den Koalitionsfraktionen im Einvernehmen, wie von Frau

von Angern vorhin vorgetragen wurde, vorgelegten Änderungsantrag zuzustimmen.

(Frau von Angern, DIE LINKE: Was?)

Den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir ablehnen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Borgwardt. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Erdmenger. Auch er hat, wenn er sie denn benötigt, zwei Minuten Redezeit mehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die wir heute geführt haben, zeigt in erster Linie eines: Es hätte in den Ausschüssen noch sehr viel mehr Diskussionsbedarf gegeben. Es gab und es gibt viel zu besprechen und viel zu diskutieren über die Verlängerung der Verträge.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Finanzpolitiker ist man sehr oft in der Situation, dass man mit Projekten konfrontiert ist, die hohe Kosten verursachen, aber fachlich kommt etwas Vernünftiges dabei heraus. Oder es gibt eine Kritik vom Landesrechnungshof, aber die eigenen Fachpolitiker warnen trotzdem davor, Einschnitte vorzunehmen.

Hier scheint es aber anders zu sein. Bei der JVA in Burg gibt es viele Klagen über die Qualität. Frau Ministerin, Sie sind die einzige Rechtspolitikerin, die mir begegnet ist, die sagt, das sei eine funktionierende JVA und wir hätten da keine Probleme mit der Qualität.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ministerin Frau Prof. Dr. Kolb: Das habe ich so nicht gesagt!)

Dutzende Petitionen scheinen eine ganz andere Sprache zu sprechen. Wir haben also Probleme mit der Qualität und billig ist es auch nicht. Das ist doch eine bemerkenswerte Situation.

Ausgangspunkt für unsere Betrachtungen im Rechnungsprüfungsausschuss ist die Kritik des Landesrechnungshofes. Der Bericht des Landesrechnungshofes liegt der Öffentlichkeit und uns seit Dezember vor. Dem Ministerium liegt er wesentlich länger vor, weil es ja vorher Prüfmitteilungen gibt.