Protokoll der Sitzung vom 20.06.2014

Ehrenamt weiter entwickeln, bürgerschaftliches Engagement stärken

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2551

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/3144

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3188

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3214

b) Beratung

Ehrenamt stärken

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3184

Die Berichterstattung aus dem Ausschuss nimmt die Abgeordnete Frau Schindler vor. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Ihnen in der Drs. 6/2551 vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Ehrenamt weiter entwickeln, bürgerschaftliches Engagement stärken“ überwies der Landtag in der 54. Sitzung am 14. November 2013 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport. Mitberatend wurde der Ausschuss für Arbeit und Soziales beteiligt.

Die Fraktion DIE LINKE beabsichtigt mit ihrem Antrag, dem ehrenamtlichen Engagement die notwendige parlamentarische Aufmerksamkeit zu widmen und die diesbezügliche Arbeit der Landesregierung zu begleiten.

Die erste Beratung hierzu fand im Innenausschuss am 28. November 2013 statt. Die Fraktion DIE LINKE schlug vor, gemeinsam mit dem Ausschuss für Arbeit und Soziales in verschiedenen Bereichen tätige Ehrenamtliche anzuhören, damit man sich mit den vielfältigen Problemen auseinandersetzen und nach Möglichkeiten der Abhilfe suchen könne.

Die Koalitionsfraktionen kündigten im Ergebnis dieser Beratungen einen Änderungsantrag an. Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in der Sitzung am 21./22. Mai 2014 erneut mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/2551. Zur Beratung lag dem Ausschuss neben der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses auch ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor.

Einem Teil der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, nämlich den Vorschlägen hinsichtlich einer Überprüfung der verwendeten Termini, wurde gefolgt. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst wurde gebeten, diese Prüfung vorzunehmen. Der Empfehlung, den Ausschuss für Finanzen zu beteiligen, wurde nicht gefolgt.

Nach erfolgter Aussprache verabschiedete der Ausschuss für Inneres und Sport mit 6 : 4 : 0 Stimmen eine Beschlussempfehlung an den Landtag. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst wurde gebeten, diese redaktionell zu überarbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ergebnis der Beratungen zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in den Ausschüssen für Inneres und Sport sowie für Arbeit und Soziales wurde die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung in der Drs. 6/3144 erarbeitet. Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich Sie um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Schröder, CDU)

Danke schön, Frau Kollegin Schindler. - Es wurde eine verbundene Debatte mit einer Redezeit von zehn Minuten je Redner vereinbart. Es spricht nunmehr für die Landesregierung Herr Minister Stahlknecht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meinen Ausführungen werde ich näher auf den neuen Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Ehrenamt stärken“ - er ist unter Tagesordnungspunkt 13 b aufgeführt -, eingehen, da zu dem unter Tagesordnungspunkt 13 a aufgeführten Antrag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses vorliegt - Frau Schindler hat das vorgetragen - und im Ausschuss, denke ich, intensive und abschließende Erörterungen stattgefunden haben.

Zur Stärkung des Ehrenamts kann ich nur sagen: Das ist uns allen - und damit auch mir - ein besonderes Anliegen; denn dem freiwilligen Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger haben wir viel zu verdanken. Um die Bedeutung des Ehrenamts auch künftig hinreichend zu würdigen, halte ich es für erforderlich, kontinuierlich zu prüfen, welche Verbesserungen zur Stärkung des kommunalen Ehrenamts beitragen.

Ein Schritt in die richtige Richtung wäre die Sozialversicherungsfreiheit der ehrenamtlichen Tätigkeit. Mein Haus hält nach wie vor an seiner Auffassung fest, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit auf kommunaler Ebene sozialversicherungsfrei sein muss.

Um auf Bundesebene zu diesem Thema Rechtsklarheit für alle Beteiligten zu schaffen, wurden in der Vergangenheit diverse seitens des Landes Sachsen-Anhalt unterstützte Versuche unternommen, über Bundesratsinitiativen eine Änderung des § 7 des SGB IV zu erreichen, um damit sämtliche Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger künftig bundesweit sozialversicherungsfrei zu stellen.

Voraussetzung für eine derartige Freistellung ist unter anderem eine bundeseinheitliche Definition

der ehrenamtlichen Tätigkeit. Unter dem Ehrenamt ist nicht nur das kommunale Ehrenamt der ehrenamtlichen Bürgermeister und Gemeinderäte zu verstehen. Ehrenamtliche Tätigkeit findet sich auch in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung und zahlreicher anderer rechtlicher Körperschaften sowie im freiwilligen bürgerschaftlichen Engagement.

Auch wenn die Frage der Sozialversicherungsfreiheit noch nicht im Sinne des Ehrenamts geklärt werden konnte, möchte ich mir einen Hinweis auf die bereits erzielten Erfolge zur Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements gestatten.

Mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom März 2013 wurden auf Bundesebene Anreize für die Bereitschaft zur Übernahme von Ehrenämtern gesetzt. Hervorzuheben ist beispielsweise, dass die steuer- und sozialabgabenfreie sogenannte Übungsleiterpauschale und die allgemeine Ehrenamtspauschale angehoben wurden.

Als entsprechende Folgeanpassung an die Erhöhung der Übungsleiterpauschale wurde rückwirkend zum 1. Januar 2013 der Steuerfreibetrag für Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen in den Lohnsteuerrichtlinien angehoben. Diese Regelung findet auch für Aufwandsentschädigungen kommunaler Mandatsträger Anwendung.

Mit dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung wurde die Übergangszeit, in der Aufwandsentschädigungen unter anderem für kommunale Ehrenbeamte und für ehrenamtlich in kommunalen Vertretungskörperschaften Tätige nicht als Hinzuverdienst bei einem Rentenanspruch wegen Alters- bzw. verminderter Erwerbsfähigkeit gelten, um zwei Jahre bis zum 30. September 2017 verlängert. Eine dauerhafte Lösung soll hierfür gefunden werden.

Zudem ist auf der Innenministerkonferenz - und zwar letzte Woche in Bonn - beschlossen worden, die Finanzministerkonferenz zu bitten, die steuerlichen Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Tätige in besonderer Hinsicht auf die Arbeitsmittel für kommunale Mandatsträger zu verbessern.

Um das Ehrenamt auch in Sachsen-Anhalt attraktiver zu gestalten, hat das Innenministerium den Aufwandsentschädigungserlass für ehrenamtlich tätige Bürger und ehrenamtliche Bürgermeister grundlegend überarbeitet. Die auf dem neuen Kommunalverfassungsgesetz basierende Neufassung wird zum 1. Juli 2014 in Kraft treten.

Im Rahmen der Überarbeitung haben wir Beträge angepasst, auch die von derzeit bestehenden Mitgliedern, von Bürgerinnen und Bürgern in Ortschaften. Nehmen Sie eine Stadt wie Bad Kösen, die annähernd 3 000 Einwohnerinnen und Einwohner hat: Das war ursprünglich gar nicht vorgesehen. Das haben wir erst durch die Gemeinde

gebietsreform erreicht, dass das durch Ehrenamtliche ausgeübt wird. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Frau Abgeordnete Edler.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Etwa jeder dritte Bundesbürger im Alter von über 14 Jahren ist freiwillig oder ehrenamtlich tätig. Dies sind mehr als 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Mit ihrem Einsatz leisten diese Menschen einen unverzichtbaren Beitrag für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und sind daher eine tragende Säule unseres Gemeinwesens.

Ein Gutachten der Katholischen Fachhochschule München zum Ehrenamt zeigt, dass sich Investitionen in bürgerschaftliches Engagement rechnen können. Es wurde eine durchschnittliche Wertschöpfung von ca. 1 : 7 ermittelt. Das heißt, dass ein in das bürgerschaftliche Engagement investierter Euro einen Nutzen von ca. 7 € stiftet.

Weiterhin bestätigt das Gutachten eine Verknüpfung zwischen individuellem Wohlbefinden und Gemeinwohl. Ich denke, wir alle hier im Hohen Hause sind uns letztlich bezüglich der außerordentlichen Bedeutung der ehrenamtlichen Tätigkeit einig.

Es reicht aber nicht, meine Damen und Herren, sich zum Ehrenamt zu bekennen; vielmehr müssen den Worten auch Taten folgen.

Das Ehrenamt in Sachsen-Anhalt sachgerecht weiterzuentwickeln und das bürgerschaftliche Engagement nachhaltig zu stärken und zu fördern war und ist Ziel meiner Fraktion. Daher legten wir im November 2013 unseren Antrag in der Drs. 6/2551 vor und bekräftigen dies nun mit dem vorliegenden Änderungsantrag sowie dem zur Entschließung eingereichten Antrag mit dem Titel „Ehrenamt stärken“.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von meiner Fraktion ursprünglich eingebrachte Antrag wurde im Ergebnis der ersten Beratung - Frau Schindler hat es schon ausgeführt - in den Ausschuss für Inneres und Sport sowie in den mitberatenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen. Im federführenden Ausschuss lehnten CDU und SPD eine Anhörung ab,

(Zustimmung von Frau Dr. Klein, DIE LIN- KE)

unverständlich nicht nur für meine Fraktion, sondern auch unverständlich für die zahlreichen Men

schen, die sich im Ehrenamt engagieren und bürgerschaftliches Engagement ermöglichen.

Doch statt eine Anhörung durchzuführen und sich mit den Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, die das Ehrenamt heute begleiten, setzten die Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen die vorliegende Beschlussempfehlung durch, die den vorhandenen Problemen ebenso wenig gerecht wird wie den zukünftigen Herausforderungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass meine Fraktion die Verweigerungshaltung von CDU und SPD für unverantwortlich hält, kann und will ich an dieser Stelle nicht verschweigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil meiner Fraktion dagegen die Positionen der bürgerschaftlich Engagierten in unserem Land nicht gleichgültig sind und es für uns von hohem Interesse ist, wie das Ehrenamt und das bürgerschaftliche Engagement nachhaltig weiterent

wickelt und gestärkt werden können, organisierten wir selbständig eine Anhörung, an der sich zahlreiche Institutionen, Vereine und Verbände beteiligt und sehr gern ihre Stellungnahme an uns abgegeben haben.

(Zustimmung von Frau Zoschke, DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ergebnisse der Anhörung haben uns viele wertvolle Hinweise gegeben und eindrucksvoll gezeigt, wo Baustellen sind, an denen nachzubessern ist.