In einem Satz, Frau Präsidentin. - Wir brauchen eine Beweislastumkehr. Heute ist es so, dass ein Arbeitnehmer nachweisen muss, ob er scheinselbständig war oder nicht oder ob er zum Zwecke, dass er billiger beschäftigt wird, eingestellt worden ist. Deshalb brauchen wir eine Umkehr der Beweislast. Dazu gibt es eine Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen. Ich denke, diese gilt es zu unterstützen. In diesem Sinne ist es gut, dass wir uns heute mit dem Thema beschäftigt haben. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der uns heute vorliegende Antrag von CDU und SPD mit der Überschrift „Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen verhindern“
erinnert sehr an den Gesetzentwurf der rot-grünen Länder Niedersachsen, Baden-Württemberg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vom 11. September 2013 mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und zur Verhinderung der Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen“.
Die rot-grünen Länder haben den Gesetzesentwurf im letzten Jahr in den Bundesrat unter anderem mit folgender Begründung eingebracht. Ich zitiere:
„Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in Deutschland gehen nach der letzten Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahr 2011 zunehmend dazu über, bislang durch eigenes Personal oder Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erledigte Arbeiten nunmehr durch Fremdpersonal auf der Basis von Werkverträgen ausführen zu lassen…
Sie dokumentieren darüber hinaus, dass mitten in Deutschland Tausende vor allem aus dem südosteuropäischen Mitgliedsstaaten stammende Menschen wegen fehlender Beschäftigungsalternativen in ihren Heimatländern bei uns unter nicht mehr für möglich gehaltenen, nach sozialstaatlichen Maßstäben untragbaren und zum Teil sogar menschenunwürdigen Arbeits- und Lebens
Die Beratungen und die Abstimmungen im Bundesrat sind positiv verlaufen. Der Gesetzesentwurf ist dem Bundestag zur Diskussion und Abstimmung zugeleitet worden. Aus diesem Grund kann die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem vorliegenden Antrag der regierungstragenden
Fraktionen der CDU und der SPD nur zustimmen, auch wenn in der Begründung des Antrages die Zielvereinbarung der Großen Koalition aus der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD vom 27. November 2013 zitiert wird.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich bereits im letzten Jahr mit mehreren Anträgen auf Bundesebene dafür stark gemacht, dass Werkverträge eingedämmt werden.
Wie hat eigentlich Sachsen-Anhalt im Bundesrat darüber abgestimmt? Denn Werkverträge werden genutzt - wir haben es mehrfach gehört -, um den Kündigungsschutz, die betriebliche Mitbestimmung, die tarifliche Bezahlung und somit den sozialen Schutz der Beschäftigten zu unterlaufen. Arbeitgeber sparen mit Werkverträgen Urlaubsgeld, Sonderzahlungen, Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge. Die Löhne im Einzelhandel mit Werkverträgen liegen beispielsweise um ca. 45 % unter den Tariflöhnen. Dies ist bei den Minijobs beispielsweise der Fall.
Das Geschäftsmodell Werkvertrag ist sozial- und arbeitsmarktpolitisch nicht tragbar. In der Unternehmenswelt werden Werkverträge als Instrument verwandt, um gezielt die Lohnkosten zu senken. Momentan ist das leider die Realität in Deutschland.
Wir GRÜNE sehen Werkverträge vor allen Dingen dort als problematisch an, wo die Stammbelegschaft durch Werkvertragsarbeitnehmer ersetzt wird. Den Missbrauch von Werkverträgen einzudämmen ist äußerst prioritär zu behandeln und ist insbesondere vor dem Hintergrund des Mindestlohnes sehr wichtig.
Bisweilen ist die Debatte um Werkverträge vor dem Hintergrund geführt worden, dass diese dazu benutzt wurden, den Mindestlohn bei der Leiharbeit zu umgehen. Diese Ausweichbewegung wird aufgrund des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € sicherlich verstärkt zu beobachten sein. Deshalb ist es so wichtig, dass jetzt auf Bundesebene die Leitplanken gesetzt werden, damit der Missbrauch von Werkverträgen verhindert wird.
Danke sehr, Kollegin Latta. - Für die Fraktion der CDU hätte Herr Rotter noch einmal das Wort. - Er verzichtet.
Wir werden jetzt in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/2930 eintreten. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag angenommen worden.
Ich unterbreite Ihnen den Vorschlag, dass wir uns um 14 Uhr wieder treffen, um den geringen Zeitverzug nicht noch weiter auszubauen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann machen wir das so. Wir treffen uns um 14 Uhr wieder und fahren dann mit dem Tagesordnungspunkt 15 fort.
Es ist eine verbundene Debatte vorgesehen. Das heißt, es werden zunächst die Initiativen unter diesem Tagesordnungspunkt eingebracht. Es schließt sich eine Debatte mit einer Rededauer von fünf Minuten je Fraktion an.
Einbringerin des Gesetzentwurfes und des Entschließungsantrages für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ist Frau Lüddemann. Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Bestattungsgesetz ist in die Jahre gekommen. Die Gesellschaft wandelt sich in immer schnellerer Folge. Die wachsende Weltoffenheit Sachsen-Anhalts, der Zuzug von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund macht unsere Welt bunter und auch das Lebensende vielfältiger.
Das Gesetz, das den rechtlich-formalen Umgang mit unser aller Vergänglichkeit regelt, ist eben auch selbst nicht für die Ewigkeit gemacht. Dass mehrere Fraktionen des Hohen Hauses unabhängig voneinander auf die Idee gekommen sind, den nötigen Reformbedarf aufzunehmen, zeigt, dass eine Debatte und Änderungen nötig sind.
In den sozialen Netzwerken, in den Leserbriefspalten der hiesigen Zeitungen konnte man sehen, dass dieser Bedarf tatsächlich besteht, ein Bedarf, der aus grüner Sicht auf der einen Seite auf der Hand liegt. Dafür haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt. Auf der anderen Seite gibt es einen Bedarf, über den noch breit im Land diskutiert werden muss. Dazu gibt es unseren Entschließungsantrag.
Die Fraktion DIE LINKE und meine Fraktion sind von unterschiedlichen Seiten gestartet. Das sehen Sie auch daran, dass es sehr unterschiedliche parlamentarische Vorlagen gibt.
Wir GRÜNE machen mit unserem Gesetzentwurf zwei konkrete Vorschläge, die Abschaffung der Sargpflicht und die Möglichkeit, Grabsteine aus Kinderarbeit zu verbieten. Das entspricht im Übrigen der Mustersatzung, die die beiden großen Kirchen in unserem Land vorgelegt haben.
Ich denke, dass diese beiden Punkte relativ unstrittig sein dürften. Deswegen haben wir sie in einen Gesetzentwurf gegossen.
Die Sargpflicht ist traditionell gewachsen und Teil unserer Kultur. Sie formuliert eine Selbstverständlichkeit vor Moral- und Kulturverständnissen einer vergangenen Zeit. In Sachsen-Anhalt des 21. Jahrhunderts ist sie nicht weniger als eine überkommene Regelung, die aufgeweitet gehört. Wir müssen dem Umstand Rechnung tragen, dass andere Kulturen und andere Religionen andere Vorstellungen haben.
Im MDR-Fernsehbeitrag, der Anfang dieser Woche zu sehen war, kam der Imam der muslimischen Gemeinde Magdeburg zu Wort. Er hat sehr eindrücklich geschildert, was seine Mitbrüder und Mitschwestern - falls das im Islam überhaupt so heißt; ich muss gestehen, dass ich das gar nicht so genau weiß -, was diese Menschen für emotionales Leid erfahren, wenn sie sich im Laufe ihres Lebens integrieren wollen und am Ende ihres Lebens nach Riten bestattet werden, die nicht die ihren sind.
Respekt und Anerkennung verschiedener Kulturen gebietet es, die Gesetzgebung an dieser Stelle zu öffnen. Eine noch recht aktuelle Gesetzesänderung in Baden-Württemberg beispielsweise wurde auf Initiative des dortigen runden Tisches der Kulturen von allen Fraktionen einstimmig verabschiedet. Das wünsche ich mir auch für dieses Hohe Haus.
Unser zweites Anliegen erkennt unsere globale Verantwortung an. Entsprechend der Sentenz, global denken, lokal handeln, wollen wir es ermöglichen, Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit in Sachsen-Anhalt zu verbieten.
Hier muss ich mich korrigieren. Nicht die Abschaffung der Sargpflicht ist eine Empfehlung der großen Kirchen, sondern die Forderung, dass Grabsteine aus Kinderarbeit nicht auf unseren Friedhöfen ausgestellt werden. Das war ein Versprecher, für den ich mich entschuldige.