Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

14 Jahren - - Ich dachte, es war im Jahr 2005.

(Frau Hohmann, DIE LINKE: Vor neun Jah- ren!)

- Ich kann offenbar schlecht rechnen.

Es stimmt, dass alles unter dem Haushaltsvorbehalt steht. Es ist egal, was wir tun. Jede Landesregierung und jeder Landtag hat die Möglichkeit, dies zu ändern. Daher ist dies ein allgemeingültiger Satz, der immer stimmt.

Ich möchte zwei Vormerkungen in Bezug auf Ihre Rede machen. Ich könnte mich herausreden und sagen, die Verantwortung liegt zu einer Hälfte bei mir und zur anderen Hälfte bei meinem Vorgänger; aber man steht als Nachfolger in der Pflicht.

Das Familienförderungsgesetz ist nur ein Ausschnitt der Familienförderung.

(Zustimmung von Herrn Jantos, CDU)

Dies ist auch heute Morgen klar geworden. Die Kinderbetreuung ist ein großer Beitrag zur frühkindlichen Bildung und zur Familienfreundlichkeit. Wir tun im sozialen Bereich einiges.

Zur Familie - wir haben heute über den Begriff Familie gesprochen - gehören auch die Verwandten, die Älteren, die pflegebedürftigen Eltern und Menschen, um die man sich innerhalb der Familie sorgt. Es gibt diesbezüglich sehr viele Programme und viel Unterstützung.

Auch die Sucht-, Ehe- und Lebensberatungsstellen, die im neuen Familienförderungsgesetz verankert sind, gehören in diesen Bereich. Die Bausteine, zu denen Sie Fragen gestellt haben, bei denen es auch um Zuschüsse für Bauvorhaben von Familien ging und um andere Fragestellungen, sind nur ein Bruchteil davon.

Von einigen Dingen haben wir uns auch verabschiedet, weil tatsächlich klar war, dass der Verwaltungsaufwand gerade bei dem Modell „Familienfreundliche Kommune“ enorm war. Es war schwierig herauszubekommen, was die Kommunen in diesem Bereich tatsächlich tun, wie sie das Modell tatsächlich umsetzen und in welchem Zeitraum sie es tun. Daran sollten sich alle beteiligen können.

Wenn die Kommunen sagen, der Verwaltungsaufwand sei zu hoch, und sich etliche Kommunen nicht mehr daran beteiligen, dann stellt man sich irgendwann die Frage, ob es überhaupt noch sinnvoll ist und ob sich in einem solchen Wettbewerb überhaupt noch ein adäquates Bild ergibt. Man muss dann andere Möglichkeiten suchen - darin gebe ich Ihnen Recht -, die aber eben auch finanzierbar sein müssen.

Ich weiß, dass wir für die Antworten auf Große Anfragen nicht gelobt werden. Es ist auch nicht die Aufgabe der Opposition, uns zu loben; das ist keine Frage. Es ging sehr viel um Statistik. Zu Ihrer Aussage, dass es sich nur um Kann-Vorschriften handele und die Kommunen gar nicht die Stellen vorhielten, um statistisches Material zu liefern, kann ich nur sagen, dass das so richtig ist; denn wenn wir keine Kann-Vorschrift, sondern ein SollVorschrift oder „Es ist zu machen!“-Vorschrift aufnehmen würden, dann würden die Kommunen sofort auf das Konnexitätsprinzip verweisen und sagen, wenn ihr das wissen wollt, dann bezahlt das auch. Wir sind immer auf die Unterstützung und die Hilfe der kommunalen Ebene angewiesen sind.

Ich nehme Ihre Aussage ernst, in der Sie davon gesprochen haben, dass die Fraktion DIE LINKE für eine Kommunalisierung und die Verlagerung der Verantwortung auf die kommunale Ebene sehr

viel Sympathie hegt. Dann muss man aber auch mit der Folge leben, nicht alles zu wissen. Deshalb ist häufig auch zu lesen, dass nur sehr wenig, nur unvollständiges oder kein statistisches Material vorhanden ist.

Ich gebe auch zu, dass man bei unvollständigen Statistiken nur schwer Schlussfolgerungen für das Land selbst ziehen kann. Daher nehme ich alles in den Blick und sage: Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der familienfreundlichen Maßnahmen, die wir ergreifen. Selbstverständlich kann man immer noch mehr machen.

Ich möchte auf wenige Dinge eingehen, die in Ihrer Anfrage aufgegriffen worden sind. Darin wurde beispielsweise die Frage nach der Entwicklung der Zu- und Abwanderung gestellt und die Frage: Wie viele der im Jahr 1990 in Sachsen-Anhalt Geborenen, die jetzt in die Familiengründungsphase eintreten, leben heute noch in Sachsen-Anhalt? Mit Blick auf die Frage, wie viele der im Jahr 1990 Geborenen heute noch in Sachsen-Anhalt leben, muss festgestellt werden, dass wir damals nur noch die Hälfte der Geburten hatten. Mit dem demografischen Echo werden wir in den nächsten Jahren leben müssen.

Mit Blick auf die Prüfung der Familienfreundlichkeit haben Sie darauf hingewiesen, dass die Landesregierung vor zwei Jahren gesagt hat, dass der statistische Bericht bei Gesetzesvorhaben nicht mehr durchgeführt wird. Das bringt aber am Ende auch nicht viel, außer dass statistisch ausgewertet wird, bei wie vielen Gesetzen wir diese Prüfung vorgenommen haben. Daher liegt es vielmehr im Aufgabenbereich der einzelnen Ressorts, festzustellen, welche Auswirkungen bestimmte Gesetzesvorhaben auf Familien in diesem Land haben und welche Schlussfolgerungen man daraus ziehen kann.

Die Fragen zur Familienberatung und zu familienunterstützenden Maßnahmen sind ebenfalls beantwortet worden.

Deshalb möchte ich nun auf den Aspekt der Abwanderung und Zuwanderung junger Menschen eingehen. Diesbezüglich zeigt sich zumindest eine erfreuliche Tendenz: Immer mehr unter 18-Jährige - es handelt sich vermutlich um Kinder mit ihren Familien - ziehen nach Sachsen-Anhalt. Im Jahr 2013 sind sogar mehr nach Sachsen-Anhalt gezogen, als weggezogen sind.

Man muss nicht immer gleich sagen, dass dies Resultat der Politik der Landesregierung ist. Vielmehr spielen dabei sicherlich auch die wirtschaftliche Entwicklung und vieles andere eine Rolle. Es ist die Tendenz spürbar, dass Sachsen-Anhalt für viele wieder attraktiver geworden ist, weil - das muss man ehrlich sagen - Arbeitsplätze vorhanden sind und die Bezahlung gut ist. Für viele ist es auch nicht nur ein schönes Land, sondern ihr Hei

matland, in dem sie viele Freunde haben und in das sie auch gern zurückziehen.

Bei den 18- bis 35-Jährigen war im Jahr 2013 zwar noch ein Minus von 1 000 Personen zu verzeichnen, allerdings waren es im Jahre 2008 noch 12 000 Personen. Es werden also von Jahr zu Jahr weniger. Ein Grund dafür kann der Rückgang der Arbeitslosigkeit sein. Wir merken jetzt - das werden Sie auch bei Ihrer nächsten Anfrage in zwei, drei Jahren merken -, dass dies auch der guten Ausstattung der Kindertagesplätze und der Vollzeitbetreuung, die wir anbieten und die in vielen westlichen Ländern gerade einmal zu 30 % oder 40 % angeboten wird, geschuldet ist.

Trotz der Flut von Daten, die wir heute in allen Lebensbereichen zur Verfügung haben, können wir die Zukunft nicht voraussehen. Deshalb stand für die Beantwortung dieser Anfrage eine Unmenge an Daten zur Verfügung, die ausgewertet und beachtet werden mussten. Aber wir haben eben nicht auf alle Fragen eine Antwort.

Bei der demografischen Entwicklung müssen wir mit Blick auf die Prognosen etwas vorsichtiger sein. Wir wissen beispielsweise nicht, was die Zuwanderung nicht nur von Landeskindern oder Menschen aus anderen Bundesländern, sondern auch von ausländischen Fachkräften bringt. Die Flüchtlingsbewegungen in dieser Welt werden hier und dort auch die Entwicklung in Deutschland stark beeinflussen und es werden auch Menschen auf Dauer hierbleiben. Das wird auch das Leben und die Arbeitsmöglichkeiten verändern.

Interessant ist für mich auch die Erkenntnis, die Anfang des Monats der „Volksstimme“ zu entnehmen war - diese ist noch nicht in die Beantwortung der Anfrage eingeflossen -, dass in Sachsen-Anhalt weitaus mehr Akademikerinnen und Akademiker bleiben, als das nach der Datenlage bisher zu vermuten war.

Die Aufgabe der Verwaltung ist es, Familien zu unterstützen - darin haben Sie Recht - und gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Dabei bewegt sich die Landesregierung zwischen den bundesrechtlichen Vorgaben, den landesrechtlichen Pflichtaufgaben und den freiwilligen Leistungen. Sie kennen den Sozialhaushalt durch die derzeit stattfindenden Diskussionen sehr gut und wissen, welche freiwilligen Aufgaben am Ende tatsächlich noch bleiben.

Ein wichtiger Punkt ist die vielfältige Förderung von Bildung in und von Familien, und zwar auf allen Ebenen, den formellen, informellen und nonformalen. Die Familie ist die wichtigste Gruppierung bzw. die kleinste gesellschaftliche Zelle, die Geborgenheit und Rückzugsraum für Kinder bietet, die diesen Nahraum unbedingt brauchen, um emotional und mental gesund groß zu werden. In diesem Rahmen werden die wichtigsten Grundlagen gelegt.

Ich glaube, dass unser Anspruch, frühkindliche Bildung zu verankern und schrittweise weiter auszubauen, eine der wesentlichsten Grundlagen ist, um Familie stabil zu halten. Denn Bildung in der Familie, für Kinder, für Erwachsene ist die Grundlage überhaupt, um in dieser Gesellschaft nicht nur mithalten, sondern auch an ihr teilhaben zu können. Wir werden auch in der neuen ESF-Strukturperiode alle Anstrengungen unternehmen, damit zum Beispiel Familien, in denen beide Elternteile arbeitslos sind, wieder in Arbeit kommen.

Nach den Auswertungen der letzten Monate ist der Anteil der Alleinerziehenden insbesondere in den neuen Ländern, auch in Sachsen-Anhalt, sehr hoch. Diese bedürfen der weitaus größeren Unterstützung, um sie mit ihren Problemen nicht alleinzulassen. Das wird eine der großen Herausforderungen für die nächsten Jahre sein.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Debatte ein. Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Jantos. Sie haben maximal zwölf Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Landesregierung für die umfängliche Beantwortung der Großen Anfrage der Antragstellerin danken. Voranstellen möchte ich, dass die Antwort der Landesregierung natürlich nicht die abschließende Antwort der Landesregierung zum Thema Familie sein wird und sein kann; denn die Förderung der Familie ist ein fortlaufender Prozess, und nicht nur in dieser Wahlperiode, sondern auch darüber hinaus. Familienpolitik darf nicht begrenzt auf das Land Sachsen-Anhalt betrachtet werden, sondern muss auch berücksichtigen, welche Förderung Familien durch den Bund erfahren.

Frau Hohmann, in Bezug auf das Familienförderungsgesetz kann ich sagen: Wir waren auf dem richtigen Weg. Wir haben mit dem Familienförderungsgesetz erst einmal das Bewusstsein geschaffen, dass Familie mehr als nur Mutter, Vater, Kind ist, dass sie auch in der Gesellschaft eine große Rolle spielt und dass man sehr daran interessiert sein muss, junge Familien in Sachsen-Anhalt zu halten und sie an Sachsen-Anhalt zu binden. Sie haben anhand der Statistik gesehen, dass das nicht immer ganz gelungen ist. Aber die Zahlen, die auch Sie zitiert haben, zeigen: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Meine Damen und Herren! Beim Studium der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage habe ich mich gefragt, worüber wir heute angesichts der im Wesentlichen auf das Erfragen von Zahlen, Daten und Fakten beschränkten Großen

Anfrage diskutieren wollen. Natürlich könnte ich jetzt der Versuchung erliegen und all das an Wünschen und Vorschlägen aus dem Familienpapier meiner Fraktion „Mehr Lust auf Familie“ vortragen, was in dieser Wahlperiode bisher nicht umgesetzt oder auf den Weg gebracht werden konnte. Das wäre jedoch unserem Koalitionspartnern und auch dem Sozialminister gegenüber nicht fair, da wir das, was in dieser Wahlperiode finanzpolitisch machbar und verantwortbar war, gemeinsam umgesetzt haben. Dass wir darüber hinaus noch weitere Vorschläge zur Förderung von Familien haben, ist hinreichend bekannt.

Die Vorschläge finden nicht die ungeteilte Zustimmung des Parlaments. Die Opposition setzt hierbei andere Schwerpunkte als meine Fraktion. Die Diskussion darüber werden wir in der gebührenden Art und Weise im Rahmen des kommenden Landtagswahlkampfes führen, aber nicht in der heutigen Aussprache und nicht angesichts der fortgeschrittenen Zeit.

Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung belegt, dass diese Landesregierung viel für Familien in unserem Land tut und dass diese Politik erfolgreich ist. Die Zahl junger Menschen unter 36 Jahre, die nach Sachsen-Anhalt ziehen, steigt. Die Zahl junger Menschen unter 36 Jahre, die fortziehen, ist im letzten Jahr stark fallend. Die Entwicklung spiegelt sich an den Hochschulen unseres Landes wider. Die Hälfte der Studienabsolventen kann nach einer jüngsten Erhebung im Land, gehalten werden.

Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung zeigt die Wichtigkeit der Familie für die Gesellschaft in unserem Land. Sie zeigt, dass es richtig ist, offensiver für ein familienfreundliches Sachsen-Anhalt einzutreten. Es lohnt sich für die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben einzutreten. Die wachsende Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zeigt, dass sich dazu Unternehmensbedarfe an die Bedarfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anpassen müssen.

Die jüngste Gesetzesänderung beim Elterngeld ist Beleg dafür, dass die Bedürfnisse von Familie eine größere Bedeutung auch in den sozialen Sicherungssystemen erlangen; denn Kinder haben damit einen positiven Einfluss auf das Familieneinkommen. Die Bildungsqualität und eine optimale Umfeldgestaltung müssen ebenfalls weiterhin gefördert werden.

Maßnahmen wie einkommensunabhängige Familienstandsdarlehen bis zum 35. Lebensjahr, die Ausgestaltung einer familienfreundlichen Personal- und Wirtschaftspolitik mit der gebildeten Demografieallianz in Sachsen-Anhalt, die Unterstützung von Ermäßigungen bei der Inanspruchnahme öffentlicher Dienstleistungen, die finanzielle Beteiligung am Förderprogramm des Bundesministeriums für

Familie, Senioren, Frauen und Jugend für künstliche Befruchtung sowie die familiengerechte Weiterentwicklung der Wohneigentumsförderung sind weitere Anreize.

Auch wenn das Ausmaß statistisch nicht unbedingt nachweisbar ist, ist es uns gelungen, die Rahmenbedingungen für die Verwirklichung des Kinderwunsches zu verbessern und Anreize dafür zu schaffen, Verantwortung für Kinder zu übernehmen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung zeigt auch, wir dürfen die Familienpolitik nicht auf eine Debatte um Investitionen in Betreuungseinrichtungen reduzieren. Wer nur in eine verlängerte Betreuungszeit in Kindertageseinrichtungen oder in längeres gemeinsames Lernen investieren will, der betrachtet die Dimension der Familienpolitik zu einseitig. Es müssen alle Rahmenbedingungen für die Verwirklichung des Kinderwunsches verbessert werden. Hierfür bedarf es eines langen Atems.

Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung bestätigt uns darin, daran festzuhalten, dass Ehe und Familie die ureigenste Keimzelle der Gesellschaft sind und daher auch zu Recht gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes unter besonderem Schutz stehen. Nachhaltige Familienpolitik muss auf lange Sicht bestimmte soziale Verhaltensweisen, wie beispielsweise den Wunsch nach einem Kind, befördern und diese Verhaltensweise mit den gesellschaftlichen Anforderungen in Einklang bringen.

Meine Damen und Herren! Es ist natürlich falsch zu denken, dass Familienpolitik nur im Sozialministerium stattfindet. Familienpolitik ist ein alle Gesellschaftsteile umfassendes Programm. Sie muss in der Wirtschaft genauso eine Rolle spielen, wie in der Kommunalpolitik, in Schulen, in Bildung sowie in allen anderen Bereichen des Lebens.

Mein Wunsch wäre es, unsere Arbeitsweise so umzustellen, dass wir es hinbekommen würden, Gesetze zu machen und gleich dabei deren Wirkungen auf Familien zu berücksichtigen. Wenn wir das hinbekämen, könnten wir es uns sparen, extra ein Familiengesetz zu machen.

Da das noch nicht der Fall ist, bin ich dafür, dass wir diese Große Anfrage als Anregung dafür nehmen, uns noch einmal auf die Probleme, die schon in diesem Gesetz aufgezeigt worden sind, zu konzentrieren.

Diejenigen, die damals dabei waren, erinnern sich sicherlich daran, dass es das große Unternehmertreffen der familienfreundlichen Betriebe beim Ministerpräsidenten gab. Es gab auch die Veranstaltungen in den Kommunen. All das waren Dinge, die dazu beigetragen haben, den Menschen in

Sachsen-Anhalt zu zeigen, dass sich SachsenAnhalt bemüht, familienfreundlich zu sein. - Danke.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)