Leider muss man konstatieren, dass die Reformpläne von Minister Gabriel auf eine klare Verzögerung und Abschwächung der Wende und auf das Behindern und Hinausdrängen regionaler, kommunaler und kleiner privater Akteure hinausläuft. Das, so meine ich, können wir nicht hinnehmen.
Frau Budde, Sie haben es vorhin sehr schön gesagt: Wer die Energiewende bremst, der gefährdet die Zukunft. Genau das sehe ich an dieser Stelle.
In unserem Änderungsantrag haben wir zunächst formuliert, dass wir die grundsätzliche Beteiligung aller Nutzer an den Kosten der Energiewende fordern. Die Formulierung „grundsätzlich“ beinhaltet sehr wohl eine Differenzierung. Es wird Ausnahmen geben können, allerdings auch für diejenigen, die bisher die Hauptlast tragen, also für die Bürgerinnen und Bürger und für den Mittelstand.
In den weiteren Punkten unseres Änderungsantrags geht es um die Deckelung von Fotovoltaik und Windkraft. Es ist doch eigentlich widersinnig: In der Begründung Ihres Antrages heißt es, dass die Kosten für diese beiden Energieformen rasant gesunken seien. Wir haben also eine erhebliche Kostendegression in diesem Bereich zu verzeichnen. Ausgerechnet diese beiden Energieformen sollen ausgebremst werden. Sicherlich muss man die Förderung bei verschiedenen Standorten anpassen. Aber es kann an der Stelle nicht bei einer Deckelung enden.
Wir wollen auch, dass bei der Fotovoltaik der bereits vorhandene Ausbaudeckel im EEG gestrichen wird. Ebenso geht es uns darum, dass die Einspeisevergütungen erhalten bleiben und auch die Direktvermarktung optional bleibt. Diese beiden Elemente sind ganz besonders wichtig für eine Energiewende von unten.
Die zwingende Direktvermarktung würde insbesondere die Energiegenossenschaften, die kleineren Stadtwerke und die vielen Bürger, die sich an der Energiewende beteiligt haben, treffen; denn für sie wäre es wesentlich schwerer als für große Akteure, die Direktvermarktung zu stemmen, und sie würden langsam, aber sicher aus dem Markt gedrängt werden.
Deshalb sind wir auch gegen die geplante Ausschreibung der Zubauleistung. Im Bereich der Fotovoltaik soll dies beginnen; später ist es auch für die Windenergie vorgesehen. Auch an dieser Stelle werden wieder die großen Akteure bevorteilt.
Ich könnte weitere Punkte nennen. Beispielsweise sind aus unserer Sicht die Ausgestaltung des Eigenverbrauchs und die Gestaltung der Biogasnutzung bisher völlig unzureichend geregelt. Von den Landwirten ist klar gesagt worden, dass es an vielen Stellen zu einem Zusammenbruch der Biogasnutzung kommen wird. Die Biogasnutzung ist jetzt gedeckelt. Viele haben bereits eingeschätzt, dass diese Deckelung nicht nötig ist, da man den Wert der Deckelung nicht erreicht. Heute eine Diskussion hierüber zu führen, ginge zu weit.
Wenn sich der Gesetzentwurf offiziell in der Diskussion befindet, sollten wir eine erneute Debatte darüber führen oder das Thema im Rahmen der Selbstbefassung in den Ausschüssen behandeln. Soweit ich weiß, bedarf der Gesetzentwurf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Das schränkt unsere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, deutlich ein.
Was sollte die Landesregierung über das EEG hinaus tun, um die Energiewende voranzubringen? - Wir wollen, dass sich die Landesregierung im
Bundesrat dafür einsetzt, dass wieder ein Genehmigungsvorbehalt für die Grundversorgertarife eingeführt wird. Dieser Vorbehalt wurde im Jahr 2007 abgeschafft. Aber 40 % der Endkunden sind noch von diesen Tarifen betroffen und müssen die hohen Kosten tragen. Der Genehmigungsvorbehalt wäre wichtig, da man damit zumindest eine Dämpfung der Strompreise erreichen kann, um eine größere Akzeptanz zu erlangen. Später sollte dieses Verfahren auch auf andere Tarife ausgeweitet werden.
Die betroffenen 40 % der Endkunden befinden sich nicht deshalb in diesen Tarifen, weil sie keine Lust zum Wechseln haben. Darunter sind viele, die aufgrund ihrer prekären Situation keine Chance haben, andere Tarife zu wählen.
Noch einige Worte zu dem, was das Land unabhängig vom EEG und von den Aktivitäten im Bundesrat tun könnte. Herr Minister hat gerade gesagt, dass das Landesenergiekonzept auf dem Weg sei. Ich hoffe sehr, dass die angebotene Mitarbeit der Vereine und die Ideen und Gedanken der Vereine eingeflossen sind. Ich bin gespannt auf die Vorstellung des Landesenergiekonzepts.
Ich möchte anregen, dass in diesem Land noch mehr für die Bürgerbeteiligung getan wird, dass beispielsweise die Kommunikation von Möglichkeiten, sich in Energiegenossenschaften zu engagieren, wesentlich verbessert wird. An dieser Stelle hätte auch das Ministerium einiges zu tun.
Ich meine, dass wir auch eine Anregung aufnehmen sollten, die wir während einer Ausschussreise in Dänemark vorgestellt bekommen haben. Dort ist es beim Bau eines Windrades zum Beispiel Pflicht, dass in einem bestimmten Umkreis jedem Bürger und jeder Kommune ein Anteil an diesem Windrand angeboten wird. Das halte ich für eine sehr gute Idee. Das wäre auch für Sachsen-Anhalt zu prüfen, weil auch das die Akzeptanz stärken könnte.
(Beifall bei der LINKEN - Herr Borgwardt, CDU: Es können auch alle abstimmen! Dann kommen kaum Windräder!)
Danke schön, Kollegin Hunger. - Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD Kollegin Schindler.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag damit beginnen, dass ich noch einmal auf den Redebeitrag unserer Fraktionsvorsitzenden Katrin Budde zum ersten Tagesordnungspunkt verweise. Ich möchte nochmals auf die Bedeutung der Energiewende insgesamt und auch für unser Land Bezug nehmen.
„Energiewende“ ist ein schnell dahingesprochenes Wort, aber es ist sehr bedeutsam. Ich denke schon, dass es ein über viele Jahre herausgearbeiteter politischer Konsens ist, dass wir diese Energiewende brauchen, dass wir diese Energiewende voranbringen wollen und dass wir diese Energiewende als gemeinsames politisches Ziel verstehen.
Energiewende heißt konkret: Weg von atomaren und fossilen Energiequellen, hin zu erneuerbaren Energiequellen. Dies beinhaltet die Energiewende, es ist politischer Konsens und findet auch die breite Zustimmung der Bevölkerung.
Dieser Weg muss konsequent, planvoll und auch kosteneffizient fortgeführt werden. Die Kosten der Energiewende - und darauf reduziert sich meistens die Diskussion - müssen wir gemeinsam bewältigen. Ohne die Energiewende wären die Kosten, die zu bewältigen sind, in Zukunft für alle wesentlich höher. Das ist heute unter Tagesordnungspunkt 1 dargestellt worden.
Frau Budde ist bereits darauf eingegangen: knapper und teurer werdende fossile Energieträger ersetzen, Verzicht auf atomare Energieträger, die auch die zukünftigen Generationen wesentlich mehr belasten, als wir es uns heute vorstellen können, Abhängigkeit von Importen verhindern.
Die Energiewende - das ist die besondere Bedeutung; ich möchte dies an dieser Stelle noch einmal hervorheben - ist ein wesentlicher Beitrag Deutschlands für den Klimaschutz und stellt mit all diesen Faktoren ein wichtiges Standbein für Wachstumsförderung und für ein entsprechendes Arbeitsplatzpotenzial für unser Land dar.
Sachsen-Anhalt ist in der Vergangenheit und auch jetzt aus all den oben genannten Gründen ein klarer Befürworter der Energiewende. Wir haben uns auf diesem Gebiet in den letzten Jahren profiliert und einen Spitzenplatz in Deutschland erarbeitet. Diesen Spitzenplatz wollen wir weiterhin haben und auch als Vorreiter in Deutschland gelten.
Mit dem Entwurf des Landesenergiekonzeptes, welches das Wirtschaftsministerium, so wie es der Minister schon gesagt hat, noch im März 2014 in das Kabinett bringen will, ist nochmals die klare Zustimmung zur Energiewende dargestellt und auch ein klares Bekenntnis zur erneuerbaren Energien.
Dass wir diesen Weg richtig gehen und die Weichen richtig gestellt werden, darauf kommt es jetzt an. Wir sind dabei nicht allein. Wir sind im Kontext mit den anderen Bundesländern, im Bund und auch in Europa. Dies ist heute von vielen Rednern schon angesprochen worden.
liche Rahmenbedingung ist das EEG, das wesentlichen Anteil an der Förderung von erneuerbaren Energien hat, das EEG, das seit 2002 dazu geführt hat, dass es zum Ausbau erneuerbaren Energien gekommen ist.
Auch in Zukunft ist eine gesicherte effiziente Energieversorgung zu ermöglichen. Wir brauchen klare Vorgaben für alle Beteiligten. Wir müssen deshalb auch bei der Diskussion zum EEG - dabei werden wir Sie, Herr Minister, von hieraus auch unterstützen - klar die Interessen des Landes SachsenAnhalt vertreten, so wie es Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister anderer Bundesländer machen.
Der Ausbau der Stromtrassen ist heute schon unter Tagesordnungspunkt 1 diskutiert worden. Ich möchte aber zwei wesentliche Punkte, die bei der EEG-Novelle diskutiert werden, ansprechen.
Erstens die Förderung von Offshore- oder Onshore-Windenergieanlagen. Für Sachsen-Anhalt ist es wichtig, dass auch die Onshore-Windenergie weiterhin ein klares Bekenntnis und Förderung bekommt. Nach den aktuellen Zahlen - ich habe sie noch einmal herausgesucht - des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft für 2014 liegt bei einem Anteil der Windenergie von 41,5 % an der Stromerzeugung nach dem EEG der Kostenanteil bei nur 19,2 %, also eine höchst effiziente Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.
Die Bedeutung der erneuerbaren Energien für uns speziell im ländlichen Raum ist eine wichtige Schaltstelle. Hier müssen wir unseren Part dazu beitragen, dass die Biogasbranche nicht zum Erliegen kommt.
Auch bei Vorschlägen zur Heranziehung des Eigenstromverbrauchs müssen wir darauf hinwirken, dass gerade die Unternehmen, die speziell in erneuerbare Energien investiert haben, um ihre Kosten zu reduzieren, nicht bestraft werden.
Bei den Ausnahmen für energieintensive Unternehmen muss es wirklich um den internationalen Wettbewerb gehen. Es darf nicht auf einzelne Branchen beschränkt sein. Wir haben zum Beispiel den Betrieb Agrarfrost Oschersleben vor Ort besucht. Dabei handelt es sich um ein sehr energieintensives Unternehmen der Ernährungswirtschaft. Wenn die Ernährungswirtschaft komplett herausgenommen wird, ist dieser im internationalen Wettbewerb stehende Betrieb gefährdet.
Wir benötigen eine gerechte Verteilung der Kosten der Energiewende. Wir benötigen eine Planbarkeit und Verlässlichkeit bei Investitionsentscheidungen. Das gilt für alle Bereiche, für die erneuerbaren genauso wie für die konventionellen Energien. Ich zitiere am Ende meiner Rede noch einmal unseren geschätzten Kollegen Hermann Scheer, der leider verstorben ist, der sagte: „Der unverzügliche
Wechsel zu erneuerbaren Energien ist keine Last, sondern die größte soziale und wirtschaftliche Zukunftschance.“ - Vielen Dank.
Danke schön, Kollegin Schindler. - Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kollegin Frederking.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In dem vorliegenden Antrag steckt in der Begründung die Sahne, aber die Forderungen sind Magermilch.
Die Begründung trifft eine hervorragende Analyse und zeigt die Vorteile der erneuerbaren Energien in Abgrenzung zu den fossilen Energien. Sinkende Gestehungskosten beim regenerativen Strom, Steigerung der regionalen Wertschöpfung durch dezentrale erneuerbare Energieerzeugung und den Verbrauch, erneuerbare Energien als hervorragendes Beschäftigungsfeld. Gerade in SachsenAnhalt haben wir 24 000 Beschäftigte in diesem Bereich.
Aber welche Schlussfolgerungen werden nun in dem Antrag aus dieser positiven Bilanz für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien gezogen? Gelinde gesagt: gar keine.
Der Antrag enthält reine Willensbekundungen, konkrete Maßnahmen fehlen, so wie auch in der Vergangenheit keine konkreten Maßnahmen ergriffen wurden. Die Landesregierung und auch die Koalition aus CDU und SPD haben schlicht und ergreifend nichts gemacht. Herr Rosmeisl und Herr Thomas haben heute mehrfach betont, dass sie unsicher sind, dass sie eigentlich gar nichts wissen. Warum schauen Sie dann nicht einmal hin? Warum rechnen Sie nicht einmal nach?
Herr Rosmeisl, wenn Sie von mir das Wort Energiewende seit September 2013 nicht gehört haben, kann ich mir das sehr gut vorstellen. Denn wenn Sie sich unter den Tisch verkriechen, Ihre Ohren verschließen, dann können Sie das auch nicht hören, zum Beispiel als wir über die Überarbeitung des Energiekonzeptes der Landesregierung gesprochen haben.
In diesem Zusammenhang erinnere ich auch an den Antrag und den Änderungsantrag „Für eine sozial gestaltete Energiewende“ von den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Diese Anträge dümpeln seit nunmehr 14 Monaten in den Ausschüssen herum, obwohl es bereits damals um die Energiepreisstabilisierung im Rahmen des EEG ging, genau wie heute erneut gefordert.